Über nichts definieren sich die Amerikaner lieber wie über den beruflichen oder gesellschaftlichen Erfolg. Da ist es kaum verwunderlich, dass uns keine andere Filmindustrie der Welt mit solch einer Regelmäßigkeit und Häufigkeit stets neue Erfolgsstories serviert wie Hollywood. Ohnehin produzierte die Traumfabrik ihre Konfektionsware schon immer gern am Puls uramerikanischer Befindlichkeiten und Wertvorstellungen. Immer häufiger dürfen auch Frauen den American Dream auf der großen Leinwand vorleben, schließlich muss man mit der Zeit gehen. Der diesjährige Beitrag zum Thema hört auf den klangvollen Titel „Morning Glory".
Diesmal begleiten wir Rachel McAdams auf ihrem mehr oder weniger steinigen Weg zu Anerkennung, Erfolg und Glück. McAdams spielt die Fernsehproduzentin Betty Fuller als quirlig-sympathisches Mädel von nebenan, dessen Naivität nur noch von ihrem grenzenlosen Optimismus übertroffen wird. Den hat sie auch dringend nötig, als sie ihren sicher geglaubten Job bei einer New Jerseyer Morningshow verliert und ihr einziges Stellenangebot aus der quotenschwachen und bereits für den Abschuss freigegebenen Konkurrenzsendung „Daybreak" besteht.
Eingekeilt zwischen ihrem zynischen Chef (Jeff Goldblum) und einem sich durch eine Mischung aus Selbstherrlichkeit, Inkompetenz und Chaos auszeichnenden Mitarbeiterstab bleibt der beherzten Jung-Produzentin lediglich die Flucht nach vorn. Diese besteht aus der vermeintlich rettenden Idee, den immer noch unter Vertrag stehenden ehemaligen Star-Anchorman Mike Pomeroy (Harrison Ford) vor den klapprigen TV-Karren zu spannen.
Leider entpuppt sich Beckys Idol aus der Kindertagen als mürrischer und gänzlich unkooperativer Sturkopf, der „Daybreak" für gänzlich unter seiner Würde hält.
Erfolgsmärchen wie Morning Glory leben in erster Linie von den Stolpersteinen auf dem ansonsten überraschungsarmen, weil zementierten Weg nach oben. Je nach Tonart des Films sind es die tragischen oder komischen Momente, die diese Streifen unterhaltsam und erinnernswert machen.
In diesem Fall sorgen Harrison Ford und Rachel McAdams in bester Screwball-Manier dafür, dass der eigentlich reichlich bieder und konventionell gestrickte Plot ein paar humoristische Ecken und Kanten erhält. Der für sein minimalistisches Minenspiel und seine lässige, unaufgeregte Art bekannte wie beliebte Ford bildet einen wunderbaren Gegenpol zur exaltierten und gestenreichen Spielweise der quirligen McAdams. Die simple Formel „Opposites Attract" funktioniert auch hier wieder ausgezeichnet. Der verbale Schlagabtausch zwischen der mit allerlei Starallüren aufwartenden Nachrichtenlegende und der es allen recht machen wollenden, aufstrebenden Produzentin ist bissig, pointiert und witzig.
Dass der ehemalige Abenteuer-Star Harrison Ford auch gut in Komödien aufgehoben ist, dürfte indes keine allzu große Überraschung sein. Sein komisches Talent und - für das Genre so wichtige - Gespür für Timing konnte man bereits im dritten Indiana Jones bewundern. Fords Kabbeleien mit Filmvater Sean Connery erinnern an die Zankereien eines alten Ehepaares und braucht sich keinesfalls hinter Screwball-Klassikern aus den 1930er und 1940er Jahren verstecken. So gesehen war Ford bestens gerüstet für die Zankereien in Morning Glory.
Zudem kann Regisseur Roger Michell (Notting Hill) auch auf die zweite Reihe seines namhaften Cast bauen, schließlich sind die komödienerfahrenen Jeff Goldblum und Diane Keaton ebenfalls bester Spiellaune und tragen ihrerseits zu den peppigen Wortgefechten bei. Insbesondere Keaton hat als Stamm-Moderatorin ein paar herrlich zickige Zusammenstöße mit ihrem ungeliebten neuen Co-Star Pomeroy.
Trotz aller ironischen Seitenhiebe auf die Welt des Frühstücksfernsehens darf man von Morning Glory keine Mediensatire der Marke Wag the dog erwarten. Hier geht es um den in der amerikanischen Verfassung festgeschriebenen „Pursuit of Happiness" und die simple Botschaft: „Jeder kann es schaffen, wen er denn nur will".
Der eindeutige „Feel-good"-Charakter des Stoffes manifestiert sich dabei nicht nur im nie zur Disposition gestellten positiven Ausgang, sondern insbesondere auch in der schlussendlichen Symbiose von beruflichem und privatem Glück. Erfolg auf der ganzen Linie mag gerade bei einem Workaholic wie Becky Fuller nicht unbedingt realistisch sein, amerikanisch ist er allemal. Den Gründervätern um Thomas Jefferson hätte diese Botschaft bestimmt gefallen.
(6,5/10 Punkten)