kurz angerissen*
Katzen sind omnipräsent. Selbst wenn man sich nicht zu ihren Besitzern zählt, wird man doch permanent mit ihrer Anwesenheit konfrontiert: Ob auf einem Blechdach hockend oder hinter einer Fensterscheibe nach draußen stierend; in der Werbung als verwöhnte Schmusetiger inszeniert oder in Clips gängiger Videoportale zu Pausenclowns erklärt. Ihr Dasein ist mit dem unseren bereits so eng verknüpft, dass es zum integralen Bestandteil unseres Alltags geworden ist und wir über ihre Gegenwart kaum noch bewusst nachdenken.
Insofern kann ein Dokumentarfilm wie "Kedi" nur einen Blick auf die kleinen, selbstverständlichen Dinge im Leben liefern, beweist allerdings zugleich, dass sich ein solcher Blick durchaus lohnen kann. Denn so sehr wir die pelzigen Vierbeiner auch zu kennen glauben, am Ende stellt sich immer heraus, dass die Zahl ihrer Persönlichkeiten unendlich ist und ihr Wesen unerschöpflich. Richten wir den Blick auf die Katze mit dem Anspruch, etwas von ihr zu lernen, so treten wir auch nach Jahren der Erfahrung im Umgang mit ihnen nicht ohne Gewinn aus der Betrachtung.
Natürlich ist "Kedi" ebenso sehr ein Portrait Istanbuls wie eines der Katzen, die in der türkischen Metropole leben. Die charakteristischen Hafenpanoramen, Märkte und gepflasterten Straßen bedingen sich mit der Lebensweise der Katzen gegenseitig. Istanbul wird als "Stadt der Katzen" inszeniert, weil das Straßenbild so sehr von ihnen geprägt sei wie in kaum woanders; so jedenfalls wird für ihr Außenbild geworben. Die soziale Verbindung der Tiere zu den Bewohnern Istanbuls nimmt insbesondere in den Aufnahmen der belebten Innenstadt faszinierende Formen an, die alltäglich wirkenden und doch so besonderen Aufnahmen suggerieren ein trautes Zusammensein von Mensch und Katze.
Zwar darf der dokumentarische Wert von "Kedi" aufgrund der Romantisierung (nicht zuletzt durch religiös gefärbte Erlebnisberichte über besondere Begegnungen mit Katzen) in Zweifel gezogen werden, durch seine fabelartige Struktur erhebt er allerdings auch nicht den Anspruch, ein Informationsprogramm zu sein. Er bietet lediglich einen alternativen Blick auf das Naheliegende. Dass er dabei dem gebeutelten Türkei-Tourismus noch einmal Starthilfe leistet, ist nicht verwerflich.
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