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26.06.2021

SCHRÄGER ALS FIKTION (2006)

Während ein Andy Kaufman die schräge Grundidee zu einem grotesken, analytischen Universum mit weiteren ungewöhnlichen Ideen ausgebaut hätte, konzentriert sich "Schräger als Fiktion" auf das Gefühlsleben seines Protagonisten und erzählt den Film eher verträumt Richtung "Die fabelhafte Welt der Amelie". Das Thema ist morbider als dieser, geradezu bitter ausgefallen, und doch wird eher ein lebensbejahender Streifen daraus, welcher die Ausgangslage und das was dahinter steckt nicht weiter hinterfragt, zwar als ungewöhnlich und bizarr erkennt, sich aber lieber auf die Auswirkungen dessen konzentriert, anstatt nach der wissenschaftlichen Ursache zu suchen. Marc Forsters Werk mag die Tragikomik-Variante von Carpenters "Die Mächte des Wahnsinns" sein, Harold ist jedoch real und nicht einzig Fiktion, so wie seine Autorin. Gekonnt mixt der Film schwarzen Humor, Drama und Romantik in einem intelligent weiter gedachten Szenario. Der Zuschauer ist emotional derart stark an Harold gebunden, dass man jegliche Gefühlslage mit ihm mitempfindet. Dementsprechend treffsicher fühlt sich die intellektuell unterkühlte Rolle von Dustin Hoffman an, die stets sachlich und ungeniert mit den neuen Erkenntnissen heraus rückt. 

"Stranger Than Fiction" (Originaltitel) entführt einen in seine eigene Wirklichkeit, bietet uns magisches Kino das sich gefühlsecht anfühlt und lässt einen etwas miterleben, das es so in anderen Filmen nicht zu erleben gibt. Er ist quasi das, wofür Kino geschaffen ist, spielt gekonnt mit seiner Idee und geht durchdacht die Konsequenzen dieser in Bezug auf die betroffenen Figuren an. Diese werden bis in die kleinste Rolle hervorragend verkörpert. Selbst die mir meist unangenehm auffallende Queen Latifah weiß in ihrem ungewohnt zurückhaltendem Spiel zu überzeugen. Will Ferrell zeigt was er schauspielerisch kann und beeindruckt damit ungemein, ebenso wie Emma Thompson, die ihre beste Leistung hier meiner Meinung nach in jener Szene vollbringt, in welcher Harold sie nach dem Lesen des Manuskripts auf der Straße anspricht. "Schräger als Fiktion" holt die Menschen dort ab, wo sie sich befinden, akzeptiert sie wie sie sind, und lässt dies unkommentiert auf den Zuschauer wirken. Der ordnet aufgrund seiner Erfahrung und Wahrnehmung für sich ein was er als eventuelle Gesellschaftskritik empfindet, was ein wirksamer Schachzug dieser fantastischen Tragikomödie ist, die frei von Moral daher kommt. Der Schluss der Geschichte ist durchdacht, konsequent und kompatibel mit der Stimmung, welche die Erzählung verursacht, was erst so richtig klar durch den Schlussdialog zwischen Autorin und Literaturprofessor wird.

Während sein 2018 erschienener, ebenfalls geglückter "Christopher Robin", der einen ähnlichen Genre-Mix präsentiert, an einigen zu dick aufgetragenen Kitsch-Momenten krankt, ist Forsters "Schräger als Fiktion" frei von solchem rundum geglückt, eben weil er sich nicht dem Mainstream-Publikum versucht anzubiedern. Oft scheint es so, bis die Geschichte derartige Einflüsse ebenfalls als durchdacht und konsequent offenbart, manches Mal gar nur subtil für jene, die es bemerken. Dieser wunderschöne Film ist das ideale Beispiel dafür, dass Gefühlskino durchaus intelligent ausfallen kann. Freilich benötigt man dafür einen Autor, der seine Kreation versteht, Ursache und Wirkung nachgeht und dem seine Figuren wichtig sind.  OFDb

26.03.2014

ADAPTION. (2002)

Nicolas Cage, nein, was wird er immer Opfer von Gespött, weil er es liebt zu übertreiben, selbst dann wenn man es nicht sollte. Somit passt er hervorragend in diesen Film hinein, einen den man gesehen haben sollte, wenn man nicht glauben kann oder will, dass dieser Mann auch anders kann. Er tut etwas das er nicht darf, jedoch nicht in diesem Film und deswegen passt er hinein? Was für ein wirres Zeug schreibt Schlombie da?

