"Ich will es nicht kontrollieren. Ich will es loswerden."
Der durch Gammastrahlen verseuchte Wissenschaftler Bruce Banner (Edward Norton) führt ein abseitiges Leben in Brasilien, gejagt vom Militär. Da Wut oder ein hoher Pulsschlag ihn in das unkontrollierbare Wesen Hulk verwandeln, versucht er diese Gemütszustände durch Meditation kontrollierbar zu halten und parallel nach einem Gegenmittel zu suchen. Trotz seinem unscheinbaren Dasein spürt ihn General Thaddeus Ross (William Hurt) auf. Er hetzt den verbissenen Soldaten Emil Blonsky (Tim Roth) mit einer Spezialeinheit auf Banner. Während dessen Verfolgung verwandelt sich Banner in Hulk und leistet Widerstand. Fortan ist dieser auf der Flucht und trifft in den Staaten auf seine frühere Freundin Betty Ross (Liv Tyler), die ihm auf der Suche nach einem Gegenmittel unterstützt. Blonsky lässt sich nach Zustimmung auf ein ähnliches Unterfangen wie einst Banner ein, um dem übermächtigen Hulk besser gewappnet zu sein.
Die zweite Verfilmung um den grünen Hünen Hulk erweist sich als eigenständige Produktion und hängt in keinem Bezug zu dem "Hulk" aus dem Jahre 2003. Vorkenntnisse sind trotzdem von Vorteil, zumindest grundlegende Dinge. Denn während des pompösen Intros sind nur kurze Rückblenden-Schnipsel zu sehen,
die zur Auffrischung dienen. Danach gehts in die Vollen und dies wahrhaftig.
Gegenüber der ersten Hulk-Verfilmung kracht und scheppert es wesentlich gewaltiger. Louis Leterrier's ("The Transporter") erweist sich hierbei als Glücksgriff. Im Gegensatz zu Ang Lee's Hulk verläuft Leterrier's wesentlich temporeicher, was sicher auch durch die nahe Zusammenarbeit mit Marvel begründet werden kann. "Der unglaubliche Hulk" ist nach "Iron Man" die zweite Produktion der neu gegründeten Marvel-Studios.
Die Neuverfilmung wendet sich insbesondere an Fans des Hünen. Diese freuen sich auf den schnellen Einstieg in das Franchise und brachiale Materialschlachten die ihresgleichen suchen. Wenn sich Bruce Banner in sein Alter Ego wandelt fliegen die Fetzen, es kracht, explodiert, tonnenschwere Gegenstände schmettern gegen Wände und zerbröseln die Umgebung. Und dies auf eine sehr ansprechende Art.
Dies sind nur die Höhepunkte des Films. Neben den spektakulären Actionszenen bietet "Der unglaubliche Hulk" eine zwar nicht sonderlich tiefsinnige aber angenehm melodramatische Handlung, die insbesondere seinen Antihelden in den Mittelpunkt rückt und den Konflikt der unkontrollierbaren Verwandlung sowie zwischenmenschlichen Beziehungen thematisiert.
Akustisch gibts dabei fette Sounds und einen stimmungsvollen Soundtrack auf die Ohren, welcher die besonders gegen Ende recht düstere Atmosphäre gekonnt untermalt.
Technisch erlaubt sich "Der unglaubliche Hulk" kaum Einbrüche, die Ausstattung ist üppig, die Effekte detailiert, besonders das Monsterdesign wirkt sehr ausgefeilt. Leider fällt der Auftritt von Abomination etwas kurz aus. Erst im Finale findet dessen großer Auftritt statt, glücklicherweise wesentlich zeitaufwendiger als es beispielsweise in "Fantastic Four" mit Dr. Doom geschehen ist.
Im Grunde bietet der Film natürlich nichts Neues im Bereich der Comicverfilmungen wie es beispielsweise "The Dark Knight" in seiner Erzählweise tut. Innovationen oder überaschende Wendungen sucht man also vergeblich.
Der Austausch der Darsteller fällt nicht negativ ins Gewicht. Edward Norton ("Fight Club", "Roter Drache") verleiht seinem Banner die glaubhaft gequälte Präsenz eines Mannes, der ständig gegen den drohenden Kontrollverlust ankämpft. Liv Tyler ("The Strangers", "Armageddon", HDR-Trilogie) bietet den Support den man schon von ihr gewohnt ist. Nicht mehr aber auch nicht weniger. William Hurt ("8 Blickwinkel") hinkt durch seine sich nicht weiter entwickelnde Rolle hinterher, stattdessen liefert der bisher noch recht unbekannte Tim Roth ein Paradebeispiel eines sich wandelnden, ruhelosen Soldaten der beständig nach noch mehr Macht trachtet.
Marvel setzt deutliche Signale seine Superhelden weiter ausbauen zu wollen. Das Crossover zu "Iron Man" mit dessen Alter Ego Auftritt zum Schluss verdeutlicht dies. Möglicherweise zieht Marvel in Erwägung seine Charaktere auch in den Filmen zu vermischen, was in den Comics schon zugegen ist.
Wie schon in vielen anderen Comicfilmen ist auch diesmal wieder Stan Lee, der Miterfinder zahlreicher Marvel Figuren, in einem Kurzauftritt dabei. Auch andere Persönlichkeiten die mit dem Hulk Franchise in Verbindung stehen, haben ihre sogenannten Cameo-Auftritte.
In Deutschland musste der Film für eine FSK 12 Freigabe im Kino federn lassen. Glücklicherweise hat sich der Verleiher Concorde die Möglichkeit offen gelassen parallel eine ungekürzte ab 16 Fassung in den Kinos laufen zu lassen, die größeren Zuspruch fand. Daraufhin lässt sich nun keinerlei gekürzte Fassung in den DVD-Regalen finden.
"Der unglaubliche Hulk" bietet solides Popcornkino ohne neue Wege beschreiten zu wollen. Aufmachung und Atmosphäre sind stimmig, desgleichen Effekte und die Wahl der Darsteller. Gegenüber dem inoffiziellen Vorgänger wurden insbesondere die Wünsche der Fans beachtet und umgesetzt. Action- und Comicfans haben sicher ihren Spaß daran, alle anderen sollten nicht zu viel erwarten.
8 / 10