Der Anteil neu zugelassener Elektroautos beträgt in Deutschland aktuell rund 18,4 Prozent – das meldet das Statistische Bundesamt. Damit liegt die BRD zwar über dem EU-Durchschnitt von 14,6 Prozent, aber alles andere als im Spitzenfeld: In Schweden beträgt der Stromer-Anteil bei Neuzulassungen beispielsweise ambitionierte 38,6 Prozent. Im Nicht-EU-Land Norwegen sogar 81,2 Prozent. (Hinweis: Die Zahlen stammen aus der letzten Erhebung für das Jahr 2023.)
Woran hapert die Liebe der Deutschen zum Stromer? Vielleicht auch an den Vorurteilen, die sich rund ums Elektroauto hartnäckig halten. Wir gehen der Kritik nach und nehmen Mythen und vermeintliche Mängel rund ums E-Auto unter die Lupe.
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Mythos Nr. 1: E-Autos haben eine geringe Reichweite
Foundry
Dieser Mythos ist etwa so alt wie das Elektroauto selbst. Tatsächlich hatten die ersten modernen Stromer so geringe Reichweiten, dass sie selbst mit kleinen Verbrennern nicht mithalten konnten. Doch auch damals gab es Ausnahmen: Das Elektroauto-Konzeptfahrzeug Horlacher Sport I schaffte mit einer Batterieladung beispielsweise bereits 547 Kilometer – im Jahr 1992. Dafür kam der kleine Flitzer sogar ins Guinnessbuch der Rekorde.
Und heute? Sollte man sich vom Kurzstrecken-Mythos langsam verabschieden. Der VW ID. 7 Pro S kommt im Reichweitentest beispielsweise auf fast 960 Kilometer, das Tesla Model 3 schafft immerhin rund 700 Kilometer – zumindest theoretisch und unter optimalen Bedingungen. Nur bei kleineren Elektrofahrzeugen liegt die Reichweite noch nicht auf dem Niveau von Verbrennern: Hier muss oft schon nach 300 bis 400 Kilometern geladen werden.
Fazit: Dieses Vorurteil stimmt nicht. Stromer schaffen mit einer Batterieladung unter optimalen Bedingungen inzwischen 600 Kilometer oder mehr. Kleinere E-Autos haben teilweise jedoch überschaubare Reichweiten – sind aber oft auch für den Stadtverkehr konzipiert.
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Mythos Nr. 2: Stromer kann man schlecht laden
Bundesnetzagentur
Knapp 15.000 Tankstellen zählt der Bundesverband freier Tankstellen in Deutschland. Und Ladesäulen? Die Bundesnetzagentur listet im Ladesäulenregister exakt 120.618 Normalladepunkte und 33.419 Schnellladepunkte (Stand: Dezember 2024). Damit mangelt es also grundsätzlich nicht an Lademöglichkeiten. Ohne eigene Wallbox vor der Haustür ist das Laden von E-Autos aber nicht immer bequem und manchmal zeitaufwändig.
Schnelladesäulen machen das aber erträglich: Der Volkswagen ID.4 Pro mit 82 Kilowattstunden Kapazität lädt beispielsweise rund 8 Stunden mit 11 Kilowatt – aber nur 28 Minuten mit 125 Kilowatt. Auch der Hyundai IONIQ 6 (77,4 kWh) lädt rasant und erreicht laut ADAC schon nach 20 Minuten Schnellladen eine Reichweite von 429 Kilometer.
Fazit: Der Mythos stimmt nur teilweise. In Deutschland gibt es inzwischen viele Ladesäulen und immer mehr Fahrzeuge unterstützen komfortables Schnellladen. Fahrer von Elektroautos müssen aber dennoch oft mehr Zeit fürs Laden einplanen als die Fahrer von Verbrennern fürs Benzintanken. Wer zudem zur Miete wohnt, hat seltener den Komfort einer Wallbox vor der Haustür.
Mythos Nr. 3: Brennende Elektroautos kann man nicht löschen
Foundry
Diese Aussage stimmt so zwar nicht. Es ist aber korrekt, dass ein brennendes Elektroauto manchmal schwerer zu löschen ist als ein typischer Verbrenner. Allerdings nur dann, wenn die Antriebsakkus in Brand geraten. Auch die Feuerwehr löscht solche Brände dann zwar oft nur mit Wasser – dafür wird aber sehr viel Wasser benötigt. Tesla gibt beispielsweise an, dass ein brennendes Model S mit 11.000 Litern Wasser gelöscht werden muss – das sind immerhin 11 Kubikmeter.
