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Im �rue�igen Graben� am s�dlichen Abhang hing ein kleines H�uschen. Man begriff nicht, warum es noch da hing und nicht l�ngst den Graben hinunter gerutscht, denn es machte akkurat die Figur eines Menschen, der in vollem Lauf einen Berg hinuntergesprungen, pl�tzlich die Beine verstellt, still halten will und nicht recht kann. Wenn man das Dach betrachtete, so kam es einem vor, als h�re man den Wind pfeifen, als kriege man St��e. Es sah aus wie der Sack eines Bettlers, der das Flicken �bel n�tig h�tte, jedoch bei allem Flicken immer ein Bettlersack bleiben wird. Die kleinen T�ren zu St�llchen und Tenn stunden alle schief nach einem ganz eigenen Baustil. Hinter dem Hause fand man, wenn er n�mlich nicht gerade zu Nutzen angelegt war, einen kleinen D�ngerhaufen ungef�hr von Gestalt und Gr��e eines ansehnlichen Zuckerstockes. Vor dem Hause war ein G�rtchen, in welchem eilf Mangoldstauden ihre breiten, ausdruckslosen Gesichter sonnten, sieben Bohnenstauden k�hn an gebrechlichen Stecken hingen, zwischen denen zwei bl�hende Rosenst�cke gar freundlich hervorblickten. Um dasselbe lagen im Frieden die Ger�ste eines ehemaligen Zaunes, harrend einer helfenden Hand zum Auferstehen.
Im H�uschen wohnten hinten eine Ziege und ihr Zieglein. Es war eine stattliche Ziege. Achtung gebietend trug sie ihr Haupt, und in gl�nzendem, zottigem Felle ging sie w�rdigen Schrittes einher, w�hrend hinter ihr her, gleichsam der Hanswurst, das T�chterlein grazi�se, lustige Spr�nge machte. Vornen wohnten ebenfalls zwei Personen, ein alter, lahmer Korber oder Korbmacher und sein nicht lahmes T�chterlein.[37]
Der Alte h�tte wirklich, was Anstand und W�rde in Gang und Haltung betraf, viel von seiner Ziege lernen k�nnen, in beidem stund er ihr betr�chtlich nach. Indessen, der gute Alte war kaum mehr bildungsf�hig, wenigstens sah man an ihm weder entschiedenen noch unentschiedenen Fortschritt, sondern gar keinen. Dagegen, wir gestehen es aufrichtig, gefiele uns das T�chterlein viel besser als das junge Gei�lein. Dasselbe ist gar so anm�tig und lieblich, kann auch springen leicht und hoch, da� es uns lieber w�re als zehn Gei�lein, und wenn man uns die Wahl gelassen h�tte, hinten oder vornen in dem H�uschen zu wohnen, so h�tten wir ungeachtet der W�rdigkeit der alten Ziege unbedenklich dem vordern Teile den Vorzug gegeben, wohlverstanden nicht von wegen dem alten, lahmen Korber, sondern wegen seinem sch�nen T�chterlein. Dasselbe wu�te nicht einmal, wie h�bsch es war, und das war nicht das Mindeste an ihm. Wenn es sich auch im Spiegel besah, kam es doch nicht zur umfassenden Einsicht; denn erstlich bestund sein Spiegel nur aus einem dreieckigen Scherben, zweitens durfte es sich blo� am Sonntag mit Mu�e waschen so recht um und um, und bis am Dienstag, vielleicht schon am Montag hatte es bereits vergessen, wie es gestaltet war, andere Leute brachten es ihm auch nicht in Erinnerung.
Im �rue�igen Graben� machten die Leute sich selten Komplimente. Zudem war Z�seli nicht besonders nach ihrem Geschmack; wenn es einen halben Zentner schwerer gewesen w�re, es h�tte ihnen unendlich besser gefallen. W�rs in �streich gewesen, es w�re ihm eine Arsenikkur angeraten worden. Arsenikfressen macht n�mlich fett, wie man sagt. Wird aber mit Verstand geschehen m�ssen, sonst k�nnts fehlen. Es war nicht blo� ein liebliches, sondern auch ein liebes, emsiges Kind, das von fr�h bis sp�t nach dem Willen des Vaters tat und nie unwillig und ebenfalls vom Werte dieser[38] Eigenschaften keine Ahnung hatte, viel weniger mit Ger�usch sie geltend machte. Oder, um gebildet zu reden, es war ohne alle Anspr�che. Eigentlich ist dieses ein dumm Wort, hat aber dennoch einen tiefen Sinn. Die eigentliche Anspruchlosigkeit ist nichts anderes als der dem�tige, kindliche Sinn, dem, wie Christus selbst sagt, das Himmelreich geh�rt, der keiner Verdienste sich bewu�t ist, aber ein inniges Danken hat f�r jede Gabe, jedes Zeichen der Liebe, nichts sehnlicher w�nscht, an nichts gr��ere Freude hat, als lieb zu sein Gott und Menschen, Gott und Menschen es recht zu machen. Diese harmlosen, bescheidenen Naturen sind nicht moderne Naturen.
Der alte Korber war dagegen nichts weniger als liebensw�rdig, weder innen noch au�en; man konnte eigentlich nicht begreifen, besonders am Sonntag nicht, wo Z�seli um und um gewaschen war, wie die Beiden zusammenkamen und noch dazu als Vater und Tochter. Der alte Barthli war h�ssig und h��lich, Sauersehen seine Freundlichkeit, gute Worte gab er nicht f�r Geld, geschweige umsonst, und dennoch galt er etwas in der Welt, denn er war etwas, eine Pers�nlichkeit, ein Charakter, w�rde man heutzutage sagen. Er war ein ausgezeichneter Korber, sehr ehrlich auf seine Weise, hielt Wort. Ja, da ist es einem Menschen wohl erlaubt, saugrob zu sein. Er war �berdies noch sehr arbeitsam und sehr sparsam. Wenn er sich recht r�hmen wollte, so sagte er, er h�tte noch niemanden plaget, die Gemeinde nicht und andere Leute auch nicht. Das war wirklich viel gemacht in unserer Zeit, wo Viele meinen, sie schenken der Gemeinde etwas, wenn sie ihre H�lfe nicht in Anspruch nehmen; einer so reichen und geduldigen Person was schenken, sei ja dumm. Barthlis Verdienst war nicht gro�, aber er besa� das Ehrgef�hl eines Mannes; er begriff, da� wer selbst�ndig sein wolle, vor allem imstande sein m�sse, sich und[39] die Seinigen selbst zu erhalten mit Gottes H�lfe. Es w�re gut, dieses Ehrgef�hl w�re im Zu- statt im Abnehmen, dann w�re der Friede gr��er in der Welt; es w�re gut, wenn mancher Sch�ne und manche Sch�ne den w�sten Barthli zum Exempel nehmen w�rden und nichts begehrten, was man nicht selbst verdienen kann, Keiner fliegen wollte, der keine Fl�gel hat.
Das H�uschen hatte er von seinem Vater geerbt und so viel Land dazu, da� er etwas pflanzen und zwei Ziegen halten konnte, wenn er die Z�une seiner Nachbaren nicht schonte und die Tiere lange H�lse hatten, um �ber die Z�une hin�ber im jenseitigen Grase hospitieren zu k�nnen. Mit Reparaturen an der H�tte hatte er sich nie abgegeben. Ihm sei sie gut so; wenn sie ihn nur aushalte, hernach k�nnten die sehen, wo nachk�men, sagte er. Er galt f�r sehr ehrlich, obgleich er sich in dieser Beziehung bedenkliche Freiheiten herausnahm, n�mlich mit den Weidenruten, welche er zu seinen K�rben brauchte. Eine bedeutende Zeit des Jahres brachte er bei Bauern auf sogenannten St�ren zu, wo er ihnen K�rbe flocht und ausbesserte. Indessen machte er auch K�rbe auf den Kauf, und namentlich sein Meitschi machte solche, denn dieses nahm er auf die St�ren nicht mit, es mu�te daheim zu Haus und Hof sehen. Die Ruten nun zu diesen K�rben nahm er, wo er sie fand, unbek�mmert darum, wem die Weiden geh�rten, an denen sie gewachsen waren. Er trieb dieses nicht im Verborgenen mit �u�erster Vorsicht um nicht gesehen zu werden; er sagte offenherzig, sein Vater und sein Gro�vater seien Korber gewesen, h�tten aber nie einen Kreuzer f�r Ruten ausgegeben, sondern die Wydli genommen, wie sie gewachsen, ein Bauer w�rde sich gesch�mt haben, einem armen Mannli einen Kreuzer daf�r abzunehmen. K�rbe habe man ihnen gemacht, alte pl�tzet, �ppe wohlfeil genug, damit seien beide Teile wohl zufrieden gewesen.[40]
Jetzt sollte man ihnen jedes Wydli �berg�lden, dazu noch grusam danken, da� man fast um den Atem komme, und obendrein machten sie alle Weidenst�cke aus, nur hie und da ein alter Bauer lasse noch einen stehen zum Andenken und damit die Kinder w��ten, wie so ein Weidstock gewesen. Dann k�nnten die Bauern seinetwegen K�rbe flechten lassen aus den Schmachtzotteln, welche ihre T�chter �ber die Stirne herab zw�ngten mit T�felsgewalt.
Trotzdem kam Barthli nie in Verlegenheit, keine Strenge, kein Verbot ward gegen ihn angewendet. Wohl hob hie und da ein Bauer die Hand drohend auf und sagte: �Barthli, Barthli, du machst es mir wohl gut, nimm dich in acht, sonst mache ich dir den Marsch. Ich habe bald nicht mehr Wydli f�r ein Erd�pfelk�rbchen, und selb ist mir doch dann nicht anst�ndig.� �Warum g�nnst mir das Maul nicht und sagst, wenn du K�rbe mangelst? Mir kann es nicht in Sinn kommen, und dWydli mu� man nehmen, wenn es Zeit ist, und hausieren damit wirst du kaum wollen�, so antwortete Barthli keck, und sanftm�tig redete der Bauer mit ihm eine St�r ab, sagte blo�: �DWydli bringst dann mit! Ein andermal wollte ich sie doch dann lieber selbst hauen.� �Warum nicht�, antwortete Barthli, �die M�he mag ich dir wohl g�nnen; aber machs zur rechten Zeit, sonst fahre ich zu.� �Aber frage doch dann zuerst�, meinte der Bauer. �Man kanns machen, wenn mans nicht vergi�t�, entgegnete Barthli. �Fragen�, setzte er hinzu, �ist auch so eine neue Mode vom T�fel. Man sagt, Fragen schade nichts; jawolle, nichts schaden! Ich habs erfahren. Frage um nichts mehr mein Lebtag, wenn es nicht sein mu� und es ungefragt auch zu machen ist.� Diese Schonung kam aus dem gleichen Grunde, aus welchem Barthli seine Rechte nahm; es war auch so eine Art von Grundrecht, entstanden aus uralter Gewohnheit, welches man ihm noch stillschweigend zugestand trotz der neuen Sitte, aus[41] allem so viel Geld als m�glich zu machen, welche man gegen alle Andern mit aller Strenge in Anwendung brachte.
In diesem Punkte ist allerdings eine bedenkliche �nderung erfolgt, welche man bei Beurteilung des Verh�ltnisses unterer Klassen nicht au�er acht lassen darf. In fr�heren Zeiten war viel wildes, viel fast herrenloses Land; was auf solchem Lande wuchs, war Beutepreis, und arme Leute hatten da eine reiche Fundgrube von allerlei, welches sie entweder selbst brauchen oder zu Geld machen konnten. Viele Handwerker: Rechenmacher, K�fer, Korber, Besenbinder und andere, selbst Wagner hatten gleichsam Hoheitsrechte auf solchem Lande; sie nahmen, was ihnen beliebte, und zwar unentgeltlich und ungefragt. In solchem Lande weideten die armen Leute den Sommer �ber Schafe und Ziegen, sammelten f�r den Winter Streu und Futter. Das ist anders geworden. Viel Land ist urbar gemacht, und herrenloses Land wird rar sein im Lande Kanaan. Was nicht Privaten angeh�rt, hat der Staat an sich genommen, und wo dem Staate sieben magere Gr�slein wachsen an einer Stra�e magerem Rande, verpachtet er sie, und um zu soliden P�chtern zu kommen, werden Steigerungen abgehalten, ganz splendide. So machen es auch die Privaten, und was einen Kreuzer giltet, verwerten sie in ihrem Nutzen. Sie haben vollkommen das Recht dazu, aber – aber jedenfalls sollte ob dem Kreuzer der N�chste nie vergessen werden.
Mit den K�rben, welche Barthli zu Hause machte, schickte er Z�si hausieren oder ging selbsten mit. Obgleich er kaum zwei Stunden von Bern entfernt wohnte, ging er doch selten dahin und ungern. Er m�ge mit den Stadtweibern nichts zu tun haben, sagte er, die h�tten keinen Verstand von der Sache. Die bildeten sich ein, sie m��ten bei allen Dingen markten bis zum Schwitzen, das sei die Hauptsache beim Handeln. Sch�tze er ihnen einen Korb um sieben Batzen, so b�ten sie[42] ihm f�nf Batzen, und sch�tze er ihnen ein andermal den gleichen Korb f�r vier Batzen, so seien sie imstande, ihm zwei Batzen zu bieten, so viel Verstand h�tten sie. �Aber Barthli, da ist ja gut helfen�, sagte man ihm oft. �Sch�tze deine K�rbe alle um neun Batzen, dann hast du ja immer sieben richtig.� Das wollte aber Barthli nicht. Jede Sache habe ihr Ma�, sagte er, dar�beraus fahre er nicht. Er wolle nicht, da� es hei�e, der Barthli im �rue�igen Graben� sei ein Narr geworden. Sie k�nnten seinethalben in der Stadt sehen, wo sie ihre K�rbe herbek�men, den seinen k�me er sonstwo ab, wo die Leute Verstand h�tten.
Sein T�chterlein hatte es umgekehrt. Tage in der Stadt waren ihm ganz andere als die �brigen Tage, Tage, wie die Juden sie sich im tausendj�hrigen Reiche dachten, wo die Sonne siebenmal gr��er ist und die Stadttore zu Jerusalem aus Diamanten und Rubinen gemacht, alle B�ume voll der s��esten Fr�chte, die Z�une voll Weintrauben, jede ungef�hr so gro� wie Goliath, und die Beeren wie K�rbisse. Man denke aber auch: die sch�nen Herren und Damen, die L�den voll Gold, Silber und fre�barer Herrlichkeiten, Schweinefleisch, da� es eine helle Pracht war, Brot und Br�tchen von allen Sorten und B�nder und Sachen unter Glas und hinter Glas, denen es keinen Namen wu�te, sondern dabei denken mu�te, die k�men geradenwegs vom Himmel her! Man sieht oft Kinder in der Stadt, die offenbar nicht mehr wissen, sind sie �ber der Erde oder unter der Erde. Sie sperren Augen, Nase, Mund auf, da� das ganze Gesicht nur ein Loch ist, durch das die guten Kinder alle die Herrlichkeiten in sich hineinziehen m�chten. Man kann sie sto�en, treten, sie merken es kaum, ja es ist zweifelhaft, ob sie es merken w�rden, wenn man sie zertreten t�te. Manchmal h�ngt so ein Kind mit einer Hand an der Rocktasche des Vaters oder am Kittel der Mutter. Wie Schleppdampfschiffe segeln die Alten voraus,[43] bewu�tlos wird das Kind nachgezogen mit den aufgesperrten L�chern, und gl�cklich ist der Vater, wenn das Kind ihm noch am Rocke h�ngt, wenn er landet in einer Wirtschaft oder endlich hinaussegelt aus den Toren ins Weite. Dann macht das Kind das Gesicht zu. Das Chaos der Eindr�cke beginnt sich zu ordnen, die einen schwinden, andere treten bestimmter hervor, pr�gen sich aus; Fragen, Erz�hlen beginnt, und sind die Menschen zu Bette, geht das Tr�umen an, eine neue Welt ist entstanden, ein bewegtes Leben reget sich, manchmal bleibts, manchmal stirbts wieder. Das Eine, das bleibt, w�chst auf zu des Herrn Freude, anderes gestaltet sich zum Distelfelde, auf dem vor allem der Neid w�chst und Begehrlichkeiten von allen Arten.
Bei Barthlis T�chterlein ging es nicht so schlimm. Die Herrlichkeiten alle stunden so weit au�erhalb seines Lebens, da� es an keinen Besitz dachte, sondern eine reine Freude daran hatte, sie zu betrachten. Nun, ein Evat�chterchen war Z�si sicher auch, wie sie alle sind, aber es fehlte die Schlange. Der alte Barthli hatte keine Anlagen, die Schlange zu machen, er war eher zum Michael geeignet, der Weibern die M�cken austreibt, und mit niemanden als dem Vater lief es in der Stadt herum. Aber es war noch eins, was das Meitschi in die Stadt zog. Wenn Barthli hinein mu�te, so wollte er darin auch wohlleben, nahm in einer Wirtschaft f�r einen halben Batzen Branntenwein, und dem Meitschi lie� er f�r einen Kreuzer Suppe geben; dazu a�en sie das Brot oder schnitten es ein, welches sie von Hause gebracht, und einmal erhielt Z�seli von der Wirtin geschenkt eine K�chelschnitte und ein andermal ein kreuzeriges Bernerweggli, welches ein Gast �brig gelassen. Und das war allemal eine Suppe, von welcher man im �rue�igen Graben� gar keinen Begriff hatte, ja wo man gar keine Ahnung hatte, da� so was Gutes in der Welt sein k�nnte. Oh, arme Leute haben auch ein gro�es[44] Wohlleben, zu welchem viele Reiche nie kommen und um so weniger, je besser sie leben wollen; denn dar aufk�mmt es nicht an, was man genie�t und wieviel es kostet, sondern wie es schmeckt. F�r seinen Kreuzer lebte Z�seli viel besser als mancher Gro�e, wenn er es sich hundert Louisdors kosten l��t.
An Barthli ging die Zeit scheinbar machtlos vor�ber, er achtete sich ihrer blo�, wenn die Weiden gr�nten und die Wydli reif zum Schneiden waren und wenn die Wydst�cke wieder gemindert hatten, seine Ernte wieder geringer ausfiel und m�hsamer zusammengebracht werden mu�te. Dann fluchte er �ber die b�se Zeit und sagte: Es nehme ihn doch wunder, wie das am Ende kommen solle. Wenn es so fortgehe, so gebe es am Ende gar keine Wydli mehr. Dann was machen? Das m�chte er wissen, das solle ihm doch einer sagen!
Da� sein T�chterlein gr��er wurde, aus einem Kinde ein erwachsen Meitschi, das merkte Barthli lange nicht, und als man es ihm zu merken gab, wollte er es erst nicht glauben. Z�si blieb wirklich wundersam lang ein anspruchloses M�dchen und plagte den Vater nicht mit Begehrlichkeiten, wie viele M�dchen alsbald damit anfangen, sobald sie entw�hnt sind. Es kam ganz sp�ttisch schlecht daher, sein d�nnes Kitteli war manchmal einen halben Fu� und mehr zu kurz, denn das M�dchen wuchs; vom �brigen Firlefanz war keine Rede, und das Meitschi plagte den Vater nicht damit. Sie seien gar grusam arm, der Vater verm�ge das nicht, pflegte es zu sagen, wenn eine Gespielin ihns fragte, ob es dieses und jenes nicht anschaffen wolle. Mit den Kleidern zum ersten Abendmahl, wo sonst so gerne der Teufel sich einmischt und Streit stiftet, wo gerade der Friede anfangen soll, hatte eine Gotte nachgeholfen und Z�si mit einem alten Kittel und einem neuen Halstuch gl�cklich gemacht.[45]
Was das Sch�nste an Z�si war, es sch�mte sich seines Vaters nie. Man sollte nicht glauben, da� dieses als etwas Besonderes anzuf�hren w�re, denn warum sollten sich Kinder ihrer Eltern sch�men, wenn sie nichts Schlechtes machen, welches den Kindern Schande bringt? Aber man w�rde sich sehr irren, wenn man es so meinte, denn nur zu viele Kinder sch�men sich der Eltern, haben keine Ursache dazu, sondern wegen Dummheiten und ganz besonders wegen ihrer eigenen Dummheit. Sie sch�men sich derselben, weil sie altv�terisch gekleidet sind, altv�terisch reden, altv�terisch denken, sich geb�rden; aber w�re es denn sch�n, wenn die Alten die Jungen spielen, jung sich kleiden, jung sich geb�rden wollten? Sie sch�men sich ihrer, weil sie alt sind und nicht mehr jung, aber ist das gescheut oder dumm, und was hat man f�r ein Mittel, nicht alt zu werden, als sich jung zu h�ngen? Eine holdselige Erscheinung war der alte Barthli jedenfalls nicht, und eben anm�tig tat er nicht; aber Z�si wu�te nichts anderes, als da� einmal der Vater so war und so tat, und ging neben ihm und sa� neben ihm und a� neben ihm jetzt, als es gr��er war, um einen halben Batzen Suppe, und alles unbeschwert.
Es fing eher umgekehrt an zu fehlen. Ein h�bsches Meitschi ward zu jeder Zeit bemerkt, es ist ein Ding, das nie au�er Kurs kam und nie au�er Kurs kommen wird. Man sah Z�seli an, man sprach es an, und wenn Barthli mit ihm nach Bern ging, hatte das T�felwerk kein Ende. Da ein K�her sagte: �Meitschi, wotst ryte, hock uf e Karre, ih zieh dih.� Dort sagte einer, es solle die K�rbe auflegen, sie seien ein gar unkommod Tragen. Und wenn Barthli in eine Wirtschaft kam, wollte man es dem Meitschi bringen, r�hmte, wie h�bsch es sei, fragte, ob es einen Schatz habe oder vielleicht schon zwei? Das trieb den Alten fast aus der Haut. Und dann noch das Meitschi obendrein, wie das ihn zornig machte![46]
Wenn man es ihm brachte, so trank es, und wenn man von einem Schatz sprach, so pl�rete es nicht, es lachte eher. Es sei, wie wenn der Teufel in ihns gefahren, klagte er. Das Meitschi h�tte sich ganz g�nderet. Das sei jetzt daheim ein Waschen und Str�hlen, es h�tte keine Art. Ehedem sei es genug gewesen, wenn es wie �blich und br�chlich es alle Wochen gemacht, jetzt geschehe das in der Woche, es wisse kein Mensch wie oft; fast allemal, wenn es von Hause gehe, m�sse das Spiel angehen mit Str�hlen und Waschen, und dazu h�tte es einen Trieb von Haus weg, er h�tte das nie erlebt. Statt da� es ihm zwider sein sollte, wenn er ihns irgendwohin schicke, l�chere es ihns schier. Und mit den Kleidern fange es auch an, ihn zu plagen, und rede von F�rt�chern und Hemderen und meine, er solle neue machen lassen. Oh, selb einmal noch nicht, oben im Tr�gli sei noch manches St�ck von seiner Alten selig; das m�sse erst gebraucht sein, ehe er Neues machen lasse. Er w��te nicht, wo das Geld nehmen dazu, er m�chte jetzt schon fast gar nit gfahre, und alle Jahre b�se es noch.
