Mobbing: Es trifft vor allem Jüngere und Schwächere
Mobbing am Arbeitsplatz ist zwar nicht die Regel, betrifft aber weit mehr als nur ein paar Einzelfälle. Rund 6,5 Prozent der Beschäftigten in Deutschland berichten von regelmäßigem Mobbing durch Vorgesetzte, Kolleginnen oder Kollegen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung der Universität Leipzig im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Rund 5000 erwerbstätige Erwachsene in Deutschland gaben dafür Auskunft über Erfahrungen am Arbeitsplatz.
Als Mobbing wurde gewertet, wenn sich eine Person im zurückliegenden halben Jahr mindestens einmal pro Woche durch Vorgesetzte oder andere Mitarbeitende schikaniert, zu Unrecht kritisiert oder bloßgestellt fühlte. Seltenere Vorfälle wurden als »gelegentliche« Mobbing-Situationen, aber nicht als Mobbing gewertet. Die Forschungsgruppe um die Psychologin Margrit Löbner räumt dabei ein, dass diese enge Definition hinderlich sein könnte, wenn es darum gehe, in der Praxis frühzeitig zu intervenieren.
Am häufigsten gaben die Befragten an, beim Reden absichtlich unterbrochen zu werden oder keine Reaktion auf Ansprache zu bekommen. Als weitere Beispiele für Mobbing nennen die Forschenden unter anderem Beleidigungen und Herabwürdigungen, Spott und Lästerei, Ausgrenzung, Behinderung bei der Arbeit, Belästigung und Bestrafungen. Die Betroffenen fühlen sich in der Regel in einer schwächeren Position – auch wenn das Mobbing von Mitarbeitenden ausgeht, die in der Personalhierarchie auf gleicher Stufe oder sogar unter ihnen stehen.
Frauen waren nach eigenen Angaben geringfügig öfter betroffen als Männer (rund sieben versus rund sechs Prozent). Mobbing durch Kundschaft, Patienten oder Schüler gaben ebenfalls rund sieben Prozent der Frauen, jedoch nur vier Prozent der Männer an. In bestimmten Berufsfeldern kam Mobbing häufiger vor: ausgehend von Vorgesetzten oder Kollegen am häufigsten im Bauwesen und verwandten Bereichen, ausgehend von externen Personen wie Kunden am häufigsten in Handel und Tourismus.
Jüngere Befragte hatten ein deutlich erhöhtes Risiko: Im Alter unter 30 Jahren waren es mehr als dreimal so viele wie ab 50 Jahren. Ein niedriger sozioökonomischer Status, geringes Einkommen und eigener Migrationshintergrund entpuppten sich ebenfalls als Risikofaktoren. Außerdem waren Betroffene typischerweise in schlechteren Positionen beschäftigt, etwa als Auszubildende oder in Leih- oder Zeitarbeit, und konnten die Art und Menge ihrer Arbeit weniger beeinflussen.
In Interviews mit Betroffenen identifizierten die Forschenden als weitere Risikofaktoren »schwache Führungsstrukturen«, insbesondere den passiven »Laissez-faire-Führungsstil«, aber auch einen autoritären Führungsstil sowie Mikromanagement. Der Laissez-faire-Stil als Risikofaktor decke sich mit Ergebnissen aus anderen Studien, heißt es im Report. Zu möglichen Ursachen seitens der Mobbenden zählen die Autorinnen und Autoren außerdem Unzufriedenheit, Konkurrenzdruck sowie narzisstische oder psychopathologische Tendenzen. Vereinzelt diene Mobbing auch dazu, eigene Interessen durchzusetzen.
Die von Mobbing Betroffenen berichteten im Mittel über mehr Stress, Ängste, depressive Symptome sowie chronische Erkrankungen und über fast doppelt so viele Krankheitstage wie nicht betroffene Befragte – und sie neigten eher dazu, trotz Erkrankung zur Arbeit zu gehen. Allerdings lassen die vorliegenden Daten keinen Rückschluss darauf zu, ob die psychischen und körperlichen Probleme tatsächlich eine Folge des Mobbings waren; die Forschenden gehen jedoch davon aus. Zu den möglichen Folgen zählen sie auch zunehmendes Misstrauen, gesteigerte emotionale Empfindsamkeit und den Rückzug von Sozialkontakten. Mobbing belaste überdies den Betrieb und das private Umfeld, etwa die Familie. Die Forschenden fordern, anonyme Anlaufstellen zu schaffen, Beschäftigte auf allen Ebenen für Mobbing zu sensibilisieren und die sozialen Kompetenzen von Führungskräften zu schulen.
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