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04.07.2019

ASSASSINS - DIE KILLER (1995)

Stallone hatte wenige Jahre vor "Assassins" (Originaltitel) mit "The Specialist" einen ähnlich thematisierten Film abgeliefert, dennoch musste ich beim Sichten des besser ausgefallenen Werkes um zwei konkurrierende Auftragskiller eher an "Mein Name ist Nobody" denken. Dort wie hier geht es um einen Fan, welcher dem Vorbild nicht geheuer ist, schließlich kann aus einem Fanatiker irgendwann dein Mörder werden, zumindest wenn dieser beruflich gleiche Pfade betritt und irgendwann einmal die Nummer eins sein möchte. Was in der Western-Komödie humoristisch angegangen wird, wird in dem Action-Thriller sehr ernst thematisiert. Und obwohl Humor und auch wahres Augenzwinkern fehlt, so vermittelt das Ergebnis von "Assassins" doch stets, dass er sich seiner Übertreibungen bewusst ist und eher in einer alternativen Comicwelt anvisiert ist, als in der unseren. Hier bemerkt man die Handschrift der Autoren, welche keine geringeren als die Wachowski-Brüder sind, die Jahre später mit "Matrix" einen großen Erfolg verbuchen sollten. Im Gegensatz zu diesem führen sie hier noch nicht Regie, Richard Donner, der mit den ersten drei "Lethal Weapon"-Filmen gerade große Erfolge verbuchte, schien der richtige Mann für das Projekt zu sein.

Zumindest beweist er, dass er den verspielten Actionbereich als alteingesessener, nicht nur auf ein Genre reduzierter, Regisseur auch dann beherrscht, wenn auf Komik verzichtet wird und stattdessen ein hoher Grad Ironie enthalten ist, angereichert mit dem Wissen über die Kenntnis der Gesetzmäßigkeit solcher Stoffe bei den Filmschaffenden und dem Publikum. Deswegen schauen sich Klischees hier auch nicht wie lästige Pflichten oder unkreative lange, weiße Bärte. Die Dynamik des Stoffes und ihr moderner Inszenierungsstil lassen durchblicken, dass man sich nicht auf alt Bewährtes ausruht, sondern bewusst mit den Standardeigenschaften derartiger Geschichten spielt. Das Buhlen um den ersten Platz macht die Comicposition deutlich, allein schon aufgrund dessen, dass er nur einseitig umkämpft wird, will einer von beiden Wettbewerbern doch schließlich aussteigen. Der weibliche Part des zentralen Figurentrios ist schließlich das Comic-Zugeständnis schlechthin, mit der offensichtlichen Verwandtschaft zu Cat-Woman aus dem Batman-Universum, hineinprojiziert ins digitale Zeitalter, irgendwo pendelnd zwischen taff und naiv, professionell und Amateur. Die nötige unverkrampfte Distanz verschafft sich das Werk durch den Umgang der Klischees aus dem Blickwinkel des Fanatikers, der sich in seiner irren Art an Rituale klammert, eine Zutat die dem Werk überhaupt erst die Chance ermöglicht, auf seine tolle Finalidee setzen zu können, die alles andere als Standard derartiger Werke darstellt.

Anstatt es ordentlich krachen zu lassen, lassen die Verantwortlichen des Streifens den Bösewicht in der Schlussphase schmoren - und mit ihm den Zuschauer, der die Vorbereitung des Finales hauptsächlich über ihn erfährt, anstatt über den Helden, und von Anfang an in dessen Pläne eingeweiht ist. Während man das Leiden des Gegners auf der einen Seite nachvollziehen kann, so spürbar Donner uns die Schwüle der Situation verdeutlicht, kann man sich gleichzeitig an dessen Unglück laben, wissend dass er geradewegs in eine Falle hinein läuft. Erneut zeigt sich eine Art Lustigkeit in humorloser Umsetzung, eingebettet in Nervenkitzel - welch herrliches Rezept. Freilich verläuft nicht alles nach Plan, so dass auch ein tatsächlicher Spannungsbogen jenseits des Eingeweihtseins aufkommen kann. Und dessen Wendungen wissen bis auf jene zu gefallen, die das Geschehen auch außerhalb des Konkurrenzkampfes der beiden Auftragskiller einen zu kleinen Radius beschert und damit eine arg persönliche Wendung zu viel präsentiert. Abgesehen von diesem Makel ist "Assassins - Die Killer" jedoch stilsicher erzählt, nicht immer logisch, aber doch clever umgesetzt, auch in seinen Actionszenen und mit all dem was ihn ausmacht weit mehr bietend, als das Standardprodukt um Auftragskiller. Mit dem ein Jahr zuvor erschienenen "Léon - Der Profi" kann sich "Assassins" jedoch nicht messen. Aber es würde mich wundern, wenn man solch hohes Ziel überhaupt anvisiert hat.  OFDb

11.08.2017

STIRB LANGSAM (1988)

Es gibt Menschen, die schauen sich den oft kopierten „Stirb langsam“ zu jedem Weihnachtsfest an. Ich könnte ihn nicht so oft sichten, zumal ich mich in Filme wie diese ohnehin nicht mehr so gut hineinfühlen kann, wie noch in jüngeren Jahren, und mein Favorit gegenüber des hier besprochenen Filmes war ohnehin immer „The Last Boy Scout“, der sprach mich ganz persönlich mehr an. Aber ganz unabhängig davon ist John McTiernans Action-Kracher, der das Genre für kommende Jahre maßgeblich mit beeinflussen sollte, eine rundum gelungene Sache, mit Klischees versehen, selbstverständlich, aber ohne diese würde ein Actionfilm, der grundsätzlich im Kino und nicht in der Realität zu Hause ist, ohnehin nicht funktionieren.