Z�si konnte dem Vater nichts mehr recht machen, es hatte b�s bei ihm, die Leute hatten recht Erbarmen mit ihm. Er sch�me sich des Meitschis, sagte der Alte, er d�rfe nirgends mehr hingehen mit ihm; wenn auf hundert Stunden herum ein Mannsvolk sei, so lache das einander an, und es sei ein Tsch�der, er h�tte es nie so geh�rt. Zu seiner Zeit sei das nicht so gewesen, er habe erst vierzehn Tage nach seiner Hochzeit z'grechtem angefangen, mit seiner Frau zu reden. Wenn ers verm�chte, er lie�e vor den �rue�igen Graben� einen Gatter machen hundert Schuh hoch, und dahinter m��te ihm das Meitschi bleiben und k�nne dann seinethalb lachen, wenn ein Paar Mannshosen von weitem vorbeigingen. Er tat vor den Leuten w�st mit dem Meitschi und putzte es in �ffentlichen Wirtschaften aus, wenn ihns ein Mannsbild angesehen[47] oder es einem geantwortet hatte. Das hatte Folgen, man kann es sich denken. Es gab Leute, besonders Weiber, die bedauerten das M�dchen aufrichtig und sagten es ihm auch. �Du kannst mich erbarmen�, sagten sie, �du armes Tr�pfli, was du bist; er ist ein rechter Unflat gegen dich. Ich blieb nicht bei ihm, ich lief ihm fort, so gequ�lt wollte ich nicht sein. Ein Meitschi wie du findet Platz �berall, macht sch�nen Lohn, kommt zu Kleidern.� Es wisse in Gottes Namen nicht, was es dem Vater zwiderdienet, jammerte es dann. Es habe mit keinem Buben nichts, es lueg nebe ume so viel m�glich, wenn einer daherkomme, aber da� sie es anluegten und ein Wort mit ihm redeten, dessen verm�ge es sich doch wei� Gott nichts, es k�nne ihnen das nicht verbieten. Der Vater solle es verbieten, wenn er k�nne, ihm seis recht. Daheim k�nne es nicht fort. Wer wollte die Sache machen, pflanzen, melken, den H�hnern die Eier greifen und finden, wo sie legen, von dem verstehe der Vater hell nichts. Aber er sei seit einiger Zeit so grusam wunderlich, es m�sse ihn jemand aufweisen, aber wer es sei, dar�ber k�nne es nicht kommen. Aber lieber sterben wolle es, als immer so dabei sein, und dazu weinte es bitterlich, und das Weinen stund ihm gar tusigs wohl an, zehnmal besser oder hundertmal als einer alten Frau das Lachen.
Etwas anderes war aber noch viel schlimmer. Eine bekannte Sache ist, da� sobald jemand etwas besonders ha�t und dieses Hassen auf eine auffallende oder komische Weise an Tag gibt, es allen b�sen Buben ein Herrenfressen ist, diesem Menschen zu machen, was er ha�t, wie Schuljungen alle Hunde reizen, welche ihnen tapfer nachbellen. Es gibt immerhin einen sch�nen Spektakel und kostet nicht viel als allf�llig ein Loch in die Hosen. Sobald merkbar wurde, wie der alte Korber grimmig werde, wenn man sein Z�si ansehe oder mit ihm rede oder gar Miene machte, irgendwie mit ihm zu sch�tzelen,[48] so wars, als seien alle b�sen Geister los. Es schien dem Alten, als wolle alles mit Z�si reden. Sein Lebtag hatten sich nie so viel Leute auf dem Wege gestellt und ein Gespr�ch angefangen von Sonne, Mond und Sternen oder sonst f�r nichts und wieder nichts und dann von Tanzen, Kiltern usw. Und Z�si weinte nicht dazu, sprang nicht �ber die Z�une, ja blieb manchmal sogar ebenfalls stehen, man denke! Ja, die Bursche kamen sogar bis in den �rue�igen Graben�, klopften an Z�sis Fensterchen und baten um Einla�. Es fehlte nicht viel, so fuhr der Alte wie eine B�chsenkugel aus dem Laufe aus der Haut durchs Fensterchen den Burschen an Kopf. Wohl, die w�rden gegangen sein, anders als vor des Alten Drohungen mit Schie�en, Hauen und Stechen, welche weidlich verlacht wurden!
Ja er erlebte sogar, da� er einen, als er von einer St�r heimkam abends, vor seiner K�chent�re traf, und die war nota bene offen, ganz offen, und inwendig der T�re stand sein sauberes Z�si und sprach nicht blo� mit dem Burschen, sondern sie hatten Beide gelacht, er hatte es selbst geh�rt und zwar mit eigenen Ohren. Wohl, das gab ein Donnerwetter von den mehbessern, und der Bursche erschrak nicht einmal schrecklich, stob nicht davon wie auf den Fl�geln des Sturmwindes, sondern sagte ziemlich kaltbl�tig: �Alter, tue nicht so w�st! Das ist dumm, damit erschreckst mich nicht. Ich habs nicht geh�rt verlesen, da� es verboten sei, mit deinem Meitschi zu reden und noch dazu am heiterhellen Tage. Das Meitschi gef�llt mir, und dich f�rchte ich nicht, und das wirst du dir m�ssen gefallen lassen.� Der Alte spie Feuer aber was halfs! Trotzig und unversehrt ging der Bursche endlich. Es war dazu nur ein Knechtlein auf einem benachbarten Hofe, aber ein gutes, wie sie rar sind in diesen Zeiten.
Man kann sich vorstellen, was das dem Alten f�r einen Verdru� machte, da� er die M�glichkeit erlebt, wie in seiner[49] Abwesenheit Bursche zum Hause kommen konnten zu Z�si, und wie das mit ihnen rede und sogar lache, statt mit Ofengabeln und mutzen Besen gegen sie zu agieren. Was halfs ihm nun, wenn er des Nachts schon wachte besser als der beste Haushund, wenn sie des Tags kamen, w�hrend er auf der St�r war! Da hatte er jetzt eine Qual, welche er mit sich herumschleppen mu�te, wohin er ging, da� er denken mu�te: Ist wohl aber einer vor der T�re und lachet mit ihm? Ja, und so eine ist n�t z'guet daf�r, er geyht noch einist innef�r. U de? Wie konnte er davor sein, was dagegen machen! Auf die St�ren mu�te er, das Meitschi einschlie�en konnte er auch nicht, in der Stube konnte es nicht pflanzen, mit auf die St�ren nehmen ging wiederum nicht wegen der Gei� und dem Gitzi, und die auch mitnehmen auf die St�r, w�re den Bauern kaum anst�ndig gewesen; wenn er mit dem s�mtlichen Haus- und Viehstand aufgezogen w�re, die H�hner noch hintendrein, sie h�tten kuriose Gesichter gemacht. Und wenn er dann sein Elend Leuten klagte, so fand er weder Mitleiden noch Trost. �Barthli�, hie� es, �tue nit dumm und schick dich drein, du wirst die Welt nit anders machen, und Weibervolk und Mannevolk kam immer zusammen und geh�rt zusammen, sonst h�tte unser Herrgott sie nicht so erschaffen. Und wenn schon dein Meitschi mit einem Mannsbild redet, so ist das lange noch nichts Schlechtes, und gsetzt, es n�hme einen Mann, und dann? Nahmst du nicht auch eine Frau? Du wirst es dem Meitschi nicht erwehren. Mach den Weltlauf anders, wenn du kannst!� Das beelendete Barthli noch mehr, Religion sei keine mehr in der Welt und keine brave Manne. Er k�nne klagen, wie er wolle, so lache man dazu, wolle dSach mit Verlachen machen statt wie ehemals mit Pl�ren und Beten. So komme es nicht gut, er w�nsche nichts, als da� sie das Gleiche an ihren Meitschene erleben m��ten; es n�hme ihn wunder, ob sie es dann auch[50] nur mit Lachen machen wollten. Das gehe mit den braven Leuten akkurat wie mit den Wydleni, je weniger diesere, desto weniger auch �yre.
Dem Meitschi war nichts vorzuwerfen, aber allgemach begann es ihm zu gehen wie der Eva im Paradies, denn jetzt waren Schlangen gekommen und als Hauptschlange gerade der Vater. Was war nat�rlicher, als da� wenn der Vater �ber das Mannsvolk schimpfte, als ob es aus lauter Ufl�te und Uh�nge best�nde, es sich achtete, ob es dann wirklich so sei, genauer es ansah! Und da fand es, da� der Vater wirklich �bertreibe, da� es gar nicht so �bel aussehe, und als es genauer hinsah, fand es sogar recht h�bsche Bursche darunter, die ihm immer besser gefielen, und namentlich das Knechtlein, von dem schon fr�her die Rede war. Zudem h�rte es gerade �ber diesen noch recht viel Gutes und da� er gar kein Hudel sei und seine alte Mutter nicht vergesse. Da mu�te es diesen doch wiederum ansehen, ob das wohl wahr sein k�nne oder etwa erlogen. Und da schien es ihm je l�nger, je mehr, erlogen k�nne das nicht sein, denn so bsunderbar ein lieblich Gesicht habe es noch nie gesehen. Wenn es sich zutragen sollte, da� es ein Kind haben m��te und sogar einen Buben, so m�chte es einen gerade mit einem solchen Gesicht, von wegen, es w��te dann, Vater und Mutter h�tten sich seiner z'tr�sten im Alter.
Nat�rlich waren noch viele Schlangen und Schl�nglein, die es lockten, zu laufen und zu reutern im Lande herum, wo es lustig zuging, oder z'leerem auf breiter Stra�e einem guten Schick nach. Ach Gott, und der gute Schick dieser armen verblendeten Tr�pflein, worin besteht dann der? Wir wollen es euch sagen, ihr armen Tr�pflein. Der besteht darin, einen Mann zu kriegen oder vielmehr zu pressen in �ngsten und N�ten, der nichts besitzt als eine Tabakspfeife, einen gro�en Zottel an der Kappe, viel Himmeldonner im Maul und namhaft[51] Schulden beim Kr�mer, keine Meisterfrau zu haben, die des Morgens aufjagt und den Tag �ber oft sagt: �Mach! Mach!�, des Abends nieder zu k�nnen mit den H�hnern und zMittag kochen zu k�nnen alles, was man hat, auf einmal, ohne sich mit dem dummen Abteilen qu�len zu m�ssen, plaudern zu k�nnen stehenden Fu�es von einer Tagheitere zur anderen, unbek�mmert, wer dSach mache. Das ist die Herrlichkeit drei Tage oder drei Wochen lang, dann kommt das Elend: immer mehr Kinder, immer weniger Brot, immer schlechtere Kleider und b�sere Worte von Mann und Kindern sechs Tage lang, am Sonntag Schl�ge zum Trinkgeld, schlie�lich das Betteln halb nackt Sommer und Winter, das Liegen auf schlechtem Laubsack, das schreckliche Frieren Tag und Nacht, nie mehr erwarmen K�nnen, bis der Tod k�mmt, der ganz kalt macht; aber dann sp�rt mans doch nicht, mu� nicht mehr h�pperlen auf den hartgefrornen Stra�en in b�sen Schuhen und Str�mpfen den d�nnen Brotrinden nach. Das sind die Herrlichkeiten, welche auf den Heerstra�en die mannss�chtigen M�dchen erreutern, errennen.
Nun, Z�seli erzwang das Reutern nicht, lief seinem Alten nicht davon. Aber wenn es des Sonntags im �rue�igen Graben� sa�, auf der K�chenschwelle den H�hnern zusah und die Gei�en weidete, so mu�te es doch denken, wie es lustiger zugehen werde in der Welt als hier im �rue�igen Graben�. Mitzumachen begehre es nicht, dachte es, nur zusehen von weitem m�chte es, um zu sehen, um zu wissen, wie es eigentlich auch ginge. Es juckte ihns wirklich manchmal, wenn der Alte schlief oder wenn er den Wydliwuchs beaugenscheinigte in seinen Revieren, drauszulaufen und sich das Ding recht zu besehen, besonders da, wo Tanz war oder sonst ber�hmte Lustbarkeiten. Aber es traute sich doch nicht, Schl�ge h�tte es bar gehabt, und es fiel ihm gar nicht ein, den Vater nicht f�r den Vater zu halten. Es liebte ihn[52] eigentlich; wenn er gestorben w�re, so h�tte es sich kaum tr�sten lassen. Und auch der Vater liebte sein T�chterlein, wenn er es schon selbst nicht wu�te; es war sein Schatz und sein Kleinod, seine Plackereien eigentlich nichts als Eifersucht und Angst, es m�chte ihm jemand denselben rauben oder denselben mit ihm teilen wollen. Wie der rechte Geizhals, dem das Geld sein Gott ist, sich dessen nicht r�hmt und gro� damit tut, sondern sich arm stellt und wegen Armut jammert, ungef�hr so hatte es Barthli mit seinem T�chterlein und umgekehrt wie die V�ter und besonders die M�tter mit ihren T�chtern, denen sie gerne los w�ren, gerne sie gl�cklich machen, das hei�t an Mann bringen w�rden. Sie hatten aber auch ein �hnlich Schicksal, den umgekehrten Kummer: Barthli, es wolle ihm jeder sein Meitschi nehmen, die Anderen, die Ihren wolle Keiner; und was man am n�tlichsten sucht, findet man nicht, sondern das Gegenteil.
Barthli mu�te einmal wieder zM�rit nach Bern, denn es gibt Zeiten im Jahr, wo man auf dem Lande keine K�rbe absetzt. Z�si mu�te mit, er hatte viele K�rbe, und nahm ers mit, hatte er es wenigstens unter Augen. Daheim h�tete es ihm niemand, denn eine Nachbarin, welche sonst ein Auge auf ihns haben sollte, ging auch zM�rit. Z�si ging auch gerne. Wenn es schon nicht mehr so in Entz�cken versank, so sah es doch vieles, an welches es denken konnte in seiner Einsamkeit, und wenn ihm die Suppe auch nicht mehr so vorkam wie eine Speise von den Tafeln aus dem tausendj�hrigen Reiche, so lebte es doch wohl daran, und wenn sie guten Verkauf hatten, lie� der Vater wohl auch ein St�cklein Fleisch und etwas, sah aus wie Wein, aufmarschieren. Er gab hie und da einen schwachen Schimmer von sich, als d�rfe er sich etwas mehr g�nnen als fr�her, aber bemerkte es jemand, so tat er auf lange k�mmerlicher als je.
Wer an einem gro�en Markttage an einer Hauptstra�e[53] steht, findet Stoff zu mancher gottseligen Betrachtung, zu mancher Predigt, er sieht sichtbarlich vor sich die Lebensstra�e. Es rennen die Einen dem Getriebe des Marktes zu, wie unwillk�rlich durch einen Magnet oder einen Strudel angezogen. Es wandern Andere besonnen und behaglich da, hin, meiden die Steine, suchen den besten Weg, verk�rzen sich den Weg mit Plaudern, haben vergn�gliche Gesichter und zuversichtliche, da� ihnen was Gutes nicht fehlen werde. Es karren und trappen die Dritten m�hsam daher, m�chten auch eilen, aber es geht nicht; sie kommen hintenher durch Dick und D�nn, haben Angst, sie k�men zu sp�t zu den guten Dingen, und kommen doch nicht vorw�rts. Wie die den vor�bersprengenden Fuhrwerken nachsehen, die Einen schmerzlich, die Andern zornig! �Fahr nur, so stark du magst, so kommst desto fr�her zum Lumpent�rli, dann kannst wieder mit mir laufen, wenn du noch laufen magst! Ich sprengte auch und mochte nicht warten, bis ich in einem Gasthof sa�. Jetzt wei� ich wieder, wie das Laufen ist, und w�re zufrieden, wenn ich einen Batzen h�tte und zu einem Schluck Branntenwein k�me.� So f�hrt Mancher Selbstgespr�che, h�ngt jedem dahineilenden Fuhrwerke eine Lebensskizze der darin Sitzenden an samt etwelchen frommen W�nschen und Weissagungen. Humpelt aber noch einer mit ihm, so f�hren sie zusammen erbauliche Gespr�che machen sich vertrauliche Mitteilungen �ber ihre N�chsten und streiten sich dar�ber, ob diese sich seinerzeit selbst h�ngen oder ob sie geh�ngt werden w�rden und was sie noch alles dar�beraus verdient.
Barthli und Z�seli geh�rten unter die Karrenden, doch nicht unter die Ungl�cklichen und von Grund aus Mi�vergn�gten. Barthli w�re f�r heute mit der Welt zufrieden gewesen, wenn nur gar kein Mannsbild auf der Stra�e gewesen w�re, und Z�seli sah ganz vergn�gt aus. Sie kamen[54] fr�h in die Stadt, so wurde am besten der gef�hrlichste Teil des Volkes gemieden, der junge. Manchen �rger �ber die Stadtweiber hatte Barthli auszustehen, sorgte aber, soweit billig, f�r Entsch�digung.
Z�seli machte indessen noch bessere Gesch�fte, denn mit ihm machte man lieber Gesch�fte als mit dem rue�igen Alten, und als Trinkgeld obendrein bekam es nicht selten die Bemerkung: �Es charmants Meitschi! W�re das recht angezogen, so machte das Puff.� �Mach nur nicht, da� es das h�rt�, sagte dann wohl eine Begleiterin. �Es w�re imstande, es k�me in die Stadt. Wohl, das w�rde ein sauber Dirnlein abgeben!� Wer wei�, was die Rednerin selbst abgegeben h�tte, wenn sie h�bsch gewesen w�re, wovor sie aber Gott bewahrt hatte! Wird seine Gr�nde gehabt haben, der liebe Gott.
Neben dem �rger �ber die Stadtfrauen hatte Barthli noch gro�en Zorn zu verwerchen �ber die Gendarmes. Er k�nne nicht glauben, da� der liebe Gott die ganze Welt erschaffen, sagte er. Der liebe Gott sei ein weiser Mann. Zweier Gattig Kreaturen h�tte er nicht gemacht, Kr�ten und Gendarmes (wenns noch Landj�ger w�ren, er wollte nicht so viel sagen.) Von denen wisse er nicht, und kein Mensch habe es ihm sagen k�nnen, f�r was die gut seien, und allen Leuten gruse es drob. �Wohl, Barthli�, sagte ihm ein Kamerad, �das kann ich dir sagen. Lue e Krott oder e Gendarm recht a, und dann wirst du Gott danken, da� er es geordnet, da� du der Barthli geworden und nit e Krott oder e Gendarm. Daf�r hat er sie gemacht.� �Ja, sieh�, sagte Barthli, �das ist das nichtsnutzigst Volk auf Gottes Erdboden; gerade das, wo sie wehren sollen, machen sie selbst. Sie sollen heute machen, da� der Weg nicht gesperrt sei, sondern jedermann passieren k�nne, und gerade sie stehen dem ganzen Volk im Weg. Unsereiner sollte nirgends sein; wenn sie ein alt Mannli[55] sehen, so kujonieren sie es, es ist nie am rechten Ort, schon dreimal hat mich heute einer angeflucht um nichts und wieder nichts. Und die Obrigkeit wird ihm doch nicht den Lohn geben, da� er die Leute das Fluchen lehre und wie man umgehen m�sse mit alten Leuten. Dagegen steht der Aff da vor meinem Meitli, es wei� kein Mensch wie lang, verstopft den Leuten das Loch, h�lt dem Meitschi die Kunden ab, macht ihm den Kopf gro�, das steht ihm immer am rechten Ort. Das mu� gehen, sich zu waschen, von wegen, ich habe immer geh�rt, wenn ein Gendarm ein Meitschi lang ansehe, so werde es kr�tzig oder bekomme aufs Wenigste eine Haut, wie eine vierhundertj�hrige Eiche Rinde habe. Dem Hagel darf ich nichts machen, nicht einmal was sagen, aber ich will es der Obrigkeit eintreiben; wenn ich der was zuleide tun kann, so will ich es gewi� nicht sparen.�
Nat�rlich mu�te es einstweilen das Meitschi entgelten, dem er kein gutes Wort gab und im Wirtshaus es so kurz als m�glich abspeiste, da� es recht hungrig blieb und Augenwasser bekam vor Elend. Wenn es nur schon daheim w�re, dachte es, so k�nnte es doch den Hunger gstellen. Wenn sie nur schon daheim w�ren, dachte der Alte, dann m�sse ihm das Meitschi nicht bald wieder zM�rit, da� es ein Gendarm nach dem andern angr�nnen k�nne. Da es ihnen Beiden pressierte, kamen sie also auch aus der Stadt, aber viele Worte g�nnten sie einander nicht.
An einem Markttage geht es lustig zu, �berall sind die Geigen los, und wo ein Schild an einem H�uschen h�ngt, da stehen die Fenster offen, damit Geigen und Trampeln das H�uschen nicht versprengen An diesen allen m�ssen die Heimkehrenden vorbei, haben so die Musik umsonst. F�r M�dchen, die nicht einkehren d�rfen, sondern auf der Stra�e bleiben m�ssen, ist es eine Art von Spie�rutenlaufen, besonders wenn sie weite Herzen haben, f�r Viele Platz darin und[56] nun denken, hier innen kann ein Schatz sein und dort wieder einer, und so fort. Z�seli war noch nie auf einem Tanzboden gewesen. Es k�nne nicht tanzen, sagte es, und k�nnts nie lernen und begehre sonst nicht, zu gehen. Wohl, der Vater w�rde ihm, sagte es. Es dachte nicht daran, da� es viele M�dchen mit dem Tanzen haben wie junge Hunde mit dem Schwimmen. Man werfe nur einen ins Wasser, so kann man sehen, wie er das erstemal schon munter fortk�mmt. Z�si tat es also nicht weh im Herzen, wenn es an einem zitternden H�uschen voll Geigen vorbeiging; etwas k�rzer wurden wohl seine Schritte, die Musik gefiel ihm.
