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Scorpions - Lovedrive

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

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Die SCORPIONS befinden sich Ende der Siebziger an einem Wendepunkt. Mit dem starken “Taken By Force” und dem legendären Live-Album “Tokyo Tapes” endet die Ära mit Uli Jon Roth als Lead-Gitarristen. Das führt zu einem stilistischen Wandel und einer turbulenten Entstehungsgeschichte des Nachfolgers “Lovedrive”. Einige Details der Entstehungsgeschichte sind aufgrund unterschiedlicher, abweichender Darstellungen der nicht immer friedlichen Beteiligten bis heute nicht gänzlich geklärt. Gleichzeitig ist es das Album, was den typischen Achtziger-Stil der Band einleitet und erstmals ihr “klassisches” Line-up vorstellt.

Nach Roths Abgang wird zunächst Matthias Jabs in die Band geholt. Jabs wurde von Bassist Francis Buchholz empfohlen, der ihm zu Schulzeiten einst Nachhilfe in Mathematik gab. Doch 1978 verlässt auch Gitarrenvirtuose Michael Schenker seine alten Arbeitgeber UFO. Auf Bitten des großen Bruders und SCORPIONS-Hauptsongwriters Rudolf steigt Michael ebenfalls wieder in die Band ein. Die Gitarrenarbeit teilen sich Jabs und Michael auf diesem Album, wobei die SCORPIONS den jüngeren Schenker favorisieren – auch weil dieser in den USA bereits ein Star ist, was für die SCORPIONS wiederum ein anvisierter Markt ist. Ergo muss Jabs gehen, darf aber nach wenigen Wochen zurückkehren, weil Michael Schenker nach wenigen Konzerten merkt, dass es ihm keinen Spaß macht, die Stücke anderer Leute zu spielen. Matthias Jabs bleibt bis heute in dieser Position. Michael Schenker erhält Angebote von OZZY OSBOURNE, AEROSMITH, ja sogar den ROLLING STONES, lehnt aber alle ab und gründet stattdessen die MICHAEL SCHENKER GROUP, die in den Achtzigern und der jüngeren Vergangenheit einige Perlen des melodischen Hard Rock veröffentlichen sollte.

Eine Liebesfahrt mit den SCORPIONS? Immer, aber ohne das Cover!

Als hätten die SCORPIONS seinerzeit versucht, ein Bingo zu gewinnen, wirbelt das Cover Artwork zum gefühlt 23. Mal in der damals noch jungen Bandgeschichte Kontroversen auf. Nicht etwa, weil die Idee zum Cover an sich schon debil und sexistisch ist, sondern weil man eine beinahe nackte, weibliche Brust sieht. Nun sind die SCORPIONS für die Klasse ihrer Artworks genau so wenig bekannt wie ihr Sänger Klaus Meine für eine gelungene Aussprache des Englischen, aber wie konsequent die Band in der Hinsicht ins Fettnäpfchen getreten ist, ist schon bemerkenswert.

Unklar ist, wer “Lovedrive” eigentlich geschrieben hat und wer welche Gitarren spielte. Offiziell ist Michael Schenker für Lead-Gitarren in “Another Piece Of Meat”, “Loving You Sunday Morning”, “Holiday”, “Coast To Coast” und den Titelsong zuständig. Er selbst behauptet zumindest seit den letzten zehn Jahren immer wieder, eigentlich auf dem ganzen Album gespielt zu haben und es sogar geschrieben zu haben. Fakt ist: Rudolf Schenker hat des Öfteren schon bestätigt, dass Michael am Songwriting beteiligt war, aber aufgrund von Vertraglichkeiten mit Produzent Dieter Dierks nicht formell creditet werden konnte. Fakt ist auch: man hört Michaels charakteristisches Melodieempfinden mehr als deutlich im legendären Instrumental “Coast To Coast”. Fakt ist aber dennoch: Es gibt genügend Momente, in denen typische Rudolf-Licks aufblitzen, wie etwa bei den Power-Balladen “Always Somewhere” und “Holiday”. Andererseits werden Michaels Beiträge in aktuellen Re-Releases des Albums praktisch gar nicht mehr erwähnt. Die Wahrheit dürfte irgendwo in der Mitte liegen und den berüchtigten Egos der beiden Brüder zum Opfer gefallen sein.

Mit “Lovedrive” auf der Überholspur

Auch wenn der Name Michael Schenker sicherlich zum Erfolg der SCORPIONS in den USA beitrug, ist dafür vor allem das Songmaterial zuständig. Die Band lässt nun wirklich alle Einflüsse aus Krautrock, Progressive Rock oder Blues beiseite und fährt eine klare Linie: schnörkellose Songstrukturen, kantig-schneidende Riffs, entfesselte Sologitarren und einige Powerballaden. Einziger Ausreißer: “Is There Anybody There?” ist im Grunde ein Reggae-Song. Doch dieses kleine Experiment wird sogar zu einem großen Klassiker der Band. (Der Rezensent fühlt sich allerdings zu der subjektiven Bemerkung genötigt, das der Song zu den zehn nervigsten Klassikern eigentlich geiler Bands zählt, was auf eine starke Abneigung gegenüber Reggae zurückzuführen ist.)