Das wirklich tolle am Drehbuch von „Stirb langsam“ ist, dass es immer weiß wann ein Klischee dick aufgetragen zu wirken weiß (Gut-Böse-Zeichnung, die Actionszenen allgemein) und wann es in einer reduzierten Form besser funktioniert (emotionaler Bereich). Dies zusammen mit einer Erzählung, die so viel wie möglich in die zu erzählende Geschichte an Ideen hereinzupacken weiß, und dies ohne den Radius der eigentlich erzählten Geschichte unnötig zu erweitern, macht aus „Die Hard“ (Originaltitel) dank menschlicher Helden, unmenschlicher Verbrecher, einem würdevollen Terroristenanführer, einer Geschichte in der nicht alles ist wie es scheint und einer meist großartigen Besetzung jenen Film, den die Freunde des Genres heute noch zu loben wissen. Im schnelllebigen Genre des Actionfilms und bei dem dazugehörenden Publikum, das sich nur selten für Filmklassiker interessiert, ist dies keine Selbstverständlichkeit.

Während ich kürzlich bei „Lethal Weapon“ feststellen musste, dass er nur noch mit einem Augenzwinkern und viel Wohlwollen bei einem erwachsenen Publikum zu funktionieren weiß, bin ich positiv überrascht, dass „Stirb langsam“ nach wie vor auf hohem Niveau zu unterhalten weiß. Das liegt mitunter daran, dass dem Zuschauer nicht nur auf Actionbasis immer etwas geboten wird (ganz im Gegenteil gibt es diebezüglich auch Ruhephasen und einen langsam Einstieg in die Geschichte), sondern inhaltlich werden immer wieder Leckerlies eingestreut, die das Interesse des Zuschauers aufrecht erhalten.

So setzt man nicht einzig auf das stupide Feuerwerk in Dauerberieselung, sondern auch auf Drama und Thrill, führt hierfür einige Figuren recht spät ein oder lässt welche in anderer Konstellation als bisher gewohnt aufeinander stoßen. Der einseitige Plot wird stets zusätzlich gefüttert, und selbst dieser wirkt in der Ein-Mann-Perspektive bedrohlich, eben weil die Kriminellen die gefährlichen Suspekte sind und nicht McClane als der Beschützer der braven Bürger. Die Gegner strahlen noch eine echte Bedrohung aus, und McClane ist trotz einiger Ausnahmeszenen nicht derart übermächtig gezeichnet, als dass man nicht mehr mit ihm mitfiebern könnte.

Er blutet und leidet, er stößt an seine Grenzen zu wissen was der nächste Schritt sein soll, und dank des Klischees untauglicher Polizisten und FBIs vor der Tür, ist er tatsächlich meist auf sich allein gestellt. Damit machen seine ironischen und sarkastischen Sprüche mehr Sinn als die Oneliner vergleichbarer Actionfilme. Dort wie hier würde der Film jedoch besser ohne sie funktionieren. Wirklich förderlich waren für die Stimmung des Streifens lediglich ein Kommentar zur Schuhgröße von Terroristen, diverse Selbstbeschimpfungen, wenn McClane wieder kaum wahrhaben will auf was er sich als nächstes einlässt, und ein weiterer treffsicherer Kommentar, den ich leider wieder vergessen habe.

Dank einer für Actionverhältnisse bodenständigen Geschichte und wenig infantilem Getue, kann man „Stirb langsam“ tatsächlich noch ernst nehmen und mit Würde gucken, zumal die Verantwortlichen des Streifens das ideale Gleichgewicht schufen zwischen der Perspektive dass ohnehin alles nur Kino sein soll und dem Blickwinkel, dass sich die Chose an den richtigen Stellen trotzdem echt genug anfühlen soll, um mit dem Einzelkämpfer mitfiebern zu können. Ernst, Ironie und kurz durchschimmernde Komik, wie Dramatik wissen in ihrer eingebauten Dosis zu funktionieren, und da Bruce Willis zur Entstehungszeit noch nicht der alt eingesessene Actionheld war, bereitet es Freude ihm im Laufe der Geschichte dabei zuzusehen, wie aus ihm die coole Sau wird, die er daraufhin in diesem Genre fast immer von Anfang an mimen musste.  OFDb

16.07.2017

LETHAL WEAPON (1987)

In jungen Jahren liebte ich die „Lethal Weapon“-Reihe, mochte die zwei Fortsetzungen gar noch mehr als das Original und liebte die dritte Fortsetzung, die überraschend verspätet nachgerückt wurde, als man sich gerade an den Gedanken einer Trilogie gewöhnt hatte. Teil 4 war in seiner ausgeflippten Art der Höhepunkt mit seinen enormen Übertreibungen und seinem Hauptaugenmerk auf den Humorgehalt. Erst Jahre später entdeckte ich erwachsener geworden die Stärken des Erstlings, der als einziger Teil die wirklich entscheidende Dosierung zwischen Komödie und Action bot und psychologisch gesehen weit weniger dümmlich daher kam, als die Party-tauglicheren Fortsetzungen, die sich keine Gedanken mehr zum Thema Gewaltbereitschaft machten. Nicht falsch verstehen, auch die mochte ich mit kleinen Abzügen immer noch, aber an die Qualität des Erstlings kamen sie nicht heran.