Schon mehr als halbwegs waren sie und eben fast wieder an einem Wirtshause vorbei, als ein Bursche zur T�re aus st�rzte, Z�si packte, �jetzt mu�t du kommen und einen mit mir haben!� schrie und mit ihm fahren wollte dem Wirtshause zu, wie es �blich und br�uchlich ist. Das Meitschi wehrte sich, der Alte br�llte: �Willst mir das Meitschi sein lassen, du Uhung du!� und fa�te auf der andern Seite und ri� auch. Sie rissen und br�llten; es war ein Mordspektakel, w�re jedoch kaum beachtet worden, wenns blo� gew�hnlicher Schry� gewesen w�re. Ein M�dchen hat Schry� hei�t so viel als: es ist f�tiert, gesucht. Es sollen n�mlich die M�dchen, wenn Bursche sie zu Wein und Tanz f�hren wollen, sich erst tapfer wehren, tuns jedoch nicht alle, wenigstens nicht n�tlich, aus Furcht, die Burschen k�nnten nicht recht anwenden, z�gen gerne den K�rzern und lie�en ab. Nun geschieht es auch, da� zwei Bursche an einem M�dchen zerren, bis Kleider und Arme fast vom Leibe gehen, oder wenn ein M�dchen im Ernst heim will, sie es f�rmlich zur�ckschleppen, da� ein Fremder meinen w�rde, sie h�tten Befehl erhalten, das Mensch tot oder lebendig einzubringen. Diesmal schien es mehr oder weniger eine abgeredete Sache zu sein, Z�si mal ins Wirtshaus zu bringen dem Alten zHohn[57] und zTrotz, denn aus den Fenstern br�llte es: �Benz, wehr dich, Benz, setz nicht ab, zieh brav, bist e Leide, da� du dr Alt nit magst!� So mu�te Benz alle seine Kraft anwenden und schwor dazu alle Zeichen, sie m�chten sich wehren, wie sie wollten, Z�si m�sse einmal ins Wirtshaus, das sei fertig, und er schleppte sie Beide wirklich hinter sich her zur Burgerlust der Zuschauer. �Alter, setz ab, heute zw�ngst du nichts, du rei�est ja deinem Meitschi den Arm aus dem Leibe. Komm mit, z'trinke mu�t haben so viel du magst!� �Benz, zieh recht, und wenn du nicht gfahren magst, so wollen wir kommen und dir helfen!� so scholl es aus den Fenstern. �Nit n�tig!� rief Benz, tat frisch einen m�chtigen Ruck, da� der Alte das M�dchen lassen mu�te und Benz samt dem M�dchen bei einem Haar �berpurzelt w�re. Ein furchtbar Gel�chter erscholl. Desto schneller machte sich Benz mit dem f�rmlich eroberten M�dchen ins Haus.
Drunten blieb der Alte fluchend stehen und w�nschte der mutwilligen Jugend alle Hagelwetter auf den Hals, schalt sie R�uber, M�rder und merkte nicht, da� er da eine Kom�die auff�hre und dazu noch unentgeltlich, zum Erg�tzen des Publikums. Endlich kam die Wirtin, eine resolute, kuraschierte Frau mit gutem Herzen. �Das ist �ppe n�t Witzigs von euch, ein alt Mannli so z'plage, wollt so vornehme Bauerns�hne sein! H�tte geglaubt, zu einem solchen L�mmelst�cki w�ret ihr zu stolz. Und f�r was seid ihr denn da,� schnautzte sie gegen einen Gendarm. �Ungl�cksmacher seid ihr; wenn man euch brauchen k�nnte, sieht man euch nicht und wo ihr abwehren solltet, da helft ihr noch. Komm Barthli, hinauf, trink, was sie dir ja angeboten, la� das Meitschi es paar halten, dann m�ssen sie es dir lassen, wann du willst, ich bin dir gut daf�r. Ich will schon Ordnung machen, ich! Dazu brauche ich niemanden, und wenn er eine Montur anh�tte und ein S�beli am Hintern.�[58]
Als Barthli hinaufkam mit der Wirtin, da war Z�si zum gro�en �rger des Alten bereits mitten im Tanzen. Es war ihm wirklich zu seinem eigenen Erstaunen gegangen wie, doch per se nicht zusammengez�hlt, einem jungen Hunde, und seine Beine bewegten sich ungsinnet und ungehei�en, wie der Geiger es aufmachte. Gar freundlich wurde Barthli oben empfangen, mit Wein und Speisen reich regaliert, Gl�ser von allen Seiten ihm dargestreckt; man wollte ihn vers�umen, mit Wein zudecken, da� er Pressieren und Heimgehen vergesse. Aber Barthli war nicht erst gestern auf die Welt gekommen und von Natur nicht dumm. Ein Glas Wein, wenn es ihn nichts kostete, trank er nicht ungern, er teilte diese Schwachheit mit noch ganz anderen Leuten, aber das Spiel mit sich treiben lie� er nicht gerne; den Posten, Anderer Narr zu sein, liebte er nicht, auch wenn er was eintrug und er, Barthli, geizig war. Er nahm, bis es ihn d�nkte, er h�tte genug und drei T�nze sollten getanzt sein. Da wollte er sein Meitschi haben und fort, aber man lachte ihn aus, und der Spektakel ging von neuem an. Das Meitschi h�rte es, und obgleich es ihm beim Tanzen war, als sei es halb selig, so stellte es doch dasselbe ein, wollte keinen Fu� mehr versetzen, sondern mit dem Vater heim. Aber Benz wollte es nicht gehen lassen, sondern zerrte immer frisch an ihm. Da kam die Wirtin wieder und sagte: �Jetzt la�t mir das Meitschi, ich versprach es dem Alten, und er soll es haben, und wer es nur noch anr�hrt, den treffe ich, und wenn es an einem Mal nicht genug ist, zweimal. Es nimmt mich wunder, ob in meinem Hause die Leute nicht ein- und ausgehen d�rfen, wie sie wollen.� �Aber Wirtin, h�tte geglaubt, du h�ttest mehr Verstand als so. Seit wann ists Sitte, mit einem M�dchen zu tanzen und es so z'trocknem laufen zu lassen? Das tut dir kein rechter Bursche, einmal wenn er noch einen Kreuzer Geld im Sacke hat�, hie� es von allen Seiten. �Mir w�rs manchmal[59] lieber gewesen, z'trocknem zu gehen als so einem Schn�rfli ein Glas abzunehmen�, antwortete die Wirtin. �Aber meinetwegen! Soll ich eine Halbe bringen?� Als die Halbe getrunken war, fing die Geschichte wieder von vornen an. Benz wollte das Meitschi nicht lassen, erst jetzt habe er recht Mut zum Tanzen, und mit dem Trinken sei es nicht gemacht, es m�sse gegessen auch sein, die Wirtschaft solle aufwarten mit dem, wo zu haben sei, heute m�sse was gehen, er setze nicht ab. Das M�dchen weinte, und der Alte war fuchswild. Benz schimpfte ihn mit allen m�glichen Ehrentiteln aus und fing den Schrei� wieder an. Da erschien die Wirtin, warf Benz mit ihrem m�chtigen Arm in die lachenden Zuschauer hinein, da� er davonfuhr wie ein Kegel, von gewaltiger Kugel getroffen. �Jetzt, Alter, nimm das Meitschi und mach, da� du mit ihm fortkommst; und da� mir sie Keiner anr�hre oder plage, sonst treffe ich ihn, da� er wei�, da� er getroffen ist!� so rief das zornige Weib. Und unangetastet im Frieden zog der Alte mit seinem Kleinod ab. Man glaubt nicht, was so eine mutige Wirtin f�r eine Herrschaft �bt. Der Wirt ist immer nur ein F�sel dagegen.
Der Alte fuhr wie ein gro�er Feuerteufel oder feuerspeiender Berg dahin, schimpfte �ber alles im Himmel und auf Erden und nicht am wenigsten �ber sein T�chterlein, da� das einen Fu� zum Tanzen aufgehoben, g�b wie das sagte, es h�tte nicht anders k�nnen, es h�tte sich ja gewehrt bis z'usserist use. �Zum Schein, du T�schli!� polterte der Alte; �wenn es dir ernst gewesen, du h�ttest dich gstabelig gemacht wie ein buchenes Scheit, da� dr T�fel gh�rt h�tt, mit dir z'tanze, jawolle!� Ja, so ein alter Barthli, ein sechzigj�hrig Kudermannli, hat gut reden, so einer, der von Natur gstabelig ist wie ein Garbenknebel; der wei� nicht, was das Ungh�rigs w�r f�r ein achtzehnj�hrig Meitschi, wenn es sich gstabelig machen sollte, wenn der Geiger einen recht Lustigen[60] aufmacht und ein Benz mit ihm tanzen will. Dem Meitschi gings ganz wunderlich im Kopf herum, bitter und s�� durch einander. Das Schelten des Alten tat ihm weh. Das W�sttun von Benz plagte ihns. Da� er so einer sei, so w�st tun k�nnte, h�tte es keiner sterblichen Seele geglaubt, dachte es, und zu diesen Gedanken machte der Geiger lustig auf die T�ne zuckten ihm durch den ganzen Leib, die F��e trippelten im Takt. Es war in dem seltsamen Zustand, wo man oben weint und unten tanzt, F��e und Augen allen Rapport zu einander verloren haben.
So kamen sie heim, und ds Meitschi sollte die Haushaltung machen und zwar hinten und vornen im Hause. Wie die Ziegen mit ihrem Traktament zufrieden waren, wissen wir nicht, Klagen dar�ber kamen uns keine zu Ohren; aber �ber das seine schimpfte Barthli ungemessen, und zwar hatte er etwas recht, wir m�ssen es sagen. Der Kaffee war ganz ohne Sinn und Verstand, das Meitschi hatte das Pulver vergessen, er kam ganz wei� aus der Kanne. Die Erd�pfelr�sti war schwarz wie ein Wollhut, ungesalzen und ungeschmalzen. Die Milch war ein unerh�rt, nie erlebt Getr�nke, denn im Verschu� hatte Z�seli Salz und Butter in die Milch getan statt in die R�sti. Man kann sich denken, was das f�r den hungerigen Barthli f�r ein Herrenleben war! Er war drauf und dran, was er sonst nie machte, ins Wirtshaus zu gehen und nachzubessern und den Leuten zu klagen, wie es ihm ergangen und was er f�r ein Meitschi habe. Zu gutem Gl�ck fiel ihm noch zu rechter Zeit ein, der Teufel sei von je ein Schelm gewesen; es w�re sehr m�glich, da� er es jetzt noch w�re und Benz und Z�seli zusammenf�hren k�nnte so oder so. Er besserte sein Hundefressen mit einem St�ck K�s aus, trank frische Gei�milch dazu und pa�te scharf auf Z�seli, in welcher Richtung dessen Augen gingen, ob es wohl jemanden erwarte oder nicht. Und als es ihm sagte, es wolle zu[61] Bette, es sei m�de und schl�ferig, da ward ihm die Sache erst recht verd�chtig. �Aber wart, du T�schli, du bist mir noch lange z'wenig, Barthli ist dir und Andern schlau genug, du T�sche! Wart bis morgen, dann will ich dir die Schlauheit auflegen, da� du sie faustdick am Leibe greifen kannst�, brummelte der Schlaue.
Nun machte es der Alte schlau. Er stellte sich in die sieben Bohnenstecken, von denen aus er die Zug�nge zum H�uschen �bersah und namentlich die Fensterchen allzu mal, die blinden und die halbblinden. Da lauerte er wie die Katze auf die Maus und dachte: Wartet nur, der alte Barthli ist euch schlau genug, der tut euch Pulver in die Kanne und Salz in die R�sti. Er machte sich gstabelig wie ein buchenes Scheit in seinen Bohnenstecken, und das war ihm keine Kunst, denn er war von Natur schon fast so, und spitzte die Ohren wie ein Has in einem Kabispl�tz. Er h�rte immer etwas, bald hinten, bald vornen, bald links, bald rechts; es knisterte was im Laube, es trappete auf der Stra�e, es schlich etwas, es hustete, kurz er h�rte alles M�gliche, aber es kam niemand. Es fror ihn, es fiel ihm ein, der Kerl k�nnte schon drinnen sein, er h�rte drinnen was. Richtig, da redete es. Barthli schlich wie eine Spinne, wenn sie eine Fliege um ihr Netz surren h�rt, gegen seiner Tochter Bett, stand stille und wollte wissen, wer da spr�che und was, und wenns Benz sei, ihn pr�geln nicht f�r Spa�. Aber er verstand sich nicht auf die T�ne, bis er dicht vor dem Bette stund. Da h�rte er, wie Z�seli brummte: �Drli, drli, drli, drli, drlum, drlum, drlum drlurili, drlurili.� Das gute Meitschi tanzte im Schlaf und machte den Geiger dazu und war sicherlich selig in seiner Freude. Es fehlte aber nicht viel, der Alte h�tte sie ihm rauh vertrieben und ihm zugemessen, was er Benz zugedacht. Hart r�ttelte er das Meitschi auf und gab ihm einen v�terlichen Zuspruch nicht blo� aus dem Salz, sondern aus dem[62] Pfeffer, der aber dennoch nicht tief ging; denn kaum stand der Alte wieder in seinen Bohnenstecken, so sumste es im St�bchen wieder: �Drl�, drl�, drli, drli�, und lustig gings in des M�dchens Seele zu, w�hrend drau�en der Alte fror und fluchte und alles umsonst. Benz kam nicht, aber kommen hatte er wirklich wollen; der Geist w�re willig gewesen, aber das Fleisch war zu schwach. Er war hart betrunken, fand den Weg nicht, fand �berhaupt keinen Weg mehr, und wie und wann er nach Hause kam, dar�ber gehen verschiedene Gerede. Als Benz wieder zu ordentlicher Besinnung kam, da ward sein Gewissen beschwert durch die Art und Weise, wie er Barthli behandelt und tituliert hatte. Das Meitschi stak ihm im Herzen und ds H�sli im Kopf und beide tief. Das Meitschi gefiel ihm wohl, es war eingezogen, flink und flei�ig, h�bsch genug f�r ihn, wie er sagte, aber es ch�mm nit alles uf dH�bschi a, sondern ds Meiste ufs Ordelitue; und dann k�nne er einmal noch ein ganzes (die L�cher im Dache rechnete Benz f�r nichts) H�sli erben, da brauche man keinen Hauszins, k�nne pflanzen, ja, das w�re ein sch�ner Anfang und viel gewonnen. Wenn man ein Meitschi gerne m�chte, so schien es Benz denn doch nicht als zweckm��ige Pr�liminarien, den k�nftigen Schw�her zu mi�handeln; er erachtete, der Schaden m�sse ausgebessert werden, aber das Wie, das gab ihm lang zu sinnen. Endlich fiel ihm was ein. Er stahl seiner Meisterfrau einige alte, zerrissene K�rbe und machte sich nach dem Feierabend mit denselben dem �rue�igen Graben� zu.
Er fand den Alten auf dem B�nkli vor dem H�uschen. Das Meitschi sa� neben ihm auf dem Tritt der Stege, die ins Obergaden f�hrte. Die Meisterfrau schicke ihn, sagte Benz, er h�tte da einige alte K�rbe zum Flicken, wenn es sich der M�he lohne, er solle sie gschauen, und somit sa� er ohne weitere Komplimente neben den Alten auf das B�nkli ab.[63]
Der Alte hatte alsbald die Tr�mmer der K�rbe zur Hand genommen und geriet in schauerlichen Zorn. Er lie� ihn zuerst los �ber die Baurenweiber, wie die immer hundsh�riger w�rden, w�est Gyth�ng. Da solle er K�rbe flicken; fordere er mehr als zwei Kreuzer f�r einen, so sage sie ihm w�st, und habe er mit demselben doch mehr zu tun als mit einem neuen dreibatzigen. So gehe man mit armen Leuten um; nachdem man sie blutt gemacht, wolle man sie noch schinden. Nachdem er alles gemustert, wandte sich sein Zorn. �Los, Bub�, sagte er, �mit solchem Zeug schickt dich keine B�urin, wenn sie recht im Kopf ist, und das ist Deine, das ist eine rechte Frau. Du Lumpenkerli willst anfangen, wo du es gelassen, ich soll dein Narr sein; aber da bist am L�tzen, stell einen h�lzernen an, wenn du einen Narren haben mu�t, oder sei ihn selbst, aber den Barthli la� ruhig, der zeigt dir sonst den Weg unsauber! Nimm den Zeug und packe dich, und da� du mir nicht mehr unter das Dach k�mmst, sonst mache ich, was gut ist.� Benz blieb sitzen und sagte ruhig: �Etwas recht hast und etwas nicht. DMeisterfrau hat mir in der Tat diesen Zeug nicht gegeben, sondern ich kam aus mir selbst, und wei�t warum? Ich wollte schon am M�ritabend kommen, es war aber besser, ich kam nicht, ich war z'volle, mein Lebtag nie so, wie ein Kalb, sag ich dir. Nachher kams mir, ich sei wohl grob mit dir umgegangen, und es war mir leid, von wegen, sieh, es geschah nicht aus Absicht oder gar aus Bosheit, sondern wegen der Bekanntschaft. Sieh, ich will es dir graduse s�ge, dein Meitschi gfallt mir, es d�nkt mich, es schicke sich niemand besser zu einander als ich und es. Wir sind Beide jung und h�bsch genug f�r einander, k�nnen Beide wohl verdienen; es bek�mmt ein H�sli und ich keins es hat einen �tti und ich ein M�etti, Beide alt, wegen der H�bschi haben sie einander nichts vorzuhalten. Wenn du und es einander heirateten, so brauchte ich f�r ds M�etti[64] keinen Hauszins mehr, es k�nnte die Haushaltung machen und ds Meitschi desto besser verdienen, und wenn denn da alles zusammenk�me, so h�tten wir bald Geld zweg und k�nnten entweder mehr Land kaufen oder das H�sli neu unterziehen lassen, es mangelt dasselbe grusam. Wenn du mir ds Meitschi g� wotsch, es hat nichts dawider, ich w��t nicht, was es wett ha, so bsinn dih nit lang und s�gs, da� ih mih rangiere cha! Mit Werche mag mich Keiner, und sparsam bin ich auch. Da� ich mich vollgesoffen letzthin, daran sto� dich nicht, das geschieht des Jahrs nicht manchmal, und selb macht nichts, sagt man. Die Mutter ist huslich; f�r Schmutziges z'spare i dSuppe, i ds Krut u sust, kratzet si all Egge us. Die erspart dir manche Krone des Jahrs. Lue, du bist afe alt, und lang wirst es nicht mehr machen, aber du sollst deine Sache haben wie recht und br�chlich; f�r einen Hund sollst nicht gehalten werden, wie es an manchem vornehmen Orte der Brauch ist, wir wollen dich f�r e �tti ha, seiest wunderlich oder nicht, krank oder gsund. Ich habe gedacht, du werdest froh sein, wenn dein Meitschi einen habe, ehe du davon m�ssest. Da habe ich gedacht, du gebest mir die Tochter, sie machts uf my armi t�ri besser mit mir als mit einem, der manchtausend Gulden hat, daneben dann aber ein Hudel ist, und dann ists auch nicht, da� ich ganz nichts h�tte. Oder was meinst, Barthli, nicht wahr, du gibst mir dTochter?�
�Ja, ja, ja, einem solchen Lausbub wie du die Tochter geben, ja, ja, ja, das w�r es witzigs St�ckli vo Barthli, einem, wo nichts als plagen kann und damit anf�ngt, mich zum Narren halten zu wollen. Ich glaube, du m�chtest gern es H�sli und dazu noch mir deine Alte, die w�ste Schnupfdrucke, anh�ngen, so was k�me noch manchem Narr in Sinn. Mein Meitschi mangelt keinen Mann, wir m�gen die Sache, welche wir pflanzen, selbst fressen, brauchen keinen Schmarotzer[65] und Unflat dazu. Und jetz mach, da� du fortk�mmst, und das Gnist, wo du gebracht, nimm mit, oder ich schlage es dir ums Gesicht.� Benz wollte frisch ansetzen, versuchte, Barthli darzutun, wie kommod in alle Spiel ein Tochtermann w�re, wie er doch einen haben m�sse und viel besser t�te, einen zu nehmen, der am Tag komme, als einen, den ihm das Meitschi zNacht zuecheschleipfe. Er sollte nur das Meitschi fragen, ob es ihn wolle oder nicht. Aber Barthli fragte das Meitschi nit: Wotsch oder wotsch nit? Benz hatte seine Sache nur schlimmer gemacht, den Verdacht geheimen Einverst�ndnisses erweckt und jetzt wirklich Zeit, zu gehen, wenn er nicht fremde H�nde am Kopf haben wollte. �Sag�, rief ihm Barthli nach, �deinem alten Kratte, wenn sie einen Mann wolle, solle sie sich einen kuderigen machen lassen, andern bekomme sie keinen!� Da drehte sich Benz um und sagte: �Jetzt schweig, Alter, und wart du nur, es k�mmt einmal die Zeit, wo du froh �ber Benz w�rest; aber dann kannst du lange pfeifen, du alte Wydlimuser du, wasd bist!�
Z�seli war bei der ganzen Verhandlung gewesen, aber nicht gefragt, hatte es auch nichts dazu gesagt. Der Alte fragte ihns auch nachher nicht, ob er es ihm recht gemacht, sondern behandelte es als Mitschuldige. E Dirne, es w�ests Buebemeitschi seis; nit trocke hinter den Ohren und schon einen Mann wollen, pfy T�fel! Kabiswasser saufen m�� es ihm, bis solche M�cken vergangen seien. Da� es ihm nicht ds Herrgotts sei, mehr einen anzusehen, sonst wolle er ihm die Augen schon vermachen mit Harz oder Schnupf, was er zuerst bei der Hand habe. Er wolle ihm das Gaffen und Lieb�ugeln vertreiben! Es sei nichts besser daf�r als eine Drucke voll Schnupf i ds Gfr��. Er m�chte doch wissen, was sie da mit einem Tochtermann, mit so em ene Gr�nni machen sollten in dem kleinen H�sli, wo sie kaum selbst Platz h�tten. Es sei jetzt mehr als zehn Jahre, da� seine Alte[66] gestorben, sie h�tten es seither machen k�nnen ohne Tochtermann, er w��te gar nicht, warum sie jetzt auf einmal einen n�tig haben sollten, son e Kerli, wo fre� f�r Zwei, Platz versperr und nichts k�nne als die Andern vers�umen! �Wir mangeln keinen Tochtermann, wir k�nnen es alleine, gibt die Gei� ja l�ngs St�ck f�r uns kaum oder gar nicht Milch, verschweige dann f�r ein so gro� Kalb.�
Von diesem Standpunkt aus sah Barthli die Sache an. Es wird sicher niemanden und namentlich keiner lieben Leserin unerwartet kommen, wenn wir sagen, da� Z�seli nicht von diesem Gesichtspunkte aus die Lage der Dinge betrachtete. Das Tanzen und der Tochtermann hatten in seinem K�pfchen sich Platz gemacht und drehten sich darin mit einander herum, da� ihm fast alles Sinnen und Denken verging. Kaum achtzehn Jahre alt und h�tte schon einen Mann haben k�nnen, und ist Manche schon siebenzig Jahre alt und hat noch keinen! Dann h�tte es mit ihm zM�rit gehen k�nnen und beim Heimgehen tanzen, drli, drl�. Und wenn der Alte nicht dabei war, so probierte Z�seli richtig, ob es es noch k�nne. Man sieht, Z�seli h�tte mit einem Tochtermann seines Vaters schon was anzufangen gewu�t. Aber es sollte ihn ja nicht haben, sollte keinen Mann haben, denn der Alte wollte ja keinen Tochtermann, nie mit einem vom M�rit heimgehen und mit ihm tanzen! Das kam ihm fast �bers Herz, es mu�te weinen, es mochte wollen oder nicht, es mu�te an Benz denken. Der h�tte sich doch so wohl geschickt, fand es je l�nger, je mehr; die Mutter h�tte es eben auch nicht begehrt, aber ihn wohl, und zu brauchen w�r er sicher auch gewesen, was er nicht gekonnt beim Korben, h�tte man ihn brichten k�nnen.