Drehbuchautor Charlie Kaufman arbeitet zunächst an einem Drehbuch zu einem Buch, im nächsten Schritt schreibt er hierfür über sich selbst. Der Drehbuchautor von „Adaption.“ ist Charlie Kaufman, der für diesen Film also über sich schreibt, bzw. über ein Fake-Ich, so wie Malkovich in „Being John Malkovich“ sein eigenes Fake-Ich spielte, in einem Film der übrigens auch aus der Feder Kaufmans stammt. Ein Erfolgsrezept wird damit nicht plump wiederholt, auch wenn zudem der Regisseur beider Filme der selbe ist. „Adaption.“ geht als Tragikomödie in eine völlig andere Richtung und zeigt anhand authentischer Monologe und eigentlich recht belanglos wirkender Passagen, was in Menschen vorgeht, speziell im Kopf eines einfallsreichen Autors ohne Ideen.

Kaufman ist der Mann wilder Ideen. Seine Filme treten gängige Erzählstrukturen mit den Füßen, Strukturen für die Theoretiker morden würden um ihre Richtigkeit zu unterstreichen. Und Kaufman stellt uns im hier besprochenen Streifen einen solchen Mann seinem eigenen Ich gegenüber, einer der glaubt zu wissen wie ein Drehbuch auszusehen habe, und der den Bruder Kaufmans (auch von Cage gespielt) inspiriert ebenfalls ein Drehbuch zu schreiben. Der eigene Bruder verlässt sich auf vorgekaute Formeln, während Kaufman, berühmt für seine schrägen Ideen, diesmal so wenige hat, dass selbst das braven Mustern folgende Drehbuch seines Bruders besser ausfällt als seine bisherigen Entwürfe zum aktuellen Projekt.

„Adaption.“ erzählt davon dass man anders sein muss als das was angeblich richtig ist. Er erzählt davon dass man sich verändern muss, oder es tut ohne es zu wollen, was auch immer. Aber auf jeden Fall dass es kein richtig oder falsch gibt. Und damit passt Nicolas Cage hervorragend in diese Geschichte, zumal er gegen seinen Ruf besetzt ist und stille Töne in Mimik und Gestik einbaut anstatt wie verhasst überzuagieren. Er pfeift auf das Erwartete ebenso wie der Fake-Kaufman, der innerhalb der Geschichte nicht nur ein Seminar seines mentalen Feindes aufsucht, sondern auch noch einen seiner Ratschläge beherzigt, der so unsinnig klingt, der Geschichte aber Recht geben soll. Somit wird das grundlegend Falsche richtig wenn es in der Ausnahme der tut, der sich sonst dem richtigen zuwendet. Alles läuft konsequent gegen den Strich in einer Erzählung, die uns vorgaukelt man wäre als Zuschauer gerade bei der wahren Entstehung jenen Drehbuches beteiligt, dessen Film man gerade sichtet.

Das ist alles nur halb so verwirrend umgesetzt wie es sich in diesem Text lesen mag, und es ist auf seine ganz eigene Art einfallsreich, tiefsinnig und keineswegs gewöhnlich. Und doch hat „Adaption.“ nicht das Kaliber eines „Being John Malkovich“ oder „Vergiss mein nicht!“, beides Werke die vor Ideen nur so übersprudeln und beide auf ganz eigene Art zu bewegen wissen. Der eine als bösartige Satire, der andere als lebensbejahende Satire mit einem ungewöhnlichen Mix aus Science Fiction und Lovestory. „Adaption.“ ist im direkten Vergleich zu gewöhnlich, lässt auf ruhigere Art die kreativen Wellen höher schlagen, und ist damit im Vergleich zu den anderen Kaufman-Werken ein Abbild dessen wovon er erzählt: das Gegenteil servieren zum Entgegensetzen von Erwartungen.

