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Review

An Verbrüderung ist der Menschheit in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg kaum gelegen, zumindest, wenn man die damalige Filmlandschaft als Spiegel begreift. In einem „Kampf der Welten“ (1953) etwa kommt es zwar zum globalen Zusammenschluss, dies aber eher aus Verzweiflung als aus Überzeugung. Es dominieren grimmige Gedankenspiele um bösartige Invasoren, aus denen die Furcht spricht, dass sich die grauenvollen Erlebnisse der jüngeren Vergangenheit im Kalten Krieg atomar multiplizieren könnten: „Das Ding aus einer anderen Welt“ (1951) um eine physisch überlegene Alien-Kreatur, die im ewigen Eis verborgen auf Beute lauert; der „Blob“ (1958) als formlose, nicht kategorisierbare Bedrohung ohne Gewissen, „Die Dämonischen“ (1956) als vernetzte Intelligenz, die im Unsichtbaren direkt unter uns weilt. Nicht zuletzt eben auch der japanische „Godzilla“ (1954), das fatale Nebenprodukt menschlicher Gottkomplexe im Spiel mit den Naturgewalten.

Dessen Regisseur Ishir? Honda griff mit „Krieg im Weltenraum“ jedoch der Zeitgeschichte voraus. Seine 1959er Arbeit lässt sich aus heutiger Perspektive eher mit den Science-Fiction-Filmen der 90er Jahre vergleichen als mit seinen Zeitgenossen. Beim Versuch, eine weltumfassende Perspektive zu generieren und die Globalität der Bedrohung zu betonen, scheint ein Roland Emmerich mit „Independence Day“ jedenfalls eifrig mit dem Stift im Notizbuch Kreise gezogen zu haben. Hondas Schauplätze gehen über begrenzte Setpieces, ja letztendlich gar über den Tellerrand der Erdkugel weit hinaus. Japanisch fühlt sich sein Film nicht zwangsläufig an, wenn überhaupt an eine Nation gebunden, dann fast noch mehr an die amerikanische - dank der spektakulären Modellzerstörung ikonischer Wahrzeichen der USA (vor Emmerichs Washington kam New York und San Francisco). In letzter Instanz ereignen sich die Geschehnisse aber flächendeckend global.

Angesichts der unkomplizierten Einigkeit im Kampf gegen die extraterrestrische Bedrohung bleiben politische Subtexte um fehlgeschlagene Völkerverständigung weitestgehend aus und somit auch Zündstoff, der dem Aufbau von Spannung förderlich wäre. Kommen Völker aus aller Welt zur Erörterung der misslichen Lage in einem Rat zusammen, löst sich dieser mit dem simplen Konsens kindlicher Logik auf, was die militärische Omnipräsenz auf Mutter Erde noch mehr nach Zinnsoldaten und Plastikpanzern auf der Spielzeugmatte aussehen lässt. Das sägt an der potenziellen Substanz und letztlich auch Relevanz des Films, der nie den filmhistorischen Stand erreichen konnte wie die Klassiker seiner Zeit. Andererseits räumt das den Weg frei für satte Weltraumaction. Das schwer mit Raketen, Satelliten und schießenden Astronauten bestückte Cover-Artwork verspricht bei weitem nicht zu viel. In dieser Kategorie tischt Honda mächtig auf, spätestens dann, wenn er eine bunte Besatzung auf den Mond schießt, um das Versteck der heimtückischen Invasoren ausfindig zu machen – ausnahmsweise mal keine Monster aus Schuppen, Krallen, Fell und Kiemen, sondern kindsgroße Humanoiden, die ihr Äußeres hinter robotischen Raumanzügen verbergen und mit Hilfe wilder Permutation irren Gegackers kommunizieren. Der Mensch kämpft hier sozusagen gegen sein verzerrtes Abbild.

Schnell wird dabei deutlich, dass die Spezialeffekte die wahren Stars der Geschichte sind. Die hochauflösende Blu-ray legt Garn frei, mit dessen Hilfe die Raketen in die Vertikale befördert werden. Die übersensible Reaktion bei der Kollision von Materie verrät, dass Modellbauten für die große Realität einstehen. Und nicht nur das Gebastelte gibt frech vor, die Physik zu überrumpeln, nein, selbst die Darsteller imitieren theatralisch mit weiten, schweren Bewegungen reduzierte Gravitation, die am eigentlichen Set nicht vorhanden ist. Sägt das am Unterhaltungswert? Natürlich nicht, ganz im Gegenteil: Es fördert sie. Schnitt und Pacing halten dabei alle Trümpfe in der Hand und liefern ein quirliges Potpourri aus Erdenpathos (wer Freude dabei hatte, Ben Affleck und Liv Tyler in „Armageddon“ beim Bauchnabelkeksliebesspiel zu beobachten, wird hier beim Blick in den schwarzen Himmel von einer Wiese aus vielleicht auch glücklich) und Space Opera mit pervertierter Star-Wars-Action, in dessen Spannungsfeld die Stratosphäre dazwischen zum Schauplatz voller Gestaltungsmöglichkeiten erkoren wird. Das Element der Luft nutzt Honda sehr gekonnt, füllt er die leere, blaue Leinwand doch wild wie ein Expressionist, immer am Rande der Gefahr, er könnte einen von Laserstrahlen getroffenen, sich de-atomisierenden Astronauten zu viel in Szene setzen. Dass spitz zulaufenden Flugkörpern derweil immer ein irdischer Ursprung zugesprochen wird und Außerirdische im Kontrast dazu stets Untertassen steuern, ist ein interessanter aerodynamischer Aspekt, der sich längst als Filmklischee etabliert hat und der hier besonders auffällig inszeniert wird. Man verwendet ihn für geometrische Kontraste, bei denen sich Vertikales mit Horizontalem in einleuchtender Zuordnung kreuzt. Diese Geschichte würde sich spätestens 20 Jahre später wiederholen, als das Vektorspiel „Asteroids“ erfunden wurde.

Natürlich bezahlt Honda die tollkühne Kopfüber-Perspektive auf einen Globus im Alarmzustand damit, nichts von Belang zu sagen zu haben; wenn „Krieg im Weltenraum“ eine Aussage haben sollte, verpufft sie im Dampfausstoß der Lavaldüse bei einem der unzähligen Raketenstarts, mit denen er der Regisseur die Kratzbürstigkeit unserer Spezies ausdrückt. Doch knuffige Spezialeffekte öffnen Pforten zu Bildern, die ihren Unterhaltungswert über all die Jahre konserviert haben.

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