Nun sind wieder viele Jahre vergangen und eine erneute Sichtung machte mir nach Jahren der Bewunderung bewusst, wie extrem „Zwei stahlharte Profis“ (Alternativtitel) ein Großer Jungs-Film ist. Noch immer versprüht der Streifen seine Sympathie, einzelne Szenen sind so toll geschrieben, dass sie einem nie aus dem Gedächtnis verloren gehen würden (der Sprung mit dem Selbstmörder, Murtaughs Test ob Riggs wirklich selbstmordgefährdet ist, uvm), aber wirklich einfühlen konnte ich mich nicht mehr ins Geschehen, dafür war es mir zu sehr im Action-Kino angesiedelt und zu weit entfernt von der Realität. Nun will der Streifen diesbezüglich nichts anderes sein, aber der fein dosierte, teilweise subtile, Humor, der ihn vor den meisten Peinlichkeiten bewahrt, indem er Distanz zu seinem Große Jungs-Getue aufbaut, rettet ihn mit Blick von heute nicht mehr so gut wie einst. Bereits in diesem bodenständigerem Teil 1 sind die Protagonisten Comicfiguren, und aus irgendeinem Grund will das bei mir nicht (mehr) so gut funktionieren wie es heutzutage noch ein „Stirb langsam“ oder „True Romance“ schafft.

Die Geschichte entblättert sich zwar erst nach und nach, weiß aber definitiv nicht mehr derart zu gefallen wie einst, zu reißerisch ist ihr Hintergrund, zu unsinnig gehen die Hintermänner vor, zu extrem ist der Schwanzvergleich auf guter wie auf böser Seite. Wirklich peinlich wird es nur einmal, das ist jene Szene am Schluss, in welcher sich Riggs fern jedwegen Nachempfindens mit einem der Hauptgegner auf Murtaughs Rasen prügelt, ansonsten bekommt „Lethal Weapon“ immer rechtzeitig den Bogen, nie so gut funktionierend wie damals, aber doch noch immer unterhaltsam ausgefallen.

Richard Donners Werk weiß immer dann am besten zu gefallen, wenn die zwischenmenschlichen Situationen stattfinden. Da mag es in vielen Szenen ordentlich knallen, Verfolgungsjagden finden statt und böse Jungs werden erschossen (Riggs darf diesbezüglich fast die Position eines Superhelden einnehmen, ohne dessen überragenden Fähigkeiten die völlig übertriebene Geschichte überhaupt nicht funktionieren würde), aber all die Schauwerte erreichen nicht die Qualität eines Blickes in Murtaughs naiv optimistisches Gesicht, wenn er Riggs fragt, ob ihm das Essen seiner Frau tatsächlich geschmeckt habe. Auch die familiären Szenen als Gegenpol zu Riggs tristem Witwerdasein wissen in ihrer Warmherzigkeit zu gefallen, auch wenn sie so realitätsfern, da aufgesetzt, wirken, wie der Rest vom Film.

Somit ist es eher die Herzlichkeit und das Miteinander der beiden Hauptfiguren inmitten von Gewaltbereitschaft, was „Lethal Weapon“ noch immer genießbar erscheinen lässt, während seine Optik (ob nun Frisuren, oder die blaue Schrift im Vorspann) und die Saxophonuntermalung auf lächerliche Art in den 80er Jahren baden, dem einzigen Jahrzehnt, in welchem ein Actionfilm so ausfallen konnte wie hier. Die Bedrohung von Gegnern des 70er Jahre Kinos ist längst nicht mehr zu spüren. „Lethal Weapon“ ist trotz vieler einfallsreicher Szenen Formelkino, genauestens auf die Sehgewohnheiten des Publikums abgestimmt und durchkalkuliert, und eben jenes wollte seiner Zeit nichts sehen was sich echt anfühlt. Dementsprechend distanziert guckt sich Donners humoristisch gehaltene Gewaltorgie heute, ohne dabei den ernsten Ur-Beiträgen a la „Dirty Harry“ und Co, auf welche er sich im Gewaltbereich stützt, das Wasser reichen zu können.  OFDb

07.05.2017

MATRIX (1999)

Eigentlich ist es so, dass „Matrix“ rein inhaltlich das Science Fiction-Genre nicht neu erfindet. Ganz im Gegenteil plündert er sich durch diverse Vorlagen, von denen „Welt am Draht“ und „Dark City“ wohl die einflussreichsten sein dürften. Es ist jedoch die Art wie er die Elemente neu zusammensetzt, was ihn zu einem solch hervorragenden Film macht, setzt er doch die entliehenen Komponenten nicht nur geschickt neu aneinander, wobei er selbst die nachteiligen in ein positives Licht zu rücken weiß, er vereint zudem intellektuelles Kopfkino mit einem Actionorgie-gleichenden Popkornkino, auch wenn Letzteres Ersteres dafür fast komplett zu verschlingen scheint, so dominant wie sich die Schauwerte durchsetzen und so hintergründig, wie die reizvollen philosophischen Ideen in der zweiten Reihe mitspielen.

