DOMRADIO.DE: Sie laufen den Bonn-Marathon nicht zum ersten Mal. Wie ist die Atmosphäre auf und entlang der Strecke?
Dr. Christian Jasper (Kaplan der Münsterpfarrei St. Martin Bonn und Stadtjugendseelsorger): Man läuft zwei Runden an den Bonner Rheinseiten entlang und überall stehen Leute in den Vorgärten oder am Streckenrand, vor allem natürlich am Zieleinlauf auf dem Bonner Marktplatz. Das ist wirklich gewaltig, wenn Tausende einem zujubeln, man immer wieder auf Bekannte trifft und durchaus auch am Streckrand wahrnimmt. Das ist sehr motivierend.
DOMRADIO.DE: Wie wichtig ist diese Unterstützung der Leute, die an der Seite stehen und anfeuern?
Jasper: Das ist schon wichtig. Man läuft im Training nie die ganze Marathondistanz von 42 Kilometern, weil man davon ausgeht, dass man dafür den Extra-Kick braucht, den das Publikum einem geben kann. Und das funktioniert auf jeden Fall.
DOMRADIO.DE: Sie verbinden Laufen und Glaube bei einer ökumenischen Andacht für die Marathonläuferinnen und -läufer. Wie kommt es, dass dem Veranstalter das Beten vor dem Lauf wichtig ist?
Jasper: Es ist in Bonn gute ökumenische Tradition, dass es vor dem eigentlichen Startschuss den sogenannten geistlichen Startschuss gibt. Läuferinnen und Läufer wissen es intuitiv, dass man zwar ganz viel trainieren kann, aber am Ende eben der Erfolg doch nicht allein in der eigenen Hand oder in den eigenen Beinen liegt. Es kommt darauf an, dass ganz viele Rahmenbedingungen stehen und vielleicht hilft eben auch der Segen Gottes, um gut und zufrieden am Ende ins Ziel zu kommen.
DOMRADIO.DE: Was geben Sie den Läuferinnen und Läufern als Seelsorger auf diesen langen Weg mit?
Jasper: Dass das Volk Gottes immer auf dem Weg ist und es insofern eine ganz natürliche Bewegung für uns als Christen ist. Zweifel gehören zu solchen Wegen sicherlich dazu, auch Durststrecken. Am Ende gibt Gott uns die Zusage: Ich bin da, ich bin mit euch unterwegs. Wir laden beim geistlichen Startschuss alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein, eine Kerze zu entzünden. Als deutlich spürbares Symbol, dass es ein Licht gibt, selbst wenn man manchmal im dunklen Tunnel sein sollte.
DOMRADIO.DE: Wie durchleben Sie ganz persönlich diese verschiedenen Phasen eines Marathons, vom Start bis zum Ziel?
Jasper: Unmittelbar vor dem Start ist wirklich große Euphorie. Das heizen die Veranstalter meistens durch passende Musik an. Am Anfang muss man sich fast ein bisschen bremsen, damit man in der Anfangseuphorie nicht viel zu schnell losläuft. Irgendwann ist man dann gut in seinem Tritt drin. Meistens kommt rund um den Kilometer 30 aber der sogenannte "Mann mit dem Hammer" und man muss ein bisschen Energie nachführen und sich neu motivieren. Aber wenn das Ziel langsam in den Blick kommt, kommt große Freude über das auf, was man geschafft hat.
DOMRADIO.DE: Was bedeutet das Laufen für Sie? Ist es ein guter Sport, um fit zu bleiben oder ist da noch mehr?
Jasper: Es ist auf jeden Fall beides für mich: Abwechslung vom Alltag und vom vielen Sitzen am Computer, aber auch eine Zeit des Gebets. Vor allem wenn ich alleine laufe, komme ich zur Ruhe und kann über Gott und die Welt nachdenken und die Natur genießen. So ist das für mich auf jeden Fall auch etwas ganz Spirituelles und hängt eng mit meinem Glauben zusammen.
DOMRADIO.DE: Wie ist die Kirche noch aktiv beim Bonner Marathon?
Jasper: Erfreulicherweise ist meine Laufbegeisterung in der Jugendseelsorge ansteckend. Wir haben also etliche junge Leute, die auch an den Start gehen. Insofern trifft man immer wieder auch auf kirchlich bekannte Gesichter.
Das Interview führte Carsten Döpp.