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Review

Dass das japanische Monster mit Kultstatus einst den Schrecken der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki personifizierte und diesen Ereignissen ein Gesicht gab, wurde in der Reihe mit fortschreitender Dauer immer unwichtiger. Dabei war der Auftritt des Monstrums in dem von Ishirō Honda inszenierten sehenswerten Erstling eine ernste und schreckliche Begebenheit. An diese Tonalität knüpft nun „Minus One“ wieder an und geht nicht nur damit, sondern auch zeitlich zurück zu den Wurzeln.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs landet Kamikaze-Pilot Kōichi auf der kleinen Insel Odo, da er einen Maschinendefekt vorgetäuscht hat, um seinem Schicksal zu entgehen. Des Nachts greift eine unbekannte Kreatur den Flugplatz an. Das von den Einheimischen Godzilla genannte Wesen tötet nahezu alle Anwesenden, wofür sich Kōichi ob seines Nichthandelns die Schuld gibt. Zurück in Japan streift er durch die zerstörten Stadtteile Tokios, nimmt eine Frau mit einem Kleinkind bei sich auf und möchte einfach wieder in eine Normalität zurückkehren. Doch nach einiger Zeit kommt die Meldung durch, dass eine riesige Kreatur auf dem Weg nach Tokio ist, an die sich Kōichi nur allzu gut erinnert.

Eine Schwäche mancher Teile der Filmreihe stellt der menschliche Part dar. Oft sind die Leute egal oder uninteressant, hier jedoch bildet der von Takashi Yamazaki insgesamt 33. Eintrag in die Reihe eine positive Ausnahme. Das zerstörte Tokio bildet eine eindrückliche Kulisse und nicht wenig Zeit verwendet das Skript darauf, die Menschen in dieser zu zeigen. Der Wunsch nach Wiederaufbau, Normalität und einfach einem Leben wird wiederkehrend thematisiert und ist dabei auch einnehmend umgesetzt.
Überwiegend folgt man Kōichi (Ryūnosuke Kamiki) auf seinem Weg, der sein Schicksal und seine Schuld eng mit dem Monster verbunden sieht. Die zwischenmenschlichen Episoden sind überwiegend gelungen und es ist oft überraschend ruhig, sieht man von den emotionalen Ausbrüchen und manch pathetischer Szene ab, wie sie im japanischen Kino eben vorkommen. Das ist aber keine Kritik, diese äußern dafür manche Figuren. An der Untätigkeit der Regierung und der Vermeidung von Verantwortung. Es wird nicht übermäßig eingebracht, zeichnet aber so das gesellschaftliche Bild des hier gezeigten Nachkriegsjapan noch etwas schärfer.

Was die Auftritte des titelgebenden Monsters angeht, so sind diese etwas rar gesät. Aber wenn es zuschlägt, dann mit Nachwirkung. Kommt es erst zu kleineren Zwischenfällen, die dennoch schon effektiv inszeniert sind, so bringt die Tokio-Sequenz den Schrecken derart eindrücklich auf die Leinwand, wie man es in dieser Ernsthaftigkeit wohl seit dem Erstling nicht mehr geschafft hat. Dieser Godzilla ist die reine Zerstörung, das Sinnbild einer atomaren Waffe, grimmig und bedrohlich. Frühere, gar freundliche Inkarnationen werden hier einfach aus dem Gedächtnis gewischt. Diese Sequenz, gerade zum Ende hin, ist so mitreißend und aufwühlend, wie ich es im Kino schon lange nicht mehr erlebt habe.Natürlich kommt auch noch ein adäquater Showdown, der zwar nicht mehr ganz so emotional, aber dennoch packend inszeniert ist.

Anteil daran hat auch der gelungene Score von Naoki Satō, der durchweg passende Töne findet. Die Kirsche auf der Tonspur ist dann noch die Verwendung des Hauptthemas aus dem 1954er Original, das noch einmal für Gänsehaut sorgt. Auch die Effekte sind überwiegend gelungen, manche Einstellung auf dem Wasser wirkt artifiziell. Godzilla selbst ist hier trotz manch starrer Bewegung eine der besseren Versionen, sicherlich aber eine der am bedrohlichsten wirkenden.
Kritik, abseits der nicht immer perfekten FX, gibt es nicht viel. Die Episode um einen Kōichi von früher bekannten Mechaniker hätte man etwas kürzen können und die Idee, wie man Godzilla beikommen will, mutet im Hinblick auf den sonst so geerdeten Film etwas zu phantastisch an. Auch hätte es, wie immer, gerne mehr von der verstrahlten Riesenechse geben dürfen. Letztlich schadet das dem Film insgesamt aber nur wenig.

„Godzilla Minus One“ geht zurück zu den Wurzeln der Reihe und zeigt die Kreatur als das finstere Monstrum, als das es erdacht war. Der Schrecken der Atombombenabwürfe bekommt hier (wieder) ein Gesicht, der Ton ist ernst und die Schicksale der Menschen in einem vom Krieg gebeutelten Japan mehr als nur Staffage. Begleitet von einem starken Score sorgt Godzilla in diesem Teil wie im Erstling vor 70 Jahren für Entsetzen. Einer der stärksten Einträge in die Reihe und ein erneuter Beweis dafür, dass die besten Godzilla-Filme eben doch aus Japan kommen.

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