Es ist beschlossene Sache: Im Juli 2024 wird das Nebenkostenprivileg gestrichen. Das betrifft vor allem Mieter und Vermieter von Mehrfamilienhäusern, die einen gemeinsamen Kabelanschluss nutzen. Dort war es bisher üblich, dass Vermieter sogenannte Sammelverträge fürs Kabelfernsehen abgeschlossen haben, die per Betriebskostenabrechnung dann auf alle Mieter solcher Mehrfamilienhäuser umgelegt wurden.
Der Vorteil dabei: Solche Mehrnutzerverträge sind für Mieter in der Regel günstiger, als Einzelverträge mit einem Kabel-Provider abzuschließen. Der Nachteil: Mieter können sich nicht aussuchen, ob sie solche Verträge überhaupt wollen oder brauchen – die Kosten für den Kabelanschluss sind fester Bestandteil der Nebenkosten.
Eine bereits im Dezember 2021 beschlossene Gesetzesänderung legt nun fest, dass die Kosten für solche Sammelverträge ab Juli diesen Jahres nicht mehr auf Mieter umgelegt werden dürfen – damit endet das sogenannte Nebenkostenprivileg. Was das für Mieter, Vermieter und für Ihr Fernsehprogramm bedeutet, klären wir in diesem Beitrag.
Genau erklärt: Was ist das Nebenkostenprivileg?
Das Nebenkostenprivileg bezeichnet die grundsätzliche Möglichkeit für Vermieter, Kosten für den Kabelanschluss über die Betriebskostenabrechnung an Mieter weiterzugeben. Es ist in § 2 Nr. 15 der Betriebskostenverordnung geregelt.
Haben Vermieter oder Hausverwalter Sammelverträge für solche Kabelanschlüsse abgeschlossen (was üblich ist) dann können Mieter, ohne eigene Verträge abschließen zu müssen, in ihrer Wohnung Kabelfernsehen beziehen und zahlen dafür einen in aller Regel niedrigeren Preis, als wenn sie selbst einen Einzelvertrag abschließen. Die Regelung gibt es schon seit den 80er-Jahren, ursprünglich sollte sie auch dazu dienen, den Aufbau des Kabelnetzes zu beschleunigen: Man wollte damit schnell und unkompliziert neue Kabel-Kunden sammeln. Auch die Kostenumlage für gemeinschaftlich genutzte Antennenanlagen wird im Zuge der Reform jetzt gestrichen.
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Warum wird das Privileg überhaupt abgeschafft?
Weil sich die Fernsehnutzung im Rahmen von Streaming, Internet und der sich wandelnden Medienlandschaft zunehmend ändert. Immer mehr Nutzer sehen sich Filme und Serien auf Netflix, Amazon Prime und Co. an, immer weniger zappen durchs klassische Privatfernsehen. Trotz Nebenkostenprivileg (und der damit verbunden Quasi-Zwangsversorgung mit Kabelfernsehen) ist der Anteil von Haushalten mit Kabel-TV in den letzten Jahren auch immer weiter gesunken.
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Das Nebenkostenprivileg wurde von Verbraucherschützern zudem immer wieder kritisiert: Schließlich nimmt es Mietern die Freiheit, selbst über ihren Kabelanschluss zu entscheiden und brummt auch jenen Zusatzkosten auf, die gar kein Kabel nutzen. Auf gewisse Weise verzerrt die bisherige Regelung auch den fairen Wettbewerb: Wer nämlich bereits Geld für einen Kabelanschluss ausgibt (oder ausgeben muss), hat natürlich einen geringeren Anreiz, in andere Medien- oder Bezugsformen zu investieren.
Wann tritt die Regelung genau in Kraft?
Das Nebenkostenprivileg endet zum 30. Juni 2024 und ist damit ab Juli 2024 Geschichte.
Wird Kabelfernsehen damit teurer?
Nicht unbedingt. Für Mieter, die bisher im Mehrfamilienhaus vom Nebenkostenprivileg profitierten, kann die Gesetzesnovelle zunächst aber durchaus höhere Kosten beuten: Sie müssen jetzt unter Umständen erstmal einen Einzelvertrag abschließen, um weiter Kabel-TV beziehen zu können. Es gibt aber heute schon viele verschiedene Kabel-Provider (etwa Vodafone, PŸUR, O2) und alternative TV-Bezugsmöglichkeiten (etwa IPTV oder DVB-T2 HD), mit der anstehenden Änderung wird der Wettbewerb unter diesen Anbietern weiter auch zunehmen.
Am Ende kommt solche Konkurrenz fast immer dem Verbraucher zugute: In Form von besseren und günstigeren Angeboten. Eine besonders gute Nachricht ist das neue Gesetz natürlich für alle, die einen Kabelanschluss über Sammelverträge zwar bezahlen müssen, diesen aber gar nicht haben wollen.
Für Kabel-Provider oder entsprechende Netzbetreiber ist die Novelle hingegen keine gute Nachricht: Ihnen fällt damit eine bequeme und zuverlässige Einnahmequelle weg: Rund 12 Millionen Mieter nutzen zurzeit noch freiwillig oder unfreiwillig die nicht mehr zeitgemäßen Sammelverträge.