Hier spiegeln sich Ebenen wieder aus Filmrealität, Buchrealität, Traumsequenzen und eine uns vorgegaukelte Realität, die wir freilich nicht sichten, da wir einen Film sehen. Kaufman provoziert mit diesem Realitätskarussell, provoziert gleichzeitig mit Banalität und damit dass sein Film vordergründig nichts erzählt bevor er gegen Ende ins absichtlich Reißerische abgleitet, um einem vorzugaukeln nun würde doch etwas passieren. Und dabei passiert das Eigentliche versteckt, versteckt und doch offen vorgetragen per Off-Kommentar, ein Stilmittel das von Theoretikern, zumindest laut Film, als billiges Stilmittel eines Autors gilt, ist ein Off-Kommentar doch der leichteste Weg etwas unkreativ auszudrücken.

Doch auch wenn ich das eigentliche Herzstück des Streifens in der zweiten, bzw. fast dritten Reihe parkend für mich entdeckt habe und damit für mich herausgefunden habe wie tief „Adaption.“ tatsächlich geht, mehr als ein sich wohlfühlend gekitzelter Intellekt kommt für mich dabei nicht heraus. Kino, das eigentlich aufwühlen und bewegen könnte, so wie es Kaufman mit seinen in dieser Review erwähnten Vergleichsfilmen geglückt ist, ist „Adaption." nicht geworden, solche Gefühle kommen in mir beim Sichten von der hier besprochenen Tragikomödie nicht auf, ebenso wenig wie ein Identifizieren mit Situationen und Figuren. Letztendlich guckt sich der Film einfach zu theoretisch, vielleicht etwas vergleichbar mit „Human Nature“, der, ebenfalls aus der Feder Kaufmans stammend, ebenfalls vor Ideen nur so übersprudelte, als Komödie zudem mit hervorragendem Humor versehen war und doch zu distanziert blieb, da er keine wirklichen Emotionen beim Zuschauer duldete.

Dass Kaufman-Filme aufgrund ihres kreativen Geistes auch in der distanzierten Ausfertigung interessant sind und unterhaltungstechnisch einen gewissen Spaß versprühen, will ich ihnen gar nicht abstreiten. Trotzdem ist es verglichen mit seinen Werken die dies zulassen traurig wie viel Potential dabei verloren geht, wenn man den Zuschauer nicht tief genug eintauchen lässt. „Adaption.“ ist ein interessantes Werk, weit weg vom Durchschnitt. Aber er ist mir zu theoretisch um ihn wirklich als Empfehlung empor heben zu können. Der intellektuelle Geist eines Filmes bleibt eben doch nur ein Gerüst, wenn die Figuren, die Emotionen und die Situationen nicht zu Fleisch werden. Klingt das jetzt zu sehr nach Cronenberg?  OFDb

11.11.2012

THE DARK KNIGHT (2008)

Ein Psycho, geschminkt wie ein Clown, beklaut die Mafia und schafft es diese in die Knie zu zwingen. Der Joker, wie er sich selber nennt, verbreitet Terror in ganz Gotham City und scheint kein wirkliches Ziel zu haben. Den Staatsanwalt Dent erwartet durch Jokers Spiel ein besonders übles Schicksal. Kann Batman den Psychoclown aufhalten?...

Ein Comicheld wird real... 
 
Was, schon wieder ein Superhelden-Film? So wird sicherlich der ein oder andere reagiert haben. Und kaum eine Frage könnte irrtümlicher sein. Die Antwort lautet ganz klar nein, und sie kommt nicht von mir sondern von Regisseur Christopher Nolan persönlich. Und die Antwort ist ein zweifaches Nein. Denn die Frage impliziert ja eigentlich die Erwartung an etwas durchschnittliches, halt „wieder ein Superheldenfilm“. Doch was Nolan dem Zuschauer alles an Action, Informationen, Bildern, Philosophischem, Sozialkritischem und Unterhaltung zuwirft ist alles andere als Routine. Hier also schon mal ein klares Nein.