Perfekt durchdacht ist „Matrix“ nicht wirklich, bilden sich innerhalb des selbst entworfenen Konzeptes über die Regeln in und außerhalb der Matrix doch immer wieder Logiklücken. Diese verzeiht man in der Regel jedoch, da sie das Fortschreiten der Geschichte ermöglichen und somit förderlich anstatt hinderlich sind. Zudem wird uns als Ausgleich eine durchdachte Geschichte in anderen Ebenen des Filmes geboten, so z.B. bei der Reifung Neos zum Auserwählten, dessen Fähigkeiten aufgrund der zuvor genannten Begebenheiten geradezu logisch erscheinen.

Letztendlich widmet sich der Film ohnehin lediglich der Geschichte darüber Neo erkennen zu lassen, dass er der Auserwählte ist. „Matrix“ schließt dieses Kapitel mit einer der besten Schlussszenen, die ich aus diesem Genre kenne, nutzt er mit dieser doch nicht nur den Mythos der um Neo geschaffen wird und die wuchtige Auswirkung, die glorifizierendes Kino auf das Publikum auszustrahlen weiß, er macht uns außerdem zu Mitwirkenden des Filmes, zu Menschen die am Schluss erfahren, dass es nun so weit ist aufgeklärt und befreit zu werden. Das funktioniert nicht nur aufgrund der innerfilmischen Ebene, die von einer 90er Jahre-Welt (der damaligen Gegenwart) erzählt, die von Maschinen beherrscht wird („Terminator“ lässt grüßen), es funktioniert auch deshalb, weil die Geschichte als Sinnbild für vieles in der realen Welt steht, vergleichbar mit der doppelbödigen Thematik eines Zombiefilmes.

Am ehesten bietet sich hierfür der Freiheitsdrang derer an, die verstanden haben, dass die Gesellschaft, wie sie gelebt wird, nicht zwingend so gelebt werden muss. Regeln, Normen und Gesetze wurden vom Menschen erschaffen. Diese kann man über Bord werfen und gesellschaftlich wie kulturell völlig andersartig neu ansetzen. Ob man nun glaubt dass nur wenige von diesem System profitieren, welches die anderen gedankenlos oder gar unwissend mitspielen, oder ob man glaubt dass das Spiel von einigen auf höheren Ebenen gespielt wird, während sich die Masse desinteressiert treiben lässt, beides ist auf das Konzept der „Matrix“ übertragbar, egal ob man den Ist-Zustand dieser Welt als Unterdrückung und Anpassung ansieht, oder als zufällige Variable, zu der die Gesellschaft nun einmal geworden ist.

„Matrix“ gönnt sich als Mainstream-Werk den Luxus wuchtigste Bilder zu präsentieren, mit modernsten Programmen und Techniken zu arbeiten, sprich Unsummen an Geld für das erreichte Ergebnis zu verbrauchen. Die Wachowski-Brüder, die Regie führten, sorgen jedoch dafür, dass sich die Geschichte nie den Schauwerten unterordnet. Stattdessen werden sie zu nützlichen und gern gesehenen Werkzeugen, um die Geschichte auf ein höheres Niveau zu hieven. Werden sie nicht benötigt pausieren sie.

„Matrix“ besitzt etliche ruhigere Phasen, z.B. jene in der das Konzept der Matrix erklärt wird. Auch in solchen Momenten wird der Film nie Kopf-Kino, mittels optischer Spielereien sorgen die Wachowskis stets dafür, dass selbst den Denkfaulen oder Unkonzentrierten unter den Zuschauern nicht langweilig wird. Und dieses Kunststück kombiniert mit einer beeindruckenden Geschichte, sorgt mit der riesigen finanziellen Unterstützung die bereit stand für ein Filmerlebnis, welches selbst heute, fast 20 Jahre später, noch immer umzuhauen weiß.

Die im Vergleich zu heute schwächeren Computeranimationen wissen noch immer zu gefallen und zu überzeugen. Wenige mittlerweile zu gekünstelt wirkende Animationen, wie Feuer oder Aufnahmen des Raumschiffes von Morpheus, werden glücklicher Weise kurz gehalten, so dass die Illusion nicht plötzlich mitten im Film abbricht. Kampfsportszenen, die trotz versteifter Stars hochwertig inszeniert sind, bilden weitere Schauwerte. Aber der eigentliche an sich ist die fantasiereiche Geschichte, die sich nicht auf einer Idee ausruht, sondern uns in ein magisches, wenn auch pessimistisches, alternatives Universum führt, wie es einen seit „Krieg der Sterne“ nicht mehr zu imponieren wusste.

Ob es die konkreten Bilder der Erntemaschinen sind, der Gedanke dass sich junge Menschen in Wirklichkeit von alten Menschen ernähren, der etwas unsinnige, für den Film aber funktionierende, Ansatz die Versklavung mit der Nutzung des Menschen als Batterie zu erklären, das alles sind Ansätze, die zu begeistern wissen und lediglich als Nebensächlichkeit eingebracht sind. Das Gedankenspiel darüber ob Maschinen wissen wie Hühnchen schmeckt, oder darüber dass eine utopisch positiv programmierte Matrix nicht funktioniert hat, bereichern den Film, auch wenn vieles davon, wie bereits erwähnt, nicht erstmals in „Matrix“ thematisiert wird.

