kurz angerissen*
Von einem modernen Klassiker würde man bei "The Strangers" nun nicht gerade sprechen wollen, aber Writer-Director Bryan Bertino wusste immerhin, wie man das Gefühl der Angst in den eigenen vier Wänden auf die reine Essenz des Terrors reduzieren musste. Auch wenn seither viele Jahre ins Land gezogen sind, so stammt zumindest das Drehbuch wieder von Bertino. Das schürt die Hoffnungen auf eine Wiederholung des effektiven Kammerspiels, das wenig Dialog, Handlung, Musik oder Ausleuchtung benötigte, um den maximalen Effekt zu erzielen. Und es wird zur Wurzel der Enttäuschung, als man zu realisieren beginnt, dass "The Strangers - Opfernacht" ein Rückfall ins Zeitalter der kreischenden Opferlämmer ist, die fortlaufend falsche Entscheidungen treffen.
Minimalistisch fällt immerhin das Ausgangsszenario aus. Eine Kleinfamilie bestehend aus den Eltern und zwei halbwegs erwachsenen Kindern steht auf der Speisekarte der Maskenträger, deren Beweggründe erneut völlig im Dunkeln gelassen werden. Abgesehen von einer müden Prologsequenz nach Schema F, in der ein älteres Ehepaar in die Mangel genommen wird, bleibt es bei dieser überschaubaren Konstellation; Bertino plant seine Szenarien offenbar am liebsten unter einer Käseglocke mit wissenschaftlicher Freude am Sezieren. Die Variation erschöpft sich darin, dass das Haus als klassischer Home-Invasion-Schauplatz gegen einen fast menschenlosen Trailerpark getauscht wird, der als Spielkarte für etliche Verfolgungsjagden im Schein der Straßenlaternen dient. Die Mechanik ändert sich dadurch kaum. Noch heute erinnert man sich an diese eine Szene, in der Liv Tyler im Vordergrund des Bildes zur Kamera gerichtet ist und im hinteren Bereich reglos ein Eindringling mitten in der Wohnzimmerdekoration steht. Nun wird eben auf offenen Wiesen herumgestanden, suggerierend, dass die Offenheit des Raums nur ein Trugschluss ist; am Ende, so will es das Drehbuch, gibt es ja ohnehin kein Entkommen vor der direkten Konfrontation.
Wenn man will, kann man in "The Strangers 2" einen brauchbaren Neo-Slasher sehen: Er weiß immerhin ein, zwei Überraschungen und unheimliche Momente zu erzeugen (das beharrliche Klingeln an der Tür) sowie atmosphärische Bilder zu schaffen (die in Neonlicht getauchte Freibadszene, das brennende Auto auf der Brücke). Irgendwie erwartet man aber doch mehr als eine Familie, die sich bei den ersten Anzeichen von Bedrohung gleich trennt, die - Achtung, kleinere Handlungsdetails werden im nächsten Halbsatz verraten - selbst in einen Tatort eindringt, anstatt die Polizei zu rufen, die gesammelt das komplette Arsenal an Smartphones einfach auf der Küchenzeile vergisst. Es ist diese Art von Familie, die sich ihr Schicksal durch endlose Dummheit redlich verdient und es im Umkehrschluss nicht schafft, sich die Empathie des Zuschauers zu erarbeiten. Die kurzen Momente der absoluten Befriedigung, wenn sich das Blatt mal zugunsten der Gejagten wendet, kommen nicht zustande, weil sie einem ans Herz wachsen würden, sondern eher wegen der durchaus verstörenden, aus reinem Nihilismus handelnden Psychopathen.
Die können allerdings den Handlungsverlauf offenbar auch nicht so recht lenken, denn das Drehbuch schafft es irgendwie, von einer Klischeesituation in die nächste zu poltern, ohne auch nur eine davon angemessen als Klischee auszuweisen. Dieses Muster zieht sich bis in den Epilog hinein, der auf Teufel komm raus unbedingt noch einen letzten Surprise-Effekt aus dem Hut zaubern möchte. Party-Slasher können Spaß machen, gerade weil sie so vorhersehbar sind; doch "The Strangers 2" ist Regression, die wirklich unangenehm anzusehen ist.
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