Mondforschung: Mondsonde Blue Ghost 1 verstummt – wahrscheinlich für immer
Nach 14 arbeitsreichen Tagen ist die Mission der am 2. März 2025 im Mare Crisium gelandeten Mondsonde Blue Ghost 1 wie geplant zu Ende gegangen, als am Landeplatz die Sonne unterging. Die letzten Funksignale wurden am frühen Morgen des 17. März um 0:15 Uhr MEZ aufgefangen, etwa fünf Stunden nach dem lokalen Sonnenuntergang. Die von der texanischen Privatfirma Firefly Aerospace gebaute Sonde war rein solarbetrieben und nutzte zusätzlich noch wiederaufladbare Speicherbatterien.
Kurz vor dem Ende gelangen Blue Ghost 1 noch faszinierende Beobachtungen: So konnte am 14. März nach rund 58 Jahren wieder eine Sonnenfinsternis vom Mond aus verfolgt werden, zuletzt war das mit der Sonde Surveyor 3 am 24. April 1967 gelungen, allerdings mit einer nach heutigen Maßstäben sehr einfachen Schwarz-Weiß-Fernsehkamera. Dagegen setzte Blue Ghost mehrere hochauflösende Digitalfarbkameras ein, um das Spektakel zu dokumentieren. Zwei Tage später verfolgte die Sonde noch den Sonnenuntergang im Mare Crisium, um danach wohl für immer zu verstummen.
Von der Erde aus war auf der westlichen Hemisphäre eine totale Mondfinsternis sichtbar – bei uns war der Mond vor dem Erreichen der totalen Phase bereits untergegangen. Die Bilder von Blue Ghost 1 zeigen die Sonde und die sie umgebende Landschaft in einem tiefroten Licht. Am Firmament prangte die Erde mit einem attraktiven hellen Ring. Dabei handelt es sich nicht wie bei irdischen totalen Sonnenfinsternissen um das Licht der Korona – der äußeren Sonnenatmosphäre –, sondern um das in der Atmosphäre gebrochene und zum Mond abgelenkte Licht. Die Erde erstrahlt vom Mond aus mit dem Vierfachen des sichtbaren Durchmessers der Sonne. Während der rund zweistündigen totalen Phase sank die Temperatur der Sonde um mehr als 100 Grad Celsius, da auf dem Mond keine Lufthülle vor der Auskühlung schützt.
»Die Sonn' ist untergegangen, die helle Erd' und Venus prangen«
Eindrucksvoll sind auch die Bilder, die der Raumsonde vom lunaren Sonnenuntergang mit ihren hochauflösenden Kameras gelangen. Sie hielt den vom Apollo-17-Astronauten Eugene Cernan im Dezember 1972 beschriebenen »lunar glow« fest. Seinerzeit reichte die Empfindlichkeit der analogen Filmkameras nicht aus, um das Phänomen abzulichten, weshalb Cernan seine Beobachtungen mit Zeichnungen im Missionsbuch dokumentierte. Nun zeigen die Bilder von Blue Ghost 1 das Phänomen recht deutlich: Die Sonne ist gerade hinter dem Horizont verschwunden, links und rechts von ihr breitet sich ein schmaler Lichtstreifen entlang des Horizonts aus. Über dem Ort der Sonne ist eine kegelförmige Aufhellung zu sehen. Diese Effekte dürften zum Teil auf Streulicht in der Kamera, die Sonnenkorona und in der Schwebe über der Mondoberfläche befindlichen Feinstaub zurückgehen.
Durch den Beschuss der luftlosen Mondoberfläche durch solare Partikelstrahlung wird diese elektrisch negativ aufgeladen. Dabei erhält auch der feine Staub eine Ladung und wird von der gleichartig geladenen Oberfläche abgestoßen – und zwar so stark, dass er in der geringen lunaren Schwerkraft (ein Sechstel der irdischen Gravitation) über der Oberfläche schwebt. In der 14-tägigen Mondnacht entladen sich die Oberfläche und die Staubpartikel wieder, so dass der Staub zurücksinkt. Diesen Effekt müssen auch künftige Mondmissionen berücksichtigen, denn er trägt dazu bei, dass empfindliche Oberflächen wie Linsen oder Teleskopspiegel sich mit Staub überziehen.
Während der 14 Tage auf dem Mond war Blue Ghost 1 auch aus wissenschaftlicher Sicht sehr aktiv: Zehn Experimente dienten unterschiedlichen Zwecken aus Forschung und Technologie. So drang ein mit Stickstoffgas betriebener Bohrer rund einen Meter in den Boden unter der Sonde ein. Zudem wurde mit vier an 20 Meter langen Seilen verbundene Sensoren magnetotellurische Messungen zusammen mit einem Magnetometer durchgeführt. Diese Untersuchungen dienen dazu, mehr über das Mondinnere und die elektrischen Eigenschaften des Mondbodens herauszufinden. Mit einer Spezialantenne gelang es, die Funksignale der irdischen Navigationssatelliten auch auf dem Mond aufzufangen – dies könnte in Zukunft für Astronauten nützlich sein, die sich präzise auf dem Mond orientieren müssen. Für die Zukunft ist allerdings ein eigenes Netz aus lunaren Navigationssatelliten geplant.
Mit der sanften Landung von Blue Ghost 1 ist es Firefly Aerospace als erstem Privatunternehmen gelungen, eine wirklich erfolgreiche Mission ohne jegliche Einschränkungen durchzuführen. Anderen Mitbewerbern war das bislang nicht möglich, wie es die gescheiterte Landung der Sonde IM-2 Athena von Intuitive Machines am 6. März gerade wieder verdeutlichte. Die US-Raumfahrtbehörde NASA, in deren Auftrag Blue Ghost 1 unterwegs war, zeigt sich auf jeden Fall sehr zufrieden. Im nächsten Jahr wird Firefly Aerospace zwei weitere Landungen mit dem bewährten System auf dem Mond durchführen.
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