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Review

Ouhauerha! Brösel kann's nicht lassen und schickt Flaschbiertrinker Werner und seine nordischen Freunde ein drittes Mal ins Rennen. Hätte er das mal gelassen, denn der Kultmythos seiner Zeichentrickfigur versinkt langsam in der Bedeutungslosigkeit. Das große, weiße „W“, das es in Deutschland einst mit dem Batman-Signal locker aufnehmen konnte, hat spätestens mit dem dritten Teil an Anziehungskraft verloren.

Komisch eigentlich, denn in der Grundkonstellation hat Brösel eigentlich alles richtig gemacht. Keine Realsequenzen mehr wie in Teil 1, keine abgehobene Fantasy-Story mehr wie in Teil 2. Die erzählte Geschichte ist so bodenständig, wie sie nur sein kann. Aber vielleicht ist gerade das das Problem: sie ist zu bodenständig. Eigentlich ist es unfair, so etwas zu sagen, wo die Ambitionen in Richtung Knalleffekt-Blockbuster doch so in die Hose gegangen sind. Aber vielleicht soll es einfach nicht sein. Vielleicht ist Werners Leben nichts fürs Kino.

Wie gehabt setzt sich die Story aus einigen der längeren Comicgeschichten zusammen und übernimmt deren Handlungsverläufe beinahe eins zu eins. Da hätten wir ein bisschen was aus „Ein Dach soll gedeckt werden“ und auch etwas „Der lange Aam des Meisters“ und noch ein paar andere. Diese einzelnen Erzählstränge wurden dann ziemlich gezwungen zu einem zusammenhängenden Storyknödel zusammengepampt, der sich wie folgt zusammenfassen lässt:

Unternehmer Günzelsen hat vor, ein neues Einkaufszentrum zu errichten. Leider ist es dazu nötig, ein ganzes Wohnviertel abzureißen, wobei die Anwohner alle ihre Unterkunft verlieren würden. Zufällig gehört auch die Stammkneipe von Werner und seinen Kumpels zu dem Viertel. Das kann man natürlich nicht auf sich sitzen lassen; so muss ein Plan her, Günzelsen von seinen Vorhaben abzubringen. Da fällt Werner was ein: sein Chef Röhrich, der erst kürzlich noch Günzelsens Mercedes zerschrottet und Fahrerflucht begangen hat, ist für den fiesen Unternehmer ein rotes Tuch. Wenn man es nur irgendwie schaffen würde, Röhrich auf die Baustelle für das Kaufhaus zu schleusen und ihn dort ein Chaos veranstalten zu lassen...

Die Inhaltsangabe steht bewusst hier, sozusagen als kleine Gedächtnisstütze, weil sich der Inhalt des Films schon wieder verflüchtigt hat, sobald der Abspann auf dem Bildschirm erscheint. Das liegt in erster Linie an der Struktur, die quasi... nicht existiert. Eine Aktion reiht sich an die nächste, ohne Spannungsmuster, ohne Charakteraufbau, ohne Klimax. Die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Szenen sind dabei relativ beliebig, was wohl auch damit zu erklären ist, dass der Plot – wie schon gesagt – aus voneinander isolierten Einzelgeschichten besteht, die irgendwie zusammengepresst werden mussten. Die Kausalzusammenhänge sind deswegen nur selten nachvollziehbar, die Verhaltensweisen der Charaktere weit hergeholt. Wie etwa die Szene, in der Werner auf die glorreiche Idee kommt, Röhrich auf Günzelsens Baustelle zu bringen.
Apropos Werner: dafür, dass er dem Film den Namen gibt, tritt er äußerst selten in den Mittelpunkt. Es fehlt also auch an einem identifikationswürdigen Protagonisten, den die beiden Vorgängerfilme immerhin bieten konnten. Würde man hier jedoch den Cast im Abspann nach „Order of Appearance“ auflisten, müsste man gleich mehrere Charaktere nebeneinander an die erste Stelle setzen. Eine weitere Unauffälligkeit, die dem Film die Struktur wegnimmt. Eine Darstellerhierarchie ist jedenfalls nicht zu erkennen.

Dann wird die Story nicht einmal durchgehend von zündender Situationskomik unterstützt. Klar, wenn der Meister anfängt zu tüdeln, kann man sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die Marotten der Beteiligten – nicht aller, aber doch der wichtigen – funktionieren immer noch. Dafür sind die geschriebenen Witze mehr als altbacken und locken keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor. Dass „die Russen wieder da“ sind, interessiert doch nun wirklich keinen. Es zerstört höchstens einen guten Witz aus dem Original. Die Hitler-Parodie ist ein zweischneidiges Schwert und zeugt nicht gerade von Einfallsreichtum; wenn einem sonst nix mehr einfällt, muss halt der Adolf her. Ein mit Gesicht und eigenem Willen ausgestatteter Autokompressor, der sich mit Werners „satter Literschüssel“ ein Rennen liefert, hat auch höchstens in einem Kinderfilm was zu suchen. Und ansonsten werden sämtliche Werner-Stereotypen durchgekaut und zum x-ten Mal variiert: die dummen und feigen Polizisten Helmut und Bruno, der aggressive Rocker-Schreihals, der paranoide Hüpenbecker, die Jammertante Frau Röhrich, der Klischee-Türke Ali. Ganz zu schweigen von den tiefgründigen Namensgebungen (Herr Schmiermich, Frau Blondefotz). Gags aus der Konserve werden dem Zuschauer hier als Frischobst serviert.

Atmosphärisch bleibt das Geschehen auch seltsam fad. Die Zeichenqualität scheint sich im Vergleich zu „Das muss kesseln“ wieder zurückentwickelt haben; sehr oft kommen deutlich sichtbare Standbilder zum Einsatz, in welche dann durch dilettantische Manipulationsarbeit Animationen eingefügt werden. Die Ausarbeitung der einzelnen Charaktere ist auch eher durchwachsen, obwohl andererseits wieder vereinzelte Animationen (wie Röhrichs Kampf mit dem Telefon) wiederum recht gelungen sind, wenn sie auch nicht so liebevoll und unverwechselbar sind wie die im Original. Und das trübe Nordseehafenambiente ist auch Geschmacksache.
Zuguterletzt fügt sich auch der Soundtrack in das gräuliche Gesamtbild. Der Torfrock-Titel „Beinhart“ hat zur damaligen Zeit im damaligen Zusammenhang gerockt wie Sau, aber das neue Thema „Volles Rooäää!!!“ beweist, dass die Mucke eine dicke Staubschicht angesammelt hat. Macht gar nicht an.

Hatte der zweite Werner-Kinofilm zumindest noch bei der Kinderschar eine gewisse Lobby, ist „Volles Rooäää!!!“ irgendwie ein Film für niemanden. So ganz ohne Zielpublikum wird eine irgendwo lebensnahe, andererseits aber doch wieder sehr konstruierte Geschichte erzählt, die einen seltsam unberührt lässt. Röhrich, Werner & Co. können zwar durch ihre pure Präsenz punkten, aber es ist beinahe so, als würde man die lustigen Figuren in luftleerem Raum agieren lassen. Von daher ist das dritte Abenteuer unseres Pantoffelhelden keinem so richtig zu empfehlen.
Den hat man schneller wieder vergessen, als Butchs französische Freundin „Blaubeerkuchen“ sagen kann.
3/10

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