"Die Wildgänse" - das ist der Deckname einer Söldner-Einheit, die unter dem gleichnamigen Titel, und unter der Führung von Richard Burton als Colonel Faulkner, 1977/78 erstmals ein Millionen-Kinopublikum begeisterte. Kein flügellahmes Abenteuer, wie es der Titel suggerieren könnte - sondern ein, mit einer beachtlichen Altstar-Riege besetzter, aufwändig in Szene gesetzter Actionfilm erster Klasse.
1985 wurde das erfolgreiche Format für eine Fortsetzung aufgewärmt, doch bereits ein Jahr zuvor waren es die Italiener, die unter dem Titel "Geheimcode: Wildgänse" die inoffizielle Fortsetzung in die Kinos brachten. Ein Plagiat, dem noch weitere Söldnerfilme wie "Der Commander" oder "Kommando Leopard" folgen sollten - alle routiniert von Antonio Margheriti in Szene gesetzt, der bereits ein Jahr zuvor mit dem harten Kriegsfilm "Höllenkommando zur Ewigkeit" aka "Jäger der Apocalypse" als versierter Inszenator aufwändiger Actionszenen überzeugen konnte.
Als Produzent stand Erwin C. Dietrich und demzufolge, für italienische Verhältnisse, ein beachtliches Budget zur Verfügung. Wie auch schon das große Original, besticht der kleine, italienische Bruder durch eine "hochkarätige", internationale Besetzung: Lewis Collins, früheren ZDF-Zuschauern aus der Serie "Die Profis" bekannt, führt die Söldnergruppe an, die aus der Elite der deutschen Synchronsprecher rekrutiert wurde: Thomas Danneberg (Sylvester Stallone, Arnold Schwarzenegger), Frank Glaubrecht (Kevin Costner, Al Pacino), Manfred Lehmann (Bruce Willis) haben die großkalibrigen Maschinengewehre im Anschlag, während Wolfgang Pampel (Harrison Ford) in einer unbedeutenden Nebenrolle agiert. Darüber hinaus wartet "Geheimcode: Wildgänse" mit einem glänzenden Klaus Kinski, Italowestern-Star Lee van Cleef ("Sabata"), Mimsy Farmer ("Das Concorde-Inferno", "Keiner haut wie Don Camillo") und Ernest Borgnine ("Der Flug des Phoenix", "Die Höllenfahrt der Poseidon", "Airwolf") auf - ein Ensemble, dass lediglich von der namhaften Riege des Originals übertroffen wird.
Auch hinsichtlich der Story weist das neue Abenteuer der "Wildgänse" deutliche Parallelen auf: ein zwielichtiger Unternehmer, mit höchsten Verbindungen, organisiert ein Himmelfahrtskommando ins Goldene Dreieck, um die Opium-Produktion eines Diktators zu vernichten - doch eigene wirtschaftliche Interessen führen dazu, dass die "Wildgänse" in einen Hinterhalt gelockt werden und sich durch den Dschungel kämpfen müssen. Der Hubschrauber zerstört, dazu deutliche Verluste und kaum noch Munition - das waghalsige Unternehmen wird zu einem Überlebenskampf, an dessen Ende die Rache an den Verrätern steht.
"Geheimcode: Wildgänse" setzt von Beginn an auf Dauerbeschuss und effektvoll arrangierte Actionszenen. Es gibt kaum etwas, was hier nicht eindrucksvoll in die Luft gesprengt wird. In dieser Beziehung punktet der Film als pyrotechnisches Meisterwerk - während diverse Schusswunden aus großkalibrigen Waffen in sämtlichen Einstellungen unblutig inszeniert wurden. In diversen Nahaufnahmen gibt es zwar den einen oder anderen Kopfschuss und Kehlenschnitt zu bewundern, doch insgesamt mangelt es an blutigen Shoot Outs. Ein Manko, das an der Intensität des harten Actionfilms nagt.
Auch die Autoverfolgungsjagd im Tunnel weist einige inszenatorische Ungereimtheiten und Mängel auf: diverse Kameraeinstellungen im Wageninneren passen selten zum dargestellten Fahrstil, bei dem der Wagen an den Seitenwänden Hindernissen auf der Fahrbahn ausweicht. Der gesamten Sequenz mangelt es an Dynamik und Tempo - was in erster Linie auch an einem mangelhaften Schnitt und einer, hinsichtlich dieser Szene, einschläfernden Kameraführung liegt.
Trotz einem hohen Maß an Action beansprucht der Film die komplette erste Hälfte, damit die Mischung aus Macho-Phrasen, Geheimdienst-Kokolores, klischeehafter Bösewicht-Skizzierung und Sadismen in die Gänge kommt. Hier sei lobend anzuerkennen, dass man Klaus Kinski gewinnen konnte, der mit seiner Performance die schwächelnde erste Hälfte rettet. Bei Kinski kann man sich auch nicht so sicher sein, ob er ein guter Schauspieler ist, oder ob die dargestellte Arroganz allen anderen Darstellern gegenüber aus tiefstem Herzen kommt. Wie auch immer: Kinski ist einer der Höhepunkte des Films, der in der zweiten Hälfte erst richtig in Fahrt kommt und sich somit noch knapp über dem Durchschnitt ansiedeln kann.
Für Fans des italienischen Films ist "Geheimcode: Wildgänse" ohnehin Pflichtprogramm und auch Pyromanen kommen hier voll auf ihre Kosten. Darstellerisch und storytechnisch auf einem akzeptablen Niveau, besticht der Film in erster Linie durch seinen Cast, seinem atmosphärischen Score der Band Eloy unter der Leitung von Jan Nemec, und den routinierten Actionszenen. Ein leichter Hauch von Trash umweht diese "Wildgänse"-Mission. Insgesamt eine willkommene Kindheitserinnerung in ungeschnittener Fassung und mit umfangreichem Bonusmaterial - von Ascot Elite in der Reihe "Cinema Treasures" neu aufgelegt.
6/10