Realistische Verbrauchswerte
Wir berechnen die Verbrauchskosten anhand konkreter Beispiele aus drei gängigen Fahrzeugklassen: Kompaktwagen, Mittelklasse und Kompakt-SUV. Dabei stellen wir größenmäßig ähnliche E-Autos und Verbrenner gegeneinander, wobei die Motorleistungen im direkten Vergleich durchaus Unterschiede aufweisen kann. Denn Elektro-Autos bringen oft höhere kW-Leistungen mit, vom besseren Ansprechverhalten der E-Motoren ganz zu schweigen. Wichtig: Wir verwenden für unseren Vergleich nicht die illusorischen Verbrauchsangaben der Hersteller, sondern vom ADAC ermittelte realistische Praxiswerte für den Strom- beziehungsweise Kraftstoffverbrauch. Zwecks besserer Vergleichbarkeit sind alle Motorleistungen in kW und nicht in PS angegeben.
Diese Autos treten gegeneinander an
VW ID.3 gegen VW Golf: Laut der Verbrauchsmessung des ADAC verbraucht ein VW ID.3 Pro Performance 1st Max mit 150 kW 15,8 kWh/100 km. Hier bietet sich natürlich der VW Golf zum Vergleich an. Ein Golf 2.0 TDI SCR Life mit 85 kW gönnt sich 4,8 Liter Diesel und ein Golf 1.5 eTFI Style DGS mit 110 kW schluckt 6,1 Liter Super-Benzin.
Tesla Model 3 gegen BMW 3er: Ein Tesla Model 3 Standard Range Plus mit 225 kW verbraucht 14,3 kWh/100 km. Dieses Fahrzeug (unser Testbericht) vergleichen wir mit einem BMW 3er 320d Routing Sport Line mit 140 kW, der 5,6 Liter Diesel verbraucht. Ein 320i Touring Steptronic wiederum verbraucht laut dem ADAC 6,6 Liter teures Super Plus Benzin (wobei es sich hierbei nicht um ein Testergebnis des ADAC handelt).
BMW iX3 gegen BMW X3: Ein BMW iX3 Impressive mit 210 kW gönnt sich 21,2 kWh/100 km. Sein vergleichbarer Bruder BMW X3 braucht als Diesel xDrive 20d mit 140 kW 6,6 Liter und als Benziner xDrive 20i mit 135 kW 8,9 Liter Super. Auch hier gönnt sich der BMW das teure Super Plus.
Das kostet Strom aktuell
Laut einer Untersuchung des BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) lag im Juli 2022 der Durchschnittspreis bei 37,30 Cent pro Kilowattstunde. Ähnliches berichtet Verivox: Strom kostet 2022 im Durchschnitt 39,92 ct/kWh und aktuell bei 42 Cent. Doch in den letzten Monaten ist der Strompreis teilweise auf Rekordwerte von 55 ct/kWh gestiegen. Wobei die Preise je nach Region stark schwanken, Sie bekommen also Strom durchaus auch noch günstiger, vor allem wenn Sie einen alten Vertrag haben. Realistisch sind derzeit bei neu abgeschlossen Verträgen wohl Preise um die 40 ct/kWh.
Das kosten Benzin und Diesel aktuell
Die Kraftstoffpreise variieren massiv je nach Region. Gehen wir aktuell von folgenden Preisen aus: Super E10 für 1,95 Euro, Super E5 für 2,0 Euro und Diesel für 2,15 Euro. Für Super Plus legen wir 2,10 Euro zugrunde.
So viel kostet der Verbrauch der einzelnen Autos
Wir berechnen nun die Kosten, die die oben genannten Autos für 100 gefahrene Kilometer verursachen. Bei Elektro-Autos legen wir die uns realistisch erscheinenden 40 Cent pro Kilowattstunde zugrunde. Bei Verbrennern nehmen wir die oben genannten Preise für Super E10 (die Verbrauchskosten mit Super E5 sind entsprechend höher als die für E10) und Diesel als Basis, sowie bei den BMW-Fahrzeugen die Super-Plus-Preise.
Sieger in der Golf-Klasse: Ein VW ID.3 kommt demnach auf 6,32 Euro. Ein Diesel-Golf verursacht 10,32 Euro an Kosten und bei seinem Benzinbruder sind es 11,89 Euro. Der VW ID.3 fährt sich also deutlich günstiger als jede Verbrennervariante des VW Golf. Das E-Auto siegt also deutlich.
Sieger in der Mittelklasse: Das überaus sportliche Tesla Model 3 fährt sich mit 5,72 Euro sehr günstig. Dagegen hat der 3er BMW weder in der Dieselvariante mit 12,04 Euro noch als Benziner eine Chance. Wobei er vom ADAC getestete 302i Touring sogar Super Plus benötigt: damit kostet der 3er 13,86 Euro auf 100 Kilometer. Das Tesla Model fährt sich also deutlich am preiswertesten. Das E-Auto deklassiert seine Verbrennerkonkurrenten regelrecht.
Sieger bei den kompakten SUVs: Wer mit dem BMW iX3 100 Kilometer zurücklegt, zahlt dafür 8,48 Euro. Legt man die gleiche Strecke mit einem BMW X3 mit Dieselmotor zurück, entstehen Kosten von 14,19 Euro. Sogar 18,69 Euro sind es bei der Benzinervariante mit Super Plus. Die Verbrenner haben also keine Chance gegen ihren elektrischen Bruder. Das E-Auto lässt seiner Verbrennerkonkurrenten ganz alt aussehen.
Das Duell E-Auto gegen Benziner/Diesel geht 3:0 aus. Die Verbrenner haben bei den Verbrauchskosten keine Chance.
