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Mit einem Auge fest zugedrückt und jeder Menge Optimismus darf die Episode Greensleeves als Rückkehr zu altem Sons of Anarchy-Glanz gefeiert werden. Zwar fehlt insgesamt manches, aber mit dem nahenden Ende im Blick darf man sich auch über Kleinigkeiten freuen.
(Anzeige)Die erste Hälfte der gewohnt überlangen Episode Greensleeves verheißt nichts Gutes. Wieder einmal verläuft ein Cliffhanger, der ein altbekanntes Gesicht in Gefahr bringt, mehr oder weniger diffus im Nichts. Juice (Theo Rossi) ist in der Gewalt seines ehemaligen Clubs, doch das führt weder zu einer großen Offenbarung noch zu einem tragischen Tod. Stattdessen läuft das Tagesgeschäft der Motorradgang unbeeindruckt weiter.
Jax (Charlie Hunnam) schickt Juice als Strafe für seinen Verrat in den Knast, um die Rache an Lin (Kenneth Choi) voranzutreiben und stellt ihm dafür Vergebung in Aussicht. Nicht nur aus Juices Sicht dürfte das ein guter Deal sein - da haben die Jungs sich schon für weniger geopfert. Hätte er gewusst, dass das alles ist, was Jax von ihm verlangen würde, wäre er wahrscheinlich aus Wendys Apartment direkt ins Clubhaus gelaufen und hätte jegliche Träume von Mexiko lachend fallen gelassen.
Das ist nicht das erste Mal, dass ein Juice-Plot seinen Höhepunkt versagt bekommt. Man erinnere sich nur daran, wie er sich von Roosevelt monatelang erpressen ließ und Todesqualen aushielt, weil er glaubte, das Ende seines Clublebens sei nahe, wenn die Identität seines Vaters ans Licht käme. Und was war? Eine rau-herzliche Umarmung von Chibs (Tommy Flanagan) später war alles okay, kein Gedanke daran, dass die Sons ein geliebtes Mitglied herauswerfen würden, nur weil kein rein weißer Stammbaum vorzuweisen war. Alles, was Juice bis dahin durchgemacht hatte, schien plötzlich lächerlich unnötig. Ähnlich ist es auch nun.
Der Club ist alles für Juice. Und er ist nicht das erste Mitglied, das im Gefängnis landet. Noch dazu kann er bei seinem Auftrag auf die Unterstützung durch das Rassistennetzwerk unter Tally (Marilyn Manson) bauen. Jax' Logik, dass entweder Juice sich seine Gunst zurückerkauft oder der Knast kurzen Prozess mit Juice macht und das Problem des Verräters sich auf diese Weise löst, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Es ist für ihn keine große Sache, Juice ins Gefängnis zu schicken, doch ein echtes Opfer ist das kaum. Juice hätte es wohl auch getan, wenn Jax höflich angefragt hätte.
Man kann nur hoffen, dass der Plot nicht ganz in der Nichtigkeit verläuft. Auch Juice hat endlich mal ein paar emotionale Szenen verdient, die ihm nicht kurz darauf mit einem kameradschaftlichen Schulterklopfen wieder weggenommen werden.
Die Episode Greensleeves bringt uns endlich den langersehnten Blick in den Club. Wir dürfen zum ersten Mal in dieser Staffel Zeuge sein, was am Clubtisch gesprochen wird und wie die Sons die Ereignisse einordnen. Doch viel besser macht das die ganze Sache auch nicht. Jax wird seltsam überemotional und sieht sich gezwungen, selbst zu erklären, wie ungewöhnlich brisant der Kampf gegen Marks (Billy Brown) ist. Nach einer halben Staffel voll von sinnlosem Herumgeplänkel scheinen da fast die Sons of Anarchy-Autoren zu uns zu sprechen, um uns zu sagen: Okay, das Hin und Her mit Lin und den anderen war ein bisschen flach, aber ab jetzt müsst ihr wieder aufpassen, denn es geht um etwas!
Ferner erklärt Jax seine Clubbrüder zu seiner Familie, was weniger spektakulär ist, weil wir das doch eh schon lange wissen. Interessant wird es nur, wenn man bedenkt, dass er sich seit dem Tod seiner Frau überhaupt nicht für seine Söhne interessiert. Er hat die Clubloyalität auf eine neue Stufe gehoben. Statt Aussteigerträumen hat er nur noch den Club im Blick. An und für sich ist das eine emotionale Geste, die er seinen Freunden gegenüber an den Tag legt, doch an dieser Stelle der Geschichte wirkt es vor allem uninteressant.