Das zweite betrifft die Formulierung Superheld. Die kompletten 150 Minuten befasst sich Nolan mit dem Widerlegen der allgemeinen Annahme Batman wäre ein Superheld. Er war schon immer anders als die anderen Helden im Kostüm, und Nolan erklärt uns warum, und er beantwortet dies mit der Feststellung dass der Fledermausmann überhaupt nicht zu dieser Gruppierung dazugehört. Und das ist nun kein Geschwätz eines Reviewautors, der meint tolle analytische Entdeckungen gemacht zu haben, Nolan selber beantwortet diese Frage mit klaren Worten am Ende des Filmes. Dass Batman kein Superheld ist, ist die Kernaussage von „The Dark Knight“, Nolan braucht die komplette Laufzeit um auf diese Information hinzuarbeiten.

Durch die Jahrzehnte seiner Präsenz in Heftform, TV-Serie und Film ist Batman eine besonders bekannte Figur geworden. Selbst wer sich mit ihm nicht näher befasst hat, kennt einige Elemente, die immer wieder auftauchen. Der Fledermausmann ist einfach legendär. Diese nach Fangeschwätz klingende Thematik reiße ich deshalb an, weil Nolan seine Batman-Filme sehr anders erzählt. Eigentlich sind die Geschichten um Batman sehr phantastisch, obwohl der Held selber keine Superkräfte hat. Aber in „Batman Begins“ und „The Dark Knight“ zaubert Nolan etwas ganz besonderes. Er zaubert Batman in unsere Welt hinein.

Batmans bisherige Welt war an der unseren orientiert, wirkte aber dennoch immer wie eine fremde Comicwelt. Klar war Gotham City immer nur ein Synonym für New York, durch die düsteren Bilder wirkte es dennoch immer wie ein phantastischer Ort. Und ganz besonders die Figuren schienen nicht von dieser Welt zu sein. Nolan verfrachtet die bekannten Batman-Elemente nun in unsere Welt. Er verfremdet nicht mehr. Die Stadt sieht aus wie die Großstädte, die wir kennen. Die Figuren haben nachvollziehbare Hintergründe, sie sind, trotz ihrer Extreme und freakhaften Art, in unserer Welt durchaus denkbar.

Noch nie konnte man sich einen Rächer im Tierkostüm real vorstellen, aber die beiden neueren Verfilmungen des dunklen Rächers gehen durch den Verzicht reiner Verfremdung den Schritt in diese Richtung. Batman wird zu Fleisch, er wird auch in unserer Welt denkbar. Die Aktionen selber sind reines Actionkino a la James Bond und fern jeder Realität. Die Grundlagen selber sind es nur bedingt. Was in den Filmen geschieht ist sehr individuell und zufällig. Was hier geschieht könnte nicht jeden Tag geschehen, es ist realistisch gesehen nicht einmal wahrscheinlich. Wenn mehrere unerwartete Extreme aufeinander treffen ist es allerdings möglich. Und die beiden Filme zeigen uns diese unsere Welt, in der das Unerwartete möglich geworden ist. Das macht die beiden Werke für mich so interessant.

Trotz aller Phantastereien wirken die Filme so unglaublich realistisch. Gerade die Menschlichkeit der Schurken macht da viel dran aus. Ihre Optik ist keine reine Maske mehr, sie ist entweder nachvollziehbar, schlicht oder gleich beides. Hier hüpfen übelste Figuren durchs Bild, die man so auch auf der Straße sichten könnte. Man tut es nicht, sie sehen nicht alltäglich aus, aber sie sind denkbar. Diese Realitätsnähe (und ich betone, dass ich dies nur in diesem Punkten meine, nicht in den feuerwerkartigen Aktionen der Action) funktioniert nur deshalb, weil Batman so unglaublich bekannt ist.