Auto-Test-Videos der PC-WELT: Audi, BMW, Daimler, Carplay, Tesla, Porsche, VW
Günstigen Strom gibt es nur zu Hause
Wichtig: Wenn Sie Ihr Elektro-Auto an einer öffentlichen Ladesäule aufladen, sieht die Rechnung ganz anders aus. Denn der Strom an den Ladesäulen kostet deutlich mehr als zu Hause und wird zudem immer teurer.
Shell Recharge verlangt 64 Cent pro Kilowattstunde, Allego verlangt 47 Cent/kWh am AC-Lader und 70 Cent/kWh am DC-Lader und 75 Cent am Schnelllader. Ionity verlangt ebenfalls 0,79 Euro für 1 kWh am Schnelllader, sofern man keine Ionity-Ladekarte besitzt.
Tesla erhöhte erst kürzlich die Preise, sodass Tesla-Fahrer in Deutschland je nach Standort um die 70 Cent pro Kilowattstunde zahlen müssen. Fremdmarken laden Sie an den Tesla-Superchargern zu Preisen von knapp über 80 Cent auf.
Update 16.11.2022: Tesla Supercharger – so sparen alle E-Auto-Fahrer Geld beim Aufladen
Tipp: Bei bestimmten Baumärkten können Sie während des Einkaufs gratis aufladen. Aktuell soll das bei Bauhaus, Globus, Hornbach, Ikea und Hagebau möglich sein.
Die obige Berechnung wird natürlich durch jahreszeitliche Änderungen beim Verbrauch beeinflusst oder durch bestimmte Fahrprofile: Wenn Sie auf der Landstraße entspannt mit einem Verbrenner fahren, verbraucht dieser relativ wenig. Bei flotter Autobahn-Fahrt können Sie dem Akku eines E-Autos bei der Entleerung regelrecht zuschauen, wohingegen ein Diesel sich hier vergleichsweise sparsam zeigt. Im Stop-and-Go des Großstadtverkehrs dagegen fährt sich ein E-Auto recht günstig, der Verbrenner dagegen wird in der Großstadt zum Schluckspecht.
Alle Auto-Tests der PC-WELT auf einen Blick
Weitere Kosten nicht vergessen
Die obige Berechnung berücksichtigt nur die Kosten für den tatsächlichen Verbrauch. Doch die Gesamtkosten für ein Auto enthalten ja noch viel mehr Positionen:
- KFZ-Steuer: E-Autos sind bis 31.12.2030 von der Kfz-Steuer befreit, Diesel dagegen sind besonders teuer bei der KFZ-Steuer.
- Versicherung
- Inspektionskosten: bei E-Autos sollten diese grundsätzlich niedriger sein, weil der hauptsächliche Kostentreiber, nämlich der Ölwechsel mit künstlich überteuerten Literpreisen entfällt. Aber vermutlich beweisen die Hersteller großen Einfallsreichtum, um die Inspektionskosten auf einem vergleichsweise hohen Niveau zu halten, um den Fortbestand ihres Werkstattnetzes zu sichern.
- Reparaturkosten: Hier fehlt Langzeiterfahrung. Zwar gehen bei einem E-Auto keine Kupplung, Auspuff, Turbolader, Lichtmaschinen oder Zylinderkopfdichtungen kaputt. Doch dafür sind viele andere teure Komponenten verbaut, besonders die Akkus können bei einem Ausfall nach Ablauf der Garantiezeit einen wirtschaftlichen Totalschaden verursachen.
Beim Kaufpreis sind E-Autos teurer als vergleichbare Verbrenner. Der Umweltbonus für Elektro-Autos verringert sich zudem 2023. Das beeinflusst die Gesamtkostenberechnung negativ für 2023 erstmals gekaufte E-Autos.
So vergleichen Sie die Kraftstoff- beziehungsweise Stromkosten
Suchen Sie die Autos raus, die Sie vergleichen wollen. Recherchieren Sie zum Beispiel beim ADAC die tatsächlichen Verbrauchskosten Ihres ins Auge gefassten Modells. Legen Sie die Benzin-/Diesel und die Strompreise zu Grunde, die für Sie relevant sind: Laden Sie zu Hause, nehmen Sie den Preis für Ihren Haushaltsstrom. Müssen Sie dagegen immer an einer Ladesäule aufladen, nehmen Sie deren Preise in Ihrer Umgebung. Bei den Kraftstoffpreisen legen Sie die Preise in Ihrer Umgebung zu Grunde.
Hinweis: Preisverwerfungen wegen des Ukraine-Kriegs
Der aktuelle Preisvergleich erfolgt vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs und der dadurch verursachten Verwerfungen bei den Kraftstoffpreisen. Insbesondere Diesel, das eigentlich immer weniger kostet als Super E10 und E5, ist nun ungewöhnlich teuer. Sollte sich der Dieselpreis wieder normalisieren, so würde der Vergleich bei den Verbrauchskosten anders ausfallen. An den generell günstigeren Verbrauchskosten der E-Autos würde sich dadurch aber vermutlich nichts ändern, zumal dann wohl auch die Strompreise wieder rückläufig sein werden. Würden dagegen die Strompreise exorbitant steigen, zum Beispiel weil es zu zeitweisen Stromausfällen kommt und Strom in Deutschland knapp wird, dann würde der Kostenvorteil der E-Autos natürlich schrumpfen oder ganz verschwinden.
Laut der Tagesschau hat das Center Automotive Research (CAR) einen Kostenvergleich zwischen E-Autos und Verbrennerfahrzeugen vorgenommen. Dabei wurde aber ein Benzinpreis von 1,87 Euro zugrunde gelegt. Das ist derzeit unrealistisch.