Gerne werden in diesem Zusammenhang aktuell auch Schreckgespenster beschworen: Kabel könne jetzt sehr teuer werden, manche Mieter könnten es sich vielleicht gar nicht mehr leisten. Die Verbraucherzentrale geht aber davon aus, dass sich Kabelkosten für betroffene Mieter nur um 2-3 Euro pro Monat erhöhen werden – wenn sie dieser Form des Fernsehprogramms überhaupt treu bleiben wollen.
Haben betroffene Mieter also ab 1. Juli 2024 kein Kabel-TV mehr?
Theoretisch ja. Nach dem Beschluss des Gesetzes (Ende 2021) hat man bis zum Inkrafttreten (Juli 2024) aber ein großzügiges Übergangsfenster beschlossen. Mieter hatten also genug Zeit, sich nach einem neuen Kabelvertrag umzusehen. Der Abschluss eines solchen ist auch nicht besonders kompliziert. Zudem kann man davon ausgehen, dass Mieter von Vermietern noch gesondert informiert werden. Womöglich werden im Zuge dessen von Vermietern auch Angebote gemacht, etwa bestehende Sammelverträge jenseits der Betriebskostenabrechnung fortzusetzen.
Worauf müssen Vermieter und Wohnungseigentümer jetzt achten?
Auch bei vielen Immobilienbesitzern besteht im Zuge der Gesetzänderung Handlungsbedarf. Die gute Nachricht: Das Telekommunikationsmodernisierungsgesetz trägt nicht nur einen rekordverdächtig langen Namen, es sieht auch ein Sonderkündigungsrecht für Sammelverträge bis 30. Juni 2024 vor. Man kann solche Verträge also kündigen, bevor man die Kosten dafür nicht mehr auf Mieter umlegen kann. Besitzer von Eigentumswohnungen müssen sich in der Eigentümergemeinschaft einigen, wie verfahren werden soll.
Vermieter können bestehende Sammelverträge theoretisch auch weiter nutzen, wenn betroffene Mieter sich bereit erklären, diese zu bezahlen. Wollen sich hingegen einige oder alle Mieter fortan selbst um ihre Fernsehversorgung kümmern, muss man entweder neue Verträge mit den Kabel-Anbietern abschließen oder man lässt bestehende Verträge weiterlaufen und zahlt die Posten ausgestiegener Mieter aus der eigenen Tasche. Vermieter können also:
- Sammelverträge kündigen und es Mietern selbst überlassen, sich bei Bedarf um ihr TV-Programm zu kümmern. Darüber sollten die Vermieter ihre Mieter aber rechtzeitig informieren
- Mietern einen Vertrag für die Versorgung mit Kabelfernehen anbieten, bei dem diese ihren Kostenbeitrag monatlich überweisen. Solche Verträge müssen aber kündbar sein und dürfen anfangs keine Laufzeit über mehr als 24 Monate haben. Risiko: Bei einer stillschweigenden Verlängerung können Mieter den Vertrag anschließend monatlich kündigen. So schnell geht es auf der anderen Seite mit den Kabel-Providern aber normalerweise nicht, mitunter bleibt man also auf Kosten für laufende Verträge erstmal sitzen.
Und was sollten Mieter tun?
Als Mieter muss man sich nur überlegen, ob man (sofern das im Mehrfamilienhaus möglich ist) weiterhin einen Sammelvertrag mit anderen Mietern nutzen möchte und ob der Vermieter das ermöglicht. Den alten Sammelvertrag kündigen muss man hingegen nicht – man kann es auch gar nicht: Vertragspartner ist hier nämlich der Vermieter. Egal, wie sich Mieter entscheiden oder welche Übereinkunft sie mit Wohnungseigentümern treffen: Die Umlage der Kabelgebühren über die Betriebskostenabrechnung kann ab Juli 2024 nicht mehr stattfinden.
Welche Alternativen habe ich zum Kabelfernsehen?
Zum Glück jede Menge:
- Streaming-Dienste wie Amazon Prima, Netflix, Disney+, Apple TV+ und viele mehr. Einige Sender streamen ihr TV-Programm zudem im Netz. waipu.tv oder Zattoo ermöglichen ebenfalls den TV-Empfang (ab 200 Sender, darunter alle öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten) via Internet, im günstigsten Fall sogar kostenlos.
- Satelliten-TV: Bei den Deutschen weiter verbreitet als Kabel: 17 Millionen Haushalte beziehen ihr Fernsehprogramm aus dem Orbit.
- TV per Antenne (DVB-T2 HD). Hier gibt es rund 40 Programme.
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Hinweis: Im Zuge der Abschaffung des Nebenkostenprivilegs kommt es vermehrt vor, dass sich sogenannte „Medienberater“ bei Mietern an der Haustüre oder auch am Telefon melden, um denen überteuerte Kabelverträge unterzujubeln. Informieren Sie sich lieber selbst.
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