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Die Serie Sleepy Hollow beendet ihre erste Staffel mit einer Doppelfolge. In der Episode Indispensable Man erwartet die Zuschauer zunächst das mittlerweile perfekt aufeinander abgestimmte Teamwork der beiden Protagonisten. Es gilt die Geheimnisse im Umfeld von „Zombie George Washington“ zu ergründen. Während Probleme dabei wieder einmal verhältnismäßig unkompliziert gelöst werden können, begeht ausgerechnet der Held Ichabod Crane (Tom Mison) am Ende der Episode eine Verzweiflungstat, die Moloch direkt in die Klauen zu spielen scheint...
Der aus Ichabods distanziertem Blick aufs Jetzt hervorgehende Humor von Sleepy Hollow funktioniert auch zu Beginn dieser vorletzten Episode von Staffel eins wieder großartig. Indem der Ex-Soldat mit für uns allgegenwärtigen Phänomenen wie Emoticons und ständig neuen Handy-Modellen konfrontiert wird, kann unserem Zeitgeist wieder und wieder auf unterhaltsame Weise der Spiegel vorgehalten werden.
Im Gegenzug beginnt Ko-Star Abbie Mills (Nicole Beharie) damit, sich einigen von Cranes Angewohnheiten anzupassen - und beendet beispielsweise ihre Nachrichten auf Ichabods Mailbox im hochgestochenen Brief-Stil. Das immer wieder originell inszenierte zeitliche Gefälle aus 250 Jahren trägt einen großen Teil dazu bei, dass auch weniger packende oder allzu kitschig geratene Passagen der Serie Aufwertung erfahren.
Die Auflösung des mäßig spannenden Cliffhangers der Vorgängerepisode bringt die Gewissheit mit sich, dass George Washington (Louis Herthum; True Blood, Longmire) nach seinem Tod vier Tage lang als eine Art Zombie sein gewissenhaftes Unwesen getrieben hatte. Akribisch transportierte er diverse Geheimnisse aus der Zwischenwelt in die damalige Gegenwart, um sie in seiner persönlichen Bibel festzuhalten.
Die Landkarte, auf der George den Weg aus dem Leben ins Fegefeuer festhalten konnte, birgt für die witnesses - und insbesondere für Crane - ein großes Dilemma. Mithilfe der Karte könnte es ihm zwar endlich gelingen, seine geliebte Katrina (Katia Winter) aus ihrem Gefängnis zu befreien. Doch gleichzeitig besteht die Gefahr, dass die Reise in die Zwischendimension auch anderen Wesen als Cranes Ehefrau den Übertritt nach Sleepy Hollow ermöglichen könnte.
In Indispensable Man gibt es ein Wiedersehen mit gleich zwei Charakteren, die die Serie bereits in früheren Episoden bereichert hatten. So unterstützt der Sin Eater Henry Parrish (John Noble) wieder die Mächte des Guten, und Andy Brooks (John Cho) nimmt seinen Dienst für Moloch wieder auf, der von Abbie zwischenzeitig mit dem drolligen Spitznamen „Molly“ bedacht wird.
Doch während Parrish in seiner Entschiedenheit, das Böse zu bekämpfen, nicht einmal vor großen Schmerzen zurückschreckt, ist Brooks als Charakter nach wie vor zwischen seiner Loyalität gegenüber Moloch und seiner Hingabe für Abbie hin- und hergerissen. Das verhilft der Figur einerseits zu einem hohen Maß an Unberechenbarkeit und lässt sie andererseits besonders tragisch erscheinen. Als Henry dem ehemaligen Polizisten dank seiner Sünden-verspeisenden Fähigkeiten während des Showdowns der Episode einen kurzen Moment der Klarheit verschafft, scheint sich Andy letztendlich aber doch zur Liebe und somit zum Guten zu bekennen. Das durch die böse Macht zwar erstarkte, aber völlig verunstaltete Wesen verrät Abbie in einer letzten Aufwallung der Menschlichkeit, dass sie die Karte, die den Weg ins Fegefeuer weist, zerstören muss.
Ein Polizist und ein Priester sind tot. Wie genau es um Morales (Nicholas Gonzalez) steht, wird zwar geschickt im Dunkeln belassen. Dennoch darf kritisiert werden, dass Ichabod und Abbie sich die menschlichen Verluste, die die vorangegangene Episode The Vessel mit sich brachte, in keiner Weise anmerken lassen. Selbst in Anbetracht einer ständig drohenden Apokalypse sollten die beiden Helden - besonders die Kollegin beziehungsweise gar Exfreundin Abbie - sich zumindest noch einen Nebensatz für Beileidsbekundungen Zeit nehmen können..