Wäre Batman auf diese Art geboren, wäre er kaum beachtet worden. Es wäre langweilig und lächerlich gewesen. Aber jetzt, wo ihn jeder kennt, da wirkt ein zu Fleisch gewordener, verkleideter Rächer in realer Umgebung plötzlich positiv. Erst aus dem Phantastischen auferstanden bekommt er realitätsnah seine Wirkung. Zu Tim Burton-Zeiten war dies, trotz des bereits damaligen Bekanntheitsgrades, noch nicht möglich. Man wäre sich verarscht vorgekommen, Hollywood musste sich zunächst einmal auf klassische Art mit der Thematik austoben. Aber mit „Batman Begins“ war die Zeit reif und mit „The Dark Knight“ wird dieser Eindruck erneut bestätigt.

Möglich ist diese Realitätsnähe mitunter auch nur deshalb, weil wir hier eines sehr erwachsenen Film vorliegen haben. Voreilig wurde dies schon von den „X-Men“-Werken behauptet, und ganz abstreiten kann man es nicht, die Thematik die da ab und an aufblitzte war recht erwachsen, die kompletten Filme an sich waren es allerdings nicht. Auch bei „The Dark Knight“ bin ich da etwas vorsichtig, stimmt die Behauptung doch immerhin nur bedingt in einer Welt mit Faszination für Comicverfilmungen. Erwachsene freuen sich ihre Comichelden auf der Leinwand zu sehen. (auch eine Grundlage ohne die das im Absatz zuvor besprochene Thema kaum möglich gewesen wäre). Nichts klingt ferner der Reife.

Innerhalb dieser Realität aus kindlicher Freude kann man „The Dark Knight“ allerdings durchaus als sehr erwachsen betrachten. Der Film nimmt seine Figuren ernst. Er baut aktuelle Thematiken aus Politik ein. Er geht mit der Figur des Helden kritisch um. Er überrascht immer wieder mit Doppelbödigkeit. Und auch das Reinprojizieren der Comicelemente in unsere Welt sorgt letztendlich für diesen Eindruck. Die tiefergehenden Themen werden meist nicht nur angerissen. Fast jedes Thema ist ebenso diskutabel wie die Figur des Helden selber. Sozialkritische oder auch weniger kritische Äußerungen sind anfechtbar und somit ebenso zum Diskutieren geeignet wie die politischen Ansichten, die der Film aufwirft, oft auch nur in zweiter Reihe, von einigen vielleicht nicht bemerkt.

Am auffälligsten ist die Thematisierung des immer wieder aktuellen Überwachungsstaates. Hier zeigt Batman erneut wie fragwürdig er ist. Dass er kein Charakter ist den man gutheißen könnte. Der Film selber kann sich gerade in diesem Bereich von kritikmöglichen Schwachpunkten nicht frei sprechen. Auf der einen Seite wird das Ausspionieren der Gesellschaft als etwas Böses angekreidet (verkörpert durch die Rolle von Freeman), auf der anderen Seite heißt der Gegner dieser Möglichkeiten das Anwenden der von ihm kritisierten Vorgehensweise das eine mal gut. Dieses eine Mal darf es aber gar nicht geben. Es ist dieses eine Mal, das für Ungerechtigkeit sorgt. Nur das eine Mal, und dann hat man solche Ideen für immer an der Backe. Nur das eine Mal, für das eine große Ausnahmeziel. Ein solches wird es immer geben.

