Big Little Lies 2x01

Dieses Review bespricht die Episoden 1 bis 3 der 2. Staffel von „Big Little Lies". Spoiler sind nicht auszuschließen...

Ohne den geringsten Zweifel kann keine andere Serie derzeit einen hochkarätigeren Cast vorweisen als das ursprünglich als Miniserie gestartete Prestigedrama Big Little Lies. Stars wie Reese Witherspoon, Nicole Kidman, Laura Dern, Shailene Woodley und Zoe Kravitz traten darin im Frühjahr 2017 als überraschend leidgeprüfte Mütter inmitten des kalifornischen Küstenstädtchens Monterey auf. Fünf schwerreiche Schauspielerinnen mimten also fünf etwas weniger wohlhabende Frauen aus dem ganz normalen Leben, die am Ende der siebenteiligen Auftaktstaffel eine alles andere als alltägliche Tat begingen...

Die gleichnamige Buchvorlage zur tragikomischen Hochglanz-Seifenoper, geschrieben von Liane Moriarty, war nach dem großen Knall im Finale streng genommen auserzählt. Und auch Regisseur Jean-Marc Vallée, der für die makellose Optik der HBO-Produktion verantwortlich zeichnete, war offenbar fertig mit der Geschichte, sodass er weiterzog, um folglich den ebenfalls sehr sehenswerten Amy-Adams-Krimi Sharp Objects zu inszenieren.

Doch, nachdem Big Little Lies so gut wie jeden Preis abgeräumt hatte, fiel es den Produzenten verständlicherweise schwer, sich von dem Format zu trennen. Stattdessen ließ man David E. Kelley, der das Drehbuch schrieb, einfach improvisieren, um die Story fortzusetzen. Als neue Visionärin kam zudem Andrea Arnold ins Spiel. Der größte Coup liegt aber sicherlich in der sensationellen Verpflichtung der dreifachen Oscarpreisträgerin Meryl Streep, die mit ihrer einmaligen Darbietung quasi im Alleingang die nie geplante zweite Staffel, die am Pfingstwochenende endlich an den Start ging, rechtfertigt.

Nichts ist stärker als die Liebe einer Mutter

Streep spielt bekanntlich die Figur der Mary Louise Wright, ihres Zeichens Mutter des verstorbenen Perry Wright (Alexander Skarsgard). Über die düsteren Umstände des Todes ihres über alles geliebten Sohnes weiß die alte Dame zunächst nichts. Sie kommt nach Monterey, um ihrer verwitweten Schwiegertochter Celeste (Kidman) zur Seite zu stehen und Zeit mit ihren beiden Enkeln zu verbringen. Doch auch ihr fällt rasch auf, dass Celeste nicht nur Liebe für Perry empfand...

Wir erinnern uns: Celeste und ihre vier Freundinnen Madeline (Witherspoon), Renata (Dern), Jane (Woodley) und Bonnie (Kravitz) teilen sich die Schuld am Ableben ihres Gatten. Celeste und Jane hatten besonders gute Gründe, dem gewalttätigen Familienvater den Tod zu wünschen, immerhin vergewaltigte er sie beide. Und dennoch war es am Ende ein Unfall, der Perry das Leben kostete. Nach dieser schicksalhaften Nacht schworen sich die Frauen, das gemeinsame Geheimnis für sich zu bewahren. Mittlerweile munkeln ihre Nachbarn aber bereits, ob Celeste und Co wirklich nur Zeugen und nicht vielleicht doch Täter waren. Man spricht sogar schon von den sogenannten „Monterey Five“.

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Neuling Mary Louise ist unseren Protagonistinnen in den ersten drei Folgen - die da heißen: What Have They Done? (2x1), Tell Tale Hearts (2x2) und The End of the World (2x3) - am dichtesten auf den Fersen. Der Charakter gehört zur Kategorie der sozialen Regelbrecher, die sich nicht im Geringsten für Gepflogenheiten interessieren und immer sagen, was sie denken. Vor allem die stolze Madeline wird schnell zum Opfer ihrer fiesen Sprüche. In einer herrlich absurden Unterhaltung verklickert Streeps Alter Ego dem von Witherspoon, dass kleine Menschen wie sie einfach nicht vertrauenswürdig seien - und das wusste selbstverständlich schon der Sänger Randy Newman, der seine Theorie im Skandalsong „Short People" vertonte.

Streep hat sichtlich Spaß daran, ihr Weirdness-Level aufs absolute Maximum zu schrauben, sodass sogar unser Lieblingswunderling Bran Stark (Isaac Hempstead-Wright) aus Game of Thrones) verblassen würde. Es ist natürlich kein großes Wunder, dass die vielleicht beste Schauspielerin unserer Zeit selbst einem so herausragenden Ensemble wie dem von Big Little Lies noch einmal etwas hinzuzufügen vermag, doch erfreulich ist es trotzdem. Ihre Szenen sind durch die Bank weg die besten und erfrischendsten der neuen Staffel, obwohl ihre Gespräche mit Jane, die ungewollt zur Mutter von Mary Louises drittem Enkel Ziggy (Iain Armitage) wurde, beim bloßen Zuschauen fast schon physisch wehtun.

Die (sich oft überschneidenden) Storylines rund um Celeste und Jane - also in Kombination mit Mary Louise - sind fraglos die profundesten der neuen Staffel, was für eine Dramaserie wie Big Little Lies, die sich oft auch um eher triviale Probleme einer ansonsten mit sehr Glück gesegneten Gesellschaftsschicht dreht, durchaus wichtig ist. Zum Vergleich: Madelines drohende Scheidung vom armen, armen Ed (Adam Scott) nach ihrer Affäre erscheint deutlich uninteressanter und fast schon als nervige Zeitverschwendung. Gleiches gilt für Renatas finanziellen Absturz aufgrund der zwielichtigen Geschäfte ihres Mannes. Auf die Spitze getrieben wird das unsympathische Verhalten der beiden Mütter, als sie gegen die Schule ihrer Kinder ins Feld ziehen, weil diese das Thema Klimawandel auf die Agenda gesetzt hat („Fridays for Future“ ist nun eben überall).

Deutlich leichter lässt sich Empathie für Bonnie aufbringen, die natürlich ebenfalls zum Club der echten beziehungsweise mit gutem Grund Leidenden gehört. Zwar tragen alle fünf Frauen eine Mitschuld am Tod von Perry, doch sie war es, die ihn letztendlich die Treppe hinunterschubste. Und obwohl viele meinen würden, dass Perry bekommen hat, was er verdient, macht sich die unfreiwillige Mörderin große Vorwürfe. Insgesamt versucht Big Little Lies, die Psyche der Figuren möglichst komplex darzustellen. So sehen wir beispielsweise, dass Celeste noch immer etwas Liebe für Perry empfindet.

Fazit

Big Little Lies bleibt auch in der zweiten Staffel eine der sehenswertesten Serien Amerikas. Die ansprechende Optik, die auch unter der neuen Regisseurin Andrea Arnold keineswegs an Glanz verliert, sowie der starbestückte Cast, der spätestens durch den Neuzugang von Meryl Streep als vermutlich bester aller Zeiten zementiert sein dürfte, täuschen wie schon damals erfolgreich darüber hinweg, dass die eigentlichen Geschichten doch ziemlich melodramatisch sind. Schämen muss sich HBO für diese Produktion natürlich trotzdem nicht - ganz im Gegenteil sogar! Als letzte kleine Randnotiz freue ich mich außerdem, festhalten zu können, dass auch der Soundtrack wieder allererste Spitzenklasse ist.