Neben diverser Science Fiction-Werke, von denen die Wachowskis sich inspirieren ließen, dient freilich auch das christlich geprägte Leben als Vorlage, deutlich in der Rolle Neos zu erkennen, spätestens wenn er erst auferstehen muss bevor er die Menschheit erretten kann (was selten so viel Sinn ergab, wie im hier besprochenen Film). Es ist aber auch in der Rolle des Morpheus erkennbar, der ein Prediger und Verkünder der Wunder des Auserwählten ist, was sich hier noch in die magische Wunderwelt des Streifens positiv einzufügen weiß, diese Figur in der missratenen Fortsetzung jedoch zum Phrasen dreschenden Missionar machte. Auch buddhistische Anleihen sind erkennbar, meist in den Lehren Morpheus‘, die an die Demut und Unterwerfung des eigenen Ichs zum Finden des eigenen Zentrums dieser Religion erinnern. Tom Cruise hätte sicher gern die Hauptrolle übernommen, denn selbst der Glaube der Scientology wird in den Fähigkeiten Neos erkennbar.

Wie eingangs bereit erwähnt ist es die Kombination mit welcher diese einzelnen Einflüsse und Bausteine zusammengesetzt wurden, die „Matrix“ so einzigartig macht und selbst Cineasten überzeugen sollte, die mit Action, Mainstream und/oder Science Fiction in der Regel nichts anzufangen wissen. Denn „Matrix“ ist nicht nur ausgezeichnetes Genre-Kino, er hat auch tatsächlich etwas (auf mehreren Ebenen) zu erzählen und dies innerhalb eines recht glaubwürdig herübergebrachten Szenarios, welches sich zudem Raum für Spielereien lässt. „Matrix“ ist mehr als der geglückte Blockbuster, der alle Jahre wieder inmitten des üblichen Bullshits im Massenkino erscheint. „Matrix“ ist ein Ausnahmewerk des Mainstreams, sich dessen Vorteilen bedienend, gleichzeitig die Nachteile hinter sich lassend. Bei solch grandiosem Ergebnis braucht es nicht verwundern, dass „Matrix“ die Genres, für die er steht, nachhaltig beeinflusst hat.  OFDb

23.09.2014

ZUM TEUFEL MIT DEN KOHLEN (1985)

Ehrlich gesagt bin ich kein großer Fan des Komikers und Schauspielers Richard Pryor. Er ist einer der Schwachpunkte von „Superman 3“, spielt oft in lausig geschriebenen Komödien mit wie „Der Spielgefährte“, ein Remake von Pierre Richards bestem Film „Das Spielzeug“, und auch in „Zum Teufel mit den Kohlen“ hätte ich mir manch anderes Gesicht in der Hauptrolle vorstellen können, z.B. den zur Entstehungszeit noch recht unterschätzten John Candy, der hier in einer Nebenrolle völlig unterfordert wirkt und vom Drehbuch her nur selten einen Schmunzler ernten darf.

Okay, die großen Lacher gibt es ohnehin nicht, „Brewster‘s Millions“ (Originaltitel) lebt hauptsächlich von seiner Grundidee und die Welle welche diese schlägt, hat die lauten Gags somit auch gar nicht nötig, und das ist es was den etwas zu durchschnittlich geratenen Film schließlich auch rettet. Ein mauer Star, zu viel Sport in die Geschichte integriert und ein unterdurchschnittlicher Soundtrack können nicht die großartige Idee zerstören auf welcher diese Komödie baut. Klar hätte das alles auch bissiger inszeniert werden können, einen teilweise richtigen Satire-Gehalt erfährt der Streifen beispielsweise nur in seinen kurzen Momenten des Wahlkampfes. Aber Walter Hill schien ohnehin nur eine kleine, amüsante Komödie drehen zu wollen, und genau diese ist ihm auch geglückt.

Trotzdem ist das Ergebnis im Vergleich zu der tollen Idee auf die er baut mager ausgefallen. Die unnötige, aber aus Produzentensicht obligatorische, Love Story weiß nicht zu wirken, allein schon weil die Chemie zwischen den beiden Schauspielern nicht stimmt, aber auch weil es auf beiden Seiten weder einen Grund gibt den anderen zu lieben, noch sich die Gefühle von wenigstens einem von beiden auf den Zuschauer übertragen. Dem geht dieser Bereich der Story völlig am Arsch vorbei. Und auch die Verteilung von Gut und Böse hätte ruhig ein wenig subtiler ausfallen können, anstatt mit dem Holzhammer präsentiert wie hier geschehen.

Andererseits besitzt sowohl die Grundidee als auch die Handschrift des Filmes einen gewissen Grad Comiccharakter, womit die Übertreibung von Gut und Böse doch wieder legitim ist. Die Rolle des Warren will trotzdem nicht wirklich ziehen, und das verwundert, gibt es in „Summer School“ zum Beispiel doch eine ähnlich charakterisierte Figur, die rein äußerlich von der Maske her sogar noch stärker übertrieben ist als Warren, und der funktioniert wesentlich treffsicherer als zur Fleisch gewordenden Comic-Figur.