Ich höre schon Leute zu der Thematik reden, dass die Bedrohung, die vom Joker ausgeht, aber nun auch sehr groß. Beachtet werden muss aber auch, dass diese Bedrohung nicht aus dem Nichts kommt. Der Joker konnte auch erst durch die Umstände innerhalb der Gesellschaft entstehen. Und was man anbaut sollte man auch ernten und die Konsequenzen daraus ziehen. Man kann nicht Hunderte von Fehlern bauen, und um diese zu beheben plötzlich alle möglichen Grundrechte außer Gefecht setzen. Dass Batman kein reiner Strahlemann a la Superman ist dürfte klar sein. Aber das Gute wird zu dem hier angesprochenen Thema von der von Freeman gespielten Figur verkörpert, nicht von Batman. Und mit der Einwilligung dieses eine Mal mitzumachen ist eine Fragwürdigkeit entstanden, die am Film zu recht hart kritisiert werden muss, auch wenn es für die meisten nur eine kleine Randerscheinung ist, wenn überhaupt.

Dass das was das Volk bekommt, dieses auch selber schuld ist (in diesem Falle den Joker) wird sehr deutlich, wenn man sich unsere Welt ansieht. Ein Blick auf diese verweist auch auf den nächsten kritikanfälligen, möglichen Schwachpunkt von „The Dark Knight“ in seiner politischen Thematik. Der Joker ist die reine, bösartige Anarchie. Und er sieht sich als Alternative zur Demokratie. Den Ruf danach hört man auch in unserer Gesellschaft recht häufig. Wir leben in einer demokratieorientierten Gesellschaft, eingeredet wird uns seit klein auf es wäre eine Demokratie. Wenn nun Leute von unserer Staatsform enttäuscht sind, glauben sie fälschlicher Weise sie wären von der Demokratie enttäuscht, einem System was sie praktisch nie kennen lernten. Und dann rufen sie nach Anarchie, Faschismus und anderen fragwürdigen Antworten.

Eine solche Antwort ist der Joker. Er ist Anarchie in böser Reinform, er ist das schlimmste was Anarchie hervorbringen könnte. Er ist das extreme Endergebnis jener, welche die falsche Antwort auf das Verlogene des Systems forderten und nun feststellen müssen, welche Auswirkungen dies annehmen kann. Anarchie kann so verlockend klingen, sie kann aber auch so extrem und bösartig sein, wie durch den Joker in „The Dark Knight“ hervorragend verkörpert. Unglaublich dass ein solcher Comickasper einem derart Angst vor Terrorismus einjagen kann.

Der Schwachpunkt von „The Dark Knight“ ist nun allerdings die Gegenseite. Man baut zu sehr auf die Demokratie, auf den Staatsanwalt, die Polizei. Am Rande werden Korruption und Politlügen angesprochen, der Glaube an die angewandte Demokratie wird damit aber nicht gänzlich gestürzt. Somit steht dem glaubhaften Joker kein echter Gegenpart zur Verfügung. Der Joker als reine Konsequenz gesellschaftlichem, ignorantem Alltags wird nicht beantwortet mit dem Ruf nach wahrer Demokratie. Und damit wirkt die recht tief gehende Thematik des Streifens arg lückenhaft.

Das was den Joker hervorbringen konnte soll gleichzeitig die Lösung sein. Zumindest aus der Sicht Batmans. Während der Film uns sehr wohl die Abgründe der Gesellschaft zeigt (wenn auch nicht ohne Hoffnung, wie es gerade zum Schluss hin betont wird), glaubt Batman trotzdem noch blind an das vorgelebte Staatssystem, ausgerechnet ein Mann, der sich ihm eigentlich widersetzt. Ein Mann, der dem Joker ähnlicher ist, als ihm lieb ist. Es wird nicht ganz deutlich, was der Film als Lösung gegen Joker vorschlägt. Dent, als weitere Demokratielüge? Nur eines ist klar. Feuer soll nicht mit Feuer bekämpft werden. Batman will nicht auf das selbe Niveau wie der Joker herabrutschen, auch wenn er dieser Versuchung sehr nahe kommt.

