Der Serientipp: Mad Men, Six Feet Under und mehr
Der Serientipp: Mad Men, Six Feet Under und mehr
Die Kluft zwischen Serien, die kaum als Geheimtipps durchgehen und jenen, die schon eher in die Obskuritätenkiste gehören, ist heute wieder groß. Zum einen empfehlen Axel und unsere Praktikantin Gine heute die Erfolgsserien Mad Men und Six Feet Under, von denen Ihr bestimmt schon Gutes gehört habt. Zum anderen haben Felix und Mario mit Last Chance U und Yuri on Ice zwei Sportserien für Euch. Letztere kommt in animierter Form daher, passend zu Adams Serientipp über eine größenwahnsinnige Labormaus und deren beschränkte Assistenz. Narf!
Gine: Six Feet Under
Seit kurzem erweitert das Sky Entertainment Paket meine Serienjunkie-Möglichkeiten. Beim Durchstöbern der Box-Sets bin ich über Six Feet Under gestolpert, eine oft gelobte aber dennoch an mir vorübergegangene Serie. Nun habe ich mich entschlossen dieses Versäumnis nachzuholen - und bereue es keinen Moment. Der HBO-Klassiker ist zu Recht mehrfach ausgezeichnet.
Six Feet Under ist eine schwarzhumorige Dramaserie, die sich um die in Los Angeles lebende Familie Fisher dreht. Nachdem das Familienoberhaupt Nathaniel Fisher (Richard Jenkins) bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommt, überlässt er seinen beiden Söhnen David (Michael C. Hall, bekannt als Serienkiller Dexter) und Nate Peter Krause) das familienbetriebene Bestattungsinstitut. Die beiden Söhne könnten allerdings unterschiedlicher nicht sein. Der etwas spröde David ist schon lang Bestandteil der Firma. So hat er keine Schwierigkeiten sofort die ihm anvertraute Verantwortung zu übernehmen. Nate, ein Lebemann, der nur vom Tod des Vaters erfuhr, weil er über Weihnachten nach Hause kam, kann sich nur langsam in seine Rolle einfügen. Mit fortlaufender Handlung zeigt er allerdings mehr und mehr Interesse und Einsatz für das kleine Familienunternehmen.
Jede einzelne Folge beginnt mit einem Todesfall, der meistens von den Fishers übernommen wird. Ob nun ein Straßenschild einer ausgelassenen Autofahrt ein jähes Ende setzt, ein Sprung in den Pool anders verläuft als geplant oder ein Football-Spieler das Training in der prallen Sonne nicht übersteht, skurril bis tragisch sind die Geschichten permanent.
Natürlich sind die Todesfälle nur der Türöffner zu den eigentlichen Ereignissen einer ziemlich kaputten Familie. Über die Zeit kommen diverse Familiengeheimnisse ans Licht, die bisweilen so tief begraben waren, wie die Kunden der Fishers. David ist schwul und hat schon lang eine intime Beziehung mit einem ortsansässigen Polizisten. Er versucht dies vor Familie und Kirche zu verbergen. Nate steht festen Bindungen eher skeptisch gegenüber und hat ein undefiniertes Verhältnis zu einer nicht minder komplizierten Frau namens Brenda (Rachel Griffiths). Die Tochter Claire (Lauren Ambrose befindet sich im Teenager-Alter und ist den Drogen und einem problembehafteten Freund nicht abgeneigt. Mutter Ruth (Frances Conroy offenbart nach dem Tod ihres Mannes, dass sie eine Affaire mit ihrem Friseur hat. Später lässt sie sich auf ihren neuen Arbeitgeber, einen russischer Blumenhändler ein.
Six Feet Under vereint Witz, Dramatik, Ernsthaftigkeit und Spannung. Vor all diesen Hintergründen werden auf geniale Art und Weise große Themen wie Homosexualität, Drogensucht, psychische Erkrankungen, Patriarchat, Rassenkonflikte und moralische Dilemmata behandelt.
Alle fünf Staffeln kann man sich auf Sky anschauen. Allerdings nur noch für kurze Zeit.