Immerhin kommen die Toten und Morales im Handlungsstrang von Frank Irving (Orlando Jones) zur Sprache. Doch im Vergleich zur ereignisreichen Spurensuche auf Seiten von Abbie und Ichabod fällt die Geschichte ihres Vorgesetzten ansonsten recht träge aus. Um seine Tochter Macey (Amandla Stenberg) - die in besessenem Zustand ja einen Priester (David Fonteno) getötet hatte - zu schützen, nimmt Irving die Schuld für die Morde an Devon Jones (Michael Roark) und dem Gottesmann auf sich. Allerdings gibt es ja auch noch Maceys Spuren am Leichnam des Priesters. Und diese sollten doch wohl trotz eines fadenscheinigen Geständnisses noch genauer untersucht werden...?
Vielleicht etwas zu schlafwandlerisch weiß Crane zu jeder Zeit, was zu tun ist. Als wäre er der Sohn von Indiana Jones und Tomb Raider persönlich, schiebt er Steine und Ringe immer an den richtigen Ort und hält Abbie souverän davon ab, die Pyramidenfalle auszulösen. Als Ichabod dann auch noch moralische Überlegenheit demonstriert, indem er seine persönlichen Präferenzen nach nur kurzem Zögern dem „Großen Ganzen“ unterordnet, büßt der Held in seiner Unfehlbarkeit fast seine Menschlichkeit ein.
Doch dann, im letzten Moment, obsiegt in einer gelungenen Wendung Ichabods Liebe zu Katrina - und damit letzten Endes auch sein Egoismus. Während er auf Grundlage seines fotografischen Gedächtnisses die Karte ins purgatory zu Papier bringt, liefert er damit die Vorlage für ein hoffentlich packendes Finale. Was würde Crane noch tun, um seine große Liebe zu retten? Vielleicht gar Moloch die Seele seiner besten Freundin ausliefern?
Es ist so ungewöhnlich wie erfrischend, dass bei Sleepy Hollow als zentrale Beziehung nicht die Liebe, sondern die reine Freundschaft im Vordergrund steht. Dabei kommen die Emotionen trotzdem nicht zu kurz: Als Abbie Ichabod versichert, Katrina gemeinsam zu befreien, wird einem klar, wie schnell einem die Protagonisten in dieser unorthodoxen Konstellation ans Herz gewachsen sind.
Was die übrigen Charaktere angeht, kann sich die Figur des Andy Brooks wohl am meisten hervortun. Er hat nicht nur die hübsch animierte „Verpuppungsszene“ auf seiner Seite, sondern kann durch sein verzweifeltes und hoffnungsloses Appell an Abbie gleichzeitig eine große Portion Mitleid heraufbeschwören. Wenn man bedenkt, dass Brooks seinen Kopfschuss überwindet, als hätte er sich lediglich an einem zu niedrigen Türrahmen gestoßen, sollten ihn ein paar Felsen wohl ebenso wenig erledigt haben können. So besteht für die finale Sleepy Hollow-Episode Bad Blood definitiv Hoffnung auf ein neuerliches Wiedersehen mit Andy.
Auch wenn Parrish und Captain Frank Irving dieses Mal vergleichsweise blass erscheinen, sind ihre Figuren doch für den finalen Showdown vielversprechend in Position gebracht. Man darf also in jedem Falle gespannt bleiben!
Weiterlesen im Review zur zweiten Stunde des Staffelfinals.
Verfasser: Thordes Herbst am Mittwoch, 22. Januar 2014Darsteller | Rolle | |
---|---|---|
Tom Mison | …………… | Ichabod Crane |
Nicole Beharie | …………… | Abbie Mills |
Orlando Jones | …………… | Captain Frank Irving |
Katia Winter | …………… | Katrina Crane |
John Noble | …………… | Henry Parrish |
John Cho | …………… | Andy Brooks |
Jill Marie Jones | …………… | Cynthia Irving |
Amandla Stenberg | …………… | Macey Irving |
Brennan Brown | …………… | Tom |
Louis Herthum | …………… | General George Washington |
Patrick Gorman | …………… | Reverend Alfred Knapp |
Jimmy Gonzales | …………… | Homicide Detective |
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