Höllisch guter Polizeifilm mit einer beinahe verschwenderischen Besetzung, die die einmalige Ansicht von "Cop Land" schon allein zur Pflicht macht.
Natürlich ist die Geschichte, die hier erzählt wird, von vorne bis hinten fiktiv bis in die letzten Winkel, aber es gehört schon einige Finesse dazu, sie so gut zu erzählen.
Seine Stärke, sich aus der Masse übriger Produktionen der 90er herauszuheben, liegt in einem Dezentralisierungsprozeß, bei dem kein Hauptgewicht auf eine der hier handelnden Personen gelegt wird. Natürlich ist Stallone nominell die Hauptrolle, doch das hindert das Skript nicht daran, ihn in den ersten zwanzig Minuten komplett zu vergessen und auch später relativ sparsam einzusetzen, bis ihn die letzte halbe Stunde zum Volleinsatz zwingt.
Die erste Hälfte gehört deutlich Keitel, gemeinsam mit Rapaport, unter wunderbaren Zwischeneinsätzen von Patrick, Spencer und vor allem Liotta.
Geradezu klassisch 70er-Style ist die Erzählweise, die vom auslösenden Ereignis ausgeht (Polizist verursacht irrtümlich den Tod zweier Autodiebe) und darauf eine schön konstruierte Geschichte aufbaut, die ebenso komplex wie tiefgründig ist. Langsam und sorgfältig entblättert das Buch die hier handelnden Figuren, komplett mit realistischer Vorgeschichte und charakterlicher Tiefe, schafft Beziehungen unter den Figuren und schürt Konflikte, ehe der Film auf der Schlußgeraden dann zum Fall des Anfangs zurückkehrt, um schließlich gradlinig zu enden.
Dabei wird sich mehr auf die innere als auf die äußere Spannung konzentriert, weswegen man auf Action oder mörderische Gewaltausbrüche bis auf den Shoot-Out beim Showdown vergeblich wartet. Hier regieren Korruption, Verrat, Bestechung, Drogenhandel und Mord, aber nie plakativ, sondern geschickt in die Konstruktion eingearbeitet.
Stallone ist wunderbar eingesetzt, übergewichtig, wortkarg, auf einem Ohr taub und etwas langsam in Motorik und Denkvermögen, wenn auch nicht dumm. Zum ersten Mal seit langem erweckt er Tiefe in seiner Figur, die aufgrund einer guten Tat sein Leben nicht so hat leben können, wie es geplant war, nun mit einem Ersatz leben muß und sich entscheidet, seine vielleicht letzte Chance, etwas aus sich zu machen, nicht verfallen zu lassen.
Keitel spielt den fiesen Bullen inzwischen aus der Westentasche, aber wie er das macht, ist immer noch ein Genuß und es bleibt trotzdem genug Platz für Kollegen wie Rapaport, Berg, Patrick (der erfolgreich gegen sein Terminator-Image anspielt) und Spencer, die das Ensemble abrunden.
Schön eklig und mies gelaunt kommt Liotta daher, von dem man bis zum Schluß tatsächlich nicht weiß, zu welcher Seite er denn nun gehört und Garofalo ist halb verschwendet in der kleinen Deputy-Stelle.
Geradezu köstlich retro ist de Niro in seinem angegraut-eingemotteten 70er Look, komplett mit unmöglicher Frisur, der hier ein amüsiert-lakonisches Extra als "Internal-Affairs"-Beamter gibt.
Wer also Spaß an einer wohlkonsturierten Geschichte mit guten Darstellerleistungen hat, der wird an Cop Land seine helle Freude haben und wird dann zum Schluß auch noch mit einem interessant montierten (man hört ihn kaum, da er aus Stallones Sicht, jetzt beinahe ganz taub, gezeigt wird), wenn auch etwas schnellen Showdown belohnt. Das wäre aber nur ein Kritikpunkt, wenn es nicht zum Film passen würde, doch ein blutiger und plakativer Dauerbeschuß würde hier nicht ziehen.
Das ist natürlich für Stallone- und Actionfans ein Grund zum Aufstöhnen, denn Stallone ist weder hart wie Stahl, noch irgendwie cool, es gibt keine flotten Sprüche und Kugelregen fällt auch aus. Ach, laßt doch die Kinder jammern, die wissen es nicht besser. Denn wenn Stallone im Laufe seiner Karriere mehr Filme wie diesen gedreht hätte, würde er nicht mit so vielen Action-Flops in der Tasche rumlaufen. Er ist zwar nicht oscarverdächtig, aber liefert hier eine Leistung ab, auf die er stolz sein kann.
Das hier ist das Kino, daß wir verdienen - kein Meisterwerk, aber solide, hervorragende Arbeit, an die man sich im Zusammenhang mit Werken wie "French Connection" und "Bullitt" erinnern kann. Und macht jetzt ruhig mal die Sirene an! (8/10)