Enthemmt: Neurowissenschaftler haben einen umfassenden Schaltkreis im Gehirn entdeckt, der bei kreativen Tätigkeiten aktiv wird. Demnach brauchen wir zum Kreativsein mehrere Hirnareale, die je nach Aufgabe zusammenwirken. Sie alle hemmen dabei eine bestimmte Hirnregion im rechten Stirnhirn, die unsere Impulse kontrolliert. Um kreativ zu sein, müssen wir diesen „inneren Kritiker“ zeitweise ausschalten, berichtet das Team. Das erklärt auch, warum bei Menschen mit bestimmten Hirnverletzungen die Kreativität gesteigert ist.
Kreativität ist eine wichtige Voraussetzung, um neue Ideen, Produkte oder Kunstwerke schaffen zu können. Doch wir brauchen Kreativität nicht nur für Innovationen, sondern auch in unserem Alltag, um Probleme lösen, improvisieren und uns an veränderte Bedingungen anpassen zu können. Doch welche Gehirnregionen sind entscheidend für unsere Kreativität? Und was passiert, wenn diese Areale verletzt werden? Frühere Studien hierzu kamen zu widersprüchlichen Ergebnissen.
Was passiert bei kreativen Aufgaben im Hirn?
Daher sind Julian Kutsche von der Charité – Universitätsmedizin Berlin und seine Kollegen diesen Fragen erneut nachgegangen. Dafür analysierten sie zunächst die Daten aus 36 verschiedenen Studien, die zwischen 2004 und 2019 veröffentlicht wurden. Diese umfassten per funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) aufgenommene Hirnscans von 857 Patienten, die während der Untersuchung verschiedene Aufgaben durchgeführt hatten. In diesen Aufnahmen suchten Kutsche und seine Kollegen nach jenen Hirnarealen, die bei kreativen Aufgaben wie Zeichnen, Schreiben oder Musizieren aktiv werden.
Die Ergebnisse glichen sie mit einem zweiten fMRT-Datensatz von 691 Menschen aus 30 weiteren Studien ab. Dann analysierten die Forschenden die Hirnscans von 56 Patienten, die eine Hirnverletzung erlitten hatten, sowie von 4.804 Menschen, die an einer neurodegenerativen Erkrankung litten, und verglichen die Aufnahmen mit denen der gesunden Testpersonen. Die Daten zu Hirnschäden stammten aus 189 separaten Studien.