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Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass der amerikanische Kabelsender Syfy eine besondere Vorliebe für, nennen wir es mal, eher „trashige“ TV-Produktionen hat. Mit vergleichsweise geringen Mitteln werden in schöner Regelmäßigkeit recht spezielle Serien aus dem Boden gestampft, die gerne jedweder Logik entbehren, bewusst krass überzeichnet sind und die abgefahrensten Prämissen aufweisen. Ob Z Nation, Wynonna Earp oder Van Helsing, ja selbst einige Sci-Fi-Formate des Senders, siehe 12 Monkeys oder Helix, weisen mitunter gewaltige Spuren von künstlicher Übertreibung um des Unterhaltungswertes willen auf.
Der „Camp“-Status ist Trumpf und ein Publikum, das sich für derartige Stoffe und Themen interessieren sowie begeistern kann, ist definitiv gegeben. So bleibt sich Syfy nun auch bei seinem nächsten, eigenwilligen Streich treu und wagt mit dem wilden Blood Drive einen Abstecher ins eher antiquierter Grindhouse-Genre. Um dieses ist es in der öffentlichen Wahrnehmung nach dem leichten Hoch vor in etwa zehn Jahren, als die beiden Waffenbrüder Quentin Tarantino und Robert Rodriguez mit dem Double Feature „Grindhouse“ der Filmart eine frische Injektion verpassten, jedoch ziemlich still geworden.
Dabei existiert das Grindhouse-Kino, vorwiegend bestehend aus kostengünstigen, hart geschnitten B-Movies und Exploitation-Streifen, die gerne die Grenzen des guten Geschmacks ausloten, seit fast 100 Jahren und feierte zwischendurch immer wieder kleinere Hochzeiten, zum Beispiel in den 1990er-Jahren dank andere Vertriebswege wie VHS oder DVD. Heute findet man hier und da eine Hommage an diesen sehr expliziten, aufgesexten und gewalttätigen Filmstil. Und genau diese Attribute bringt James Rolands blutrünstiges „Blood Drive“ mit sich, bei dem vor allem Genrefans mit den Ohren schlackern dürften. Der Zugang zu dieser sehr speziellen Serie ist sicherlich nicht einfach, eine willkommene Abwechslung zu dem heutigen Einheitsbrei an TV-Dramen ist das Format aber allemal.
Angenehm flott und ohne viel Expositionsgeschwafel werden wir in die absurde, futuristische Welt von „Blood Drive“ eingeführt: Der Planet ist vor die Hunde gegangen, Nahrung ist knapp, die übriggebliebenen Wasserreserven werden stark rationiert, der Ölpreis ist schrecklich hoch und Autos fahren mit Menschenblut. Augenblick. Wie bitte? Richtig gehört, in dieser hochstilisierten Endzeitgeschichte tankt man menschlichen Lebenssaft, wahlweise bleifrei, um im wahrsten Sinne über die Runden zu kommen. Einen Ausweg aus diesem unschönen Dasein, das von extrem harscher Polizeigewalt und einem alles kontrollierenden, produzierenden Unternehmen namens Heart bestimmt wird, bietet derweil ein halsbrecherisches Rennen durch Amerika, dessen Gewinner zehn Millionen US-Dollar bekommt.
An dieser wilden Hatz nehmen gezwungenermaßen unsere beiden Hauptcharaktere teil, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Grace (Christina Ochoa) ist ein derbe Femme Fatale, in gleichen Maßen verführerisch und tödlich, die das Preisgeld braucht, um ihrer kranken Schwester zu helfen. Aus eher sehr beliebigen Gründen wird sie mit dem idealistischen Arthur (Alan Ritchson) in ein Team gesteckt, einer der letzten guten Polizisten im heruntergekommenen Los Angeles. Für diesen ist das blutige und feuchtfröhliche Spektakel aber eindeutig zu viel des Guten. Das ungleiche Duo macht dennoch gemeinsame Sache, um ihre Ziele zu erreichen. Grace braucht die Kohle, während Arthur dem brutalen Treiben und den Strippenziehern dahinter ein Ende setzen will.
Die Ausgangssituation in Blood Drive ist herrlich simpel, wenn auch extrem bescheuert und sinnfrei. Aber das geht im Rahmen des Genres vollkommen in Ordnung und trägt zu dem Spaß bei, den man mit dieser Serie haben kann. Ohne große Umwege starten wir gleich mehrfach in die brachiale Action hinein, die sich die meiste Zeit auf der Straße oder in dem schnittigen Muscel-Car von Grace abspielt. Es werden zwischendurch immer wieder ein paar wilde Sprünge getätigt, wodurch sich das eine oder andere Handlungsloch auftut. Diese nehmen Chefautor James Roland und der erfahrene Serienregisseur David Straiton (Hell on Wheels, Hemlock Grove und vieles mehr) jedoch bereitwillig in Kauf. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem ungewöhnlichen Style, die Substanz der Geschichte rückt in den Hintergrund. So, wie man es von vielen Grindhouse-Produktion kennt.
