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Review

Zwei ulkige Freunde mit einem sehr merkwürdigen Fressbudengeschäft werden per Zufall in eine Entführungsgeschichte gezogen. Das Opfer ist eine hübsche Frau, die sich als Straßenmädchen eigentlich auch selbst ganz gut zu helfen weiß - aber wer lehnt schon die Hilfe zweier durchtrainierter Imbissverkäufer ab? Und wer ist eigentlich dieser kleine dicke Detektiv, der die ganze Zeit hinter der Frau herschleicht?

An einem Orte der Mancha, an dessen Namen ich mich nicht erinnern will, lebte vor nicht langer Zeit ein Hidalgo, einer von jenen, die einen Speer im Lanzengestell, eine alte Tartsche, einen hagern Gaul und einen Windhund zum Jagen haben.

Schon wieder? Hongkong-Ulk, wie er typischer nicht sein könnte? Das lässt sich machen... selbst in Spanien. Genaugenommen verhilft der europäische Handlungsort dem Konzept der drei “Superfreunde” Jackie Chan, Yuen Biao und Sammo Hung zu neuer Kreativität. Die Geschichte der “Wheels on Meals” ist zugleich die des spanischen Volkshelden Don Quijote. Der Geist des vom Rittertum besessenen Junkersmannes findet sich in Yuen Biaos edelmütig denkendem David wieder, einem Mann, der unter allen Umständen dem holden Weibe Sylvia (Lola Forner) helfen möchte, und möge sie ihn auch hundertmal in seinem eigenen Heim bestehlen. Jackie Chans Thomas ist sein treuer Gaul Rosinante, nicht ganz so sehr von der guten Frau besessen, aber treu zu seinem besten Freund stehend und ihm auch mal auf die Sprünge helfend. Und dann ist da natürlich noch Sammo Hungs Privatdetektiv Moby als einfältiger, aber beherzter Sancho Pansa mit sinnvoller Hilfestellung von außen.

So wird das erfolgreich erprobte Rezept (“Project A” war schließlich ein Kracher vor dem heiligen Vater) freilich ohne wirkliche Innovationen in die spanischen Katalanen verlegt und man bekommt ein wenig einen Eindruck davon, was US-Filme wie “The Protector” hätten sein können, würde man die eingespielte Crew einfach mal ohne Auflagen gewähren lassen. Ein Hauch von Exotik ist nämlich vorhanden, wenn Sonnenuntergänge am Strand gezeigt werden, Palmen und die ureigene Architektur der Innenstadt Barcelonas. Da sich Sammo Hungs Martial Arts-Komödien weniger über die Stories auszeichnen als vielmehr über die situative Aneinanderreihung von Szenen - ob nun durch Slapstick, Dialoghumor oder Action - ist die Location nicht ganz unerheblich für das Resultat. Und die Spanier (teilweise im Cast verankert über Schauspieler, Kameramann und Ausstatter) ziehen die Schlinge glücklicherweise lange nicht so eng wie die Amerikaner, so dass “Powerman” wirklich ausschaut wie ein waschechter HK-Film - nur, dass er eben in Barcelona spielt.

Für die Comedy bedeutet das ein paar eher harmlose Gags auf Kosten des Culture Clashs. Offensichtlich spielen Jackie und Yuen - in einem (vorerst autarken) anderen Handlungsstrang auch Sammo Hung - chinesische Emigranten, die sich alles in allem inzwischen recht gut mit ihren spanischen Nachbarn verstehen. Sie machen sich ihre Späße mit dem grimmigen alten Ladenbesitzer, gehen in örtliche Discos (mit einem feinen “Sammo-brüllt-Beleidigungen-und-wird-von- Musik-übertönt-bis-jemand-den-Stecker-zieht”-Gag) und schlichten Ehestreits mit dem italienischen Nachbarspaar. Hier wird auch mal so manches Klischee verbraten (italienische Ehemänner sind nicht treu), ohne dass es aber unpassend rüberkommen würde. Die Nachzeichnung der Situation vor Ort ist sehr sympathisch und einige Witze sind erstaunlich westlich ausgefallen. Klamauk bleibt es zwar, doch der Europäer wird nicht mehr notgedrungen bei jedem Gag den Kopf schütteln. Als Beispiel sei gleich die erste Szene genannt, in der Yuen und Jackie nacheinander aufstehen, die gleichen Routinetätigkeiten ausführen, bis Yuen den Trainingsbock massiv bearbeitet und Jackie anschließend folgt - aber entgegen der Erwartungshaltung des Zuschauers nur mit einer Bewegung. Das ist auch in diesen Breitengraden zu verstehen.
So entwickelt sich die Situation mit Sylvia, die im Haus von Thomas und David übernachtet, auch nicht zu einer kindischen “Lucky Stars”-Angelegenheit, obwohl Lola Forners Rolle genau diesen Typus bedient und ihn mit einigen Sätzen auch forciert (“Ihr wollt doch beide mit mir schlafen, aber ihr traut euch nicht ran.”) - bei Yuen und Jackie ist aber trotz vorhandener Ansätze noch genug Respekt vor der Dame im Haus da; sie haben nicht ganz die Infantilität der Lucky Stars, welche übrigens mit Richard Ng, John Sham und eben Sammo Hung zum Teil mit Cameos auch im Cast vertreten sind.