Bis jetzt hatte Barthli mit Recht nicht �ber Z�seli klagen k�nnen, sondern Ursache gehabt, dem lieben Gott f�r das Meitschi zu danken, denn es war nicht blo� die St�tze, sondern[67] auch die Blume seines Alters. Nun begann es zu �ndern. B�ses machte, soviel wir wissen, das Meitschi nichts, aber mit seinen Sinnen und Gedanken war dasselbe nicht mehr da, wo es sein sollte, sie flogen ihm davon, es wu�te selbst kaum wohin. Das Eine verga� es, das Andere machte es verkehrt, da� der Alte wirklich manchmal schlimm daran war. Bald war nicht gekocht, bald nicht gemolken, die beiden Handhaben an einem Korbe auf der n�mlichen Seite, oder gar feuerte es mit Korbwydlene an.
Dazu begann das Meitschi schlecht auszusehen, m�de zu werden, pl�rete viel, da� der Alte wirklich ans Krankwerden dachte und eine alte Nachbarin zu Rate zog. Die tr�stete ihn. Das sei nichts anders bei jungen M�dchen, sagte sie, das gebe es oft und werde schon bessern. Da sei nichts besser daf�r, als ab Bocksbart zu trinken, der sei bsunderbar guet i sellige Umst�nden. Zu all seinem Elend mu�te nun Z�seli ab Bocksbart trinken, der schmeckte ihm aber grundschlecht, und man sah gar nichts, da� er ihm anschlug, eher das Gegenteil. Je weniger er aber anschlug, desto b�ser wurde der Alte mit Z�seli. �Du sufst ume z'wenig�, sagte er, �es w�rde sonst schon bessern, der ist ja expre� gut daf�r. Wotsch sufe oder nit?� Wegem Bocksbart konnte er fragen: �Wotsch oder wotsch nit?�; h�tte er wegem Tochtermann so gefragt, es h�tte vielleicht besser angeschlagen.
Ob Z�seli in dieser Zeit Benz nie gesehen, nie gesprochen, wissen wir nicht; wir haben Ursache, zu glauben, da� sie sich gesehen haben. Wenigstens wollte es eine Nachbarin behaupten, nicht da� sie dieselben bei einander gesehen, aber Z�seli suche das Futter f�r die Gei�en und den Bocksbart gar oft am n�mlichen Orte und an einem Orte, wo n�t Aparts f�r die Gei�en wachse, und der Verstand gebe es doch mit, da� am n�mlichen Orte nicht stets etwas zu finden sei. Aber von dort sehe man den Hof, wo Benz diene, und[68] von dorther gehe man herunter ins Dorf, das komme ihr sehr kurios vor. Uns dagegen gar nicht, denn jedem achtzehnj�hrigen Meitschi ist bekannt, da� ein solches M�dchen in einem Zimmer, wo drei Fenster sind, von denen eins gegen das Haus seines Schatzes sieht, sich immer an dieses Fenster setzt, auch wenn es gar keine Hoffnung hat, mit dem Schatz hinter den Fenstern zusammenzutreffen. Es ist immer Hoffnung, vielleicht ein Bein oder einen Kuttenfecken des Geliebten zu sehen, jedenfalls hat man einen sichern Haltpunkt f�r seine Gedanken, und schaden kann es ja doch nicht viel!
Wir wollen nicht entscheiden, wie es sich verhielt; das wissen wir, da� am zweiten Sonntag im August vergangenen Jahres Z�seli daheim vor dem H�uschen sa� und grusam Langeweile hatte und ein Blangen dazu, da� es ihm sein kleines Herz fast versprengen wollte. Die Bewohner des �rue�igen Grabens� meinten nicht, da� sie alle Sonntage zur Kirche m��ten. Wenn man die Sonntagskleider alle Sonntage anziehen wollte, man w�re ja alsbald fertig damit, meinten sie. Barthli ging noch zuweilen, und manchmal nur, damit das Meitschi daheim bleiben m�sse, um zu h�ten; denn das sah er sehr ungern gehen und legte ihm, wenn es einmal gehen wollte, Hindernisse in Weg, wie er nur konnte und mochte. Ledigen Leuten sollte man ds Chilchegah ganz verbiete, meinte er. Es sei ihnen doch nie wegen Gottes Wort, sondern nur da� ein L�hl den andern angaffen k�nne, und daraus entst�nden b�se Sachen, wie man Exempel genug h�tte. Mit Lesen gab Z�seli sich auch nicht besonders ab, und Barthli gab ihm das Beispiel nicht. Sie hatten wohl eine Bibel, aber nicht gro�en Appetit dazu. Hier ist das Spr�chwort besonders wahr: Der Appetit k�mmt �berm Essen. Man mu� fr�h anfangen zu lesen und gut lesen, nicht blo� halb buchstabieren k�nnen, wenn man Freude am Lesen bekommen soll. Der Sonntagsmorgen ging noch an. Es hatte[69] f�r Menschen und Vieh zu sorgen, sich recht zu waschen und zu k�mmen, statt Kartoffeln machte es einen Eiert�tsch oder ein Eierbrot. Fleisch hatten sie des Jahres nicht oft auf dem Tisch. Diese Mahlzeit wurde schon um eilf Uhr eingenommen, lang vor zw�lfe war man mit allem fertig, mit Essen und Abwaschen, und jetzt?
Nun, manchmal ging Z�seli beeren im Walde. Erd-, Heidel-, Him- und Brombeeren fanden sich zur Gen�ge. Wohl flocht es auch niedliche K�rbchen mit allerlei Kunstwerken f�r sich, denn eigentliche Arbeit duldete der alte Korber am Sonntag nicht. Das sei das beste Zeichen, um wie viel die Menschen geschlechtet h�tten und nichtsnutziger geworden seien; ehedem h�tten sie arbeiten k�nnen in sechs Tagen, da� sie sieben Tage zu leben gehabt, jetzt schafften Viele sieben Tag und br�chten es nicht zweg, da� sie sich des Bettelns erwehren k�nnten, behauptete er. Aber auf die Stra�e, ins Dorf hinunter, wo Wirtsh�user waren, dahin lie� es der Alte nicht, von wegen, er war da nicht mit der Schnupfdrucke bei der Hand, um zu rechter Zeit vor allf�lligem Schaden sein zu k�nnen. Da gab es lange Sonntagnachmittage und viel Seufzens. So war es eben an jenem genannten Sonntagnachmittag. Die Ziege m�ckerte im Stalle, und der Alte sagte, es sei ihm so in den Gliedern; es nehme ihn wunder, ob es ein Wetter geben w�rde. Er wolle hinaustrappen auf die Egg, dort sehe man am besten, was werden wolle. Es finge sich fast an zu f�rchten, sagte Z�seli. Vor acht Tagen h�tte es so grusam Ungl�ck gegeben vom Wasser, und man sage, es gebe gerne zwei Wassergr��en hinter einander und die zweite sei gr��er als die erste. Es wollte, er bliebe da, oder es wolle mit ihm kommen. �Dumm�, sagte Barthli, �es mu� jemand daheim sein, um Bescheid zu geben; wenn es schon ein wenig Wasser gibt – und da� es gibt, ist noch lange nicht gesagt, das will ich eben gehen zu[70] gucken –, so wird dir doch hier oben die Emme nichts tun und die Aare nichts, und wenn es w�re, k�nnte ich dir doch nichts helfen, und die S�ndflut w�r nicht mehr weit.� �Man kann nie wissen�, sagte Z�seli kl�glich. �Dumm�, sagte Barthli und ging langsam der Egg zu.
Wenn es doch dann an einem Sonntag vom Hause wegsein m��te, so sei es doch �berall der Brauch, da� die Jungen gingen und nicht die Alten, dachte Z�seli traurig. Aber es sei ein armes Tr�pfli, es wollte bald lieber sterben als so dabeisein, keine Freude, keine Gesellschaft, von Lustbarkeit wolle es nicht einmal reden. Es setzte sich aufs B�nklein und h�tte wahrscheinlich geweint, wenn es nicht Gesellschaft bekommen h�tte. Seine H�hner kamen daher, nicht des Fressens wegen, sondern als ob sie bei ihm Schutz suchen wollten. Es wird ein Vogel in der N�he sein, dachte es. Aber die H�hner wollten nicht wieder von ihm weg, wie sie sonst tun, wenn sie den Vogel weitergeflogen glauben. Wie halb krank stunden sie um ihns herum und versetzten keinen Fu�, um Futter zu suchen. Warum doch die H�hner so mudrig seien? dachte es. Wenn sie nur nicht was B�ses gefressen, ihm nur nicht draufgingen, es ginge ihm viel zu �bel. Der Vater wolle kein Fleisch kaufen und Brot so wenig als m�glich; wenn es nicht zuweilen was von Eiern machen k�nnte, so h�tten sie ds Jahr ein, ds Jahr aus nichts als Kaffee und Erd�pfel, und selb w�r denn doch gar zu l�ntwylig. Es donnerte dumpf, das Meitschi wu�te nicht, von welcher Seite her. Es wurde dunkler; es sei fast, als ob es Nacht werden wollte, kein Wunder, da� die H�hner gekommen, sie w�rden gemeint haben, es sei schon Zeit, zS�del zu gehen, meinte es. Es f�rchte sich schier; �wenn nur dr tusig Gottswille dr �tti wieder da w�r�, sagte es zu sich selbst.
Es stund vor das Dach hinaus, und �ber sich sah es den Himmel schwarz wie ein ungeheures schwarzes Grab. �So[71] habe ich es nie gesehen�, sagte es zu seinen H�hnern, �wenn doch nur der �tti k�me, was braucht doch der seine Gwundernase auf die Egg hinaufzutragen.� Still war es auch wie im Grabe, kein Vogel zeigte sich mehr, von ferne h�rte man ein Gerolle; es war, als wenn ein gewaltiger Totengr�ber Erde w�rfe auf einen eben versenkten Sarg. Schwere Tropfen fielen. Eine Nachbarin stand zu Z�seli und sagte: �Es ist mir so angst, ich bekomme fast den Atem nicht, ich wei� nicht, was es geben will.� �Ja�, sagte Z�seli, �und �tti ist noch nicht heim, wollte auf der Egg nach dem Wetter sehen, und wenn er nur das t�te, so d�nkt mich, er sollte heimkommen, aber er wird sich mit Klappern vers�umen.� �Sieh, dort k�mmt er, und es pressiert ihm�, sagte die Nachbarin. �H�tte nicht geglaubt, da� Barthli noch so schnelle Beine h�tte.� Da flammte es vor ihren Augen, als ob Feuer vom Himmel falle, da� Beide die H�nde vor die Augen schlugen; ein entsetzlicher Donner bet�ubte die Menschen, die Erde erzitterte, und ehe sie noch zu einander gesagt: �Gott, mein Gott�, brachen Wasserstr�me aus den Tiefen des Himmels; der schwarze Sarg war geborsten, und seine Wasser platzten zur Erde. Beide st�rzten ihren H�uschen zu, einige Schritte weit; sie erreichten sie zur Not, na� bis auf die Haut, au�er Atem. Kaum hatte Z�seli ihn wieder, jammerte es: �Mein Gott, mein Gott, der Vater!�
Es war, als ob Gott ihn bringe, er st�rzte unter Dach. �Mein Gott, mein Gott, so habe ichs noch nie erlebt�, keuchte Barthli. Sie fl�chteten sich in die K�che, um den Herd stunden bet�ubt die H�hner, hinten im Stalle schrie wehlich die Ziege, man h�rte zuweilen ihre jammervolle Stimme durch das Rauschen der Wasser zwischen den bet�ubenden Donnerschl�gen. �Wenn wir nur die Gei� hier h�tten�, sagte Barthli, �die hat grusam Angst, und dort ist das Dach nicht am besten.� �Will probieren�, sagte Z�seli, �sie zu holen.� Dreimal setzte das Meitschi an, um aus der[72] K�che zu kommen, dreimal schlugen es die Wasser des Himmels – denn es war kein Regen mehr, es war ein Strom, der aus dem Himmel brach – zur�ck. Endlich kam es zum St�llchen, konnte die T�re �ffnen; da fuhr Feuer durch die Gew�sser, blendete ihm die Augen, bet�ubt lehnte es sich an die Wand. Als es wieder Besinnung hatte nach wenigen Sekunden, war die Ziege weg, das Gitzlein auch, furchtbar brausten die Wasser; es donnerte, wie es in des Blitzes Glut gesehen, ein gewaltiger Bach durch den Graben, wo sonst nur in nassen Zeiten ein klein W�sserchen lief, das zur Not ein R�dchen trieb, wie Kinder in B�chen einzuh�ngen pflegen.
Z�seli floh zur K�che, na� bis auf die Knochen. �Vater, dGei� wird da sein?� rief es. �Als ich den Stall auftat, kam der Blitz, und als ich wieder sah, war keine Gei� mehr da.� �Sie wird in der Angst ums H�uschen sein, man mu� ihr rufen�, sagte Barthli und rief ihr mit seiner rauhen Stimme: �Gybe, s� s�! Chumm, s� s�!�, aber Barthlis Stimme war zu d�nn, drang nicht durch den Donner Gottes und das Brausen der Wasser, Gybe kam nicht. Er drang in seinem Eifer vor die T�re, da sah er denn im Scheine der ununterbrochen flammenden Blitze den donnernden Bach, die Breite des Grabens f�llend, h�her und h�her steigend, mit Geb�sch und jungen Tannen den breiten, tr�ben R�cken bedeckt. �Oh, oh, Z�seli, oh, Z�seli, wir m�ssen sterben!� schrie Barthli und verga� die Ziege. Sie dachten einen Augenblick an Flucht, aber wohin in den wogenden Wassern? Sie dachten an den j�ngsten Tag, und wenn der komme, so komme er ihnen auf den Bergen oder in den T�lern oder in den sch�umenden Wellen. Sie beteten, was sie konnten, erwarteten zitternd das Vergehen von Himmel und Erde. Die Wasser brausten, die H�tte wankte; sie hatten sich ihrem Gott ergeben, achteten sich nicht mehr der Zeit, sie warteten auf das �ffnen der Tore der Ewigkeit.[73]
Da ward es wieder heller, die Blitze minder feurig, die einzelnen Donnerschl�ge lie�en sich unterscheiden, waren weniger bet�ubend, wurden majest�tischer; die armen Sterblichen atmeten wieder, sie hofften wieder, �ber die Gerichte sei aufgegangen die Sonne der Gnade. Da kam pl�tzlich eine Stimme durch die K�chent�re: �Barthli, lebst noch?� �U de?� war alles, was Barthli hervorbringen konnte. �Gschwing, gschwing komm, sonst nimmts dir ds H�sli weg!� Ohne weitern �bergang brachte dieser Ruf Barthli urpl�tzlich aus allen h�heren Stimmungen heraus in die Gegenwart, er machte sich hinaus. Durch Z�seli bebte es wunderbar, es hatte sich ergeben, alsbald vor Gott zu stehen, jetzt kam pl�tzlich Benzens Stimme zur T�re hinein. Es konnte nicht aufstehen, der Atem fehlte ihm, die Glieder waren wie gel�hmt, Str�me fluteten um sein Herz, die Str�me ums H�sli verga� es.
Bedenklich sah es um das Letztere aus, schon war eine Ecke untergraben, und die Wasser mehrten sich noch. Aber Benz tat klug und k�hn das N�tigste, den Strom zu brechen, den Zorn desselben abzuleiten. Barthli schleppte Material herbei, ihr wehlicher Ruf um Beistand scholl weithin, brachte Helfende herbei, und das H�uschen ward zur Not aufrecht erhalten; aber es war die h�chste Zeit gewesen, da� dazu getan wurde, in wenigen Miauten w�re es verschlungen gewesen. Nun ward es durch gemeinsame Anstrengungen au�er Gefahr gestellt, die Wasser begannen zu mindern gl�cklicherweise, ihren Lauf konnte man wieder meistern, die nachhaltige Kraft der Menschen siegte �ber die rasch verbrausende Gewalt des Elements.
Die Angst wich aus den Herzen der Menschen, machte aber bei Vielen nur dem Jammer Platz, absonderlich bei Barthli. Er geh�rte, wie man gesehen haben wird, unter die Jammers�chtigen, welche immer Ursache haben zum Wehklagen,[74] nie zum Frohlocken, �ber Verlorenes klagen, des Geretteten nicht gedenken, nie dankbar sind in der Gl�ckseligkeit, aber fort und fort mit der Vorsehung hadern �ber jede Widerw�rtigkeit. Wie ihm die Nachbaren auch sein Gl�ck priesen, da� er, sein Kind und das H�uschen gerettet worden, er hatte keine Ohren daf�r, er jammerte nur �ber seine verlorenen Gei�en. Wie die Alte gebe es keine mehr, weder im Oberland noch im Unterland, kein Ratsherr sei so witzig wie sie gewesen; die h�tte gewu�t, wo das Gras melchiger sei, au�er dem Zaun oder inner dem Zaun, und wo sie innerhalb h�tte grasen wollen, habe es ihr kein Zaun gewehrt, und dazu sei sie wenigstens acht Taler wert gewesen. Wenn das Gitzi geworden w�re wie die Gei�, so w�re es auch acht Taler wert geworden, zusammen also sechzehn Taler, woher jetzt die nehmen! Und wenn man sie auch je wieder zusammenbr�chte, wo dann Gei�en finden so melchig und witzig und merkiger als key Ratsherr! Was n�tze so das Hausen, wenn dann der Herrgott selbst komme und die Sache verherge, da� es key Art und Gattig habe, man sein Lebtag sie nicht wieder zweg bringe!
Solche Rede �rgerte die Leute stark, und w�hrend sie starke Antworten beizten, m�ckerte es hinter Barthli erst grob, dann fein. Hastig sah er sich um, es waren seine Ziegen, welche ihm die Antwort brachten, hellauf und wohlbehalten, und Benz wars, der sie hielt. Da war wieder gr��er als die Freude �ber die Gei�en der �rger, da� Benz es war, der sie hielt. �Hieltest sie versteckt, h�tten sie dir vielleicht auch gefallen?� sagte er giftig. �He�, sagte Benz ganz kaltbl�tig, �wie kam ich zu ihnen? Wo es so wetterte, da� man nicht wu�te, bleibt etwas ganz auf dem Erdboden oder ists Matth�i am Letzten, da sagte mir der Meister: Benz, und unsere Ware im Sch�rli! Die erbarmet mich, darfst es wagen und sehen, ob ihnen zu helfen ist? Meister, sagte ich, warum nicht![75]
Wenns aus ist, so k�mmt es in eins, bin ich hier oder drau�en, und allweg ists den armen Tieren ein Trost, wenn jemand Vern�nftiges bei ihnen ist.� Als er zNot hinausgekommen, denn bald habe ihn der Wind genommen, bald das Wasser, habe er nebem Sch�rli m�ckern h�ren und da die Gei� gefunden, die sich dahin unter Dach gefl�chtet und sch�n windab.
�Ja�, sagte Barthli, �die ist witziger als mancher Ratsherr, hab ich ja gesagt.� Er habe sie in Stall gelassen, fuhr Benz fort, und weil er sie erkannt, habe er gleich gedacht, die sei unten dem Wasser entronnen und Barthlis k�nnte ein Ungl�ck begegnet sein, und als er f�r das Sch�rlein gesorgt und gesehen, da� es demselben nichts mehr tue, sei er daher gekommen, wie wisse er nicht, das H�uschen sei noch gestanden, aber not z'wehre h�tte es getan; wenn ihm die Gei� die Beine nicht gleitig gemacht, wer wei�, ob der Alt und das Meitschi noch am Leben w�ren. �He ja, ja, man h�tte eigentlich Ursache, dir zu danken, aber was soll ich jetzt mit den Gei�en anfangen, wo soll ich sie hintun; das St�lli hanget ja in der Luft und hat keinen Boden mehr, und das H�sli ist �ber Ort, was soll ich jetzt mit den Gei�en, wo wir nicht wissen wohin?� antwortete Barthli h�ssig. �Barthli, du bist doch der W�stest; h�ttest Ursache, dem lieben Gott zu danken, da� du mit dem Leben davongekommen, hast ja auch die Gei�en wieder, und tust nichts als brummen und zanken�, sagte ein Nachbar. �Dank du, wenn es dir drum ist� antwortete Barthli. �Jetzt noch danken f�r ein solches Wetter wie nie eins erh�rt worden ist seit Noahs Zeiten!�
Darin hatte Barthli recht, da� in dieser Gegend nie ein solches Gewitter erh�rt worden war, es mu�ten Wolken geborsten sein vom Druck gewaltiger Wassermassen, die dann �ber den R�cken und an den Seiten einer nicht hohen H�gelkette hinst�rzten, wo sie nicht wie in einem Trichter sich[76] fingen und gepre�t zu einem Loch aus mu�ten, sondern wo von allen Seiten Abflu� war in verschiedene T�ler, verschiedenen Fl�ssen zu, nach Ost und nach West. Barthlis H�uschen hing �ber der halben H�he des Berges, die Wasser, welche dort hinunterbrachen, flossen in ganz kleinem Raume zusammen, und doch brachten sie �ber hundert Zentner schwere Steine zu Tale, trugen unter Barthlis H�tte von einem Hause einen schweren steinernen Brunnentrog weg und begruben ihn weit unten im Tale tief in den Schlamm, wo er lange nicht gefunden wurde. Als in der Tat das St�llchen unbewohnbar gefunden wurde, sagte der gutm�tige Benz, den Barthlis schlechter Dank nicht gekr�nkt hatte: �He, wei�t was, das Meitschi s�ll se melche, de nime ih se i �ses Sch�rli; uf es paar H�mpfeli Fuetter chunts dem Meister nit a, und es ist nit wyt, am Abe und am Morge cha ds Meitschi se cho melche.� Da sah der Barthli den Benz an mit einem unbeschreiblichen Blick; �meinst, B�rschli, meinst?� sagte er. �Hans�, wandte er sich zu einem Nachbar, �du nimmst mir sie zu deinen; will sehen, da� ich f�rs Fressen sorge.�
Die Nachbaren hatten Spa� und �rger ob Barthli. Nat�rlich war Benzens Abferggete bekannt und wie Barthli gesagt, er w��te nicht, f�r was er einen Tochtermann n�tig h�tte. Nat�rlich hielten es alle mit Benz. Die Antwort ward zum Sprichwort, und wenn man Barthli einen Streich spielen konnte, so sparte es sicherlich niemand. Er war eben eine bei der immer gr��eren Abgeschliffenheit der Menschen, der immer gr��er werdenden Menge ohne Gepr�ge immer seltener werdende Pers�nlichkeit, vor der man eine Art Respekt hat und doch, so oft man sie sieht, lachen mu� und Lust versp�rt, sie zu helken oder zum Besten zu halten. �Nein, Barthli, nein�, sagte Hans, �Platz f�r deine Gei�en habe ich nicht, und wenn ich h�tte, so schickten sie sich[77] nicht zusammen, meine Gei�en sind gar so dumm und deine ja witzig wie ein Ratsherr. Die wird gewu�t haben, warum sie da hinauf zu Benze Sch�rli lief. Sei nicht d�mmer jetzt als die Gei� und la� sie gehen mit Benz! Und daneben glaube ich, wir haben das Wetter deinetwegen leiden m�ssen. Unser Herrgott wird dir haben zeigen wollen, f�r was man einen Tochtermann brauchen kann.� ��ppis Dumms eso�, brummte Barthli, ��se Herrgott wird sih sellige Sache achte! F�r e Gei� z'fa, braucht man kein Tochtermann zu sein, das kann jeder Maulaff, und f�r ein solch Wetter wird man, so Gott will, keine H�lf mehr brauchen, es ist genug, wenn man eins erlebt. Wie dumm w�rs, deretwegen e Tochtermann anzustellen, f�r e Sach, die nimme chunt, was soll me mit em ne s�llige Mulaff afa? Wenn Hans dr Kolder macht, so nimmst du mir sie, Niggi, nicht wahr?� sagte Barthli zu einem andern Nachbar. �Nein, Barthli, nein, brauch Verstand; denke, was Gott zusammengef�gt hat, soll der Mensch nit scheide! Junge, fahr mit dene Gei�e dr Berg uf, su h�rt das Gst�rm uf.�
Benz begriff das, rief Z�seli, das begreiflich nicht weit davon stund, zu: �Am sechsi, gh�rst, ist gfuetteret und wird gmulche, chast mache, da�d uf magst und obe bist; nachher bschlie�e ih wieder u ch�nntisch nit yche; u jetz milch gschwing, was no da isch, su chann ih fahre, mue� ga zur War luege.� Z�seli tat das geschwind und schweigend ab, und Benz sagte auch nicht viel, wahrscheinlich befa�ten sie sich mehr mit der Zukunft als mit der Vergangenheit. Und als gemolken war, folgte stolz mit hoch emporgehobenem Haupte, wie wirklich ein Ratsherr es nicht besser gekonnt h�tte, die Ziege ohne Widerstand Benz nach, als ob sie w��te, was sie verrichtet hatte. Lustig tanzte das Gitzlein um sie herum, akkurat wie ein achtzehnj�hrig Meitschi, wenn es vernimmt, es gebe n�chstens eine Hochzeit, wo es Brautjungfer[78] sein m�sse und dann tanzen k�nne nach Herzenslust und dann vielleicht, man kann nicht wissen, einen Mann auflesen und dann wiederum eine Hochzeit und dazu eine noch lustigere; denn Braut sein ist doch noch lustiger als Brautjungfer sein, oder ist Bratis essen nicht besser als Bratis riechen? Wir fragen.