Man darf also zurecht behaupten, dass „Brewster‘s Millions“ kein großer Wurf geworden ist. Dass er trotzdem Spaß macht liegt neben besagtem Haupttrumpf an den vielen kleinen Randideen, so z.B. jener mittels einer teuren Briefmarke einen großen Teil des Geldes zu verschwenden, oder dem völlig bescheuerten Gastauftritt von Rick Moranis in der Rolle einer Nervensäge, die alles nachplappert was man ihr sagt.

Von solchen Ideen hätte es ruhig noch ein paar mehr geben dürfen, aber es reicht um mit diesem Werk von Walter Hill, jenem Mann der auch „Red Heat“ und „Nur 48 Stunden" gedreht hat und kürzlich mit dem kleinen schlichten Stallone-Film „Shootout“ überraschte, auf 90 Minuten amüsiert zu werden. Wie der Auszug aus seiner Filmographie zeigt ist der gute Mann im Bereich des Actionfilms jedoch besser aufgehoben als in dem der Komödie. Um so erfreulicher ist es, dass der hier besprochene Streifen trotz aller Makel noch so brauchbar ausgefallen ist.  OFDb

01.08.2014

THE BOOK OF ELI (2010)

„The Book Of Eli“ ist ein nicht ganz ungefährlicher Film, verkauft er doch eingepackt in das allseits beliebte Endzeit Science Fiction-Genre die Worte Gottes, ist also nicht einzig dafür geschaffen um zu unterhalten, er soll auch missionieren. Der kritischen Worte werden zwar auch geäußert, so z.B. dass die Bibel, jenes Buch von welchem der Fremde das letzte Exemplar bei sich trägt, seinerzeit eine Teilschuld an jenem Krieg trug, der die menschliche Zivilisation schließlich vernichtete und die Natur weitestgehenst zerstörte. Aber das ist nur Teil einer der Hauptaussagen dieses Filmes. Religion wird gerne von falschen Predigern ausgenutzt. In den richtigen Händen würde sie jedoch Wunder bewirken und den Menschen neue Hoffnung geben.

Das wird Christen gefallen. Menschen wie ich, die lieber der Wissenschaft und dem sozialen Miteinander verbunden sind, bemerken den faden Beigeschmack der Manipulation. Ich mag es nicht missioniert zu werden, und ich mag es erst recht nicht aus einer Richtung die so viel Unheil über die Menschheit brachte. Deswegen ist ein Werk wie „Book Of Eli“ meiner Meinung nach mit Vorsicht zu genießen. Im Gegensatz zu meiner üblichen Grundüberzeugung solchen Dingen aus dem Wege zu gehen muss ich jedoch gestehen, dass ich den Film der Hughes Brüder durchaus mag und finde, dass er einen Blick wert ist. Die Art wie er erzählt ist, ist geradezu packend angegangen. Auch als Atheist wird man zart von der Atmosphäre des Streifens berührt, während einem gleichzeitig die bedrohlichen, warnenden und traurigen Bilder einer untergegangenen Welt faszinieren.

Psychologisch recht schlicht gestrickt beginnt der Film mit einem Farbfilter nahe dem Schwarz/Weiß und wird im Laufe seiner Erzählung immer bunter, wenn auch passend zur Welt noch recht dreckig gehalten. Aber was ein so simples Stilmittel ist, weiß gekonnt zu wirken dank großartig eingefangener Bilder, einem stimmigen, fast meditativen Soundtrack und allerhand talentierter Mimen vor der Kamera. Mila Kunis und Denzel Washington habe ich nur selten besser erlebt, trotzdem stehen sie im Schatten des großartigen Spiels von Gary Oldman. Die Regie baut jedoch nicht nur auf sie, sondern auch auf die Kraft der Ruhe. „The Book Of Eli“ ist langsam erzählt, und selbst seine überzeugenden Actionszenen wirken sanfter als in anderen Filmen, wahrscheinlich auch weil Spielereien wie unnötige Schnittgewitter gemieden werden.

Die Hughes Brüder verlassen sich voll und ganz auf die Charaktere ihrer Geschichte und auf die Wirkung der erweckten Endzeitwelt, irgendwo pendelnd zwischen Motiven des klassischen Western-Genres und der Inspiration aus der „Mad Max“-Trilogie. „The Book Of Eli“ zieht einen in seinen Bann und könnte damit ein wirklich großartiger Film sein - wenn, ja wenn er nicht christlich missionieren würde. Eli, Teil der Worte Religion und selig, ist leider kein neutraler Charakter der glaubt eine Mission zu haben, was den Streifen wesentlich vertrauenswürdiger gestaltet hätte, er wird geradezu von Gott auf seiner Reise beschützt. Seine übernatürliche Erfahrung mit der Stimme die er einst empfing wird im Finale bestätigt. Gott existiert. Die Bibel kann weiter leben.

Von daher kann ich verstehen, dass mancher Nicht-Christ keinen Gefallen an „Book Of Eli“ finden wird und jemanden wie mich, der den Kompromiss wagt, als Paradebeispiel nennt wie es Religion immer wieder schafft Leute derart zu manipulieren, dass sie beginnen zu glauben oder Teilaspekte des Glaubens anzunehmen. Immerhin fühlte ich mich von der Handschrift der Hughes-Brüder tatsächlich zärtlich berührt. Aber das empfinde ich nur auf rein cineastischer Ebene so, und auf dieser lasse ich es auch all zu gerne zu.