Mario: Yuri on Ice
Während Anfang Januar bereits die japanische Anime-Winter-Season 2017 begonnen hat, hänge ich noch etwas hinterher, was das Durchgucken jener Titel angeht, die mir in der Herbst-Season 2016 gefallen haben. Einer davon ist das bemerkenswerte Sportdrama Yuri on Ice von Regisseurin Sayo Yamamoto, welches zu den besten Animeserien des ganzen Jahres zählt - auch, wenn man (wie ich) überhaupt nichts mit Sportserien am Hut hat.
Erzählt wird die Geschichte des 23-jährigen Eiskunstläufers Yuri Katsuki, dessen Performance bei einem internationalen Wettbewerb anfangs zu wünschen übrig lässt. Zu Hause in Japan denkt er bereits ans Aufhören, als sein russisches Idol Victor Nikiforov auf ein Video aufmerksam wird, das Yuri beim Laufen einer seiner Küren zeigt. Prompt lässt Victor alles stehen und liegen, um seinen japanischen Fan unter seine Fittiche zu nehmen und zu trainieren. Die inspirierende Geschichte über das Wiederfinden von Ambition und Leidenschaft ist mit viel Humor erzählt, hat für eine Fernsehserie atemberaubende Animation zu bieten (besonders die realistischen Bewegungen auf dem Eis) und ist im Kern vielleicht sogar eine zarte Liebesgeschichte zwischen den beiden Sportlern.
„Yuri on Ice“ wurde zum regelrechten Phänomen, das sogar als Referenz in South Park vorkam, woraufhin die Animemacher eine ihrer Figuren als Rückgruß in die Klamotten von Cartman gesteckt haben. Auch wurden internationale Eiskunstläufer in animierter Form untergebracht und japanische Vertreter des Sports durften sich sogar als Synchronsprecher versuchen.
Hierzulande könnt Ihr die Serie mit deutschen Untertiteln beim VoD-Anbieter Crunchyroll streamen. Die erste Episode könnt Ihr dort gratis anschauen. Alternativ bietet der englische YouTube-Channel des Streaming-Dienstes die ersten drei Folgen zum reinschnuppern an. Hier ist die komplette erste Folge:
Axel: Mad Men
Zugegeben, die Retroserie Mad Men ist nun wahrlich kein Geheimtipp. Wir haben ihr nicht nur mit wöchentlichen Reviews gehuldigt, sondern auch mit einer Podcast-Spezialausgabe und einer Kolumnenausgabe. Tatsächlich kann ich von ihr aber immer noch nicht genug bekommen, weshalb ich sie gerade zum dritten Mal schaue. Dabei wird einmal mehr bestätigt, was ich längst wusste: „Mad Men" ist eine der besten Dramaserien aller Zeiten. Für mich persönlich befindet sie sich sogar auf einem Niveau mit The Sopranos und The Wire.
Sie vereint sämtliche Elemente, die ein rundheraus gelungenes Format ausmachen. Das Schauspiel befindet sich auf höchstem Niveau, die Dialoge sind geschliffen, Setdesign und Ausstattung makellos. Hinzu kommt ein tiefer Einblick in die geschundene Seele der Protagonisten, die vordergründig alles erreicht zu haben scheinen, die im Luxus leben und keine Existenzängste haben müssen. Hinter dieser Fassade findet sich jedoch bei sämtlichen Figuren ein zerbrechliches Inneres, das von Protagonist Don Draper (Jon Hamm) mehr als einmal pointiert zusammengefasst wird. Beispielsweise antwortet er auf die Frage, was seine größte Furcht sei, ebenso simpel wie wahrhaftig: „That I never did anything, and that I don't have anyone.“
Es dürfte schwierig sein, jemanden zu finden, der diese Angst noch nie gehegt hat. „Mad Men" ist vieles - opulentes Retrodrama, rührige Soap, eindringliche Charakterstudie. Vor allem aber ist es ein Einblick in unser aller Seelenleben.
Felix: Last Chance U
Footballfans aufgepasst! Während die Regular Season der NFL gerade ihr Ende gefunden hat und wir uns mitten in den mehr oder minder spannenden Playoff-Spielen befinden, solltet Ihr auf dem Weg zum 51. Super Bowl am 5. Februar 2017 in Houston, Texas Euch etwas Platz im Zeitplan für die Netflix-Dokuserie „Last Chance U“ aus dem letzten Jahr schaffen. Freunde des Sports, die mal einen etwas anderen Blick hinter die Kulissen wagen wollen, sind hier nämlich an der richtigen Adresse.