�Morgen wirst dich kaum verschlafen, Meitschi!� lachte Niggi. �Danebe vergi� nicht, was dein Alter mit Schein noch nicht wei�, da� was Gott tut, wohlgetan ist. Als es anfing zu donnern und als die Wasserb�che kamen, da dachtest du nicht daran, was die Sache f�r einen Austrag nehmen w�rde.� Z�seli verga� es aber auch nicht, und selbe Nacht schlief es nicht, verschlief sich am Morgen nicht. Die ganze Nacht stund der gestrige Nachmittag vor seinen Augen als wie ein gro�es, bewegliches Gem�lde. Es dachte nicht, es schaute nur, f�hlte die Angst rieseln durch Mark und Bein; es war ihm das Herz eingeklemmt, da� es oft kaum Atem hatte, und doch war ihm wohl dabei, es war ihm, als ob hinter dem Graus die Sonne stehe und bald sch�ner als nie scheinen werde und die Greuel verkl�ren und alles vergehen bis an Benz und Gei� und Gitzlein und sonst noch allerlei. So lag es da und sah, was vor ihm stund, bis es ungsinnet graute drau�en. Dann machte es sich auf, leise, um den Alten nicht zu wecken, der gar tapfer schnarchte.
Der hatte auch lange nicht schlafen k�nnen, aber daran nicht so wohl gelebt wie sein Meitschi, im Gegenteil, sehr schlecht. Er war zornig �ber den lieben Gott und �ber seine Nachbaren, rechnete seinen Schaden nach und �rgerte sich �ber die Schadenfreude. Es h�tte nicht geglaubt, da� die Menschen so schlecht sein k�nnten, ihm ein solch Ungl�ck noch zu g�nnen, das Gsp�tt mit ihm zu treiben und mit einem solchen Schn�rfli gegen ihn zusammenzuspielen. Aber wohl, denen wolle er vor der Freude sein, die m��ten ihn[79] nicht auslachen! Morgen wolle er gehen und die Gei� melken, das werde kein Hexenwerk sein, und gsetzt, er br�chte die Milch nicht alle heraus und die Gei� w�rde w�st tun, so werde das nicht alles zwingen und sie h�tten doch dann nichts zum Lachen. Er sei gestraft genug mit dem H�sli, das er m�sse pl�tzen lassen, das Meitschi m�sse ihm nicht noch heiraten obendrein, er wolle nicht zwei Ungl�ck auf einander, wo eins gr��er sei als das andere. Er w�lzte Vors�tze in seinem Gem�te, gro�, wild, tr�b, fast wie die Wasserwogen am gestrigen Abend. Und mittendrein schlich der Schlaf, gaukelte ihm immer Wilderes vor, band ihm leise die Glieder, dr�ckte ihm die Augen zu, entri� ihm das Bewu�tsein, blies ihm die Einbildungskraft noch einmal tapfer an und lie� dann das mit einander machen; wei� Gott, wo Barthli war, in welchem Weltteil oder gar im Himmel oder der H�lle, als sein Meitschi ihm davonlief und zwar noch lange, ehe es sechs Uhr war!
Diesmal war der Himmel nicht tr�b, wie er sonst oft ist nach solch gewaltigen Erg�ssen, in klarer Bahn ging die Sonne, und frisch und sch�n war es auf Erden, wo die Wasser gestern nicht gehauset; wo sie gew�tet, war es f�rchterlich. Z�seli hatte M�he, zum Wasser zu kommen, wo es gew�hnlich mit H�lfe eines alten zwilchenen Lumpens Toilette machte und dabei eine sch�nere Haut hervorbrachte, strahlender vom Bache kam als je eine Hochgeborne von ihrer Toilette und deren tausendf�ltigem Kram von Seifen, Pomaden, Essenzen, B�rsten, K�mmen, Zangen und Scheren und anderlei unnennbaren Dingen. Diesmal, vielleicht zum erstenmal, war es Z�seli dran gelegen, anzuwenden und sich so sch�n zu machen als m�glich mit H�lfe von Wasser und dem zwilchenen Lumpen, der einer dahingegangenen Kutte des alten Barthli entstammte. Der gew�hnliche Weg zum Bach war fortgerissen, es rutschte hinunter, kam nicht[80] blo� zum Wasser, sondern ins Wasser und weit mehr, als n�tig und ihm lieb war. �berdem war das Wasser tr�b und h��lich und m�rderlich kalt. Desto mehr wandte Z�seli an, desto kr�ftiger drehte es seinen Lumpen aus, fing wieder von vornen an, und als es mit Vorsicht am zerrissenen Uferrand emporstieg, erschien es oben lieblich und gl�nzte fast wie der Morgenstern oder wie die Morgenr�te, wenn sie das Haupt der gro�en Jungfrau im Berner Oberlande verkl�rt. Davon aber wu�te Z�seli denn doch nichts, hatte nicht einmal einen Spiegel, um sich �ber den Erfolg seiner Anstrengungen zu vergewissern, dachte auch nicht daran, sondern nahm das Milchgeschirr und eilte damit den Berg auf. Es m�chte sich versp�ten, das war seine Sorge. Gar zu ungerne h�tte es es gehabt, wenn Benz geglaubt, es seie e fule Hung.
So ein Meitschi wie Z�seli setzt seinen Stolz in Arbeitsamkeit und Arbeitsgeschick, es hat keinen Begriff davon, da� man mit Klavierspielen und Affektieren zu einem Mann kommen k�nne. Es sucht dahin zu kommen, da� die Leute sagen: �Der ist gfellig, wo das bek�mmt, von wegen, es ist ein bsunderbar werchbar Mensch, versteht alles wohl und dreht sich des Tags nicht blo� einmal.� Doch lief das Meitschi nicht in gleichem Schritte bis oben. Der m�sse doch nicht meinen, da� es ihm so pressiere, da� es nicht warten m�ge, bis es bei ihm sei; er k�nnte sonst meinen, wie viel ihm an ihm gelegen sei.
Benz war schon fertig mit Melken, als Z�seli daherkam. �Hast Zeit�, sagte er, �h�tt nit lang meh gwartet, bei uns steht man des Morgens auf und nicht erst mittags.� Z�seli wollte diesen Vorwurf nicht leiden, begehrte auf, da m�ckerte es im Stall zweistimmig, die Tiere hatten seine Stimme erkannt, und als sie es sahen, taten sie z�rtlich, da� Benz das Wasser im Munde zusammenlief. Die Alte stund an Z�seli auf und leckte ihm das Gesicht, das Kleine stie� ihns mit dem[81] Kopf und tanzte ihm um die F��e. �Seh, gib das Melchterli�, sagte er, �so k�mmst nicht ans Melken.� Aber so meinte es die Alte nicht, sie wollte ihm nicht stille halten, ihn gar nicht dulden; eines so groben Kerlis war sie nicht gewohnt, Z�seli mu�te sein alt Amt verrichten. Wie h�tte die alte Gei� erst getan, wenn der alte Barthli an ihr h�tte rupfen wollen! Unterdessen gewann Benz des Gitzleins Freundschaft mit einigen Handvoll sch�nen Grases, so da�, als Z�seli fertig war und dem Gitzlein auch flattieren wollte, dasselbe in gro�e Verlegenheit kam, von wem es sich eigentlich rechtm��ig sollte flattieren lassen, und sch�n war es anzusehen, wie Benz und Z�seli an dem verlegenen Gitzlein wetteiferten im Flattieren, jedes dem Andern zeigen wollte, da� es doch am sch�nsten und wirksamsten flattieren k�nnte. Da h�tte man gar nicht glauben sollen, da� eins oder das Andere von ihnen pressiert sei. Am Ende mu�te es doch geschieden sein, was seine Not hatte und zwar eigentlich wegen den Gei�en, die mit Gewalt Z�seli nach wollten und mit M�he in die Trennung sich f�gten. Das freute Z�seli sehr. �Siehst du�, sagte es, �sie haben mich doch noch lieber als dich! Ich habe es mit allen Tieren so, mit den H�hnern und den Katzen auch. Die Tiere wissens, wer wohlmeinig ist oder nicht, und k�nnen die Liebe erzeigen wie Menschen und ds Guntr�ri auch. Aber mein Gott, was wird der Vater sagen, da� ich so lang mache, adie!�, und fort wars. Benz sah ihm nach und sch�ttelte den Kopf. �Ist das tr�mpft oder sonst gstochen?� sagte er. �Meint es dann, die Tiere hasseten mich, weil die alte, dumme Gei� mich nicht wollte melken lassen? Wohl das will ich anders brichten, und zwar schon diesen Abend.�
Als Z�seli heimkam, war Barthli eben am Erwachen grunzte bedenklich und hob m�hsam sein struppicht Haupt aus dem Bett empor. Als er das Meitschi angezogen sah, sagte er: �Mach zMorge, drwyle will ich gehn und melche;[82] bisd fertig bist, bin ich wieder da.� �Vater, es ist gmulche, ich bin wieder da, und wenn Ihr auf seid, ist ds zMorge fertig.� Was da der Alte f�r ein Gesicht machte und wie er mit dem Meitschi br�llte, was es so h�tte zu pressieren gebraucht, seit wann man nach Mitternacht melke und was die Leute sagen w�rden, was es f�r ein w�stes, manns�chtiges Meitschi sei, man kann es sich kaum vorstellen. Z�seli verteidigte sich mit der Abrede und mit der Zeit und wie kein Mensch was B�ses denken werde; sie w�ren ja dabei gewesen, wo man die Sache abgeredet usw. Aber das half alles nichts, denn der Alte war eine von den gl�cklichen Naturen, die auf keine Einrede achten, immer fortreden in einem Zuge, und antworte man oder antworte man nicht es kommt auf eins, sie tun, als h�tten sie keine Ohren; selbst der Stand der Sonne, und w�re auch der Mond neben ihr gestanden, �berzeugte ihn nicht, da� er sich verschlafen habe. Es geschah ihm sonst nicht, daher hielt er es f�r eine Unm�glichkeit; es schien ihm viel nat�rlicher, da� ob dem gestrigen Wetter die Sonne sturm geworden, daher den rechten Weg verfehlt, daher sich versp�tet h�tte. �Es ist gut f�r einmal�, sagte er endlich, �zum zweitenmal wirst du nicht melken da oben.�
Nach sch�ner Landessitte erscheinen bei gro�en Ungl�cksf�llen: Feuersbr�nsten, �berschwemmungen usw., n�here und fernere Nachbaren mit passendem Werkzeuge schaffen Schutt weg, machen, was not scheint, nicht blo� unentgeltlich, sondern Viele bringen noch Lebensmittel mit und nicht blo� f�r sich, sondern auch f�r die Gesch�digten. So geschah es auch am Montag nach dem verh�ngnisvollen Sonntag im �rue�igen Graben�.
Die Ersten erschienen schon, w�hrend Barthli noch haderte mit seinem Meitschi; dadurch neugierig gemacht, vernahmen sie leicht von den n�chsten Nachbarn des Haders Grund[83] und Ursache. Es gab Stoff zum Lachen, und der arme Barthli war verkauft und verraten; Keiner hielt es mit ihm, alle waren gegen ihn. Als man sich geh�rig umgesehen, wurde Rat gehalten, wo anzufangen, was anzugreifen sei. Barthli redete stark von seinem H�uschen, das vor allem herzustellen sei. Selb meine er auch, sagte eine Stimme hinter ihm, und als Barthli hastig sich umdrehte, stand Benz hinter ihm, hoch die Schaufel auf der Achsel, als Abgeordneter seines Meisters. �Bist auch schon da, was hast du dein Maul dreinzuh�ngen, was geht das dich an?� schnauzte Barthli ihn ab. �H�ttest daheim bleiben k�nnen, wirst doch nit viel verrichte.� �E, e, Barthli�, rief ihm ein Nachbar zu, �vergi� nit, was er gestern verrichtet hat, und allweg gehts den Tochtermann was an, wie es des Schw�hers H�uschen geht.� �Er ist es einmal noch nicht� brummte Barthli und drehte Benz den R�cken zu, als ob er ihn sein Lebtag nicht mehr ansehen wolle. Vor allem aus r�umte man die Gr�ben und Stra�en, verschaffte dem Wasser freien Lauf, kurz schaffte da, wo ein wachsender Schade war.
Ob der flei�igen Arbeit l�utete es Mittag bald hier, bald da von einem Kirchlein her, man merkte, da� man hungrig war; denn so ein Mittagsl�uten ist f�r die Landleute das Gl�schen, welches die St�dter zu sich nehmen, um sich Appetit zu machen. Man stie� die Werkh�lzer in die Erde, suchte sein S�cklein mit dem Vorrat, suchte ein schattig Pl�tzchen, eine K�che, das Eine oder das Andere sich w�rmen zu lassen, zum Beispiel Milch, wer sie nicht kalt vertragen konnte. Am meisten sammelte man sich um Barthlis H�uschen, welches Schattseite lag und gro�e B�ume in der N�he hatte. Z�seli hatte vollauf zu tun mit W�rmen und Leihen von allerlei Geschirr und sollte dazu Bescheid geben auf gar allerlei Reden, grobe und feine, und da� Benz nicht weit von der K�chent�re war, versteht sich von selbst. So[84] gabs viel Lachens, und Z�seli wu�te wirklich nicht, wo ihm der Kopf stund, es sumste und surrete ihm in den Ohren, als ob es den m�chtigsten Schwindel h�tte. In Angst suchte es allen, die was wollten, zu entsprechen, hatte daher nicht Zeit, Rede zu stehen, h�chstens hie und da zu einer kurzen Antwort, h�rte das Meiste nicht, was geredet wurde, und das gefiel den Leuten. Es sei ein recht Meitschi, sagten sie, �ppe nit es uverschants und al�ssigs, beh�lflig und gutmeinig, es gefiel ihnen am ganzen Leib besser als der alte Korber am kleinen Finger, und es w�re schade, wenn das nicht bald heiratete. �Nimms� hie� es dann zu Benz, �nimms, sust nimmts e Andere. �ppe der h�bschist Schw�her bekommst nit, aber was fr�gt man des Schw�hers H�bschi nah, si ist m�ngist no drzue e uchummligi Sach, bsungerbar wenn er Witlig ist u sust e Vogel. Ds Meitschi ist allweg e Ma wert �ppe wie du, dGei�e nit grechnet, dem H�sli ist sih �ppe nit viel z'achte. Seh, Alte, du hei�est uns dann zHochzeit cho, es wird doch e Niedersinget g�? U schie�e wey mr, wennd sPulver zahlst, da� me im ��rgau glaubt, dFranzose ch�mme.� Grob antwortete der Alte, und je gr�ber ers gab, desto lustiger gings.
Zum Gl�ck ging es nachmittags wie �blich, wo Gottes Hand m�chtig gewaltet �ber den Menschenkindern: eine gro�e Menge von Leuten kam daher, die Verheerungen zu betrachten. Aus Neugierde kamen sie, und die Meisten gingen mit Erbauung, denn auf solchen St�tten sieht der Mensch am klarsten seine Ohnmacht und des Herrn Gewalt, solche St�tten predigen am gewaltigsten: Ich bin der Herr und sonst Keiner mehr, der ich das Licht formiere und schaffe die Finsternis, ich, der Herr, tue dieses alles. Dann kommt Erbarmen in viele Herzen, und mancher sch�ne Batzen flie�t in die Hand der Geschlagenen, und manche Gabe wird hergesandt in den folgenden Tagen.
Als es Barthli war, als sei er in einem Wespen- oder gar[85] Hurnussennest, sah er einen alten Bauer unweit von sich stehen, der auch gekommen war, das Ungl�ck zu sehen, und eben Barthlis H�uschen betrachtete. Er war sein Schulkamerad gewesen, und was noch mehr sagen will, mit ihm erst zum Herrn gegangen und dann zu des Herrn Tisch. Das alte, trauliche Verh�ltnis war geblieben, der reiche Hans Uli war Barthlis treuster G�nner. Zu dem fl�chtete sich Barthli. �K�mmst auch, mein Ungl�ck zu sehen?� sagte er. �Warum mu�te ich das erleben und noch dazu mit dem Leben davonkommen, was soll ich mehr auf der Welt? Was habe ich als b�se Leute und b�se Tage!� �Nit, nit, Barthli, vers�ndige dich nicht�, sagte der Bauer, �hast Ursache, dem lieben Gott zu danken, da� es dir noch so leicht abgegangen. Aber du bist immer der Gleiche, siehst immer nur, was zu klagen ist, und nie, wof�r zu danken w�re; bist �brigens nicht der Einzige, haben es noch Viele wie du, aber das ist eben l�tz.� �Aber was habe ich dann da zu danken?� frug Barthli, �ds H�sli halber fort und ds Herz voll Vrdru� und e Zorn, da� ih ne nit verwerche ma, und wenn ih hundert Jahr alt w�rd. Ich m�cht doch de da frage, was da Bsunderbars z'danke sy s�tt.�
�Du bist ein w�ster Barthli, wei�t es nur�, sagte der Alte. �Wie leicht h�ttest k�nnen um das Meitschi kommen, die Gei�en kriegtest auch wieder, das ist dHauptsach, ums H�sli und die paar Bohnenstauden ist nicht viel gfochte, und du wei�t nit, warum danke!� �W��t nit, warum ich zu danken h�tte, wenn man mir meine Sache ruhig l��t und mir nicht nimmt, was mein ist. Da h�tte ich ja nichts zu tun als zu danken und jedem Hund zu scharw�nzeln, der mich nicht fri�t. Aber z'klage habe ich, wenn mir einer, seis wer es wolle, nimmt, was mein ist, und dazu ich mich mu� lassen ausspotten, da� es mich vor Zorn fast versprengt. Da� es keine Fr�mmigkeit mehr gibt auf der Welt, sagte ich schon[86] lange, aber da� es so schlechte Leute geben k�nnte, h�tte ich doch nicht gedacht.� �Was ist dir geschehen, ward dir etwa noch gestohlen?� frug der Bauer. �Aparti gstohle nit�, antwortete Barthli, �aber mehr als gstohle. Da ist so ein w�ster Schn�rfli, der will f�r ds T�fels Gwalt Tochtermann werde, und ds Meitschi, die T�sche, hets wie die Andere, es h�tt nichts dagegen; ich glaub gar, es w�r ihm noch anst�ndig. Und wie das unter die Leute kam, wei� ich nicht, aber da h�lt mir ein jeder Lausbub den Tochtermann vor, r�hmt ihn an spottsweise, preisen ihn dem Meitschi an und hetzen den L�mmel ans Meitschi, und der stolpert ihm nach, und dem mu� ich zusehen und wie das Meitschi keinen Verstand hat und keine Scham, es w�r sonst �ber alle Berge und die ersten Tage t�te es niemand hier sehen. Und statt dessen bleibt es da, ja denk, Hans Uli, gibt ihm sogar Bescheid und wartet ihm.�
�Es wird doch nicht der sein, wo die Leute sagen, er habe euch das Leben gerettet und die Gei�en h�tten ihn so gleichsam herbeigerufen?� fragte der Alte. �Wohl, grade der ists. Meinethalb h�tte er gar nicht zu kommen brauchen. Und sei es ihn oder sei es ihn nicht, so brauche ich keinen Tochtermann, zwei Ungl�ck auf einander will ich nicht; es ist genug, wenn ich Kosten haben mu�, f�r das H�sli z'pl�tzen, und nicht wei�, wo das Geld hernehmen, ich will nicht noch auf alles hin auch einen Tochtermann, f�r da� er uns die Speise, wo wir l�ngs St�ck ds Halbe mehr n�hmen, vor dem Maul wegfresse. Ich sagte es ihm, ich brauche keinen Tochtermann, wir k�nnten alles selber essen, und er tut nichts darum, will es zw�ngen, d� Uflat.� �Es wird doch nicht der sein, welcher euch zu H�lfe kam im Unwetter und euch das Leben gerettet?� frug der Bauer noch einmal. �Wohl, gerade der ists�, sagte Barthli, �aber wegem Rette mag ich nichts h�ren, es war nicht halb so gef�hrlich. Es hat nicht sein[87] sollen, darum kamen wir davon; wenn es h�tte sein sollen, so w�rde der Kerli wenig dran haben machen k�nnen, h�tte lange k�nnen br�llen. Jetzt hintendrein ists kommod, sich zu r�hmen, was man alles getan.� �H�r, Barthli, du bist ein w�ster Mann und tust ungattlich; es kommt dir so nicht gut, z�hl darauf! Den Burschen kenne ich wohl, er ist ein Guter z'werche und danebe e freine Schlufi und huslich, grad einen Bessern findest nicht; und wenn du mu�t bauen lassen, so wirst es erfahren, wozu du einen Tochtermann brauchen kannst.�
Nun begehrte Barthli erst recht auf, was er sinne mit dem Bauen; zwegmache zNot, da� dGei� nicht erfriere, das werde sein m�ssen, aber von mehr sei keine Rede. �Ein Kreuzer, den du verpl�tzest, ist gsch�ndet�, sagte Hans Uli. �Geh den Bauern nach um Holz! Wenn du schon ein wunderlicher Barthli bist, da� es key Gattig hat, so hast doch guet L�t, kriegst Holz mehr als genug, und wenn du das hast, kostet dich der Rest nicht mehr viel; hundert bis zweihundert Taler ist aller Handel, mehr als genug.� �Ja, ja, hundert bis zweihundert Taler ist bald gesagt, wenn man es hat, aber wenn man es nicht hat, wo nehmen und nicht stehlen? Und Schulden machen will ich nicht, wer sollte sie zahlen, und wenn ich schon wollte, wer vertraute mir einen Batzen an?� �Gst�rm�, sagte Hans Uli. �Aber h�r, Barthli, weil wir einmal bei diesem Kapitel sind, mu� ich dich doch etwas fragen, was mich schon lange wunder nahm. Es gibt Leute, welche guten Verdienst haben und wenig zu brauchen scheinen, von denen man glauben sollte, sie �ufneten sich und wenn es lange w�hre, m��ten sie notwendig reich werden. Und doch sieht man nichts davon, sie sind immer n�tig oder tun n�tlich, kommen nicht vorw�rts, gehen oft unerwartet zugrunde. Wenn man dann untersuchte, fand man immer ein heimlich Loch, wo der Sack rann, da� es niemand[88] merkte. Da begriff man dann bald, wo es hielt, da� es dem so ging, da� er eine Eiterbeule am Leibe hatte, welche alle guten S�fte einsog und verzehrte. Gerade so einer bist, Barthli, auch du. Verdient hast seit vielen Jahren schwer Geld.�
Potz, wie polterte Barthli da �ber den Verdienst und die Mi�gunst der Bauern, wenn ein arm Mannli nicht Hungers verreble, und lange kam Hans Uli nicht zum Fortfahren! �Verdient hast viel allweg und dem Schein nach wenig gebraucht. Im Wirtshaus sah man dich wunderselten, mit der Hoffart �bertatest du es auch nicht; deine Leute hatten es eben nicht am besten, hattest sie nicht im Salb, h�ttest sie lieber ins Paradies geschickt, wo man es mit Feigenbl�ttern wohlfeil machen konnte. Jetzt, Barthli, mu�t du Geld haben, oder hast ein geheim Loch im Sack, wo es rinnt? Wo hast das, hast etwa irgendwo jemanden, dem du es anh�ngst? Aber es d�nkt mich, in der langen Zeit w�re es dir an Tag gekommen, und ich vernahm doch nie etwas der Art von dir. Glaub, es w�re dir lieber, unser Herrgott h�tte nur einer Gattig Leute erschaffen statt zweier Gattig.� Nun begehrte Barthli wieder schrecklich auf �ber solche Verleumdungen und Zumutungen und wie reiche Bauern nie glauben k�nnten, da� arme Leute so ehrlich sein k�nnten als die reichen Schindhunde, und er werde ihn doch nicht, mit einem Fu� im Grabe, zu einem schlechten Manne machen wollen. Er solle es probieren, wenn er k�nne, aber er wolle sich wehren, wie mans nicht denken sollte.
