Akira Kurosawa zieht lange Spuren nach sich. Auf “Yojimbo - der Leibwächter” folgte “Für eine Handvoll Dollar”, der wiederum “Last Man Standing” nach sich zog. “Die Sieben Samurai” inspirierte “Die glorreichen Sieben”, und “Yamakasi - Die Samurai der Moderne” möchte sich nun als Dritter in diese Reihe eingliedern.
Stilistisch ist man bei dem, ich möchte sagen “Pacing-Actioner” (ein Actionfilm, der seine Action einzig und alleine aus schnellen Bewegungen der Akteure bei Verfolgungsjagden zu Fuß bezieht) schon mal auf dem richtigen Weg, wenn man einen Bezug zu “Ghettogangz - Die Hölle vor Paris” herstellt. Cyril Raffaelli bestach dort durch ziemlich beeindruckende Athletik beim Sprung über Häuserdächer, durch Wohnungen und Seitengassen. Nun eröffnet “Yamakasi” also mit sieben jungen Männern, die zu französischem Hip Hop (den Bellgeräuschen nach zu urteilen stark inspiriert durch US-Rapper DMX) eine Hauswand hochklettern. Die Herrschaften sind bei der lokalen Polizei schon aktenkundig und ein manischer Kommissar tut nicht nur seinen Kollegen, sondern gleich auch den Zuschauern den Gefallen, jeden einzelnen Kletteraffen mit all seinen speziellen Fähigkeiten vorzustellen, woraufhin ein 30-Sekunden-Spot den jeweiligen Affen ins Rampenlicht rückt und noch mit einem schnellen Gag versorgt.
Schon beginnt das synthetisch-plakative Gesellschaftsbild, das der Film aus dem Blickwinkel eines kurzsichtigen Gutmenschen zeichnet. Die sieben Männer sind die Helden der Banlieue (ein perspektivenloses Pariser Viertel, das auch besagtem “Ghettogangz” später als Kulisse diente)... warum? Weil sie halt klettern. Schade, dass ein Junge mit Herzproblemen auf dem Schulhof so sein will wie die Legenden des Viertels, prompt beim Klettern von einem Baum fällt und im Krankenhaus landet, wo die Mutter dann die Nachricht erlangt, dass innerhalb von 24 Stunden ein neues Herz gefunden werden muss, ansonsten würde der Junge sterben.
Nun vollzieht sich eine banale, streckenweise peinliche Abfolge von hanebüchenen kausalen Zusammenhängen. Die Kletterer werden mit der Hiobsbotschaft konfrontiert und beschuldigt, ein schlechtes Vorbild zu sein, die wiederum argumentieren sozusagen der Videospielindustrie aus dem Munde (“was können wir denn dafür, nachgeahmt zu werden?”), um dann bei dicken Bonzen einzubrechen und Geld zu stehlen, das für den Transport des Herzens gebraucht wird - die Bonzen natürlich alles Unsympathen, die mit ihrer Bürokratie dafür verantwortlich sind, dass ein Menschenleben behandelt wird wie ein Stück Papier. Und so festigt sich das Weltbild, dass man nur das Herz am rechten Fleck haben muss, um alles ins Reine zu bringen, mitsamt allen darin begrabenen Widersprüchen, von denen “Yamakasi” unzählige vorweisen kann.
Wir bewegen uns soweit also inhaltlich in etwa auf dem Niveau eines Tony Jaa-Streifens, nur wo Jaa mit ordentlich Muay Thai jedes “Wo ist mein Elefant?”-Gequengel in die Wüste prügelt, hat “Yamakasi” nur ein paar grüne Burschen, die ohne Sinn und Verstand durch Frankreichs Neubautenviertel hopsen. Die spektakulären Stunts, die Cyril Raffaelli drei Jahre später zu bieten wusste, können die “modernen Samurai” noch nicht bieten. Zwar gibt es ein, zwei nette Stunts, aber der Rest ist lediglich routiniert geschnittenes Verbindungsmaterial, das ohne komplementäre Action wie Autostunts, Schießereien oder Martial Arts eigentlich keinen Cent wert ist. Da bleibt dann freilich nicht sonderlich viel zur Ehrenrettung übrig. Wenn man schon derart idealistisch auf die Kacke haut, sollte man auch für genug Toilettenpapier sorgen. “Yamakasi” spült sich aber lieber gleich ganz ohne selbst runter.