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Die junge Afroamerikanerin Dana (Mallori Johnson, WeCrashed), die von einer Karriere als Fernseh-Autorin träumt, hat gegen den Willen ihrer Familie das von ihrer Großmutter ererbte Haus in Brooklyn verkauft und sich stattdessen in Los Angeles niedergelassen, um ihrem Traum näherzukommen. Dort beginnt sie eine Beziehung mit dem Kellner Kevin (Micah Stock, The Right Stuff), der ihr bei der Einrichtung ihrer neuen Bleibe behilflich ist. Da macht Dana plötzlich die Bekanntschaft mit einem beunruhigenden Phänomen: Sie findet sich in einer anderen Realität im Amerika der Vergangenheit wieder, wo sie ein schreiendes Baby beruhigt. Eine hinzugekommene andere Frau (Sheria Irving, Twenties), die Danas verstorbener Mutter Olivia aufs Haar gleicht, reagiert angesichts ihres Anblicks zu Tode erschrocken. Danach kehrt Dana in ihre eigene Zeit zurück.
Es bleibt allerdings nicht bei dieser einen Begegnung mit der Vergangenheit: Dana rettet bei einer weiteren Zeitreise das Leben des Jungen Rufus (David Alexander Kaplan, Stranger Things), der zu ertrinken droht. Dabei wird sie um ein Haar von seinem Vater Thomas Weylin (Ryan Kwanten, True Blood) erschossen, da die Mutter des Jungen, Margaret (Gayle Rankin, GLOW) irrtümlich glaubt, Dana habe die Situation herbeigeführt. Nach einem handfesten Streit mit Kevin kommt es zu einem weiteren Zeitwechsel, wobei Kevin diesmal Zeuge von Danas Verschwinden wird. Sie findet sich im brennenden Zimmer von Rufus wieder und kann diesen ein weiteres Mal retten.
Von Rufus erfährt Dana, dass sie sich auf einer Plantage befindet und flüchtet, da sie das Aggressionspotenzial des Vaters des Jungen bereits kennengelernt hat. In einer Hütte im Wald trifft sie schließlich erneut auf die Frau aus ihrer allerersten Vision. Bei dieser handelt es sich tatsächlich um ihre Mutter Olivia, die eine Zeitreisende ist. Dana erfährt, dass es sie in das Jahr 1815 verschlagen hat, in dem Olivia als freie schwarze Frau lebt.
Zeitreisen gehören nach wie vor zu den spannendsten Stoffen innerhalb des fantastischen Genres, nicht umsonst ist der Kultstatus der Filmserie „Zurück in die Zukunft“ auch mehr als 37 Jahre nach dem Start des ersten Teils ungebrochen und der beziehungsweise die weltberühmte „Doctor Who“ hat auch 59 Jahre nach dem allerersten Fernsehauftritt nach wie vor ganze Legionen an Fans.
Kindred, seit 13. Dezember in den USA auf Hulu zu sehen (und hierzulande noch ohne Starttermin oder Angabe, wo man die Serie veröffentlichen wird), nimmt den Genre-begeisterten Zuschauer jedoch auf eine Zeitreise ganz anderer Art und anderen Stils mit als es die Abenteuer von Marty McFly und dem oder der Doctor sind. Zumindest in der Pilotfolge erfahren wir nicht, was die Zeitsprünge der jungen Dana auslöst.
Und die Vergangenheit, in die es sie verschlägt, ist eine weitaus düsterere, da realistischere als die mitunter fantastisch anmutenden Welten eines Steven Spielberg oder auch H. G. Wells: Es handelt sich um das Amerika zu Zeiten der Sklaverei, eine Epoche, die sicherlich als eines der schwärzesten Kapitel in der Geschichte des Land of the Free angesehen werden kann (und derzeit auch im filmischen Bereich wieder verstärkt thematisiert wird, zuletzt in „Emancipation“ mit Skandalnudel Will Smith in der Hauptrolle als misshandeltem Sklaven).