Aber in unersch�tterlicher Ruhe stund der Alte vor dem belferenden Barthli und entgegnete endlich: �Und sag mir, was du willst, so ists, wie ich sage. Ich habe zu lange gelebt, als da� ich mich so leicht anders berichten lasse. Entweder Barthli, hast ein geheimes Loch oder lange mehr Geld, als f�r ein neu H�sli n�tig ist, und anders berichtest du mich nicht.� �Los neuis�, knurrte Barthli, winkte seinem alten[89] Kameraden und ging mit ihm weithin auf einen freien Platz, wo weder Baum noch Strauch noch Graben war, da� jemand unbemerkt h�tte lauschen k�nnen. Da stund er still und sagte: �Hans Uli, du bist ein schlauer Mann, h�tte es nicht geglaubt. Ja, was recht hast du, aber schlecht sollst du mich nicht machen. Du wei�t, wie das Weibervolk ist; wo es an einem Orte einen Batzen schm�ckt, m�chte es zwei brauchen. Nit, meine Frau selig war nicht die Schlechtest, und ds Meitschi k�nnte auch noch schlechter sein, es laufen gottlob Viele herum, die dreimal schlechter sind als es, aber wenn sie nit geng h�tte m�esse glaube, wir pfiffen auf dem letzten L�chlein, es wei� ke Hung, wie si ta h�tte. Darum tat ich immer n�tlich, und wenn ich einen Kreuzer Geld hatte, so lie� ich sie es nie merken, sondern tat just am n�tlichsten.�
�Aber wo kamst mit dem Gelde hin?� frug Hans Uli. �Ich will es dir wohl sagen�, antwortete Barthli, �aber du mu�t mir bei deiner Seele Seligkeit versprechen, es keinem Menschen zu sagen; und h�ltst du es nicht, soll deine Seele keine Ruhe haben im Grabe, sondern umgehen m�ssen eine Ewigkeit nach der andern. Einmal, als ich von einer St�r heimkam, wo ich, wie meine Alte wu�te, ein B�scheli Geld bekommen, plagte sie mich wieder bis aufs Blut um warme Str�mpfe f�r sich und wegen Lederschuhen f�rs Meitschi; es w�re mir nichts �brig geblieben, wenn ich alles h�tte nachsagen wollen, was sie mir vorgesagt, und h�tte ich nicht nachgesagt, so h�tte sie es sonst genommen, sie lie� sich nichts einschlie�en, und behielt ich etwas im Sack, so erlas sie mir nachts die Hosen. Ich will ihr nichts B�ses nachreden, denn daneben war sie huslich, aber das war dir eine, wo man wu�te, da� man eine Frau hatte. Das m�sse �ndern, dachte ich, und als sie einmal Beide einen ganzen Tag fort waren, machte ich unter dem Bett ein gro�es Loch, stellte einen K�bel hinein[90] und machte die Laden sch�n wieder zu, da� man es nicht merkte, wenn man es nicht wu�te. Dort war es am sichersten, denn wir zogen das Bett nie hervor, und unter dasselbe kam man zNot mit dem Besen. DFrau selig merkte es auch nicht, aber manchmal gschirete sie mit mir aus, da� ich heimlich Geld verbrauche, und wollte wissen womit. Aber ich hatte ein gut Gewissen und hielt ihr die Stange. Da ist nun ein sch�ner Sch�bel Geld und allweg mehr als genug zum Bauen, aber es reut mich, es ist eine harte Sache; und dann noch einen Tochtermann obendrauf, es ist mir nicht zu helfen, denk doch auch, Hans Uli, und noch dazu ume son e Benz.�
�Aber Barthli, wie dumm, aber Barthli, was tr�gt dir das Geld unter dem Bett ab! H�ttest es ausgeliehen, h�tte es dir Zins getragen�, sagte der Bauer. ��ppis Dumms eso�, sagte Barthli, �meinst, wenn man gewu�t, da� ich Geld h�tte, ich h�tte es k�nnen bei einander behalten! Erst dann h�tten sie recht an die Sache tun wollen, und dBuebe w�re dem Meitschi erst recht nachgestrichen, h�tte mir ds H�sli voll gschn�rflet und ds Meitschi hochm�etig gmacht; h�tts nit k�nne erwehre und h�tt n�t als Kummer gehabt, ich m��te es verliere, bekomme es nicht wieder. D�weg hatte ich es doch, konnte, wenn niemand in der N�he war, es gschauen und hatte gro�e Freude, wenn ich dachte, was die Manne, wenn sie nach meinem Tode k�men, das H�sli zu erlesen, sagen w�rden, wenn sie so viel Geld beim alten Korber finden w�rden.�
�Wie h�tten sie aber Geld finden wollen, wem w�re in Sinn gekommen, unter deinem Nest Geld zu suchen,� frug der Alte lachend. �Oh�, antwortete Barthli, �daf�r habe ich gesorget, so dumm bin ich denn doch nicht. Sieh, da in meinem alten Kalender, den ich immer bei mir trage, steht geschrieben, gerade vorn drin, es hats mir ein Schulkind[91] m�ssen drein machen: Manne, suechit, so werdet ihr finden.� �Und wenn sie es nicht gefunden h�tten?� frug Hans Uli. �Oh, s�vli dumm Manne wird man doch, so Gott will, nie an Gemeindrat w�hlen, die, wenn es ausdr�cklich hei�t: Suechit, so werdet ihr finden, nicht suchten, bis sie es h�tten.� �Aber, und wenn das Wasser heute noch ein wenig m�chtiger gekommen und dir das ganze H�sli samt dem K�bel weggenommen h�tte, und dann?� �He nu�, sagte Barthli, �wenn �se Herrgott ds W�stest alles an mir machen will, su mach er! Wenn dann die Leute �ber n�t ch�mme und alli n�t meh hey, so ist er selber schuld und kanns meinethalben haben und denken: Selber ta, selber ha! Danebe wird es ihn selbst ged�nkt haben, er habe mich genug geplaget, es sei Zeit, lugg zu lassen.� �O Barthli, Barthli, was bist du f�r e Christ! Du wirst nie wie ein anderer Mensch, und wenn du alt w�rdest wie Methusalem. Aber jetzt komm, wir wollen das H�sli gschaue und abrate, was zu machen und wo allf�llig ein neues abzustellen sei.�
Das geschah. Es lie�en sich noch andere Bauern herbei, G�nner, denen Barthli die Weiden flei�ig stumpete, untersuchten die Sachlage; allgemein war die Ansicht, am H�sli sei nichts zu pl�tzen, um einen jeden Nagel seis schade, den man einschlage, zu bewohnen sei es kaum mehr, h�chstens bei ganz trocknem Wetter, regne es zwei Tage hinter einander, so rutsche wahrscheinlich die ganze Pastete in den Bach hinunter. Ein neu H�sli, wie Barthli es mangle, sei bald auf dem Platz, wenn man einander helfe, und zur Not bewohnbar zu machen, im Fr�hjahr k�nne man dann vollst�ndig ausbauen. Die kundigen Bauern machten Voranschl�ge �ber das n�tige Holz von allen Sorten und sicher richtigere als manche Zimmerleute, die nicht selten ihren Bauherren dreimal falsch rechnen, sie dreimal in der Welt herumsenden nach fehlendem Holz und vielleicht zum vierten Male, weil[92] sie einen Teil des Holzes zu d�nn behauen, den andern zu kurz vers�gt. Oh, es gibt gro�e K�nstler unter den Zimmermannen!
Barthli war ganz wie verstaunet, wie die Bauern die Sache ihm so rasch und klug zweg legten, und ob ihrem Gutmeinen, wo er nicht gedacht, da� ein solches zu finden sei in Israel. Aber wie gesagt, er war eine Pers�nlichkeit, man konnte sich auf ihn verlassen und �ber ihn lachen, und beides ist dem Bauer gleich anst�ndig.
Pl�tzlich fuhr er auf, fing m�rderlich an zu fluchen und wollte davon. �Was hast, hat dich ein Wespi gestochen?� frug ein Bauer und hielt ihn mit starker Hand. �La� mich gehen!� rief Barthli, sich str�ubend, �dort l�uft das Donners T�schli wieder, wart, dem will ich die Haut salben, aber nit mit �l!� Man sah hin, wo Barthli hinzeigte, und erblickte ein Meitschi, welches mit Milchgeschirr in der Hand den Berg auf ging; Barthli hatte nicht gemerkt, wie es bald Abend werde, und das Melken vergessen. Z�seli mu�te ja exakt sein, sonst h�tte Benz glauben k�nnen, es sei nichts nutz, und wollte den Vater nicht st�ren in seiner wichtigen Unterhaltung und war, als die Zeit um war, gegangen, begreiflich eher zu fr�h als zu sp�t. �He�, sagte einer, �das ist ja dein Meitschi, es wird die Gei�en melken wollen.� �Das soll es eben nicht, wollte sie selbst melken, es soll mir nicht mehr da zu dem Hagel auf den Berg. Wollt, der Teufel h�tte die Gei�en geholt und den Hagel dazu! La� mich gehen, die m�ssen nicht Freude haben, mich zum Narren zu halten; denen will ich, jawolle!�
Es merkten jetzt alle den Handel, lachten herzlich, lie�en aber den Barthli nicht laufen. �Bleib du nur, zw�ngst doch nichts, ert�ubst sie nur; was willst wehren, wirst den Natur, lauf nicht �ndern, und g�nnst dem Meitschi den nicht, nimmts einen Andern, der zehnmal �rger ist. Es ist schon[93] manchem Alten so gegangen: er wollte dem Meitschi den Rechten nicht lassen, nachher kam ein Anderer, und der Alte h�tte sich die Finger vor abbei�en m�gen aus Verdru�, da� er es das erstemal gewehrt. Denk, wenn du Werkleute bek�mmst, was die f�r Rustig mitbringen, wo der Teufel nicht sicher ist, verschweige ein Meitschi! Wie viel w�hler bist dann, wenn das Meitschi am Schatten ist, als wenn du es h�ten solltest Tag und Nacht! Daneben k�mmt dir der Tochtermann kommod in allen Teilen, hilft dir zur Sache sehen, und w�hrend du jetzt bald mit den Weiden machen mu�t, ist er daheim und sieht, da� gearbeitet wird und nichts verpfuscht.� Kurz man sprach ihm von allen Seiten zu, aber stellte sein Brummen nicht, brachte seine Einwilligung nicht heraus.
Derweilen stieg Z�seli, unbek�mmert um die diplomatischen Unterhandlungen, den Berg auf, aber nicht langsam. Oben stund Benz unter der Stallt�re. �Komm, sieh meine K�he, ob die mich kennen oder nicht�, sagte er zum Willkomm, ging mit der L�ckt�sche den K�hen nach und gab ihnen das �bliche Gl�ck oder Salz, eins von beiden. Das war nun wahr, aller Augen sahen auf ihn, alle K�pfe drehten sich nach ihm, und kam er in die N�he, rieben sie sich die K�pfe an ihm; er war der wahrhaftige L�we im Stall, um den sich alles drehte, es war wirklich zum Eifers�chtigwerden, wo irgendwie Anlage dazu da war. �Gelt�, sagte er, �die kennen mich auch, so gut als dich deine Gei�en, sie wissen es aber auch, da� ich es gut mit ihnen meine, und lieben mich deretwegen.� �Ja, Sp�߫, sagte Z�seli, �ds Gl�ck lieben sie, dir w�rden sie wenig nachfragen ohne Gl�ck.� Das nahm Benz �bel, es gab H�ndel zwischen ihnen, H�ndel, wie sie gew�hnlich enden zwischen solchen Personen, ohne Schl�ge und ohne Schelten. Benz wollte wissen, ob er ohne Gl�ck nicht lieb sein k�nne, und Z�seli behauptete, seine Gei�en[94] flattierten ihm viel uneigenn�tziger und z�rtlicher als die K�he dem Benz.
Darob h�tte Z�seli bald das Melken vers�umt, wenn ihm nicht der Vater eingefallen w�re. �Ach Gott, was wird der Vater sagen!� rief es erschrocken aus und machte sich alsbald an die Arbeit. Nun fing Benz vom Vater an und wollte wissen, warum er ihm eigentlich so zwider sei, h�tte doch nicht Ursache; zleid ta h�tte er ihm nichts, ds Gegenteil. Er m�sse anfangen zu glauben, Z�seli weise ihn auf, warum, das begreife er auch nicht; er meine es ehrlich und w�re noch immer gleichen Sinnes, wenn ds H�sli auch nicht mehr drei Kreuzer wert sei. Es sei ihm doch dann nicht haupts�chlich wegem H�sli gsi; wenn ds Meitschi nit gsi w�r, er h�tt em H�sli nit s�vli nahgfragt, und er wetts no jetz. Eine Reiche bekomme er doch nicht, er m�� auf eine Arbeitsame und Huslige luege und danebe auch uf eine, wo man Freud habe, bei ihr zu sein, und ke w�este Hung, und deretwegen wett er Z�seli, wenn der Alt nit so w�st tun wollte. Danebe k�nnte er jetzt erfahre, da� ihm ein Tochtermann kommod komme, f�r das H�sli helfe zwegzmache, wenns m�glich sei; �ppe Kosten sollte es nicht viel geben, er verstehe sich auf mehr, als man ihm ansehe.
�Nein, w�ger ist das nicht wahr, da� ich den Vater aufgreiset, ich w��te nicht warum! Wenn es mir gordnet ist z'heiraten, warum sollte ich es nicht tun, und wenn mir ein Armer gordnet ist, was h�lf wehre! Und wenn es mir nicht gordnet w�r, was wett ih uf ene Ryche warte, sellig luege armi Meitli nit a f�rs H�rate. Daneben, wenn ich auch nicht viel mehr habe, bin ich doch nicht br��chig, kanns mit wenig mache und mit Arbeite f�rchte ich Keine. Der Vater hat mich dazu gehalten, da� es eine Art hatte. Drnebe bist mr nit unanst�ndig. W�st tun kannst zwar auch, aber was will man, das ist Mannevolksart, es macht ja jeder, was er kann.[95]
Nein, gewi� nicht, Benz, den Vater habe ich nicht aufgreiset, sonst frag ihn selbst, wenn du mir nicht glauben willst.� �Man kanns machen, aber zuerst schlag ein, du wollest mich�, sagte Benz und streckte seine Hand aus, und Z�seli schlug zwar nicht ein, gab aber sittig und ohne Z�gern die Hand, was wohl gleich viel zu bedeuten hatte. Sie wurden r�tig, Benz solle morgen fr�h vor dem Melken hinunterkommen und fragen. �Und will dann das alt Kudermannli nicht�, setzte Benz hinzu, �so mache ich beim –, was gut ist.�
Diese Unterhandlungen hatten ziemliche Zeit verzehrt. Z�seli erschien fast schlotternd vor dem Vater, war jedoch nicht so dumm, sich zu entschuldigen, ehe es angefahren wurde, was immer das beste Mittel ist, sich ein hartes Donnerwetter auf den Hals zu ziehen. Aber der Alte sagte nichts, er munkelte blo�, brummte allerlei Unverst�ndliches, da� Z�seli nicht wu�te, war er bei Troste oder nicht oder waren dies Pr�parationen auf eine gr�ndliche Abwaschung seiner S�nden. Es machte daher, da� es zu Bette kam so bald m�glich; es wu�te aus Erfahrung, da� man die sch�rfsten Predigten um so leichter ertr�gt, je besser man schl�ft. Am Morgen fr�h kam richtig Benz und wollte eine Rede dartun, aber kaum hatte er angefangen, fuhr zu seiner Verwunderung der Alte ihn an: �Schweig mit dem Gst�rm, wei� schon, wasd witt, es mangelt des Redens n�t; wenns wotst, so nimms! Aber da� du dich stellst und hilfst und nit meinst, du sygist ume Fresses twege da; es mue� gschaffet sy jetzt, wenn mr vor em Winter unter Dach wey.� Z�seli h�rte das drinnen und erschrak. �Mein Gott, was hets em Vater g�, ist er vrh�rschet im Kopf?� Endlich vernahmen sie den Beschlu� da� das H�sli neu gebaut werden m�sse und da� man Barthli gebrichtet, dabei w�re ein Meitschi �bel zu h�ten, dagegen ein Tochtermann kommod zu brauchen, darum Benz[96] den Dienst aufsagen und sich alsbald hermachen m�sse, sonst nehme er einen Andern.
Wie es einem ist, wenn man aus dunkelm Keller pl�tzlich in die Sonne tritt, werden wohl die Meisten erfahren haben; gerade so war es den Beiden, die so pl�tzlich zu Brautleuten wurden ohne Sturm, Blitz und Donner, sie wu�ten nicht, wo sie waren, stunden sie auf dem Kopf oder auf den F��en. Darum glotzte Benz den Alten mit gro�en Augen an und behielt z'leerem den Mund offen, bis der Alte sagte �So, jetzt ists dir nicht recht; la� es hocken, es gibt Drei f�r Einen.� Da wurde es Z�seli drinnen todangst, jetzt konnte es noch fehlen, es taget Meitschine immer am ersten, wenn es ums Heiraten zu tun ist; es kam ganz wie von ungef�hr zur T�re aus, w�nschte guten Tag, damit kam Benz die Sprache wieder, mit wenig Worten wurde die Sache richtig und Benz ganz feurig, wollte ans Abbrechen des H�uschens hin, sobald er die K�he gemolken. Mit Muhe war er zu brichten, mit Abbrechen sei es fr�he genug, wenn man zum Aufrichten zweg sei; wo sie hin sollten unterdessen? Benz lie� sich endlich brichten, obschon er es lange im Kopf hatte, eine provisorische H�tte aufzuschlagen am Walde wie die Zigeuner. Wenn ds H�sli verbrannt w�re, was wollten sie anders; frug er. �Es ist drum nit verbrannt�, antwortete der Alte. Das schlug dann Benz, denn darauf wu�te er nichts zu antworten.
Barthli hatte keinen Begriff vom Bauen, Benz nicht viel, dagegen begriff er leicht, was Verst�ndigere rieten, Barthli gar nichts; er fragte immer nur nach den Kosten, und wenn dieselben drei Kreuzer �berstiegen, jammerte er, als ob es um seinen letzten Heller ginge. Der alte Hans Uli mu�te sich der Sache annehmen, angeben, wie das H�sli sein m�sse, mit den Meistern akkordieren usw. Holz wurde ihm verhei�en mehr als zur Gen�ge, unentgeltlich zugef�hrt, auch Steine[97] f�hrten benachbarte Bauern gerne ohne Lohn. Br�uchlich ists, da� wenn man auch nicht eigentliche Fuhrm�hler anstellt, man doch den Fuhrleuten nach dem Abladen etwas von Wein oder Schnaps und K�s und Brot gibt. Da hatte man mit Barthli seine liebe Not. Wenn er mit einem Kreuzer ausr�cken sollte, tat er, als ob er sich h�ngen wolle. Z�seli hatte seine schwere Not. Die Donners Bauern verm�chten es besser als er, Wein und Schnaps zu zahlen, die t�ten ihre Knechte daheim f�ttern, die Knechte h�tten nichts n�tig in der Zwischenzeit. Sie hielten ihm nichts darauf, t�ten es ihm auslegen als Hochmut und Vertunlichkeit. Nun achtete sich Z�seli besser dessen, was die Leute sprachen, und Benz wu�te aus eigener Erfahrung, wie es die Knechte hatten und was sie erwarteten; Beide kannten die �ffentliche Meinung, also das Urteil des Publikums, welches ihrer wartete. Sie besserten nach Verm�gen nach, Benz gab dabei seine ganze Barschaft hin. Barthli schien das nicht zu sehen, sah es aber doch, und es l�cherte ihn gar herzlich, da� er den Tochtermann schwitzen lassen und ihm das Zeug abpressen konnte, statt da� es sonst umgekehrt der Fall ist.