Jede Episode in dieser Staffel hat Jax und die Jungs bisher weiter in ihren Racheplan gezogen und das läuft meist nach dem gleichen Muster ab. Ein potentieller Verbündeter zeigt sich kooperativ, stellt aber eine Bedingung oder weist auf ein Problem hin, um das die Sons sich anschließend kümmern müssen. Selbiges passiert nun mit der Witwe des Pastors. Sie ist zur Zusammenarbeit bereit, doch sie wird erpresst und damit als Zeugin möglicherweise unglaubwürdig. Jax und die Jungs müssen also losziehen und den Erpresser finden und ausschalten, während Gemma (Katey Sagal) sich um die Entziehungskur der Witwe kümmern soll.
Auch wenn der Plotaufbau zu wünschen übrig lässt, bietet immerhin die Story an sich Unterhaltung. Und die ist in der Episode Greensleeves ungewohnt amüsant. Ratboy (Niko Nicotera) und Happy (David LaBrava), die zugeben, dass sie Angst vor Gemma haben, sind einen Lacher wert. Auch wie die Jungs von harmlos wirkenden Prostituierten überraschend körperlich fast überwältigt werden und Neros Reaktion, als er es sieht, haben komödiantisches Potential zu bieten.
Doch den Vogel schießt wohl Chibs ab, als er Jax' jüngsten Mord als schlampigen Selbstmord bezeichnet. Mit Blick auf die letzten Massaker möchte man den Sons of Anarchy-Machern zurufen: Ihr könnt es ja doch noch! In dieser Episode haben sie die Anzahl der Leichen deutlich heruntergefahren, die Brutalität hat dadurch wieder einen comichaften Beigeschmack, der wie im Fall des toten Zuhälters funktioniert.
Weniger amüsant, dafür aber endlich wieder emotional sind die Plots von Gemma und Bobby (Mark Boone Junior) in der Episode Greensleeves. Die Selbstgespräche mit ihrem Opfer in den letzten Episoden haben stets fehl am Platze gewirkt: zu aufgesetzt, zu wenig mit dem Charakter verbunden und zu sehr darauf ausgerichtet, auf einfache Weise zu zeigen, dass Gemma nicht ohne psychischen Schaden der Sache entkommen ist. Besser ist das in dieser Episode gemacht, in der Gemmas Paranoia sich zu einer echten Angstattacke zusammenbrauen und man durchaus Verständnis dafür aufbringen kann.
Doch die Umstände sind einfach äußerst ungünstig, Ratboys und Happys Schweigsamkeit und der Mangel an Informationen sind nichts Neues. Wie oft wurde Tara (Maggie Siff) als Ärztin ohne Angabe von Gründen ins Clubhaus gebracht, um erst dort zu erfahren, wer nun wieder eine Kugel mit seinem Allerwertesten aufgefangen hatte. Doch mit Gemmas Panik entdeckt zu werden macht aus dieser normalen Situation eine bedrohliche Sache, die schon fast Endzeitstimmung verbreitet, von der unter anderem Wendy (Drea De Matteo), Unser (Dayton Callie) und Bobby gepackt werden.
Für letzteren geht das Engagement für Gemma alles andere als gut aus. Er wird von Marks' Leuten erwischt und verliert mindestens ein Auge. Verglichen mit den Unmengen an Toten ist das nichts und doch trifft es endlich wieder ins emotionale Zentrum der Serie. Das liegt in erster Linie daran, dass es sich bei Bobby eben nicht um Colette (Kim Dickens) oder gar um namenlose Opfer handelt, sondern um eine Figur, die wir seit der ersten Staffel kennen und wertschätzen. Die Wahl von Bobby als Opfer ist besonders emotional, weil er die letzte Stimme der Vernunft ist. Jemand, der sich weniger durch Grausamkeit hervorgetan hat, sondern mehr als Organisationstalent der legalen Geschäfte des Clubs im Hintergrund glänzt. Bobby verletzt zu sehen ist am wenigsten erträglich von allen Sons.
Doch es ist nicht nur die Emotionalität, die das Ende der Episode großartig macht, es ist auch die Tatsache, dass sich ein Gegner endlich nicht wie ein Ochse am Ring in der Nase von Jax herumführen lässt. Anders als Lin mit seinem Diosa-Massaker weiß Marks, wie man seinen Feinden Angst macht. Und er schickt seinen Sicherheitschef, die Nachricht zu übermitteln. Marks hat offenbar viel von Pope (Harold Perrineau) gelernt, denn endlich ist ein Gegner in Sicht, den man ernst nehmen kann.