Eine ordentliche Portion B-Movie-Charme, tonnenweise Kunstblut, dick aufgetragene Dialoge, obskure Charaktere (The Gentleman? Clown Dick? Fat Elvis?) - „Blood Drive“ lässt sich komplett auf sein Genre ein und gibt sich der Absurdität von diesem voll und ganz hin. Und das Ergebnis macht Laune. Diese Genrekost mag wahrscheinlich nicht jedem schmecken, außerdem bleibt abzuwarten, ob sich das Konzept im Rahmen einer 13-teiligen Staffel nicht abnutzt und recht schnell langweilig wird. Die kurzweilige Pilotepisode unterhält dennoch auf einem guten Niveau, eben weil man genretreu arbeitet und die Zuschauer mal mit etwas anderem konfrontiert.
Die Kameraführung ist ruppig, der Soundtrack wuchtig und das Blut fließt in Strömen. Ich persönlich könnte wohl noch etwas mehr Humor vertragen, doch gehört es nun einmal auch zu dieser Filmrichtung dazu, dass die Charaktere oft unglaublich cool oder eben schrecklich überfordert sind, siehe Grace und Arthur. Wer lockere Sprüche im Zusammenspiel mit blutiger Action erleben will, der schaltet da doch lieber Ash vs. Evil Dead ein. Ohnehin müssen Christina Ochoa (Matador, Animal Kingdom) und Alan Ritchson (Blue Mountain State, Smallville) ihre Chemie untereinander noch etwas mehr nachweisen, doch die beiden legen einen insgesamt soliden Start hin und verfügen als Leinwandduo über Potential.
Besonders viel Spaß hat indes Colin Cunningham (Falling Skies) als vermeintlicher Antagonist der Geschichte, der extrovertierte Veranstalter des erbarmungslosen Rennens namens „Blood Drive“. Wie sich am Ende der Folge herausstellt, ist sein Charakter in den Machenschaft des dubiosen Konzerns Heart involviert, was darauf schließen lässt, dass Arthur einer großen Verschwörung auf der Spur ist, die es zu klären gilt. Oder findet unser Held gar Gefallen an diesem mörderischen Spaß? Ganz nebenbei macht sein Partner bei der Polizei übrigens die Bekanntschaft eines Roboters oder Androiden, als er einen geheimen Ort entdeckt, wo Menschen Blut entnommen wird, da diese „Ressource“ wohl von großer Bedeutung ist. Das alles hört sich nach einer ganzen Menge Quatsch an, was es auch ist. Die Frage ist nun, ob man Zuschauer bereit dazu ist, sich auf diesen Nonsens und die brutale Bildsprache einlassen kann.
Blood Drive ist ein explizite Achterbahnfahrt, die bisweilen wunderbar übertrieben und wahnwitzig ist. Allein die letzten Minuten, in denen Grace und Arthur flugs ein Schäferstündchen während der Fahrt hinlegen, um so der tödlichen Bestrafung durch Zeremonienmeister Slink zu entgehen (übermäßiger Adrenalinausstoß wird offensichtlich belohnt), sprechen für sich. Nach der guten Auftaktfolge bin ich nun gespannt, ob die Serie genug Futter hat, um über mehrere Episoden zu funktionieren oder ob es hier auch ein schlanker, 90-minütigen Film getan hätte. „Blood Drive“ erfindet das Rad definitiv nicht neu, stellt aber einen launigen Genreableger dar, mit dem man sich anfreunden kann.
Trailer zu „Blood Drive“:
Darsteller | Rolle | |
---|---|---|
Alan Ritchson | …………… | Arthur Bailey |
Christina Ochoa | …………… | Grace |
Marama Corlett | …………… | Aki |
Colin Cunningham | …………… | Julian Slink |
Darren Kent | …………… | The Scholar |
Craig Jackson | …………… | Cliff |
Jenny Stead | …………… | Domi |
Brandon Auret | …………… | Rib Bone |
Carel Nel | …………… | Rasher |
Nathan Lynn | …………… | Junkie |
Adam Pelkowitz | …………… | Fat E |
Bjorn Steinbach | …………… | Barry |
Jay-Jay Botha | …………… | Cantor Policeman |
Dorian Holdren | …………… | Mohawk |
Gino Lee | …………… | The Operator |
Amy Letcher | …………… | The Documentarian |
Paul Pieterse | …………… | Captain Clown Dick |
Altovise Lawrence | …………… | Sergeant Gower |
Andrew Hall | …………… | The Gentleman |
Thomas Dominique | …………… | Christopher Carpenter |
Jesse Suntele | …………… | Todd |
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