Octavia E. (für Estelle) Butler (1947 bis 2006) war eine von nur sehr wenigen afroamerikanischen Autor:innen, die im utopischen Genre tätig waren und die erste, die der breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. In ihren meist Zyklen bildenden Romanen behandelte sie häufig Themen aus den Bereichen Rassismus und auch Feminismus in den unterschiedlichsten Facetten des Genres, und die meisten ihrer ProtagonistInnen waren Angehörige von Minderheiten. Zu ihren Einzelwerken gehört auch die literarische Vorlage zur neuen Serie Kindred, die 1979 in den USA unter ebenjenem Titel erschien und 1983 als „Vom gleichen Blut“ in deutscher Übersetzung veröffentlicht wurde (in einer Neuauflage auch als „Kindred: Verbunden“ herausgebracht).
Die Serien-Adaption dieses erneut den Rassismus anprangernden Romans ist die erste Verfilmung eines Werkes der Autorin. Als Showrunner der neuen Hulu-Serie fungierte der ansonsten vorwiegend als Theaterautor bekannte Branden Jacobs-Jenkins, zum Produzentenstab gehört der für Filme wie „Black Swan“ bekannte Darren Aronofsky, während Janicza Bravo (THEM) für die Pilotfolge auf dem Regiestuhl Platz nahm.
Auf Action ist „Kindred“ erwartungsgemäß nicht ausgelegt, und entsprechend lässt sich die Geschichte zu Beginn des Pilotfilms ausgiebig Zeit. Allerdings wird diese Zeit keineswegs verschwendet, sondern widmet sich stattdessen der ausführlichen Vorstellung der Hauptfigur, die ihr hohes Ziel, eine bekannte TV-Autorin zu werden, mit aller zur Verfügung stehenden Kraft erreichen will, was ihr von Beginn an Sympathien einbringt. Erst in der zweiten Hälfte der Pilotfolge zeichnen sich die beunruhigenden Ereignisse ab, die auch während der nachfolgenden sieben Episoden das Thema der Serie sein und sich ab Folge zwei mit ziemlicher Sicherheit noch vertiefen werden. Ab da baut sich die Spannung langsam, aber kontinuierlich auf, und das offene Ende der Pilotfolge dürfte mit einiger Sicherheit dafür sorgen, dass nicht wenige Zuschauer darüber hinaus bei der Stange bleiben und auch die restliche Serie verfolgen werden.
Es bleibt zu wünschen übrig, dass man sich dabei auch weiterhin an der subtil-mysteriösen Erzählweise der Pilotfolge orientieren wird, die durchaus ein ordentliches Maß an Spannung aufzubauen versteht. Da es sich um eine abgeschlossene Geschichte handelt, ist eine Fortsetzung der Serie übrigens auf den ersten Blick eher unwahrscheinlich, aber es wäre im Erfolgsfalle nicht das erste Mal, dass die Serienadaptionen einer bekannten literarischen Vorlage erheblich von dieser abweichen: Das beste Beispiel hierfür dürfte Game of Thrones aus dem benachbarten Fantasygenre sein.
Den Rezensenten hat die eher sachte Spannung und der unterschwellige Mystery-Touch der neuen Serie „Kindred“ jedenfalls gut abgeholt. Die Pilotfolge der ungewöhnlichen Zeitreisegeschichte ist ihm jedenfalls vier von fünf vorweihnachtlichen Sternen wert.
Hier abschließend der Serientrailer zur Serie „Kindred“:
Verfasser: Thorsten Walch am Donnerstag, 15. Dezember 2022Darsteller | Rolle | |
---|---|---|
Sheria Irving | …………… | Olivia |
Mallori Johnson | …………… | Dana James |
Micah Stock | …………… | Kevin Franklin |
Ryan Kwanten | …………… | Thomas Weylin |
Gayle Rankin | …………… | Margaret Weylin |
Austin Smith | …………… | Luke |
David Alexander Kaplan | …………… | Rufus Weylin |
Eisa Davis | …………… | Denise |
Charles Parnell | …………… | Alan |
Brooke Bloom | …………… | Hermione |
Louis Cancelmi | …………… | Carlo |
Adam Bartley | …………… | Daniel |
Abigail Shannon | …………… | Alice |
Khetanya Henderson | …………… | Hagar |
Ethan Hernandez | …………… | Buzz |
Martin Chavez | …………… | Salesperson |
Matty Ferraro | …………… | Officer #1 |
Kate Brown | …………… | Officer #2 |
Henry Witcher | …………… | Rufus (Toddler) |
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