Es wäre zu schade „Book Of Eli“ rein aus Prinzip aus ideologischen Gründen komplett zu ignorieren. Dafür ist er einfach zu stark erzählt, düster und emotional zugleich, staubig und trocken und doch optimistisch. Der Mix stimmt. Und die Botschaft des Streifens kann man durchaus annehmen, teilen und leben: Tu für andere mehr als Du für Dich selbst tust. Das ist ein schöner Leitsatz. Aber man sollte nicht so naiv sein zu glauben, dass dieses Motto erst mit dem Beginn des Christentums oder dem Schreiben der Bibel entstanden ist. Soziale Menschen gab es schon immer, und die ehrlichen und geistig gesunden findet man sicherlich nicht in der Kirche.  OFDb

02.05.2013

SPLICE - DAS GENEXPERIMENT (2009)

Die Wissenschaftler Clive und Elda erschaffen gegen den Willen der Firma für die sie arbeiten ein künstliches Wesen mit menschlichen Genen, welches sie versteckt vor der Öffentlichkeit groß ziehen. Nicht nur das rapide Wachstum zerstört die Grundlage einer gesunden psychologischen Entwicklung, auch der wilde Gen-Mix und noch mehr die Fehler der „Eltern“ sorgen dafür, dass das nicht vorhersehbare Experiment ein böses Ende nehmen muss...
 
Rabeneltern Wissenschaft...
 
Der Regisseur Vincenzo Natali ist seit seines Kino-Hits „Cube“ für seine ungewöhnlichen Stoffe bekannt. Ob es nun besagter rätselhafter und tödlicher Würfel ist, oder aber die phantasiesprengende Idee von „Nothing“ (was ist bitte ein Nichts?). Mit „Splice“ hat er einen Genre-Mix aus Science Fiction, Drama und Horrorfilm kreiert, den man in etwa als einen ominösen Cocktail aus „Carrie“, „Frankenstein“ und „Alien“ bezeichnen könnte. Vor dem Niveau dieser Vergleichsfilme braucht sich der hier besprochene nicht einmal verstecken, entpuppt sich der fertige Streifen doch als recht reifes und erwachsenes Werk, nicht ohne Schönheitsfehler versehen, aber doch sehr gehaltvoll und psychologisch meist richtig erzählt.

Wie so oft werden die gewohnten Seiten von Gut und Böse verdreht, mit der Zeit verzerrt und wieder vertauscht, so dass eine immer bizarrer werdende Geschichte irgendwann ihr Ende findet ohne pseudo-artig Moral zu predigen und mit dem erhobenen Zeigefinger zu winken. Nicht dass der Kern der Geschichte nicht auf Ethik setzen würde, bzw. den Mangel an Ethik nicht kritisieren würde, aber dieser Punkt erwächst geradezu automatisch aus der erzählten Geschichte heraus, so dass ein gekünstelter moralinsaurer Eingriff von Seiten der Verantwortlichen von „Splice“ gar nicht mehr nötig war. Na Gott sei Dank, denn die USA werkelten mit an diesem Science Fiction, und da hätte das schnell passieren können.

Dass die über allem erscheinende Moral weder erdrückend noch aufgesetzt wirkt liegt u.a. auch daran, dass sie sich nur dem Dritten, dem Zuschauer, offenbart, nie aber einer der wesentlichen Figuren des Streifens. Die Wissenschaftler sind gebildete Genies, sozial abgestumpft, bzw. durch die moderne Moral mit einem verzerrten Blick auf Ethik und deren Bedeutung bestraft, und so steht ihr Genie auf der Seite der Wissenschaft und ihrer Dummheit in Sachen Menschlichkeit in einer Extreme gegenüber, die sie trotz ihres hohen Intellekts wie kleine Kinder wirken lässt, die naiv und ahnungslos mit dem Feuer spielen und sich hinterher wundern wenn‘s brennt.

Wer von Ethik keine Ahnung hat, hat sie auch nicht von Psychologie. Grundlegendes Denken von Richtig und Falsch wird in unserer Gesellschaft gerne für bestimmte Bereiche abgeändert und so lange gelebt, bis man sie für ihren speziellen Bereich für richtig hält. Verhaltensweisen die Menschen im Alltag als Geisteskrankheiten diagnostiziert werden, werden zum Vorteil und richtigem Verhalten im Management und der Führungsetage großer Konzerne. Das Töten und Vergiften von Menschen ist ein von Politikern durch Gesetzesentwürfe verbotenes Verhalten, während es für Konzerne global gesehen und von Politikern unterstützt als kleines Übel zum Erhalt von Luxus gilt. Lügen sich Bürger untereinander an ist es eine Unverschämtheit, lügen Politiker wird dies als Strategie und geradezu typische Eigenschaft ihres Berufes angesehen, die nur wenig hinterfragt werden.

