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Review

Season 1-5

Season 1

erstmals veröffentlicht: 03.03.2014
Auch die Briten kommen um den Superhelden-Zug nicht herum, machen aber ihr ganz eigenes Ding daraus und widmen sich einer in Film- und Serienlandschaft stets ignorierten, dafür in Reality Soaps und Asi-TV bevölkerungsreich vertretenen Gattung: Dem Wohnbau-Jugend-Trash. Entsprechend harsch ist der Grundton der Serie, bei der nun wahrlich kein Blatt vor den Mund genommen wird. Der Zuschauer wird praktisch übergossen mit Obszönitäten, keine Verhaltensweise der zum Sozialdienst verdonnerten Jugendlichen wird ausgelassen, immer mit der Gefahr im Hinterkopf, dass dies an der Sympathie der Hauptfiguren knabbern könnte (insbesondere im Deutschen, wo eine der Figuren mit einer schwer erträglichen „Mitten im Leben“-Asisynchro versehen wurde). Allerdings lässt die Serie nie einen Zweifel aufkommen, dass sie sich den Figuren von außen nähern und hinter die trashige Fassade blicken möchte. Entsprechend sind die Superkräfte, die dem Quintett durch einen Blitzeinschlag zugekommen sind, jeweils Entsprechungen der Bedürfnisse der Betroffenen: Der schüchterne Simon kann sich unsichtbar machen, die unsichere Kelly kann Gedanken lesen, Schlampe Alicia wird für jeden begehrenswert, der sie anfasst, Läufer Curtis kann die Zeit zurückdrehen und Nathan… ja, der ist erstmal auf der Suche nach einer Superkraft… mit nicht uninteressantem Ergebnis Schrägstich Cliffhanger.

Auffällig instabil sind die Handlungsbögen; was in einer Folge gilt, kann in der nächsten schon wieder Schnee von gestern sein. Der rapide Wechsel von Ereignissen gepaart mit sehr schrägem Humorverständnis (das insbesondere von Robert Sheehan aka Nathan ausgeht) provoziert Vergleiche mit einer Serie wie „True Blood“, allerdings ist der Look sehr stark auf die grauen britischen Vorstadtslums ausgerichtet. Insgesamt eine erfischend andersartige TV-Serie, bei der es auf jeden Fall einen guten Magen braucht, um mit Elan bei der Sache zu bleiben.
(7/10)

Season 2

erstmals veröffentlicht: 03.03.2014

Und weiter im Text. Die Superkräfte scheinen jetzt soweit etabliert, die frisch geborenen Superhelden haben sich gerade an ihre Kräfte gewöhnt, und da sehen sich die Drehbücher auch prompt herausgefordert, die Kräfte auf abgedrehteste Art und Weise miteinander zu kombinieren und vor allem immer wieder mit anderen Kräften kollidieren zu lassen, die jenseits der Fünfergruppe entstanden sind. Vor allem die Berühmtheits-Folge ist ein abgefahrenes Gedankenspiel, bei dem sich Drama und zynischer Humor spielend abwechseln. Robert Sheehan dreht immer weiter auf und lässt seine Co-Stars inzwischen weit hinter sich, auch wenn diese immer wieder ihre Momente bekommen. Tatsächlich wird um Iwan Rheon (Simon) auch langsam ein übergreifender Plot gestrickt, der weitere Ereignisse für die dritte Staffel schon mal vorbereitet und einen Bogen um das Ganze spannt, das bislang wie eine Anarcho-Wolke aus Sex, Gewalt und Schmuddelslang anmutete.
(7/10)

Season 3

erstmals veröffentlicht: 31.03.2014

Robert Sheehan, der mit seiner wuseligen Art über zwei Staffeln zum Showrunner avancierte, ist erstmal weg vom Fenster, allerdings findet er in Joseph Gilgun einen mehr als würdigen Ersatz, denn sein Rudy hat die gleichen Klassenclown-Qualitäten und definitiv die coolere Superkraft, denn der „doppelte Rudy“ sorgt in so mancher Folge für sehr starke Drehbuchkniffe. Die restliche Truppe ist noch die gleiche, und die Episoden vermischen abgeschlossene Kurzgeschichten mit dem übergreifenden Handlungsbogen um die von Simon (Iwan Rheon) ausgelöste Zeitreise-Ellipse, die in der letzten Episode durchaus zufrieden stellend gelöst wird. Derweil entwickelt der Humor enorm selbstironische Qualitäten, unter anderem über einen Running Gag zu den fortlaufend wegsterbenden Aufsehern; man kann die daraus entstehenden Gags streckenweise fast schon als hysterisch bezeichnen. Insgesamt ein würdiger Abschied von der alten Crew, die ja ab Staffel 4 fast vollständig ausgewechselt wurde (nur Nathan Stewart-Jarrett wird als Curtis noch kurze Zeit dabei sein).
(7/10)

