kurz angerissen*
Paris unterliegt als Drehort einer ebensolchen Filmroutine wie isoliert lebende Einzelgänger in fremden Großstädten als Storyaufhänger, doch Regisseurin und Drehbuchautorin Sandra Nettelbeck versteht diese Offensichtlichkeiten als Herausforderung, nahe liegende Klischees zu umgehen, was ihr bis auf wenige Ausnahmen vortrefflich gelingt. Alleine die Intimität, mit der sie die meistgefilmte Stadt Europas einfängt, ist eine große Kunst. Statt Flusspanoramen, romantischen Gärten und belebten Plätzen gibt es Bushaltestellen, Bäckereistände und Altbauten in blassen Farben zu sehen.
Das Skript spielt beherzt mit dem unausgesprochenen Reiz eines verbotenen Flirts, verknüpft ihn von Beginn an jedoch mit dramatischen Elementen. Nettelbeck arbeitet diesen Hauptbogen zum Ende hin zu einer komplexen Familiengeschichte aus und stolpert lediglich in der Einführung der Figur von Justin Kirk kurz (wohingegen Gillian Anderson, die parallel eingeführt wird, als bissige Kommentatorin des Films einen herrlich unverkrampften, wenn auch einfachen Auftritt absolviert), was im weiteren Verlauf jedoch wieder ausgebügelt werden kann. Über alle Zweifel erhaben ist der Hauptdarsteller, dem dieser Film passt wie ein maßgeschneiderter Anzug. Von ihm bekommt man das zu Erwartende in bestmöglicher Ausführung, während Clémence Poésy mit ihrer herausstechenden Art tatsächlich jenen erfrischenden Riss im Weltbild erzeugt, der ihr innerhalb der Filmhandlung ebenfalls zugesprochen wird.
*weitere Informationen: siehe Profil