Im fertigen Film ist der Joker fast wichtiger als Batman selbst. Und nach Sichten versteht man auch, warum der tote Heath Ledger lange Zeit als Oscar-Anwärter für die beste Nebenrolle gehandelt wurde und die Trophäe schließlich auch erhielt. Ledger verkörpert den Joker einfach genial. Und er verkörpert ihn völlig anders als Nicholson. Er ist eine völlig andere Interpretation des berühmtesten Batman-Gegners aus den Comicheften, die ja selber schon verschiedenste Interpretationen hervorbrachten. Wie oben schon erwähnt ist er für eine olle Comicfigur recht furchteinflössend. Seine Charakterzeichnung könnte böser nicht sein. Er kennt keinerlei Grenzen, kaum wer vor ihm war je böser auf der großen Leinwand. Die Leistung Ledgers muss man wirklich loben.

Der restliche Cast weiß großteils auch zu gefallen. Alle die es aus dem Vorgänger zu „The Dark Knight“ herüber geschafft haben sind auf der positiven Seite zu nennen (Bale, Caine, Freeman, der Darsteller von Gordon, ...).

Der Darsteller des zukünftigen Two-Face wirkt zunächst einmal durch seine schleimig strahlende Aura zu blank, soft und lahm. Aber auch sein Spiel ist als gut zu bezeichnen, und wenn man ihn im letzten Drittel als den zweigesichtigen Schurken sichtet, weiß man auch, warum es gut war, ihn zuvor so aalglatt zu verkörpern. Das Gute und das Böse stehen sich so in seinem Gesicht deutlicher gegenüber, als es in einem Durchschnittsgesicht jemals möglich gewesen wäre. Zur Rolle des Two-Face möchte ich noch ergänzend hinzufügen, dass ich ihn schon immer für den uninteressantesten Gegner des Fledermausmannes hielt und es deswegen schätze, dass er hier nur, wenn auch auf positivem Wege, als Nebenfigur verheizt wird. An sich finde ich es eigentlich besser wenn ein Comicheld nur einen Gegner vorgesetzt bekommt (ganz schlimm war es in „Spider-Man 3“). In „The Dark Knight“ heiße ich es gut und finde es auch toll umgesetzt.

Die Rolle der Rachel ist auf der Negativseite zu nennen. Gyllenhaal spielt unglaublich blass, wirkt die ganze Zeit über wie ein schlechter Kirsten Dunst-Klon, bekommt zum Glück aber auch nicht so unglaublich viel Screentime als dass sie den Film damit ins unangenehme kippen könnte.

Dass der Joker in diesem Werk so viel Raum beschert bekommt, Cineasten fast nur von ihm sprechen und er Batman fast an den Rand drängt, wirft die Frage auf, wann Hollywood endlich einmal daran denkt, solchen Figuren einen eigenen Film zu widmen. Darth Vader war interessanter als Luke, in fast jedem Batman-Film waren die Gegner wichtiger als der Held, wann also bekommt der Bösewicht mal seinen eigenen Film? Gerade nach dem Hype um Leadgers Joker sollten sich die Produzenten mit dieser Frage mal befassen. Im Horror-Genre ist diese Herangehensweise schon Routine. Freddy, Michael und Co bekamen nicht nur ihre Filme, sie wurden auch endlos fortgesetzt. Wieso wird der Schritt zum Bösen im Mittelpunkt nicht auch in anderen Filmbereichen begangen, wenn der Zuschauer sich doch scheinbar daran so gerne ergötzt? Wer weiß, vielleicht kommt so etwas ja bald. Vielleicht war auch die Enttäuschung vom, auf Trashfilmbasis amüsanten, „Catwoman“ deshalb so groß. Vielleicht kam sich der Fan verarscht vor, weil er statt eines Bösewichts nun eine seelenlose Pseudo-Heldin vorgesetzt bekam. Man weiß es nicht!

Meiner Meinung nach ist „The Dark Knight“ besser als sein Vorgänger, ich hatte mit „Batman Begins“ nämlich ein großes Problem: Die erste halbe Stunde. Ich weiß bis heute nicht was diese bescheuerte Ninja-Thematik in einem Batman-Film zu suchen hatte. Sie war einfach fehl am Platz. Da der Film recht lange ging, hatte man nach diesen bescheuerten 30 Minuten trotzdem noch einen tollen Film auf Spielfilmlänge. Und diese restlichen ca. 90 Minuten waren das was ich sehen wollte. Und da der Ninjaaspekt zur Entstehungsgeschichte gehörte, und diese ja nun auch in „Batman Begins“ endete, konnte ich nur hoffen, dass der Nachfolger sich am Stil des Restfilmes orientierte. Wenn er es täte wäre es ein großartiger Film, wohl der beste Batman-Film bisher. Und er wurde es.