Dabei liegt der Fokus von Dokumentarfilmemacher Greg Whitley jedoch nicht auf den großen Stars der NFL und den komplexen Abläufen innerhalb eines Franchises, wie es zum Beispiel ganz fantastisch in der Amazon-Dokuserie All Or Nothing: A Season with the Arizona Cardinals zu sehen ist. Die Aufmerksamkeit richtet sich in „Last Chance U“ voll und ganz auf potentielle Superstars von morgen an einem kleinen Community College in Mississippi, das für viele junge, talentierte Footballspieler die letzte Chance darstellt, in den Profisport einzusteigen.
In den sechs Folgen der ersten Staffel des stilsicher gefilmten Dokuformats folgen wir einer Gruppe von besonderen Charakteren, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Ein jeder von diesen jungen Menschen trägt in gewisser Art und Weise seinen eigenen Ballast mit sich herum, sei es der sich selbst auferlegte Druck, die Liebsten stolz zu machen oder schlichtweg der Beste zu sein, oder eine tragische Hintergrundgeschichte, die ihre Persönlichkeiten geprägt hat.
Ihre einzige Gemeinsamkeit: Unter der harten Führung von Coach Buddy Stephens - selbstbewusst, unerbittlich, cholerisch - wollen sie es im Team der Lions am East Mississippi Community College packen, ein national bekanntes Sprungbrett, um in die höheren Bereiche des College-Footballs vorzustoßen, wenn nicht sogar bis in die NFL. Der Trainer, Betreuer (ein Herz für die engagierte Studienberaterin Britanny Wagner!) und die Spieler geben in „Last Chance U“ den Ton an, Taktik oder spielerische Rafinessen sind in der ungeschönten der Betrachtung von Whitley eher zweitrangig.
Da die Charaktere aber so speziell sind, immer wieder spannende Hintergründe geschaffen und sich teilweise unglaubliche Ereignisse im Verlauf der Saison 2015/2016 zugetragen haben (die letzten beiden Episoden haben mich komplett fassungslos zurückgelassen), braucht es gar keine Tiefenanalyse des Spielstils der Lions oder ähnliches. Die Figuren, mit all ihren Eigenheiten, mitunter gewaltigen Egos, Macken, Träumen und Zielen sind Antrieb genug für dieses mitunter sehr aufregende, emotionale, oft auch sehr komische sowie brutal ehrliche Dokuserie, der mit Sicherheit nicht nur Footballfans etwas abgewinnen werden. Übrigens: eine zweite Staffel von Last Chance U wurde von Netflix bereits bestellt. Go Lions!
Adam: Pinky and the Brain
Da ich gerade ein neues Pay-TV-Paket probiere, kann ich den Sender Boomerang empfangen, wo werktäglich am späten Abend Pinky & Brain (im Zweikanalton!) wiederholt wird. Schon als kleiner Junge war ich ein großer Fans der beiden Labormäuse mit den ambitionierten Plänen zur Weltherrschaft und habe auch die Comics gekauft. Damals habe ich aber teilweise noch nicht im Ansatz verstanden, wie sehr sich die Serie allerdings an den erwachsenen Zuschauer richtet, weswegen ich jedem ans Herz legen würde, noch einmal reinzuschauen.
Die Prämisse macht der geniale Titelsong deutlich:
Brain ist der Kopf des Duos, der jeden Tag neue Pläne zur Weltherrschaft entwirft, während sein treudoofer Kumpan Pinky ihn bedingungslos unterstützt, aber nicht die hellste Leuchte ist und stets Worte wie „Narf", „Zoid" und ähnliches von sich gibt. Dabei strotzt sie nur so auf popkulturelle Anspielungen der damalige Zeit, was Fans von The Simpsons und ähnlichen Serien erfreuen wird. Doch im Kern steht die Mäusefreundschaft, die stellenweise viel, viel tiefer ist, als ich sie in Erinnerung brachte.
So gibt es eine Folge in der Brain alles erhält, was er möchte - bis auf die Gesellschaft von Pinky, sodass er einsehen muss, dass ein Loch in seiner Seele existiert. Herzzerreißend schön, witzig und immer wunderbar kreativ, auch wenn die Formel immer die gleiche bleibt.
Wer die Serie noch nie im Original gesehen hat, könnte außerdem überrascht sein, wie sehr Brain nach Orson Welles klingt.
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