Der „Was-ist-hier-los-Moment“ der Episode ist das ungewollte Geständnis von Gemma an Abel (dargestellt von den Zwillingen Ryder Londo und Evan Londo). Ihre Paranoia sind gut gespielt und ziehen sich in einer glaubhaften Spirale zusammen, doch ihr Geständnis gegenüber einem Säugling ist nur schwer zu schlucken. Diese Szene fühlt sich wieder an wie die letzten Sons of Anarchy-Episoden, in denen gewisse Dinge einfach passieren mussten, so unglaubwürdig wie sie waren, nur um dem Plot zu dienen.
In der letzten Zeit hat Abel generell ungewohnt viel Aufmerksamkeit von den Autoren bekommen. Wir haben gesehen, dass ihm das Leben im Clubmilieu nicht gutgetan hat, er ist wütend, angsterfüllt und kennt nur einen Weg mit Situationen umzugehen - und der ist Gewalt. Nun wissen wir, wieso wir das alles über Jax' ältesten Sohn erfahren haben. Er ist der einzige, neben den unmittelbar Beteiligten, der die Wahrheit über den Mord an Tara kennt. Und auch, wenn Wendy seine leibliche Mutter ist, Tara war doch mehr Mutter für ihn als jede andere.
Von einem in erster Linie passiv beteiligten Kind ist Abel in der Episode Greensleeves zu einer möglicherweise zentralen Figur im großen Showdown geworden. Oder zumindest zu jemandem, in dessen Händen die Entscheidung liegt, wer die Wahrheit erfahren sollte.
Die Episode Greensleeves ist ein deutlicher Fortschritt, verglichen mit den ersten Episoden dieser Staffel, zumindest wenn man geneigt ist, das Gute zu sehen und sich darauf einzulassen. Immer noch fühlt sich das meiste der Story an wie eine Verzögerungstaktik, bis es endlich Zeit für den großen Showdown ist, aber immerhin entwickeln sich die Dinge endlich weiter.
Gemmas Paranoia spitzen sich dramatisch zu, Nero hat endlich den Elan gefunden, ernsthaft nach einem Ausweg zu suchen und für Jax schenken uns die Sons of Anarchy-Autoren überraschend Hoffnung. Dass der Anfang der Episode an den Tod seines Vaters erinnert und dass er durch den Angriff auf Bobby endlich wieder einmal ernsthaft bestürzt ist, zeigt, dass es noch nicht zu spät ist. Noch kann er zurück, er muss nicht Clay 2.0 werden, er kann die Probleme auf eine Art lösen, bei der er seine einstige Moral nicht völlig wegschmeißen muss.
„Sons of Anarchy“ - Promo zur Episode „The Separation of Crows“ (7x08):
Verfasser: Christina Greiner am Mittwoch, 22. Oktober 2014Darsteller | Rolle | |
---|---|---|
Charlie Hunnam | …………… | Jackson 'Jax' Teller |
Katey Sagal | …………… | Gemma Teller Morrow |
Mark Boone Junior | …………… | Robert 'Bobby Elvis' Munson |
Dayton Callie | …………… | Wayne Unser |
Kim Coates | …………… | Alexander 'Tig' Trager |
Drea de Matteo | …………… | Wendy Case |
Tommy Flanagan | …………… | Filip 'Chibs' Telford |
David Labrava | …………… | Happy Lowman |
Niko Nicotera | …………… | George 'Ratboy' Skogstrom |
Theo Rossi | …………… | Juan Carlos 'Juice' Ortiz |
Jimmy Smits | …………… | Nero Padilla |
Michael Marisi Ornstein | …………… | Chuck 'Chucky' Marstein |
Emilio Rivera | …………… | Marcus Alvarez |
April Grace | …………… | Loutreesha Haddem |
Inbar Lavi | …………… | Winsome |
Christopher Backus | …………… | Adam 'Greensleeves' Greenblatt |
Mathew St. Patrick | …………… | Moses Cartwright |
Rusty Coones | …………… | Rane Quinn |
Jacob Vargas | …………… | Allesandro Montez |
Mo | …………… | Tyler Yost |
Arjay Smith | …………… | Grant McQueen |
Hayley McFarland | …………… | Brooke Putner |
Evan Londo | …………… | Abel |
Ryder Londo | …………… | Abel |
Marc Lear | …………… | Pastor Jonathan Haddem |
Josh Wingate | …………… | Harlan Hodge |
Minnie Scarlet | …………… | Asian Hooker |
Andy McDermott | …………… | Lead Officer |
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