Ich liebe Burtons zweiten Streich, das Düstere seiner Verfilmungen blitzt auch immer wieder, wenn auch auf andere Art, in Nolans Interpretation auf. Aber „The Dark Knight“ schlägt „Batmans Rückkehr“ um Längen. Ich denke mal, dass wir es hier mit der besten Comicverfilmung zu tun haben, die es bisher gab. Und die Konkurrenz ist immerhin nicht ohne, das muss man ja auch mal berücksichtigen um zu verstehen, wie gut „The Dark Knight“ nun wirklich ist.

Im Gegensatz zu dem was in der Filmbranche Amerikas gerade so angesagt ist, fällt „The Dark Knight“ damit positiv auf, trotz schneller Schnitte übersichtlich zu sein. Werke wie „Resident Evil 2“ haben so schnelle Schnitte, dass man teilweise gar nicht sehen kann was passiert. „The Dark Knight“ verzichtet nicht auf schnelle Schnitte, wendet diese zum einen aber auch nicht pausenlos an und zum anderen sind die Schnelleinstellungen deutlicher eingefangen, so dass man keine Informationslücken oder Augenwischerei zum Verheimlichen schlechter Effekte vorgesetzt bekommt. Da sollten sich andere Großproduktionen ruhig mal eine Scheibe von abschneiden.

Insgesamt ist „The Dark Knight“ mit seinem düsteren Comicstil der auf Realitätsnähe stößt, einfach ein Augenschmaus für sich, ein Fest für Augen, Gehirn und Seele, einfach ein Film, der einem wieder klar macht wofür es Kinos eigentlich gibt. Der Mix aus Dunkelheit und Realismus orientiert sich meiner Meinung nach etwas an dem Frank Miller-Comic „The Dark Knight Returns“. Das dort eingebrachte Element mit den Batman-Nachahmern kommt immerhin auch in dem hier besprochenen Film vor, wenn auch anders thematisiert. Da Millers Comic so unglaublich gut ist wäre es mal toll, dieses detailgetreu umgesetzt im Kino zu sichten. Bis es so weit ist (was wohl ohnehin nie geschehen wird) ist „The Dark Knight“ zumindest der Schritt in die richtige Richtung, ja eigentlich mehr noch: ein bereits großartiges Ergebnis.

Nolans Film braucht den Vergleich mit anderen Batman-Werken nicht zu scheuen, wenn überhaupt müsste es umgekehrt sein. Was Burton Batman an seelischer Grausamkeit auf sehr beeindruckende Art zuschrieb, bekommt der Fledermausmann von Nolan auf gesellschaftlicher Ebene aufgelastet. Für welchen Preis Batman in „The Dark Knight“ den Sieg erringt, ist kaum in Worte zu fassen. Für einen dritten Batman-Film wäre „The Dark Knight“ das, was „Das Imperium schlägt zurück“ für „Star Wars“ war. Alles ist anders als zuvor, eine Rückkehr wäre nicht mehr auf die klassische Art möglich. Zu vieles ist zerstört, zu vieles nicht mehr zu reparieren.

Da Batman nicht so weiter machen kann wie bisher, wäre ein dritter Teil höchst interessant. Die hohen Einspielergebnisse sprechen zwar deutlich für eine weitere Fortsetzung, es bleibt nur zu hoffen dass Nolan weiter Regie führt und den Schluss von „The Dark Knight“ konsequent weiterführt. Ein Ignorieren der finalen Geschehnisse von Teil 2 wäre der größte Fehler, den ein Teil 3 machen könnte.  OFDb
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