Da w�rs wohl gegangen, aber es kam Barthli noch was ganz anderes, wo weder Benz noch Z�seli ihm helfen konnten. Maurer und Zimmermann hatten die Arbeit in die H�nde genommen, Keiner von ihnen hatte �berfl�ssiges Geld, die Gesellen noch weniger, wollten wenn nicht Vorschu�, so doch alle acht Tage den Lohn; zudem war es ihnen nicht zu verargen, wenn sie wissen wollten, ob die Arbeit ihnen wirklich auch bezahlt werden w�rde. Sie klopften bei Barthli ganz unverd�chtig an. Am Freitag kam der Maurer und sagte: Er m�chte gerne wissen, wie es mit dem Zahlen sei, damit er sich rangieren k�nne. Morgen m�sse er seine Gesellen auszahlen, und wenn er das Geld gleich hier haben k�nnte, so brauchte er nicht welches mitzunehmen.[98] �He, bring nur Geld�, antwortete Barthli, �es d�echt mih, du solltest erst anfangen, ehe du schon wolltest zahlt sein. Ich mu� meine K�rbe auch erst verkaufen, wenn sie fertig sind, und nicht, wenn ich dranhin gegangen.� Der Maurer zog ein fl�msch Gesicht, sagte: �Es ist in allem ein Unterschied; du mit den K�rben kannst es machen, wie du willst, kannst sie behalten, wenn sie dir niemand bezahlt; aber was soll ich mit der Arbeit machen, wenn sie einmal gemacht ist an deinem H�sli, die kann ich nicht mehr brauchen. Daneben ists nicht, da� ich so use bin mit Geld und s�vli hungerig; wenn man nur immer w��te, da� es einmal k�me, so k�nnte man schon zuweilen Geduld haben.� �He, wenn du meinst, du werdest nicht bezahlt, so kannst ja machen, was du willst, du wirst nicht der einzige Maurer sein auf Gottes Erdboden�, sagte Barthli. Barthli h�tte es wahrscheinlich nicht ungern gesehen, wenn alle Arbeiter davongelaufen w�ren, denn das Bauen war ihm alle Tage widerlicher. Das Donnerwerk werde am Ende zahlt sein m�ssen, und er m�chte doch wissen, was er davon h�tte. In der alten H�tte w�re es ihm lange wohl gewesen, aber �se Herrgott habe dies ihm nicht g�nnen m�gen, r�sonierte er.
Am folgenden Morgen trat ihn der Zimmermann an mit seinem Spruch. �Was ich dir sagen wollte�, sprach er, �ich sollte neuis vo Geld ha, f�r de Gselle k�nne ufzwarte, ih bi uff. H�tt yzzieh, aber es wott nit ygah; es ist b�s mit dm Geld, es ist nie so gsi, ih glaub, es schl�f i Bode. Gell, du machst zweg, wenns F�rabe ist, s�tt ihs ha; �ppe zw�nzg Gulde oder was, oder wenn es dir gleich ist, so mach gleich hundert, ih bruche dih de am andere Samste nit z'plage.� Potz Himmelblau und T�rkenbund, wie da Barthli auffuhr, als wollte er eines Satzes in Himmel hinauf! Er frug den armen Zimmermann, ob er ein Narr sei oder sonst sturm? Er werde meinen, er k�nne mit ihm machen, was er wolle,[99] weil er nur ein arm Mannli sei, aber er sei am L�tzen, lebendig lasse er sich nicht schinden. Er solle da einziehen, wo man ihm schon lange schuldig sei, selb sei billig, und nicht da, wo er die Arbeit nicht einmal z'grechtem angefangen. Der Zimmermann schlotterte aber nicht leicht, mit Worten scho� man ihm keine L�cher in Leib; er erkl�rte rundweg, am Abend m�sse er Geld haben, und r�cke Barthli nicht aus, nehme er ab, und Barthli sehe ihn einstweilen nicht wieder. Barthli sagte ebenso kurz: �E mach, wasd witt!� und dachte dazu: Geh du nur, mir ists das Rechte, kannst lange warten, ehe ich dich hei�e wiederkommen.
Als es Feierabend wurde, suchten die Meister den Bauherrn, aber fanden ihn nicht; Z�seli und Benz wu�ten nichts um ihn, er war verschwunden. Da brach gro�er Zorn aus, worab Benz und Z�seli sehr erschraken, als sie den Grund davon vernahmen. Sie sollten erst heiraten, wenn das H�uschen bewohnbar war, und wann k�ms dazu, wenn die Meister aufpackten und mit all ihrem Werkzeug weiterzogen! Sie boten allem auf, die Meister zu beg�tigen, und Benz versprach, f�r Geld zu sorgen, wenn der Alte nicht geben wolle. Sie glaubten nicht, da� er diesen Augenblick ihnen begegnen k�nne, denn viel Geld h�tten sie nie bei ihm bemerkt aber vielleicht sei er eben um Geld aus und habe noch keines bekommen k�nnen. Wenn er keins bringe, so wolle er, Benz, f�r welches sorgen zur Not, er wisse, wo er bekomme. Endlich setzten sich die Meister, versprachen, am Montag wieder zu kommen, aber unter dem heitern Vorbehalt, da� in der n�chsten Woche Geld auf den Laden m�sse. Als es dunkelte kam Barthli heim. Die jungen Leute hatten sein mit Bangen geharrt, ja Z�seli sogar daran gedacht, er k�nnte sich ein Leid angetan haben, weil er um Geld gedr�ngt worden und keins hatte. Aber in seinem Gesichte war keine Spur von Leid, und als die Jungen ihm jammerten, zog er die Maulecken[100] zweg und sagte: �Gsch�ch n�t B�sers.� Er wett, er gs�ch se nie meh angers als am R�cken u de no vo wytem. Nat�rlich lie�en dies die Beiden nicht so kaltbl�tig hingehen, aber Barthli sagte eben kaltbl�tig: �He nu so de, su machits angers, we der cheut�, und ging schlafen.
Am folgenden Morgen hatte Hans Uli, der alte Bauer, einen strengen Tag und sagte mehr als einmal, das h�tte man davon, wenn man sich eines Menschen annehme, Plag vom T�fel. Wenn er nicht d�chte, das sei eben ds T�fels Bosheit, um den Menschen es gr�ndlich zu erleiden, etwas um Gottes willen zu tun, er h�tte l�ngst mit der Gei�el vom Leib gejagt, wer was von ihm gewollt, Rat oder Geld oder sonst H�lf. Es kam ihm n�mlich am Morgen, er hatte kaum noch Schuhe an den F��en, der Zimmermann, begehrte mit ihm auf, da� er ihn hineingesprengt und in gro�en Schaden gebracht; er werde sich jedoch an ihn halten, mit ihm habe er akkordiert. Aber so h�ttens die Donners Bauren, sie h�lfen gerne mit Worten, wo nichts kosteten, aber dSach solle ein Anderer machen, und wenn sie so einen armen Handwerker hineingesprengt, so h�tten sie des Teufels Freude dran und lachten den Buckel voll.
Kaum hatte er sich vom Zimmermann losgemacht, stieg der Maurer daher und noch viel zorniger; an einem Fu� h�tte man ihn gradaus halten k�nnen, so steif hatte ihn der Zorn gemacht. Hans Uli ward w�rmer und fertigte den Maurer etwas unglimpflicher ab. Er sagte ihm, es sei unanst�ndig, gleich die erste Woche Geld zu wollen von einem armen Mannli, einem reichen h�tten sie es kaum gemacht. �brigens sollte er wissen, da� er, Hans Uli, noch niemanden hineingesprengt, und wenn er nicht gewu�t, da� sie bezahlt w�rden, h�tte er ihnen die Arbeit nicht angetragen. Es sei aber gut f�r ein andermal, sie sollten k�nftig seinetwegen keinen Kummer mehr haben.[101]
Diese Worte kehrten den Maurer wie einen Handschuh, er lie� sich nieder wie ein Strohfeuer, sagte, es sei nicht b�se gemeint, er solle ihm die Worte nicht b�s aufnehmen; es seien so schlechte Zeiten, das Geld so rar, da� er oft nicht wisse, wo nehmen und nicht stehlen, und seine Gesellen m��ten den Lohn haben, es verm�chte keiner zu warten. Wenn die Erd�pfel gefehlt, m��te man alles kaufen, da l�ng kein Geld. Wenn doch �se Herrgott nur die Erd�pfel wieder einmal graten lie�e, es d�nke ihn, die Leute sollten ihn doch afe erbarme, bsunderbar die arme King. Hans Uli wurde es hei� ums Haupt. �Sch�n gredt w�r das�, sagte er, �aber nicht witzig. Unser Herrgott wird wissen, was er macht. Er wird einmal zeigen wollen, wer Meister ist und woher alles kommt. Das wi�t gerade ihr nicht, Meister Maurer, und bis ihr es erkennet, wird er die Not wohl stehen lassen. Gerade du bist auch einer von denen, welche Tag f�r Tag die Reichen verfluchen und Rache predigen gegen sie, als w�ren sie an allem schuld, und an unsern Gott, Sch�pfer des Himmels und der Erde, denkst du das ganze Jahr nicht. Und wenn du ihn auch ins Maul nimmst, so ists ungef�hr, als ob du einen Knittel in die Hand nehmen w�rdest; es ist nur, um deinen N�chsten zu treffen. Und weil ich doch dran bin, so will ich dich noch fragen: warum sollte sich Gott der Menschen erbarmen, da sie sich unter einander nicht erbarmen?� �Ja�, sagte der Maurer, �da habt Ihr ganz recht, das ist gerade auch meine Meinung. Da l��t man ganze Haushaltungen verrebeln und verhungern, und kein Mensch erbarmet sich ihrer, und wenn man es noch so wohl h�tte und so ring k�nnte.� �Ja, Maurer, du hast recht, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen, und wer erbarmet sich am allerwenigsten?� �He die, wo es am besten k�nnten�, sagte der Maurer. �Sag lieber die, wo am ersten sollten, Vater und Mutter. Maurer, ich will dir deine S�nden nicht vorhalten, und deine[102] Kinder werden kaum hungrig vom Tisch gegangen sein, daneben wei� ichs nicht. Wenn es aber w�re, wer w�re schuld als du? Du k�nntest ein hablicher Mann sein, aber deine Nase kostet dich zu viel, du h�ngst alles an sie. Es w�re besser, du sorgtest f�r gr�ne Pflanzpl�tze statt f�r eine blaue Nase. Und deine Frau staffiert ihr �ltest Meitschi aus, es ist eine wahre Schande, hergegen die jungen Kinder l��t sie barfu� laufen und in armen H�delen halb erfrieren. Was hast dann erst f�r Gesellen, und wie erbarmen sich die ihrer Kinder? F�r ein Gl�slein Schnaps jagten sie dieselben dem Teufel barfu� zu, und will sie wer anders zum Guten halten, so br�llt ihr, als ob man sie ans Messer stecken wollte, und achtet es einem Raube gleich, wenn man f�r ihre Seele sorgen will. So ist es, Maurer, da� es du nur wei�t, und wenn ihr wollt, da� unser Herrgott Erbarmen erzeigen soll, so m��t ihr darum tun.� �Ja, und Andere auch noch�, sagte der Maurer. �Und also soll ich Geld bekommen, auf wann kann ich rechnen, damit ich mich darnach rangieren kann?� �In der andern Woche kannst zu mir kommen, da sollst Geld kriegen im Verh�ltnis zur Arbeit, aber auf Vorschu� z�hl nit.� �Davon hab ich noch nichts gesagt; wenn ich nur schon h�tte, was ich verdient, ich w�re zfriede�, antwortete der Maurer unwirsch und fuhr ab mit Ger�usch.
Kaum war er fort, erschien Benz in gro�er Not. Sein Meister konnte mit Geld ihm nicht helfen, er hatte es in diesem Augenblick wirklich selbst nicht. Jetzt, was machen? Drauf und dran war Hans Uli, Benz klar Wasser einzuschenken und ihm zu sagen, wo Geld zur Gen�ge sei. Indessen, er hatte Stillschweigen gelobt, tr�stete ihn bestens mit der Verhei�ung, da� zu rechter Zeit Geld da sein werde, er solle sich nur nicht �ngstigen. Kaum war der fort, kam Hans Ulis Tochter aus der Kirche und sagte, Barthlis Z�seli lasse ihm dr tusig Gottswille anhalten, er solle nachmittags hinaufkommen;[103] es wisse seines Lebens nichts mehr anzufangen, es wollte am liebsten, es w�re sechs Schuh unter dem Herd. Es h�tte briegget, es h�tte einen Stein erbarmet, man h�tte die H�nde unter seinen Augen waschen k�nnen. �Wer kommt wohl noch?� sagte Hans Uli, �jetzt h�tte ich es bald satt.� Doch es kam niemand mehr, Barthli h�tete sich wohl, der F�nfte zu sein; er hatte ja auch nichts zu fragen oder zu klagen, war froh, wenn niemand des H�uschens wegen etwas zu ihm sagte.
Es war Hans Uli zwider, am Sonntag blieb er am liebsten daheim und lebte wohl an der Sabbatsruhe auf dem B�nklein vor seinem Hause. Er wu�te aber wohl, da� Barthli in seinem Eigensinn nicht zu ihm kommen w�rde, und wenn er ihn siebenmal kommen hie�e, darum machte er sich gegen Abend auf, dem �rue�igen Graben� zu. Barthli erschrak, als er Hans Uli sah. H�tte er ihn fr�h genug erblickt, er w�re nicht mehr zu finden gewesen. Als Hans Uli ihn beiseite hatte, begann er ihm den Text zu lesen und zwar scharf. Keine Manier sei es, sagte er, wenn man es gut mit ihm meine, dann zum Dank mit solchem Koldern einen zu plagen. Er h�tte ja Geld mehr als genug, warum nicht zahlen, was er schuldig sei, einmal m�sse es doch geschehen; oder ob er sich einbilde, es sei einer auf der Welt Narrs genug, es f�r ihn zu tun? Er solle machen, da� morgen Geld da sei, er solle denken, wie ungern er es habe, wenn man ihn von einer St�r unbezahlt entlasse. Barthli wand sich wie ein Aal zwischen Brummen und Flattieren, meinte, Hans Uli solle vorstrecken, er habe so ans Bauen gesetzt, ohne ihn h�tte er es nicht unternommen, er habe ihm ja gesagt, er habe viele gute Leute, darum habe er sich auch darauf verlassen, er werde ihm vorschie�en, nach und nach k�nne er es wieder abverdienen.
Hans Uli stund fast auf den Kopf ob solcher Rede. �Aber hast du mich dann angelogen, als du mir sagtest, du h�ttest[104] einen versteckten Schatz und darin mehr als genug f�r ein H�uschen?� fuhr er ihn an. �W�ger nicht�, sagte Barthli. �Aber wie soll ich aus dem K�bel Geld nehmen? Tags kann ich nicht, da st�rmt alles aus und ein, nachts kann ich nicht, da merkte es ds Meitschi; es ist nit z'mache, w�ger nit.� �Und warum soll es das Meitschi nit w�sse?� frug Hans Uli und stellte Barthli handgreiflich die Dummheit vor, den Schatz den jungen Leuten l�nger verheimlichen zu wollen. Nichts dagegen h�tte er, wenn er denselben des Weitern nicht austrommeln lie�e. Aber Barthli war wie ein beinerner Esel, tat keinen Wank. Erst stellte er sehr beredt die nachteiligen Folgen f�r die jungen Leute vor, wenn sie den Schatz entdecken w�rden. Alle Laster t�ten sie kriegen, sagte er, w�rden hoff�rtig, hochm�tig, vertunlich, Uh�ng in alle Wege. Als Hans Uli ihm daraus nichts gehen lie� und sagte: �Und dann nachher, wenn du tot bist, was dann, Es ist doch besser, du legst das Geld jetzt zNutzen an, als sie kriegen es nach deinem Tode; jetzt kannst du wehren, bist tot, kannst nichts mehr dazu sagen�, sagte Barthli: �Und h�r uf, u s�g, wasd witt, es n�tzt dih alles n�t, un ih tues nit, u vo dem Geld bruche ih n�t u nime n�t drvo! Soll ih vrgebe b�s gha ha u mih gfreut, was dManne s�ge werde, wenn si ds Geld finde, u wie dL�t dNasel�cher ufmache werde, wenns hei�t: D� alt, w�est Korber het e ganze K�bel voll Geld hinterla; wer h�tt das glaubt, wer h�tts dem agseh? Er wird nit so dumm gsi sy, als me ne drf�r aglueget het. U das alls soll n�t sy und all my Freud vrgebe! Ney, bim Donner, Hans Ueli, das muet mr nit zue, das tuen ih nit; lieber will mih no h�t henke, de cheu sis de morn f�reloche, ih bi doch de gstorbe u dSach geiht, wien ih d�icht ha.�
So was war Hans Uli wirklich nicht vorgekommen, er erschrak fast ob solchen Reden; er kannte Barthli mit seinem Eigensinn und wu�te, wie solche Leute so leicht etwas zu[105] Gem�te fassen und so schwer es nehmen, da� es sie zum �u�ersten bringt. Es war von Barthli freilich eine �rgerliche Wunderlichkeit, aber sie ber�hrte seinen Lebenszweck und war seit Jahren eingewurzelt, sein ganzes inneres Leben ging in ihr auf, da� Hans Uli dachte, da k�nnte einer sich �bel verfehlen und etwas zwingen, woraus er sich sein Lebtag ein Gewissen machen m��te. Er kapitulierte lange, lange mit Barthli hin und her, bis endlich Barthli sagte: �Es kommt mir ja nicht drauf an, sei der K�bel unter meinem Bette oder sei er in deinen H�nden; aber ich will nicht wissen, wieviel darin ist, will nichts daraus nehmen, die sch�nen St�cke, die ich dreingetan, kann ich nicht draus nehmen, und ds Meitschi und sein L�hl sollen nichts darum wissen. Es w��te kein Mensch, wie die t�ten, vor dem Vollmond w�r alles fort; die Lumpenleute w�rden noch sagen, es sei mir recht geschehen, und tapfer mich auslachen.� �Aber nun die Arbeitsleute, wer soll die zahlen?� frug Hans Uli. �Du, wer anders�, antwortete Barthli, �nimm du es draus.� �Selb ist mir zwider�, sagte Hans Uli, �und zuerst m��te gez�hlt werden, was drinnen ist.� �Gh�rst�, fuhr Barthli auf, �von dem will ich nichts wissen und nicht, was du ausgibst, und wenn ich was verdiene und beiseite machen kann, will ich es dir geben. Den Lumpenleuten kannst du es dann einmal sagen, wo der Barthli mit dem Gelde hingekommen.�
Dem Hans Uli war dieser seltsame Handel sehr zuwider, und w�re Barthli nicht der alte Schulkamerad gewesen, derselbe w�re nicht zustande gekommen. Hans Uli erbarmte sich, wurde mit Barthli endlich r�tig, derselbe solle den jungen Leuten ein paar Batzen geben und sie ins Wirtshaus schicken, dann, wenns finster sei, den Schatz in Hans Ulis Haus schaffen; derselbe solle ihn geheim halten, bis Barthli sterbe, und f�r den Fall, da� Hans Uli fr�her sterben sollte, es[106] irgendwo vernamsen, wem das Geld geh�re und was mit zu machen sei. Barthli brachte das Geld.
Aber wie es verabredet war, machte Hans Uli es nicht; durch zwei vertraute M�nner lie� er das Geld z�hlen und legte ihre Bescheinigung obendrauf. Die jungen Leute hatten sich sehr verwundert �ber Barthlis noch nie erlebte Gro�mut und h�tten das Opfer kaum angenommen, wenn Hans Uli, der dabei war, nicht gesagt, sie sollten es nehmen, wenn der Vater es geben wolle; es k�nnte vielleicht lange gehen, bis den Alten wieder so was ank�me. Es sei ein Zeichen der Zufriedenheit, und solche d�rfe man nie ausschlagen. Sie sollten ihm f�rder treu sein und von der B�rde das schwerere Ort auf ihre Achseln nehmen; sie seien jung und sollten auch st�rker sein als Siebenzigj�hrige. Sie gingen endlich, aber Z�seli war immer das Weinen zvorderst. Das sei eine �nderung vor dem Tode, es k�nne es nicht anders einsehen, sagte es. Hans Uli h�tte lange einreden k�nnen, wenn den Vater nicht etwas �bernat�rliches angekommen w�re, denn was er nicht im Kopf gehabt, das h�tte ihm kein sterblicher Mensch hineingebracht, kaum der Herrgott.
Am Montag stellten die Arbeiter sich ein mit k�hnen Gesichtern, auf denen geschrieben stand: Wart, du alter Schelm, dir wollen wir es zeigen, wenn du heute nicht ausr�ckst! Der Maurer mochte fast nicht warten bis am Abend, um zu er, fahren, wie es stehe, es versprengte ihn fast vor Ungeduld. Ehe es noch recht Abend ward, trat der Maurer den Barthli an mit der Frage: �Und jetzt, wotst f�remache oder nit? M�chts gerne wissen�. �Wer hat gesagt, da� es heute sein m�sse?� frug Barthli. �Hans Uli hat es verhei�en�, antwortete der Maurer. �He nu, wenn es der verhei�en hat, warum fragst du mich? Geh zu Hans Uli, der wird schon halten, was er versprochen.� Erst begehrte der Maurer auf, er wolle seinem Gelde nicht nachlaufen und wahrscheinlich um nichts und[107] wieder nichts. Wenn Barthli einen Narren haben wolle, so solle er sich einen eisernen machen lassen. Benz, dem es nat�rlich himmelangst war, beschwichtigte, so gut er konnte, und am wirksamsten mit dem Bescheid, da� Hans Uli gestern dagewesen und sicher eine Abrede werde getroffen worden sein. Der Vater k�nne nicht rechnen, kenne keine Zahl und das Geld �bel, so werde Hans Uli die Zahlungen �bernommen haben. �Kann sein�, meinte der Maurer, �aber warum sagte der alte Schalk es nicht? Wenn er es so machen will, so soll es dem eingetrieben werden.� � Und warum wollt ihr mich plagen�, sagte Barthli, �nicht acht Tage arbeiten ohne Bezahlung? Probierit mit Ytrybe, es wird sih de scho zeige, wer zletzt Meister wird.� Wir glauben, Barthli mit seiner z�hen Schlauheit w�re Meister geworden, war aber nicht n�tig. Als die Arbeiter Geld sahen und wu�ten, da� Hans Uli sein. Hand in der Sache habe, lie�en sie die Flausen fahren und f�rderten die Arbeit so, da� das H�uschen unerwartet schnell zu beziehen war.
