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Friedhelm Werremeier
Geboren am 30. Januar 1930 in Witten/Ruhr. Studium an der
Akademie für Publizistik in Aachen. Volontariat bei der Neue Ruhr
Zeitung. 1955 bis 1970: Redakteur und Reporter bei Zeitungen und Zeitschriften in Düsseldorf,
Köln, Hamburg. Seitdem freier Schriftsteller. Schrieb, bevor er Paul Trimmel begegnete, kriminalistische Sachbücher, etwa
über den Kinderm”rder Jürgen Bartsch (1968). Auch später immer
einmal wieder solche Non-Fiction: über den Strafverteidiger Bossi, den hannoverschen
Massenmörder Haarmann. Daneben: Arbeiten fürs Fernsehen. Vor allem aber ist Friedhelm Werremeier der Trimmelmann (der alle Rowohlt-Frühfälle des hamburgischen Hauptkommissars für die Heyne-Neuauflage gründlich bis rabiat
überarbeitete, um Paul Trimmel weniger rabiat zu machen). Inzwischen ist Trimmel, wie sein Autor meldet,
'pensioniert, aber nach wie vor virulent und detektivisch tätig'. Und bald, so steht in Aussicht, werden wir letzte Dinge
über den Kommissar erfahren, denn Friedhelm Werremeier, gleichfalls nach wie vor detektivisch
tätig, arbeitet derzeit an seinem ,ultimativen" Trimmel-Roman Trimmels ganzes Leben.
Hauptkommissar-Paul-
Trimmel-Bibliographie
1. Romane
Ich verkaufe mich exklusiv, 1968 [Pseud.: Jakob Wittenbourg] (Rowohlt. Heyne 1983,
Neuauflage Revonnah 2004!)
Taxi nach Leipzig, 1970 [Pseud.: Jakob Wittenbourg] (Rowohlt. Heyne 1983)
Der Richter in Weiß, 1971 (Rowohlt. Heyne 1982)
Ohne Landeerlaubnis, 1971 (Rowohlt. Heyne 1982)
Ein EKG für Trimmel, 1972 (Rowohlt. Heyne 1984)
Platzverweis für Trimmel, 1972 (Rowohlt. Heyne 1985)
Trimmel macht ein Faß auf, 1973 (Rowohlt. Heyne 1984)
Trimmel und der Tulpendieb, 1974 (Rowohlt. Heyne 1985)
Hände hoch, Herr Trimmel, 1976 (Rowohlt. Heyne 1984)
Trimmel hält ein Plädoyer, 1976 (Rowohlt. Heyne 1983)
Trimmel und Isolde, 1980 (Rowohlt. Heyne 1983)
Trimmel und das Finanzamt, 1982 (Heyne)
2. Erzählbände
Treff mit Trimmel, 1974 (Rowohlt. Heyne 1985)
Trimmel hat Angst vor dem Mond, 1977 (Rowohlt. Heyne 1984)
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Hauptkommissar Paul
TrimmeL von Friedhelm
Werremeier
Manchmal macht auch ein Trimmel Feierabend. Dann trifft man den hamburgischen Hauptkommissar
gewöhnlich im 'Old Farmsen Inn' - bei Korn und Bier und Skatspiel mit Kollegen. Paul Trimmel qualmt dann noch mehr Zigarren als sonst, und für den Heimweg nach Hamburg-Hamm verzichtet er hin und wieder sogar auf sein Auto und nimmt sich ein Taxi, schließlich ist er Polizeibeamter und darum Vorbild. Zumindest war das früher so, am Beginn der siebziger Jahre.
Später wählte sich Trimmel eine Stammkneipe in der Innenstadt.
