„Bewährtes schockgefrostet"
Ein in irgendeiner Form abgegrenzter Raum (Einöde, verlassenes Haus, Dorf im Nirgendwo etc.), eine überschaubare und nicht sonderlich tiefschürfend charakterisierte (mit Vorliebe jugendliche) Personengruppe (dämliches Verhalten ist obligatorisch) sowie ein gesichtsloser, mit stoischer Ruhe und Effizienz wütender Killer - fertig ist der typische Slasher.
Das ist vom Grundprinzip her ähnlich variabel, einfallsreich oder spannend wie die Baukastenschemata der romantischen Komödie oder des gemeinen Actionfilms. Das muss aber keineswegs ein Manko sein. Das klassische Genrekino übt ja gerade wegen seiner Formelhaftigkeit eine magische Anziehungskraft aus. Hier werden liebgewonnene Szenarien regelrecht zelebriert und nur an der Oberfläche mit leichten Farbtupfern versehen.
Lange Zeit eine US-amerikanische Domäne, hat man den Slasherfilm inzwischen auch in good old Europe entdeckt. 2006 lieferte das auch für europäische Verhältnisse kleine Filmland Norwegen mit Cold Prey einen Sleeperhit ab, der es locker mit der vornehmlich US-amerikanischen Konkurrenz aufnehmen konnte. Das gilt auch für das Marketinggebaren. Getreu dem großen Vorbild entschloss man sich ein Sequel nachzuschießen, solange man noch im Gespräch war.
Cold Prey 2 schließt direkt an die Handlung des Vorgängers an. Dort war eine Gruppe jugendlicher Skiurlauber in einem eingeschneiten Hotel von einem Serienkiller nach dem „Zehn-kleine-Negerlein-Prinzip" dezimiert worden. Lediglich Jannike (Ingrid Bolsø Berdal) überlebte den Horrortrip indem sie den Mörder mit letzter Kraft ausschalten konnte.
Zu Beginn des Sequels wird die völlig verstörte und halb erfrorene Jannike von einem Polizisten gefunden und ins nächste Krankenhaus gebracht. Während sie aufgepäppelt wird, bergen die Behörden ihre ermordenden Freunde und den Killer aus einer Gletscherspalte und bringen sie zur Obduktion ins selbe Hospital. Dummerweise ist doch noch etwas Leben in dem vermummten Axtmörder, dessen Energie direkt proportional zum Auftauungsprozess zunimmt. Fortan ist weder die Krankenhausbelegschaft, noch die Patienten, oder die örtliche Polizei vor dem Wiederauferstandenen sicher ...
Trotz der totalen Unterwerfung unter etablierte Genrezutaten ist Cold Prey 2 vor allem für eine Fortsetzung überraschend spannend und rund. Die menschenleere norwegische Schneelandschaft ist wie schon beim Erstling ein klarer Setting-Pluspunkt. Das gilt ebenso für den leicht schäbigen und verlassenen Ort, in den sich Jannike so eben noch retten kann. Einsamkeit, Tristesse, Schmuddeligkeit und eine morbide Grundstimmung prägen auch das lokale Krankenhaus, in dem sich ein Großteil der Handlung abspielt.
Leere Gänge, flackernde Neonlichter sowie fast überall schmutzig-gelbliche Wandfließen erzeugen eine unangenehme und latent bedrohliche Stimmung. Unterstrichen wird dies durch den spärlichen, aber effizienten Spannungs-Score sowie die düstere Bildsprache. Der schwedische Regisseur Mats Stenberg hat seine Slasher-Hausaufgaben jedenfalls ordentlich erledigt und liefert ein in jeder Hinsicht kompetentes und kompaktes Endprodukt.
Man kann das als einfallslos, uninspiriert und wenig risikofreudig abtun, letztendlich bekommt der Kunde aber genau das geliefert, was er von einer solchen Produktion erwarten kann. Die Schockmomente sind geschickt platziert, die Morde brutal (ohne sich allzu sehr an expliziten Bildern zu weiden) und die Spannungsschraube wird in den richtigen Momenten angezogen.
Auch darstellerisch gibt es wenig zu meckern. Man hat zumindest ein paar „Gesichter" zusammengecastet, die sich voneinander unterscheiden. Und Hauptactrice Ingrid Bolsø Berdal überzeugte ja schon im ersten Film mit „Ellen Ripley-Qualitäten". Natürlich darf man hier keine hohe Schauspielkunst erwarten, aber dafür ist das Slashergenre weder bekannt, noch wird es aus diesem Grund konsumiert.
Ach übrigens: Den für das Marketing auserkorenen Werbeslogan "Cold Prey 2 verhält sich zu Cold Prey wie Aliens zu Alien" sollte man vollständig ignorieren, sonst drohen bei der garantiert angeschwollenen Zornesader Erfrierungen mindestens dritten Grades. Die beiden Prey-Filme unterscheiden sich kaum voneinander und ein adrenalinhaltiges Actionfeuerwerk Marke Cameron ist beim besten Willen weit und breit nicht in Sicht.
Fazit:
Cold Prey 2 ist wie sein Vorgänger ein insgesamt gelungener Beitrag zum Slashergenre aus dem hohen europäischen Norden. Das Ganze ist zwar völlig überraschungsarm aus sämtlichen gängigen Ingredienzien zusammengerührt, aber als Endprodukt grundsolide.
Spannungsaufbau, Schockmomente und Gewaltszenen können ohne weiteres vor der vornehmlich amerikanischen Konkurrenz bestehen. Die verschneite norwegische Einöde sowie der dort liegende triste Handlungsort bieten zumindest beim Setting Abwechslung vom Genreallerlei. Fans des „Schlitzer-Kinos" werden nicht lauthals „Hurra" schreien, aber ganz bestimmt auch nicht enttäuscht sein.