*** Spoilerwarnung ***
Cassandra ist 30, Single, wohnt noch bei den Eltern und treibt sich abends in Bars herum. Hier lässt sich die scheinbar hilflos Zugesoffene von allzu hilfsbereiten Männern mitnehmen, nur um ihnen einen Strich durch die Rechnung zu machen und das Drecksacksein unter die Nase zu reiben. Beruhend auf einem tief sitzenden Trauma aus früheren Tagen hat sich dies zu einer Besessenheit entwickelt, bis sie Ryan kennenlernt, der einen Neuanfang für sie darstellen könnte.
Carey Mulligans Darstellung ist kompromisslos und changiert von eiskalt zu verletzlich und zurück, wirkt dabei auf traurige Weise glaubhaft und durchweg beeindruckend. Das Leiden Cassies, ihre Obsession, wird in verschiedensten Phasen eingefangen, nur manchmal angereichert mit etwas Humor, wobei dieser nie die Ernsthaftigkeit des Themas untergräbt. Die fehlende Selbsterkenntnis der männlichen Figuren kann einen ankotzen und / oder zum Lachen bringen, wirklich lustig ist das aber nicht. Und selbst wenn es den Anschein hat, dass sich das Blatt wendet, ein Funken Glaube an das Gute zurückkehrt, bereitet dies nur einen weiteren Schlag vor.
Die Abwärtsspirale ist vorgezeichnet, Cassie geht ihren Weg unbeirrt und berechnend. Und diese Konsequenz stärkt das atmosphärische Konstrukt von Emerald Fennells Langfilmdebüt, zu dem sie auch das Drehbuch verfasste. Der Film nimmt sich die nötige Zeit für den Aufbau und die Skizzierung der Figuren und verrät immer wieder etwas mehr über die Motivation, wobei er sich hierbei nicht der Exploitation bedient, doch genug in der Vorstellung anrichtet.
Die bunten Bilder täuschen da gerne, und stellen die Umwelt, die nie um eine Ausrede verlegen scheint, quasi als Gegensatz zu Cassies Innenleben dar. Interessant auch die Musikauswahl inklusive einer atmosphärisch famos eingesetzten Coverversion von Britney Spears „Toxic“.
Das Ende ist dann zum einen befriedigend, aber auch konstruiert und zieht noch einen Riss in das ansonsten sehr positive Gesamtbild. Realistisch betrachtet wären die Typen wohl davongekommen; aber allein dies zu wissen hinterlässt schon ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Glücklicherweise lässt sich Fennell nicht dazu hinreißen, einen unreflektierten, einseitigen Rachefeldzug an der gesamten Mannheit zu inszenieren. Und trotzdem - da draußen gibt es genug A%@§?!*#er wie in dieser Geschichte. Nur werden genau diese sich sowas kaum ansehen.
Mit einer ausgezeichneten Hauptdarstellerin und dem langsamen, aber stetigen anziehen der Spannungsschraube ist „Promising Young Woman“ kein leichter, aber sehenswerter Film, der nachwirkt.