Potentiometrie
Die Potentiometrie ist ein elektroanalytisches Verfahren der quantitativen Analyse unter Vermeidung eines Stromflusses und nutzt die Konzentrationsabhängigkeit der Leerlaufspannung (historisch: elektromotorische Kraft, EMK).
Bei der potentiometrischen Titration (Maßanalyse mit potentiometrischer Indikation) taucht eine Indikatorelektrode (z. B. pH-Elektrode, Redoxelektrode) in eine Analysenlösung, und die Potentialänderung wird in Abhängigkeit vom zugegebenen Volumen einer Reagenzlösung verfolgt. Am Äquivalenzpunkt ändern sich die Konzentration und damit die Leerlaufspannung und das Potential kräftig.
Mit der Potentiometrie lassen sich Säure-, Base-, Redox-, Fällungs-, Komplexbildungs-Titrationen durchführen sowie Dissoziationskonstanten und Löslichkeitsprodukte ermitteln. Gefärbte, getrübte Lösungen können potentiometrisch titriert werden. Mit pH-Elektroden können Säure-, Basetitrationen auch in stark verdünnten Lösungen (10−4 mol Säure/Base) vorgenommen werden.
Die Potentiometrie wurde 1893 von Robert Behrend eingeführt.
Verfahren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Potentiometrische Indikatorelektroden wie Glaselektroden zur pH-Messung und Redoxelektroden sind heutzutage leicht verfügbar. Mit diesen Elektroden kann sofort der pH-Wert oder das Redoxpotential abgelesen werden.
Außer diesen beiden Elektroden gibt es noch solche, die auf die Aktivität einer Ionensorte ansprechen, die ionenselektiven Elektroden. Beispielsweise lassen sich mit der Silber/Silbersulfid-Elektrode Halogenid-, Sulfid-, Cyanid-, Thiocyanat- oder Chromat-Ionen durch Titration mit einer eingestellten Silbernitratlösung bestimmen.
Mit Flüssig-Membran-Elektroden lassen sich Ionenkonzentrationen von Kalium, Magnesium, Calcium oder Nitrat bestimmen.
Auch für komplexometrische Titrationen lassen sich ionenselektive Elektroden einsetzen. Als Titrant dient dabei überwiegend Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA).
Man verwendet die Potentiometrie in zwei Verfahren:
- Das Indikationsverfahren stellt eine spezielle Form der Titration dar. Dazu wird die Änderung der elektromotorischen Kraft während einer Titration aufgenommen und anschließend der Äquivalenzpunkt bestimmt.
Dieses Verfahren wird angewendet, wenn eine normale Titration nicht durchgeführt werden kann, weil kein geeigneter Indikator vorhanden oder die Lösung so trübe oder farbig ist, dass der Umschlagspunkt nicht erkannt werden kann. - Das Bestimmungsverfahren beruht auf einer Konzentrationsbestimmung durch Messen des zugehörigen elektrochemischen Potentials; die Auswertung erfolgt anhand einer mit dem gleichen Messaufbau erstellten Kalibrationsgeraden.
Versuchsaufbau
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Früher wurde zunächst eine galvanische Zelle aus zwei Elektroden, der Mess- und der Bezugselektrode, sowie der Probelösung als Elektrolyt aufgebaut. Die Differenz aus den elektrochemischen Potentialen der beiden Elektroden ergibt die Leerlaufspannung (EMK), die über ein Spannungsmessgerät bestimmbar ist:
Von der Bezugselektrode ist das Potential sehr genau bekannt und konstant. Im Allgemeinen wird dazu eine Elektrode 2. Art verwendet. In der Praxis sind dies meist eine Kalomel-Elektrode oder eine Silber-Silberchlorid-Elektrode.
Die Wahl der Messelektrode hängt stark von der Titrationsart ab. Man verwendet für die
- Redox-Titration eine Platin-Elektrode
- komplexometrische Bestimmung eine ionensensitive Elektrode oder eine abgewandelte Silber-Elektrode
- Säure-Base-Titration eine Glaselektrode
- Argentometrie eine Silberelektrode.
Die Messelektrode taucht in die Probelösung ein und muss auf das zu bestimmende Ion ansprechen, d. h. das Potential dieser Elektrode muss abhängen von der Konzentration des zu bestimmenden Ions. Diese Abhängigkeit wird durch die Nernst-Gleichung beschrieben.
Beim Versuch ist darauf zu achten, dass die Messung stromlos erfolgt, da sich sonst durch Elektrolyse die Potentiale verfälschen würden. Man verwendete daher zur Messung eine Spannungs-Kompensationsschaltung.
Auswertung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Auswertung erfolgt mittels Bestimmung des Äquivalenzpunktes. Am besten erkennt man ihn, wenn man die erste Ableitung der Titrationskurve im Diagramm darstellt: das Maximum gibt den Äquivalenzpunkt an.
Für die Titrationskurve trägt man auf:
- auf der x-Achse das Volumen der titrierten Lösung in ml
- auf der y-Achse das gemessene Potential in mV.
Will man einen bestimmten Gehalt berechnen, so sind zwei Formeln anzuwenden:
- mit
- = Stoffmenge in mol
- = Konzentration in mol/l
- = Volumen der Titration in l
- = Titerfaktor (ist er nicht bekannt, setzt man )
- mit
- = Masse in g
- = molare Masse in g/mol.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Georg Schwedt: Analytische Chemie.. 2. Auflage. Wiley-VCH-Verlagsgesellschaft, Weinheim 2008. ISBN 978-3-527-31206-1. S. 170 ff.
- Stichwort: Elektrochemische Analyseverfahren. In: Fritz Ullmann (Begr.): Ullmanns Enzyklopädie der Technischen Chemie. 3. + 4. Auflage.