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Review

kurz angerissen*

"Warcraft" mag kaum über Unterhaltungskino hinausgehen, sich vor allem über glänzende Spezialeffekte definieren und ganz bestimmt nicht die symbolische Tiefe von Peter Jacksons Referenztrilogie aus dem vergangenen Jahrzehnt erreichen, aber er gibt dem gebeutelten Fantasy-Genre etwas zurück, das vor und nach "Der Herr der Ringe" als völlig tot galt: Er bedeutet klassisches, detailverliebtes Geschichtenerzählen von einer jenseitigen Welt. Reuelos darf man die Entstehung eines neuen, völlig autark funktionierenden Universums genießen, einer neuen Zelle also, in die der Geist des Eskapismus der Realität entfliehen darf. Und eine solche war längst überfällig.

Tatsächlich ist die Architektur dieser ursprünglich aus Computerspielen, Comics und Kartenspielen stammenden Welt beeindruckend. Mag die Einteilung in Rollen und Gilden für Computer- und Rollenspiele dieser Prägung noch einen Allgemeinplatz darstellen, so wird ihre Verknüpfung auf durchaus kreative Weise erreicht. Zauberei bedeutet nicht einfach nur Blitze und Energieblasen (obwohl beides reichlich vorhanden ist), sondern sie wird strategisch und mit Bedacht eingesetzt und der reinen Muskelkraft ebenso gegenübergestellt wie der menschlichen Intelligenz. Die Verteilung von Kräften fühlt sich wesentlich komplexer an als das, was der 08/15-Kinogänger etwa aus dem Marvel-Kosmos kennt, der über Gut-und-Böse-Polkappen hinaus nie eine Graustufe kennengelernt hat.

So geleitet Duncan Jones trotz einiger steriler Bilder durch eine Abfolge von Szenen, die durchaus mehr Faszination ausüben, als man sich im Vorfeld hat eingestehen wollen. Was fehlt, ist der naturalistische Touch der Tolkien-Verfilmungen, besteht "Warcraft" doch zu ungleich größeren Anteilen aus dem Computer. Das hat zur Folge, dass man nicht ganz so tief in die Erzählung gezogen wird und am Schicksal der Charaktere weniger Anteil nimmt, wobei Hauptdarsteller Travis Fimmel ("Vikings") eine gute, aber stromlinienförmige Leistung abliefert. Und doch reicht ein Blick auf die mit Ringen geschmückten Hauer der Orks, damit man sich im Kopf eine Legende über deren Riten und Kultur anlegt.

Nicht die Geschichte als solche, sondern die vielen kleinen Eigenarten sind es also, die das Interesse an den Spezies und ihrem Werdegang aufrecht erhalten. Sie lassen es sogar akzeptabel erscheinen, dass das Ende ohne dramaturgische Aufwölbung einfach plötzlich da ist, als habe man lediglich den Piloten zu einer Serie gezeigt. Denn letztlich möchte man ja ohnehin noch mehr von dieser Welt sehen.

*weitere Informationen: siehe Profil

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