Fazit: Dieser Mythos stimmt teilweise. Brennende Elektroautos können schwerer zu löschen sein. Feuerwehrleute und Löschkräfte werden für die besonderen Anforderungen aber ausgebildet.
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Mythos Nr. 4: E-Autos brennen leichter
Klar, ein brennendes Auto ist immer eine gruselige Vorstellung – umso mehr, wenn man gerade drinsitzt. Dass E-Autos aber schneller oder öfter in Flammen aufgehen als klassische PKW, stimmt statistisch nicht. Gegenüber der Tagesschau erklärte der Leiter der Schadenverhütung der Deutschen Versicherungswirtschaft Alexander Küsel beispielsweise, Verbrenner hätten aufgrund des brennbaren Antriebsmittels sogar eine höhere Brandlast.
Fazit: Das stimmt nicht. Stromer brennen nicht leichter oder öfter als klassische Autos.
Mythos Nr. 5: Der Strom reicht nicht aus für reine Elektromobilität
Auch das hört man oft: Wenn alle Menschen in Deutschland mit einem E-Auto unterwegs wären, dann könnte man die Fahrzeuge gar nicht laden, dafür reiche nämlich der verfügbare Strom nicht aus.
Das ist aber wirklich nur ein Mythos, das Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz rechnet das auch klar vor: Selbst, wenn plötzlich alle rund 45 Millionen PKW auf deutschen Straßen mit Elektromotor fahren würden, entspräche das einem jährlichen Energiebedarf von 100 Terrawattstunden. Das lässt sich schon mit regenerativen Energiequellen decken: Im Jahr 2024 lag die Produktion erneuerbarer Energien beispielsweise bei 275,2 Terrawattstunden, wie das Fraunhofer Institut meldet.
Fazit: Die Annahme ist falsch. Es ist in Deutschland genug Strom zum Laden von E-Autos vorhanden – selbst, wenn alle Verbrenner sofort durch Stromer ersetzt würden.
Mythos Nr. 6: E-Autos sind viel teurer als Verbrenner
Dacia
Tatsächlich sind Stromer, gemessen am reinen Anschaffungspreis, oft teurer als Verbrenner. Wobei es auch im Preisbereich unter 30.000 Euro inzwischen eine ordentliche Auswahl gibt. Trotzdem tragen E-Autos insgesamt ein größeres Preisschild – zumindest noch. Denn die teuren Bauteile der E-Autos (Akkus und Elektronik) werden in den kommenden Jahren voraussichtlich immer günstiger.
Das Antriebsmittel sowieso: Aufgrund der CO₂-Bepreisung wird Benzin und Diesel in den kommenden Jahren immer teurer werden. Das „Tanken“ ist beim Stromer auch heute schon günstiger, einen kleinen Elektrowagen kann man manchmal schon für 10 Euro aufladen. Solche Kosten relativieren mit der Zeit auch den höheren Anschaffungspreis.
Fazit: Das stimmt teilweise. In der Anschaffung sind E-Autos aktuell oft teurer als Verbrenner. Dafür werden die Preise dafür in naher Zukunft weiter fallen und das Tanken ist heute schon deutlich günstiger.
Mythos Nr. 7: Elektroautos sind schlecht für die Umwelt
Zum Schluss noch eines der hartnäckigsten Gerüchte: Von Gegnern der Elektromobilität hört man manchmal, Stromer seien schlechter für die Umwelt als Verbrenner. Der vermeintliche Grund: Die Produktion eines E-Autos sei umweltschädlicher und dabei würden mehr Klimagase ausgestoßen. Das stimmt zwar – aber nur oberflächlich: Denn obwohl die Herstellung von Stromern mehr Klimagase erzeugt und teils kritische Ressourcen wie Lithium, Kobalt, Nickel oder Mangan erfordert, endet die Klimabilanz eines Fahrzeugs ja nicht in dem Moment, in dem es aus der Fabrik rollt.
Rechnet man nämlich die Klimabilanz von Verbrennern und E-Autos während ihrer Lebenszeit hinzu, dann sind E-Autos schon nach rund 50.000 bis 60.000 gefahrenen Kilometern besser fürs Klima als Verbrenner. Zum Vergleich: Viele E-Autobauer garantieren dem Akku ihrer Fahrzeuge aktuell ein “Lebenszeit” von mindestens 160.000 Kilometer.
Fazit: Das stimmt nicht. Betrachtet man die gesamte Klimabilanz von Verbrennern und Stromern, dann haben E-Autos eindeutig die bessere Klimabilanz. Von der verbesserten Atemluft in Städten und an Straßen ganz abgesehen.