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Review

kurz angerissen*

Dass Disney all seine Zeichentrickklassiker nun offenbar in Realfilme zu übersetzen plant, ist nicht unbedingt als kreative Hochleistung zu verstehen, "The Jungle Book" stellt aber zumindest in Sachen Detailfreude und Bildkraft ein überzeugendes frühes Beispiel ab.

Dabei springt die Künstlichkeit der CGI zunächst wie ein Dorn ins Auge, bevor man die Kunst in ihr zu begreifen lernt. Es wäre ein Missverständnis anzunehmen, der Sprung vom Trick- zum Realfilm würde Ambitionen mit sich führen, Realismus anzustreben. Tatsächlich hält das opulente Werk die Verbindung zur Animation über eine saftig leuchtende Dschungelwelt aufrecht, die szenenweise tatsächlich zum fliegenden Kostümwechsel in der Lage ist; ganz so wie beim Umschlagen der Seite eines Buches.

Die Sprunghaftigkeit der Handlung lässt natürlich keine glaubwürdige Entwicklung zu oder sonst eine besondere Tugend des wiederentdeckten Neorealismus unserer Zeit. Es geht um süßesten Eskapismus, und mit jeder neuen Situation wird eine völlig neue Plastik geschaffen, deren feine Details man in Standbildern alleine schon zur Abendunterhaltung erklären könnte.

Hauptdarsteller Neel Sethi bleibt dabei eigentlich nur eine Notiz am Rande, der Blickfang sozusagen für die eigentliche Bestie Dschungel mit all ihren unterschiedlichen Gesichtern; den freundlichen, den gefährlichen, den verführerischen, den stolzen, den ängstlichen, schwachen und starken, friedvollen und aufwühlenden. Irgendwie gelingt es Jon Favreau dabei meist, dieses emotionale Spektrum in stimmungsvolle Begegnungen umzumünzen. Was in den ersten Minuten noch wie ein reiner Kinderfilm anmutet, zeigt spätestens mit dem ersten Auftritt Shere Khans ins Bedrohliche schwankt; der bizarre Auftritt des King Louie kann dies sogar noch toppen und dürfte zahlreichen jungen Zuschauern, die immer noch zur Zielgruppe gehören, Alpträume bescheren.

Doch auch Humorvolles weiß der Film zu bieten. Sicherlich mag man gerade an Balou die Ausdrucksstärke des Zeichentrickfilms vermissen, jedoch kolportiert Bill Murray die viel zitierte Gemütlichkeit überzeugend, wo die Mimik des Bären nur noch wenig Comichaftes an sich hat. Einzig die (glücklicherweise rar gesäten) Gesangseinlagen wirken im Vergleich zum Original aufgesetzt und bemüht; hier hätte man es beim angedeuteten Gemurmel belassen sollen.

"The Jungle Book" 2016 ist kein Remake, das den Inhalt der Vorlage in besonderer Weise für den aktuellen Zeitgeist neu interpretieren würde (was dann auch in Frage stellt, weshalb man bereits 2018 schon wieder das nächste Remake benötigt, diesmal aus der Warner-Schmiede), es ist mehr oder minder einfach eine Auffrischung der Farben, so als würde man mal wieder sein Garagentor streichen. Manchmal reicht das aber schon.

*weitere Informationen: siehe Profil

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