Season 4

erstmals veröffentlicht: 24.10.2015

Mit dem Ausscheiden Nathan Stewart-Jarrets in Episode 4 ist der Originalcast nun endgültig ausgetauscht und das Publikum reagiert erwartungsgemäß mit einem deutlichen Interesseverlust. Als Grund kann man neben der weggefallenen Gewöhnung an die Darsteller ausmachen, dass die Plots nicht mehr allzu sehr in die Tiefe gehen, nachdem ja insbesondere die Zeitreisekräfte Simons (Iwan Rheon) mit erzählerischer Komplexität für eine gewisse Meßlatte gesorgt hatten. Inzwischen steht „Misfits“ ausschließlich für primitives, schludriges Geschichtenerzählen ohne jeden Anspruch. Seine erlesenen Trash-Qualitäten können im Zuge dieser Wahrnehmung jedoch schnell unter den Tisch fallen.

Gerade Joseph Gilgun stellt seine komödiantischen Talente als Rudy wieder durchgängig unter Beweis und bietet praktisch in jeder Szene eine neue Facette seiner Nonsens-Rolle, die einfach nicht langweilig wird. Neuzugang Matthew McNulty gibt als armes Würstchen mit Treudoofblick einen guten Konterpart ab, Karla Crome ersetzt immerhin adäquat Antonia Thomas, Natasha O’Keeffe schummelt sich im Laufe der Staffel irgendwann mit unverschämter Egal-Einstellung in die Runde und in Shaun Dooley ist erstmals ein Sozialarbeiter gefunden, den man nicht gleich wieder zum Mond schießen möchte – obwohl oder gerade weil er der größte Arsch von allen ist.

Herausstechend ist eine völlig abstruse Psycho-Horror-Episode, die komplett in einem Gebäude auf zwei Etagen spielt und zwischen einer Party und einer Beerdigung pendelt, derweil ein überdimensionaler Hase auf den Fluren Metzeleien anrichtet – ein eigenwilliges Bildnis für exzessiven Drogenmissbrauch. Davon abgesehen wechseln sich weiterhin Kurzepisoden ab, interagieren kurz miteinander und laufen dann ungerührt weiter, bis die obligatorische Finaldramaturgie angestimmt wird, in dessen Verlauf insbesondere Matt Stokoe als Barkeeper Alex in den Mittelpunkt rückt.

Ja, die Darsteller sind nicht mehr dieselben, die Stories hängen tief genug, um Gras zu fressen, aber in jeder Folge kann man reichlich lachen – wenn man sich den Ausflug in niederste Gefilde zugestehen mag.
(6.5/10)

Season 5

erstmals veröffentlicht: 02.11.2015

Wer sich mit völlig kaputten Ideen nicht anfreunden kann, hat es wohl ohnehin nicht bis in die fünfte Staffel geschafft. Dennoch übertreibt es die finale „Misfits“-Staffel maßlos. Der gut ausbalancierte Trash der vierten Staffel, die ihrerseits schon manches Fragezeichen ausgelöst hat, wird endgültig in die Fragwürdigkeit manövriert. Was wurde den Drehbuchautoren verabreicht, damit sie eine Superkraft erdenken, mit der sich andere Superkräfte wegficken lassen? Ganz zu schweigen davon, welche absolut grotesken Szenarien sich aus dieser Kraft ergeben. Vor der Vertrashung von Homosexualität (auch durch das etwas zu lang gezogene Coming Out des Bewährungshelfers, der ansonsten überragend von Shaun Dooley gespielt wird) macht die Serie längst nicht halt, sie strebt letztlich eine pansexuelle Allgemeingültigkeit an und addiert noch zoophile Andeutungen hinzu, garniert das Ganze aber mit einer geradezu fahrlässigen Gleichgültigkeit gegenüber der Bedeutung der dargestellten Akte – es geht ganz pragmatisch nur um die Korrektur des Weltbildes, das durch den Sturm und die darin verteilten Fähigkeiten aus dem Gleichgewicht geraten ist.

Barkeeper Alex macht all das jedenfalls zur kontroversesten Figur der gesamten Serie, obwohl das Schicksal im Mainplot sich in erster Linie um Rudy und Jess drehen sollte, was er zum Finale, nach gefühlten hundert Wendungen im Drehbuch, auch macht. Die einzige wirkliche Konstante der achten Staffel ist der bruchstückhafte Versuch, langsam ein Superheldenteam aus Bösewichtern einzuführen, das es im Finale zu bekämpfen gilt. Die orakelnden Strickpullover sind dabei eine herrlich bekloppte Idee, im Aufbau der Antagonisten wird jedoch deutlich, wie einfach es sich die Serie bisweilen mit der narrativen Struktur macht.

Nicht der schönste Abschluss, den sich eine Serie wünschen kann (zumal längst kein Originalmitglied mehr dabei ist), rückblickend ist „Misfits“ aber eine große Horizonterweiterung für jeden Serienfreund.
(5/10)

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