Und um nun zum Punkt für „Splice“ zu kommen: Das Verhalten das unsere Wissenschaftler in ihrem Beruf erlernt haben, ist nicht übertragbar in den Bereich elterlicher Pflichten, ein Bereich in welchen die beiden immer mehr hineinrutschen, wenn sie feststellen, dass das Wesen mehr als ein Experiment für sie geworden ist. Nun werden sie zu Rabeneltern, die dem noch unbedarften und unschuldigen Wesen in ihrer rational denkenden Art Leiden antun, die ihnen nicht einmal bewusst sind. Am Ende erkennen sie Fehler gemacht zu haben, können diese aber nicht näher benennen, da sie ihre Fehler nicht wirklich begreifen. Wie sollten sie auch, aufgewachsen in einer ethisch verdrehten Welt in welcher ihr Tun bislang als positiv gesehen wurde und von Schule, Arbeit und Geldförderern gar gefördert wurde.

Auf der anderen Seite steht Dren, so der Name des Gen-Experiments, das zunächst ein unschuldiges, leidendes Opfer ist, für das es in unserer Welt kein Happy End geben kann, komme was wolle. Das macht selbst ihre wenigen fröhlichen Momente im Leben für uns Zuschauer todtraurig, so hoffnungslos sieht ihr Schicksal aus. Doch auch sie wandelt sich vom Opfer zum Täter, nicht ohne Zutun der psychischen Schinderei ihrer Eltern, aber auch selbstgelenkt, ein Abschnitt der von Natali deutlich markiert wird, wenn er nach dem Erwachen der Sexualität und derer Erfüllung in Erscheinung tritt. Wir sind ein unbeschriebenes Blatt und irgendwann werden wir schmutzig. Und wir tun Dinge zur Befriedigung des Drangs, die wir ohne Sexualität nie getan hätten. So auch Dren, in welcher zig Gen-Komponenten diverser Tiere stecken und damit andere Instinkte und eine andere Gefühlswelt als einzig die eines Menschen.

Dren handelt bis zu ihrem tragischen Schluss falsch, erkennt dies nicht und muss dafür bezahlen. Im Gegenzug erleben wir die beiden Wissenschaftler, die anhand ihres Fehlverhaltens nur erkennen, dass sie während des Großziehens ihres Zöglings etwas falsch gemacht haben. Sowohl die geplante Lösung dieses Problems zeigt die fragwürdige Natur ihres Daseins als auch der Wunsch alles rückgängig machen zu können, bis zu jener Zeit als alles noch gut war: die Zeit der Forschung. Dass die Fehler bereits hier zu finden waren, wird ihnen nicht bewusst.

Schade dass diese vielschichtige, tiefgründige und mehrfach deutbare Geschichte zum Finale hin in einen gewöhnlichen Bereich abdriftet, nicht ohne eine gewisse Klasse beizubehalten, aber doch arg gewöhnlich werdend. Aber wenn man bedenkt wie großartig „Splice“ zuvor erzählt ist und wie verzwickt sich die Situationen bis in provokativ Grenzen sprengende Bereiche zuspitzen, braucht es nicht wundern, dass die Autoren der Geschichte keinen Ausweg gefunden haben. Da hätte man das Talent eines Charlie Kaufman („Being John Malkovich“ und „Vergiss mein nicht!“) benötigt, um die Geschichte zu einem würdigen Ende zu führen. Dementsprechend überraschungsarm ist auch die finale Pointe ausgefallen, die nicht nur vorhersehbar ist, sondern auch von Konkurrenzprodukten schon etliche Male serviert wurde.

Dem Film tut es nur wenig Abbruch, ist er doch ein wirklich gelungener Mix aus intelligentem und unterhaltungsreichem Kino. Der Mix aus Drama und Horror erreicht im Empfinden des Zuschauers eine Extreme, wie es sie heute nur noch selten gibt, und die geradezu typisch für Filme wie die oben erwähnten „Frankenstein“ (bzw. noch eher „Frankensteins Braut“) und „Carrie - Des Satans jüngste Tochter“ war, womit nicht nur inhaltlich eine Verwandtschaft besteht, sondern auch in Intensität und Wirkung.

Auch die individuell wirkende Kreatur ist keinesfalls ein schlechter Gen-Mix a la „Man‘s Best Friend“, sondern eine einfallsreich konzipierte Figur, bei der zwar weniger trotzdem mehr gewesen wäre, die aber in Idee, Wirkung und Aussehen einzigartig ist und dem Film dementsprechend gut tut, zumal der gewagte Mix aus Computeranimation und einer realen Schauspielerin der Dren oftmals Grenzen sprengt, in welchen man grad nicht sicher ist, was von beidem gerade mehr dominiert.

Da es sich um einen intelligenten Film handelt, muss man auch nicht befürchten Religion als Gegenaspekt zur bösen Wissenschaft vorgesetzt zu bekommen. Mehr noch: dank der Figur des Bruders des Forschers wird sogar die Position deutlich, dass Wissenschaft nicht dämonisiert wird, sondern nur die Unachtsamkeit und die mangelnde Ehrfurcht mancher Forschenden. Da das ganze zudem noch in eine packende Geschichte integriert wurde, die Hoch und Tiefs beim Mitempfinden des Zuschauers entfacht, kann man „Splice“ definitiv als weit über dem Durchschnitt bezeichnen und trotz seines bröckelndem Finales jedem Cineasten, ob nun mit Hang zum Horror oder nicht, ans Herz legen.  OFDb
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