Der kürzere Heimweg ist auch deshalb wichtig, weil zu Hause seine Freundin Gaby Montag wartet, die ihm bei einem seiner ersten
öffentlich dokumentierten Fälle als Zeugin über den Weg gelaufen und anschließend bei ihm eingezogen war:
Während der akuten Werbe-Phase hatte sich der in puncto Garderobe gemeinhin unbekümmerte Kriminalist
tatsächlich zwei hochmodische Krawatten zugelegt. Wie auch immer, am Morgen nach so einem alkoholischen Entspannungsabend ist Trimmel besonders muffelig, maulfaul und bissig zu seinen Mitarbeitern in der Mordkommission. Die kennen ihren Chef allerdings inzwischen so gut, daß sie sich
über dessen Eigenarten nicht mehr groß aufregen. Außerdem wissen sie: Trimmel ringt sich zwar selten mal ein Lob ab, aber Leistung erkennt er an. Bei Petersen etwa, dem pusseligen Systematiker und Spezialisten fürs
Überbringen von Todesnachrichten an ahnungslose Hinterbliebene. Oder bei Laumen, dem hoffnungsfrohen Nachwuchsmann mit Kommissars-Examen.
Und wenn erst das Telefon klingelt, um beispielsweise einen Leichenfund auf der Müllkippe zu melden (gleich neben einigen illegal gelagerten
Fässern mit giftigem Natriumzyanid), dann kommt auch Paul Trimmel unwillig, aber unaufhaltsam in Bewegung. Und einmal in Fahrt, wird der vermeintlich
Träge zum Energiebündel: Bei der Autojagd auf einen flüchtigen Täter kann es passieren, daß Trimmel mit gezückter Pistole halb aus dem Wagenfenster
hängt wie ein Kino-Detektiv aus Hollywoods schwärzester Movie-Periode. Beim
Verhör ist Trimmel ohnehin hellwach, mag es auch nicht immer so aussehen, doch das ist eben sein Trick. Am
präsentesten ist Trimmel jedoch, wenn er nach erfolgreicher Ermittlung als Zeuge im Mordprozeß aussagen muß - da kann er geradezu penetrant werden. Dauerstaatsanwalt Portheine weiß das auch sehr zu
schätzen. Richter Schellhorn nimmt's meist gelassen. Und nur den jeweiligen Verteidiger bringt Trimmels Dickfelligkeit
gewöhnlich auf die Palme. Nachvollziehbar.
Was man diesem kriminalistischen Urtyp Trimmel hingegen kaum anmerkt: Seine große, obschon nur widerborstig eingestandene Liebe
gehört der Psychologie. Und wenn sich Trimmel einmal in den Kopf gesetzt hat, ein bestimmtes Verbrechen sei nur mit Psychologen-Hilfe
aufzuklären, dann pflegt er den begabten, aber an der Entlarvung von
Untätern eigentlich nicht interessierten Dr.med.habil. Lorff so
unverschämt und so lange zu nerven, bis er ihn (wieder einmal) weich hat. Natürlich gibt der Erfolg dem unnachgiebigen Kommissar jedesmal recht.
Die Liebe zur Seelenkunde als detektivischer Hilfswissenschaft teilt Trimmel dabei mit seinem Autor Friedhelm Werremeier. In einem der ganz frühen
Trimmel-Fälle, dem 'Richter in Weiß', war 1971 ein psychologischer Prozeß-Gutachter sogar als Titelheld dabei - jener Prof. Dr. Robert Kemm, der
später, im wagnerianischen Mordfall 'Trimmel und Isolde', sein forensisches Finale erlebt und
während der Verhandlung, noch bevor er sein Gutachten abgeben kann, einer Herzattacke erliegt. So wird der Angeklagte freigesprochen, und Trimmel, der es besser weiß, erlebt eine Niederlage.
Bei den Krimi-Lesern heimste der knurrige Kommissar dagegen überwiegend Erfolge ein. Schade darum, daß Paul Trimmel, der in der Massiv-Gestalt Walter Richters immer mal wieder mit dem
'Taxi nach Leipzig' fährt oder in sonst einer alten 'Tatort'-Wiederholung auf dem Bildschirm erscheint, im Buchladen derzeit Sendepause hat. Manchmal macht eben auch ein Trimmel Feierabend. Hoffentlich nur vorübergehend. hp
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