Nun lie�en die jungen Leute verk�nden, meinten endlich gl�cklich am Ziel zu sein, da kam ein Neues dazwischen, eine neue Verlegenheit, an die sie nicht gedacht; es sollte bei ihnen sich so recht erwahren �Per ardua ad astra�, das hei�t: durch Dick und D�nn zum Himmel. Es ist Sitte, da� man zum Hochzeithalten sich neue Kleider machen l��t. Es herrscht der Glaube, da� sowie die Hochzeitkleider, namentlich die Hochzeitschuhe, brechen, auch die Liebe auseinander gehe. Bekanntlich halten nun in der Regel neue Kleider l�nger als alte, ja Viele h�ngen den ganzen Anzug in den Spycher, tragen denselben selten oder nie mehr und glauben, auf diese Weise f�r eine ewig junge Liebe vollst�ndig gesorgt zu haben. W�re allerdings ein ring Mittel und sehr zu empfehlen, wenn es probat erfunden w�rde als Universalmittel zur Erhaltung ewig junger Liebe. Es fiel den jungen Leuten[108] ein, da� sie solche Kleider haben m��ten notwendig, besonders Z�seli, aber woher das Geld dazu nehmen, ohne es zu stehlen? Benz hatte das seine fast ganz in Barthlis Nutzen verbraucht, Z�seli nie welches gehabt, und zwei ganze Bkleidige, sie mochten so wohlfeil rechnen, wie sie wollten, kosteten immer schon eine Summe. Sie h�tten wahrscheinlich es machen k�nnen wie Andere, auf Borg nehmen, aber sie sch�mten sich dessen und wu�ten, da� man auf diese Weise alles teurer bezahlen mu�. Da sie nun an eine Zukunft dachten, so graute es ihnen vor Schulden und unn�tigen Ausgaben. Als Barthli einmal guter Laune schien, chl�tterlete ihm Z�seli sehr, h�tte ihm fast vorgetanzt wie dem Herodes seines Weibes Tochter, und als er eben recht erm�rbet schien, r�ckte Z�seli aus mit seinem Anliegen. Aber potz Himmelblau, wie gabs da pl�tzlich schwarze Wolken und wie blitzte und donnerte es aus denselben schrecklich! Was ihn das angehe, begehrte er auf, er wolle es ja nicht heiraten, wer es haben wolle, der solle ihm auch f�r die Kleider sorgen er sei mit einem Tochtermann gestraft genug, er w��te nicht aus wes Grund er jetzt noch mit solchen Kosten solle geplagt werden, kurz er machte es ungef�hr so wie mit den Arbeitern hatte es mit der Tochter wie mit dem H�sli, am liebsten w�re es ihm gewesen, wenn es beim Alten geblieben w�re. Z�seli wollte ihm vorstellen, wie Benz bereits so viel Geld in Barthlis Nutzen verwendet, so manche Ma� Br�nz oder Wein und anderes mehr angeschafft usw. �Wer hat ihn ghei�en?� br�llte Barthli; �wer ihn ghei�en hat, der soll es ihm wieder geben. Wenn eins von euch einen guten Bluts, tropfen h�tte, ihr k�met mir nicht mit solchem Anmuten jetzt, wo ich solche Kosten habe, worab ich fast zhinterf�r grate.� Wie das Z�seli weh tat, besonders wegen Benz, und wie es sich vor ihm sch�mte, kann man denken. Es dachte oft, am Ende k�nne es ja auch in seinen alten Kleidern gehen,[109] es werde doch an denen allein die Liebe nicht h�ngen. Wenn es sein M�glichstes tue mit Arbeiten, Huse, Liebha und Benz die H�nde unter die F��e lege, so k�nne es doch fast nicht glauben, da� es gestraft werden sollte f�r eine Sache, deren es sich so gar nichts verm�ge.
Einmal, als es alleine vor dem H�uschen sa�, Erd�pfel r�stete und dazu bitterlich weinte, kam Hans Uli dazu und wollte wissen, was es habe. Nach vielen Ausfl�chten beichtete endlich Z�seli. Erst wurde Hans Uli zornig, dann lachte er und sagte: �Dr Alt ist doch immer der Gleiche, den k�nnte man in einem M�rser zersto�en von unten bis oben, er bliebe der Barthli und w�rde um kein Haar anders. Aber tr�ste dich, du mu�t Kleider haben und Benz auch; der Alte mu� zahlen, er mag wollen oder nicht, ich verrechne ihm dieses in die Baukosten.� �Das nit, Hans Ueli, ume das nit! Ich betrog den Vater mein Lebtag nie um einen Kreuzer, obschon ich es oft n�tig gehabt wegen Hunger und Durst, jetzt will ich nicht anfangen und bsunderbar nicht mit den Hochzeitkleidern; was h�lfen neue Kleider, wenn sie mit veruntreutem Gelde angeschafft w�ren, ich m��te mich ja drinnen sch�men, ich d�rfte nicht vor aufluegen�, antwortete Z�seli. �Du bist ein wunderlich Ding�, sagte Hans Uli, �und wenn du alt wirst, wirst einen Kopf haben akkurat wie dein Alter, vielleicht nit so e w�este, aber uf das Allerwenigst ebeson e wunderliche.�
Gl�cklicherweise kam Barthli zuf�llig zu diesem Handel. Hans Uli wusch ihm tapfer die Kutteln, sagte ihm, er sei der w�stest Alt gegen seine Kinder im ganzen Emmental, und wenn sie nit warten m�chten, bis er aufh�ren m�sse, sie anzugr�nnen und auszubranzen, so gesch�he es ihm recht, denn er w�re selbst schuld daran. Mit diesen und �hnlichen kr�ftigen Redensarten brachte er es endlich dahin, da� Barthli sagte, des T�fels Zw�ngs h�tte er bald genug. Das werde[110] sch�n herauskommen, wenn jedes Bettelmensch in Seide und Sammet zChilche well. Er solle machen, was er wolle, es gehe zum andern; er w�re alt genug, um in solchen Sachen Verstand zu brauchen. Daneben sei es ihm ganz gleich, am Ende m��ten sie denn doch sehen, wer zahle. Schulden seien baldge macht, aber wiedergeben, das habe eine Nase, sie w�rden es erfahren. Er machte Z�seli bitterlich angst, es wollte verzichten auf neue Kleider; aber Hans Uli tr�stete und sagte, hoff�rtig habe er die Leute nicht gerne, aber wer bei solchen Anl�ssen nicht tue wie �blich und br�uchlich, werde sp�ter reuig oder ein Kolder, der sein Lebtag tromsigs drin sei. �Das ist grober Tubak� sagte Barthli. �Kannst mit machen, was du willst� lachte Hans Uli, �ihn liegen lassen oder schnupfen, es st��t dir ihn niemand in die Nase.�
Z�seli war ein recht sch�nes Br�utchen und hatte wirklich kindliche Freude an sich selbsten, die recht r�hrend war. Es hatte sich selbst noch nie in einem ordentlichen Anzuge, wo alles zu einander pa�te, gesehen. Wenn es schon zuweilen zu was Neuem kam, so machte das Neue das �brige nur �lter und sch�biger. Es ward gar nicht satt, an den neuen Schuhen, den neuen Str�mpfen und an einem St�ck nach dem andern sich zu erg�tzen, gerade wie ein Kind bei der Weihnachtsbescherung. Dasselbe l�uft ums B�umchen, an welchem die sch�nen Sachen h�ngen, herum von einem St�ck zum andern, hat bei jedem neue Freude und jedesmal noch gr��ere als die fr�hern Male.
Es war aber nicht blo� an einem Tage gl�cklich, wie es leider Gott so manchem armen Br�utchen geschieht, sondern alle Tage gl�cklicher. Z�seli war, seit die Mutter gestorben, an freundliche Worte gar nicht gewohnt; wenn es das ganze Jahr durch drei oder vier der Art vom Vater erhielt, so war es aller Handel. Nun, Benz war auch kein Zuckerstengel, indessen kriegte Z�seli doch alle Tage einige gute von ihm,[111] und die andern waren doch wenigstens nicht b�se und schnauzig.
Zudem ging ihm eine sch�ne Zukunft auf. Benz tat zum Korben geschickt, gab schon im ersten Winter dem Alten wenig nach. Hans Uli fragte Barthli einmal: �Und jetzt, wie gehts mit dem Tochtermann, wei�t ihn jetzt zu was zu brauchen?� �He�, sagte Barthli, �es gieng; z'arbeite ist er e Guete, und wenn er ds Korbe glehrt h�tt und nit dr Tochtermann w�r, es h�tt mr ch�nne �bel gah, er ma mih bald mit dr Arbeit, und es r�ckt ihm us dr Hand, wie wenn er scho lang drby gsi w�r. Aber zum Tisch, da ist er e Uchumlige, e Uhung, da� ihs graduse s�ge; d� fri�t dr nit wie es arms Mannli, sondere wie e ryche Bur, wo zehn K�h im Stall hat.� �O s�g du, Barthli�, sagte Hans Uli lachend, �u de du? Du hast oft an meinem Tische gegessen, und wenn einer mehr mochte, ich oder du, so warst du es.� �O ja, da will ich nichts sagen, so z'ungradem oder auf der St�r�, erwiderte Barthli ruhig; �aber ich meine nicht das, ich meine z'ordin�ri daheim, einen Tag was den andern. Das ist ganz was anderes, das gsp�rt me, du glaubsts nit.� �Wohl, das glaub ich�, sagte Hans Uli, �habs auch schon erfahren. Oder meinst, e Bur gsp�rs nit o, wenn ihm einer fri�t wie angerhalbe Metzgerhung?� �Er wird wohl�, antwortete Barthli, �aber was frag ich dem nach! Er wird drf�r dasy, oder wof�r w�r er sust da?� �So, du bist mr e Lustige�, sagte Hans Uli. �Meinst du dann, wir seien hagenbuchig gf�ttert? Wenn drnah �pper gh�rti, wied redst, du bek�mst kei einzigi St�r meh.� �Was frag ich den St�ren nach�, sagte Barthli, �wenn ih ume dWydli ha; ich komme viel weiter, wenn ich sie brauchen kann, wie ich will, als wenn ich sie den Bauren verkorben mu� und dabei kaum das lautere Wasser verdiene.� �Aber meinst, man lasse dir die Wydli, da steckt man dir den Nagel�, sagte Hans Uli. �Oh�, sagte Barthli, �selb tut man[112] nicht. Die Bauren begehren nicht, da� ich einmal wiederkomme und in ihren Matten den Weiden nach gehe, und das t�te ich, m��t ja nachholen, was sie mich vers�umt; sie begehren nicht, da� ich zusehe, wie sie einander das Wasser stehlen, oder in tr�ben N�chten den alten Bauren, welche auch wiederkommen m�ssen, erz�hle, was f�r Uh�ng es us ihre Buebe g� heig.�
Barthlis Mundst�ck blieb das n�mliche, aber seine Kr�fte nahmen sichtlich ab; die Erlebnisse im Sommer hatten sein ganzes Eingericht ersch�ttert und aus dem Gleichgewicht gebracht. Er klagte es nicht, er h�stelte nur etwas mehr als sonst und wurde nie b�ser, als wenn Z�seli ihm zumutete, er solle doch was brauchen, Tee oder Doktorzeug. Er strengte sich dann nur mehr an zur Arbeit und verbarg seine Schw�che um so sorgf�ltiger. Einmal brachte ihm Z�seli eine Halbe roten Wein, da begehrte er �ber die Verschwendung grimmiglich auf; so aufgebracht hatte ihn Z�seli kaum je gesehen, es fehlte nicht viel, er h�tte ihm die Flasche ins Gesicht geschlagen. Solange das alte H�uschen gestanden, sei kein Wein darein gekommen; jetzt, sobald ein neues habe sein m�ssen, habe der Teufel seine Eier drein gelegt, und jetzt k�nne er schon sehen, wie es gehen werde, wenn er einmal die Augen zu habe. Aber er t�te es ihnen nicht zu Gefallen, Platz z'machen; er wolle eine Weile ihnen zeigen, wo durch es gehen m�sse.
Solche Reden sind aber vermessen und stehen dem Menschen nicht zu, es ist ein Anderer Meister. Am folgenden Morgen war Barthli tot im Bette; aber umgedreht war ihm der Hals nicht, er schien eines ganz friedlichen Todes gestorben zu sein. Z�seli ging dieser Tod nahe zu Herzen; da� Benz trauriger gewesen als andere Tochterm�nner, die einen wunderlichen Schwiegervater verloren, k�nnen wir nicht behaupten. Aber in gro�er Angst und Verlegenheit waren[113] Beide, wo Geld nehmen und was mit den Schulden anfangen, welche dasein mu�ten. Begreiflich ging Benz alsbald zu Hans Uli, um Rat und Trost zu fassen. �Geh zum Pfarrer und gib ihn an, und mit der Gr�bt machts wohlfeil, allweg blo� eine K�sgr�bt im Hause, keine Fleischgr�bt im Wirtshaus! Ich werde noch manchmal Langeweile nach ihm haben, daneben ists ein Gl�ck f�r euch und ihn, da� er nicht lange krank sein mu�te, das h�tte eine schwere Not gegeben�, sagte Hans Uli. Benz frug noch, wo er wohl Wein und K�s nehmen sollte, da� sie es am wohlfeilsten machten; er w��te ohnehin fast nicht, wie zahlen, sie h�tten kaum zehn Batzen Geld im Hause. Mit der Zeit k�nnten sie es schon bezahlen, wenn ihnen nur jetzt jemand dings geben wollte. �Warum nicht! Sag nur, man h�tte euch diesen Morgen alles versiegelt, und geh gleich zu einem Gerichtss�� und la� wirklich versiegeln, da darf es dir kaum jemand absagen; ohnehin t�t es kaum jemand, man ist mit euch zufrieden, und bei solchen Gelegenheiten erf�hrt man es, was der Name macht.�
Als nun Benz von Weiterm noch reden wollte, sagte Hans Uli: �Geh jetzt, mach, wie ich gesagt! Am Begr�bnistag am Abend komm dann mit Z�seli, so will ich euch �ber dSach brichte. F�rchtet euch einstweilen nicht, so b�s ist dSach nicht.� Das war ein Trost, aber vollst�ndige Beruhigung brachte er doch nicht. Da� sie blangeten auf den verh�ngnisvollen Abend, wird man begreifen. Die Nachbaren zeigten sich recht gut gegen das junge Ehepaar, sie boten sich an zum Wachen bei der Leiche, zu laufen f�r sie, wenn sie was zu verrichten h�tten, und wenn sie irgend was n�tig h�tten, sollten sie es sagen ohne Komplimente. Ihrer Lebenlang h�tten sie nicht geglaubt, da� die Leute es so gut mit ihnen meinten, sagten Benz und Z�seli. Sie hatten die Menschen noch nicht gr�ndlich erfahren. Es ist keine Frage, die Menschen sind[114] gutm�tig, doch nicht gerne lange hinter einander; sie sind mitleidig, aber jemand, mit dem sie in die L�nge zu tun haben sollten, wird ihnen sehr leicht l�stig. Nun, so vom Tode bis zum Begr�bnis und bei den Bessern einige Tage dar�ber, da geht es schon. Es kamen noch viele Leute mit Barthli zu Grabe, und an der K�sgr�bt f�hrten sich alle bescheiden auf; allgemein war die Rede, die jungen Eheleute h�tten einen b�sen Anfang und m��ten zur Sache sehen, wenn sie gfahren wollten.
Den Nachmittag f�llten sie mit Waschen und Fegen, und am Abend machten sie mit schwerem Herzen zu Hans Uli sich auf. Dort mu�ten sie erst essen und trinken, ehe Hans Uli an die Gesch�fte wollte. Es kam ihnen vor, als seien sie am Henkerm�hli, und erst als der Alte sah, da� nichts mehr runter wollte, f�hrte er sie ins St�bli. Dort lagen Papiere auf dem Tische, und in der Mitte war ein alter, w�ster K�bel und was drinnen. Z�seli mochte gar nicht hinsehen, was es sei, aber es dachte, sellig Sache putze man sonst fort, ehe man fremde Leute in ein Gemach f�hre. Die Papiere enthielten Rechnungen und Quittungen �ber den Bau. �Herr Jeses, wie viel�, seufzte Z�seli aus gepre�tem Herzen, �das wird e Usumm mache!� �Ho�, sagte der Alte, �es macht sich; man hausete, so viel man konnte, man h�tte leicht ds Halb mehr brauchen k�nnen, und fertig seid ihr noch nicht. Wenn ihr machen lassen wollt, was n�tig ist, so kostet es noch einen B�schel Geld, und ich wollte es fertig machen. Es ist nichts w�ster anzusehen und nachteiliger als so unausgemachte H�user. L��t man sie einmal liegen, so bleiben sie liegen; solche H�user werden nie mehr ausgemacht, aber z'pl�tzen hat man an ihnen fort und fort, solange sie stehen.�
�Aber wieviel w�rden wir dann schuldig, das wir verzinsen m��ten?� fragte Benz mit beklommener Stimme. �Der Vater selig mu�te nichts verzinsen und konnte es kaum[115] machen.� �He�, sagte Hans Uli, �rechnet selbst; es werden ungef�hr dreihundert Taler ausgegeben sein, und mit hundert Talern l��t sich noch viel machen, w�ren also zusammen vierhundert Taler. Es kostet mehr, als ich anfangs dachte; aber ich dachte, es sei besser, dSach gleich recht zu machen.� �Wieviel macht das Zins?� frug Z�seli halblaut. �He, sechzehn Taler machts, wenn man das Geld schuldig ist.� � Sechzehn Taler im Jahr!� seufzte Z�seli. �Es ist schon ein Geld, wer es zahlen mu߫, sagte Hans Uli, �aber ihr m��t es nicht zahlen, ihr seid mir das Geld nicht schuldig, es war Barthlis Geld.� Da stunden Beide und hielten das Maul offen. �Ds Vaters?� fragte endlich Z�seli. �Ja, ds Vaters�, sagte Hans Uli, �und seht, da ist noch mehr�, und somit schob er ihnen den w�sten K�bel dar, nahm das Papier weg, welches drin lag, und fast halb voll grober Silberst�cke war er. Da verschmeieten Beide fast, und Z�seli sah den Alten an mit einem Blicke, als ob es sagen wollte: Warum h�ltst du uns zum Besten? �Sieh mich nur an, Fraueli! Ja, es war eueres Vaters Geld, jetzt ists euer Geld.� Und nun erz�hlte ihnen Hans Uli den Hergang, gab ihnen das Papier zur Hand, auf welchem von den M�nnern verzeichnet stand, wieviel sie im K�bel vorgefunden, woraus sich ergab, da� der bessere Teil noch vorhanden war.
Sie stunden da, da� es wohl kein gro�er Unterschied war zwischen ihren Gesichtern und dem Gesicht, welches Lots Weib machte und das man noch in der Kirche zu Doberan, freilich etwas verblichen, sehen kann, als es hinter sich sah und die brennenden St�dte ihm in die Augen fielen; indessen, der Ausgang war anders. Z�selis Gesicht versteinerte nicht, kriegte zuerst Leben, und Wasserb�che str�mten aus seinen Augen, da� der Vater so b�s gehabt und so viel Geld, da� er sich nichts geg�nnt und nur f�r sie gehauset, da� sie es nicht gewu�t und nichts f�r ihn getan, nicht den Doktor[116] geholt oder ihm wenigstens doch eine Laxierig oder andern Zeug gegeben h�tten. �Nun�, sagte endlich Hans Uli, �es freut mich, da� du daran sinnest und zerst pl�rest und nicht jauchzest. Daneben h�re jetzt mit Pl�ren auf und plage dich nicht zu fast mit dem Kummer, er habe seine Sache nicht gehabt. Er wollte es so, und das war seine Freude, und wie das Sprichwort sagt, es habe jeder Narr Freude an seiner Kappe, so ists meine Meinung, da� man ihm diese Freude nicht st�re, das ist sein Wohlleben, und wenn er euch jetzt gesehen und euere Gesichter, so h�tte es ihn gel�chert wie sein Lebtag noch nie. Diese Freude wollen wir ihm wohl g�nnen, aber nicht mehr, andere Leute brauchen nicht zu verstaunen �ber Barthlis Schatz. Wenn es auf mich abk�me, ich lie�e davon nichts unter die Leute. Daneben macht, was ihr wollt. Dir, Fraueli, w�r das ein schwer Zumuten.�
Benz sagte, er danke f�r den Rat, er sei ganz der Meinung; die Leute w�ren jetzt so gut, wenn sie vern�hmen, wie reich sie geworden, w�rden sie mi�g�nstig. Das Best werde sein, da� sie Land kauften, da� sie eine Kuh halten k�nnten. Da lachte der Alte herzlich, sagte endlich: �H�bs nit f�r unguet, aber das w�re gerade das D�mmst. Meinst nit, es n�hme die Leute wunder, woher du das Geld h�ttest, wenn du dich pl�tzlich so auflie�est? Doch dHauptsach ist die: du willst ein Korber werden, und das ist recht, du siehst, es hat seinen silbernen Boden. Aber was ihr verdient, was die Haushaltung kostet, �berhaupt wie das Haushalten geht, das wi�t ihr nicht. Jetzt h�rschet nicht alles durch einander, meinet, es m�ge sich alles ergeben, alles erleiden, auf welche Weise die meisten Weiberg�tlein dahingehen, man wei� nicht wie, und wo man obendrein noch Trom und Boden verliert. Ds H�sli la�t ausbauen, dann h�selet fort, ungef�hr so wie bisher. So erfahret ihr genau, was ihr verdient und was ihr braucht, ob ihr �brig habt oder zwenig, und ds Vaters Geld[117] la�t einstweilen ruhig, als ob es gar nicht da w�re. L��t Gott euch gesund, so werdet ihr ohne Zweifel mehr verdienen als brauchen; daraus k�nnt ihr euch nach und nach Sachen anschaffen, und deren braucht ihr viel, denn ihr habt von allen Sachen nichts, in mancher Bettlerhaushaltung hat man mehr. Unterdessen la�t das Geld arbeiten, man findet ihm schon Platz, da� es hier herum nicht bekannt wird. Seid ihr dann durch euere Arbeit gut in Stand gekommen, im Handwerk br�ehmt und bliebt, dann ist noch alle Zeit, Land und Kuh zu kaufen, wenn es sich wohl schickt und ihr noch Lust dazu habt. Dann freut es die Leute noch, sie halten euch viel darauf und sagen: Husligere Leute gebe es nicht, aber es sei ihnen z'g�nnen, sie arbeiteten darnach, zUnnutz sehe man sie keinen Kreuzer vertun, wenn alle so w�ren, es g�be weniger Arme und es ginge besser auf der Welt.� Wie die jungen Leute dem Alten dankten, kann jeder sich denken. Er war selbst �ber die Innigkeit ger�hrt und lie� sich erbitten, ihnen den Schatz ferner zu verwalten.
Stumm gingen sie lange neben einander auf dem Heimweg. Endlich sagte Z�seli, es m�chte abhocken und beten. Als sie wieder aufstunden, fiel Z�seli dem Benz um den Hals und sagte: �O Benz, wie sy mr jetz zweg so ungsinnet! Aber g�ll, hochm�etig und gyzig wey mr nie werde, zum Kr�zer luege und i dr Liebi blybe und nie vrgesse, f�r e Vater z'bete alli Tag, und nie vrgesse, woher alles chunt und wem mr alles z'vrdanke hey?� Benz dr�ckte sein Weibchen ans Herz, und stumm Hand in Hand wanderten sie ihrem H�uschen zu und werden darin, so Gott will, den Frieden auf Erden finden und dabei sorgen f�r den Frieden im Himmel.[118]
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Barthli der Korber
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