Auch wird der Plot niemals wie bei den “Lucky Stars” für sinnlose Comedypassagen angehalten, sondern über die Comedyszenen hinaus wird er stets weiter vorangetrieben. Das ermöglicht es Sammo Hung, mit sinniger Portionierung seiner Zutaten die Kurzweil aufrecht zu erhalten. Der interessanten Location zum Dank fällt die Aufmerksamkeit des Zuschauers kaum ab. Das kaschiert sogar den über weite Strecken zu konstatierenden Mangel an Stuntarbeit. Herausragend ist da nur der Umgang mit den Motorrad-Rowdys, die in feinster SloMo-Arbeit die Quittung für ihre Frechheit bekommen - eine Frechheit von der Art, die den Bad Guys aus “Rumble in the Bronx” später dauerhaft auf die Flagge geschrieben wurde.

Ähnlich mager sieht es lange Zeit mit Martial Arts-Choreografien aus. Im Gedächtnis bleibt zunächst nur die ungewöhnliche Art von Jackies Bestellungsaufnahme mit seinem Skateboard, ansonsten noch ein paar vorzeitige Zusammentreffen mit dem Highlight des Finales, Benny Urquidez. Der wird zusammen mit dem ersten richtigen Fightchoreografie-Megaflash erst kurz vor Ladenschluss so richtig aktiv. Auf einem Schloss angesiedelt, wird im Finale ganz offensichtlich das “Project A”-Finale in der Piratenhöhle wiederaufgeführt, denn nun endlich hat sich der Nebenplot von Sammo Hung endgültig mit dem von Chan und Biao verknüpft und zu dritt dringen sie in die Festung ein, eine Verbildlichung der ritterlichen Tagträume des Don Quijote. Jeder der drei “Superfreunde”, zuletzt noch zu den heldenhaften “Musketieren” mit Kostüm und Degen hochstilisiert, bekommt seinen eigenen Rivalen zugewiesen. Biao geht in seiner Aufgabe etwas unter, Hung gibt sich wenigstens genug Zeit, um einen attraktiven Kampf gegen den Hausherrn zu veranstalten. Alles verblasst aber gegen den Kampf Jackie Chan vs. “The Jet” Urquidez. Der in mehr als 200 Kämpfen ungeschlagene Kickbox-Champion sollte vier Jahre später in “Action Hunter” erneut einen Höhepunkt in Sachen Finalduell-Gegner von Jackie Chan stellen. Dabei wurde er angeblich aufgrund übertriebener Härte seinen Komparsen gegenüber beinahe gefeuert. So wären wir allerdings eines oder mehrerer Genre-Highlights beraubt worden, denn die Geschwindigkeit, mit der die beiden Rivalen ein Stakkato von Angriffs- und Abwehrhaltungen aufeinander loslassen, ist mehr als bemerkenswert. Nicht ganz so schön eingefangen wie in “Action Hunter” (Zeitlupen machen sich bei derartiger Geschwindigkeit immer gut), sitzt man ganz schnell staunend da und erfreut sich an einer Szene, auf die man schon rund 100 Genre-Filme warten muss, bis man eine ähnliche zu Gesicht bekommt.

Typisch HK-Kino bekommt man also einmal mehr das Highlight als Dessert serviert und blickt anschließend pappesatt auf 100 Minuten Unterhaltung ohne Langeweile zurück, die sich allenfalls vorwerfen lassen muss, mit Stunts und Kämpfen bis zum Finale etwas sparsam umzugehen. Die Standortverlagerung ist aber in jeder Hinsicht ein Gewinn: Ohne die Qualitäten des chinesischen Kinos einzuschränken, kommt Barcelona als Drehort gut zur Geltung und selbst die Gags atmen ein wenig europäisches Flair. So lässt man sich Jackie Chans Klassiker gerne gefallen.
7.5/10

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