Mit der Originalität ist das so eine Sache... woher nehmen und nicht stehlen?
"Könige der Wellen" hat in dieser Disziplin zunächst einmal ganz schlechte Karten, denn in Sachen Pinguin dürfte sich allerspätestens jetzt die totale Übersättigung eingestellt haben. Dass es die CGI-Künstler immer wieder ans Meer zieht, hat wohl weniger Urlaubsgründe, sondern ist vielmehr mit dem Streben nach Perfektion zu erklären. Immerhin bleibt das Wasser nach wie vor die Königsdisziplin der Computeranimation... und da auch Sony Pictures ganz bestimmt die Herausforderung liebt, liegt es nahe, sich im kalten Nass zu tummeln, um die Grenzen der eigenen Programmierfähigkeiten auszutesten.
Vielleicht hat es bisher auch kaum ein Studio besser hinbekommen, das Wasser derart realistisch, lebendig und vielseitig einzufangen. Ob glatt oder wogend, klar oder schaumig, ruhig oder wild, so ziemlich alles hat dieser zweite abendfüllende Film der Sony-Animatoren zu bieten. Wer alleine durch den Anblick von H2O schon Glückshormone ausstößt, dürfte hiermit knappe 80 Minuten lang ein Stück vom Himmel kosten.
Damit verbunden ist leider ein grundsätzliches Problem: viel zu oft geht es um bloße Perfektion, worüber vergessen wird, dass Individualität und Originalität viel seltenere, ergo begehrtere Güter sind. Und an diesem Punkt kommen die Tüftler auf eine famose Idee: Es soll (trotz der überaus gelungenen Wasserdarstellung) nicht um Animationen gehen, nicht um Charakterzeichnung oder Handlung. Nein, das Ding wird ganz unten am Stiel gepackt, bei demjenigen, was im Non-Realfilm oft und gerne übersehen wird: bei der Regie.
Soll heißen, der Führungsstil der Regisseure Ash Brannon ("Toy Story 2") und Chris Buck ("Tarzan") wird deutlich in den Vordergrund gerückt und die Kameraarbeit wird auffälliger gemacht, denn "Könige der Wellen" ist kein Spielfilm, sondern eine Dokumentation! Eine wackelnde, sich dynamisch dem Geschehen anpassende Kamera folgt dem Weg des jungen Pinguins Cody. Interviews mit ihm oder seinen Bezugspersonen werden um Archivmaterial, zufällig aufgenommene Plaudereien und nicht zuletzt durch das wie in der Sportberichterstattung eingefangene Surf-Event ergänzt. Wasserspritzer beträufeln dabei das Kameraobjektiv und manchmal fällt auch der Kameramann um, wenn er von etwas Schwerwiegendem wie etwa dem Speer eines Kannibalen-Pinguins getroffen wird.
Was sich vielversprechend anhört und auch so beginnt, entwickelt im Laufe der Zeit leider nicht genug Prägnanz, um nachhaltig zu beeindrucken oder die wenigen innovativen Aspekte des Films zu betonen. Zwar wird der Doku-Stil prinzipiell über die volle Laufzeit beibehalten, jedoch gerät er manchmal allzu stark in den Hintergrund, wenn beispielsweise aufwendige Kamerafahrten im "Ice Age Slide"-Stil eine zu starke Distanz zum Geschehen erzeugen oder wenn die Charaktere alleine unter sich kommunizieren und das Kamerateam überhaupt nicht beachten. In seinen besten Momenten erinnert "Könige der Wellen" deswegen an die hervorragende "Dschungel-Olympiade", in seinen schwächsten Momenten leider nur an "Madagascar".
Letzteres mag auch daran liegen, dass die Drehbuchautoren bloß die übliche moralische Erkenntnisreise nach Dreamworks- und Pixar-Rezeptur zu imitieren wissen. Was an der Geschichte um Idole und deren Anbetung im Verbund mit der Aufgabe jeglicher Individualität noch hinter dem Ofen hervorlocken soll, bleibt schleierhaft; eine derart simple Gleichung zwischen Plot und Moral findet man heutzutage in jeder zweiten Episode einer beliebigen Kindertrickserie. Selbst die Gags verflüchtigen sich in bewährten Schemata: Wenngleich ein auf drollig getrimmter Baby-Pinguin mit dem Hang zum permanenten unfreiwilligen Suizid durch Ertränken seine Fanschar sicher hat, neu ist die Niedlichkeitsschiene beileibe nicht mehr.
Trotzdem muss die kreative Gestaltung auf der formalen Schiene, zuzüglich des gelungenen Soundtracks (u.a. mit Incubus und Green Day), hervorgehoben werden. Etwas mehr Konsequenz in der Umsetzung dessen bei etwas mehr Mut zur Außergewöhnlichkeit in der Story wäre wünschenswert gewesen, um langfristig noch mehr Wind durch das Computergehäuse zu pusten. Aber wenigstens der Ansatz stimmt.