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Review

Im fernsehtechnischen wie filmischen „Star Trek“-Universum waren Generationswechsel Usus, doch J.J. Abrams „Star Trek XI“ ist ein drastischer Reboot.
Die ganz beinharten Trek-Fans wird es vermutlich stören, für die gemäßigteren unter ihnen stellt man die Geschichte von „Star Trek XI“ als alternative Zeitlinie dar, ausgelöst durch die Zeitreise des Romulaners Nero (Eric Bana). Der gesichtstätowierte Bösewicht äschert zu Beginn ein Föderationsschiff mitsamt Kirks Vater ein, derweil entschlüpft Kirk selbst dem mütterlichen Uterus. Also zünftig Action für den Auftakt, ehe es dann ans Figurenbasierte geht.
Denn nun darf man die Jugendjahre von James T. Kirk (Chris Pine) und Spock (Zachary Quinto) verfolgen. Letzterer kämpft mit seinem Erbe (eine irdische Mutter), der andere rebelliert in bester Tradition von James Dean gegen alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Das führt zu einigen trashigen Szenen (unnötig das Intermezzo, bei dem Knaben-Kirk des Oheims Karre mopst), bemüht sich aber die Figuren auszuleuchten und diverse Sachen zu bebildern, die man in früheren Filmen und Serien nur im Dialog mitbekam.

Auf der Akademie geraten Heißsporn Kirk und Logikfanatiker Spock aneinander, doch durch verschiedene Umstände werden sie gemeinsam auf eine Weltraummission geschickt, die Nero angezettelt hat. Sein Plan: Spock im Jugendalter töten und die Föderation vernichten, um die Zukunft zu romulanischen Gunsten zu ändern...
„Star Trek XI“ agiert stets mit viel Ironie, teilweise gar am Rande der Selbstparodie, was so manchen Fans des Originals ärgern dürfte. Alles ist deutlich lockerer, flapsiger, das Buddy-Bonding zwischen Kirk und Spock sowie das Raushauen diverser Oneliner erinnert eher an Actionfilme der 80er. In dieser Tradition stehen dann auch körperliche Aktionen wie das teilweise einarmige Herumhangeln an Plattformrändern, teilweise fordert „Star Trek XI“ aber den guten Willen des Zuschauers etwas zu sehr heraus, z.B. wenn ein Teammitglied bei einer Rettungsmission im Adrenalinrausch zu spät den Fallschirm öffnet und zur Belohnung direkt weggekokelt wird.
Dementsprechend sind diverse Figuren etwas überzeichneter als in den Vorgängern, wenngleich auch das schwankend war (man denke am manche Rumpelstilzchen-Einlagen von McCoy in frühen „Star Trek“-Filmen). Tiefgang sollte man dabei nicht unbedingt erwarten, Kirk ist trotz der Backstorywound in erster Linie der Rebell und vergisst den Schmerz schnell, wenn es darum geht die nächstbeste Frau anzugraben. Manche Neu-Interpretation ist mehr auf Comedy ausgelegt, man denke an die Auftritte von Scotty (Simon Pegg), die vor allem als Auflockerung des Ganzen dienen.

Hat man sich an die gewisse Portion Flachsinn gewöhnt, dann macht „Star Trek XI“ als Sci-Fi-Abenteuer unheimlich Spaß, denn narrativ ist die Chose ungleich dynamischer als diverse Vorgänger. Sicher, der philosophische Unterbau geht dabei eher flöten, doch dafür hetzt man über Planeten, liefert sich permanent Wortgefechte (fast schon in Comedy-Tradition) und stellt auch sonst die Weichen auf Gaudi, sodass „Star Trek XI“ äußerst temporeich abläuft und die zwei Stunden wie im Fluge vergehen.
Ausstattung und Effekte sind erwartungsgemäß top, da lässt sich niemand lumpen. Manche Effektprotzerei ist da etwas übertrieben (z.B. die schick aussehenden, aber gleich extrem unnötigen Viech-Auftritt auf dem Schneeplaneten), doch in den Weltraumschlachten kann man sich beruhigt zurücklehnen und genießen.

Im punkto Action gibt es neben imposanten Raumschlachten dieses Mal auch diverse Nahkämpfe, in denen das bekannte Bourne-Sydrom zuschlägt. An ein, zwei Stellen geht dabei leider die Übersicht verloren (z.B. bei der Barschlägerei), dafür können sich die restlichen Szenen sehen lassen, z.B. der schweißtreibende Kampf auf der Bohrplattform oder das Finale in Neros Schiff.
Schauspielerisch ist es eine Wucht, wer da teilweise nur kurz sein Gesicht in die Kamera hält, z.B. Kirsten Dunst und Winona Ryder in ihren Minirollen als Mütter von Kirk und Spock. Eric Bana ist charismatisch, aber man erkennt ihn kaum, mehr Screentime hat da Bruce Greenwood als Captain. Zachary Quinto ist ähnlich beeindruckend wie in „Heroes“, hier ungewohnt als Good Guy, Simon Pegg als Scotty eine Offenbarung, ähnlich wie Karl Urban als McCoy. Einzig und allein Chris Pine in der Hauptrolle könnte mehr Regungen zeigen, gelegentlich ist sein Spiel zu ausdruckslos, seine Mimik zu sehr auf den lässigen Standard-Gesichtsausdruck reduziert.

In seinem Spaßwillen steht „Star Trek XI“ Filmen wie „Death Race“ näher als den alten, gemäßigteren Vorgängern, doch schwer unterhaltsam ist der Reboot definitiv, sofern man die veränderte Prämisse akzeptiert. Das Drehbuch hat seine kleinen Schwächen, ausgerechnet Kirk-Darsteller Chris Pine könnte besser sein, aber bei dem Tempo und den aufwändigen Actionszenen ist das durchaus zu verkraften.

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