“Another Piece Of Meat”, “Can’t Get Enough” oder der Titelsong präsentieren die Band allerdings so hart wie selten zuvor und sollten sich als wegweisend für den Metal der Achtziger erweisen. Dazu kommt das stimmungsvolle, epische Instrumental “Coast To Coast”, welches in der Gitarrenarbeit von METALLICA nachweislich Spuren hinterlassen hat und zeigt, warum Michael Schenker einer der charismatischsten Gitarristen aller Zeiten ist. Mit “Always Somewhere” kopieren die SCORPIONS zwar “Simple Man” von LYNRD SKYNRD fast notengenau, liefern sich aber gleichzeitig die Schablone für noch erfolgreichere Balladen wie beispielsweise “Still Loving You”.

Die goldene Ära wird eingeleitet

Sicherlich war ein Großteil der fünf Vorgänger keinesfalls schlecht. Im Gegenteil, die Band konnte sich mit jedem Album steigern. Doch mit “Lovedrive” läuten die SCORPIONS ihre goldene Ära ein, die ein paar Jahre später in den Meisterwerken “Blackout” und “Love At First Sting” kulminieren wird. Doch das ist eine andere Geschichte. In jedem Fall ist “Lovedrive” ein essentieller Bestandteil der Diskografie und absolut sammelwürdig.

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02.04.2025

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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6 Kommentare zu Scorpions - Lovedrive

  1. 100jahre sagt:

    Ich bin sehr auf die Besprechung des Albumcovers von „Animal Magnetism“ gespannt.

    Lovedrive war einer meiner ersten LPs Ende 80er.
    Das Cover zeigt deutlich eine erwachsene Frau die mit einem erwachsenen Mann zusammen sitzt.
    Man (Frau auch) erkennt auf den ersten Blick was der Mann will.
    Es ist die natürlichste Sache der Welt und wurde zu meiner Zeit von Dr Sommer in der Bravo besprochen.
    Frau möchte das übrigens auch, aber wie auf dem Bild zu sehen ist bleibt sie erstmal kühl.
    Die Brust ist von Kaugummie verdeckt, die beiden ordentlich in Abendgardarobe. Hat man da wohl nach USA geschielt und es recht sittsam gehalten? Und gleichzeitig hat man das Thema „Lovedrive“ verbraten und hat trotzdem (wie früher schon) einen Ansatz der Brust gezeigt. Also alles richtig gemacht!

  2. jupp64 sagt:

    Meine Fresse…was für ein Gelaber wg. dem Cover. Leute, aber das war doch genau der Knaller damals…das war eine der angesagtesten Scheiben….die Miusik ballert so wie diese damals möglich war….und das von einer deutschen Band die grade den Ansatz machte durch die Decke zu gehen. Alle Songs auf der Scheibe wurden gefeiert und fast zelebriert…jeder kannte die Texte (war ja nicht soooo schwierig)….ich hatte das Glück eines der Konzerte mit Michael in Offenbach live zu sehen….was soll ich sagen…das war gigantisch was die Jungens damals auf die Bretter geballert haben…nee, ganz klare 11 von 10…..wg. der Nostalgie auf Platte und das super geile Konzert….

  3. Se Wissard sagt:

    Fun fact: am Backcover ist die Brust dann sichtbar.

    Ansonsten 8/10, weil die erste Seite mit das beste aus dem Hard Rock ist, wo gibt und Seite zwei mit dem Reggaelied dann doch was hat, was mir nicht so taugt.

    8/10
  4. der holgi sagt:

    bescheuert ist das Cover in der Tat, aber eben nicht weil die Brust der Frau nackt oder des Mannes Blick auf ihr ruht, auch nicht weil er Klebemittel zwischen seiner Pfote und ihr in die Länge zieht, es ist doof weil es doof ist, dazu braucht man nicht einmal den Vorwurf des modernen, überhitzten/instrumentalisierten Sexismus

    letzteren vermag man in dieser Epoche nach unserer heutigen Sichtweise wirklich so gut wie überall erkennen, muss wirklich schlimm gewesen sein damals…ach warte, ich war ja dabei und erinnere mich nicht daran, Protest wahrgenommen zu haben, muss daran liegen das die Welt seinerzeit noch nicht „erweckt“ genug war…..

    die Musik der Combo jedenfalls war damals auf der Höhe der Zeit und sie spielte sehr zu recht ganz weit oben mit

  5. metal-maniac sagt:

    @Holgi: Ich find das Cover auch einfach nur schlecht und nicht wirklich dramatisch aber dieses „früher hat es auch keinen interessiert“ ist doch auch immer so ein Strohmann-Argument oder? Wenn ich mal ein überspitztes Gegenbeispiel bringen darf: Bis 97 war Vergewaltigung in der eigenen Ehe auch nicht strafbar. In Ordnung war’s deswegen sicherlich trotzdem nicht…

  6. nili68 sagt:

    Also ich bin erweckt und sehr offended. Was hat metal.de sich nur dabei gedacht? ..eigentlich finde ich’s ja geil. Wenn das mein Pastor wüsste, hihihi.

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