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17.06.2017

THE BLAIR WITCH PROJECT (1999)

Daniel Myrick und Eduardo Sanchez griffen das von Rainer Erler entwickelte Found Footage-Verfahren aus „Die Delegation“ aus dem Jahre 1970 auf und nutzten die Idee um auf pseudo-authentische Art für Grusel zu sorgen. Zwar wurde Found Footage bereits im Jahre 1980 teilweise in „Nackt und zerfleischt“ für den Horrorsektor angewendet, unheimlich sollten die Aufnahmen dort jedoch nicht ausfallen, die Ziele waren andere. Myrick und Sanchez schufen ein Werk welches entweder unheimlich langweilt oder den Zuschauer in hohem Maße gruseln kann. Seinerzeit im Kino gesichtet und einige Male allein zu Hause im Dunkeln traf auf mich letztere Wirkung zu. Ich sah ihn auf deutsch, im Originalton, einmal sogar absichtlich ohne hinzuschauen als Hörspiel: „The Blair Witch Project“ gruselte einfach wunderbar.

Nun nachdem durch „Paranormal Activity“ das Found Footage-Verfahren erst viele Jahre danach massentauglich wurde und nicht mehr nur von Filmern kleineren Kalibers wie Charles Band („Das St. Francisville Experiment“) und Oliver Hummel („The Dark Area“) umgesetzt wurde, sondern mit „Cloverfield“ und Co auch von großen Studios, wurde es reizvoll sich noch einmal den ersten großen Kinoerfolg des pseudo-dokumentatorischen Handkamera-Stils anzusehen, erst recht nachdem erst kürzlich „Blair Witch 3“ für Ernüchterung sorgte. Gesichtet habe ich das Original in geselliger Runde, was keine gute Ausgangslage dafür war, dass er wie einst hätte gruseln können. Das war aber auch ganz gut so, denn so erfuhr ich nach all den Jahren, dass er viel mehr als dies kann.

Dass „The Blair Witch Project“ sich äußerst unheimlich anschauen kann (anbei auch ohne den damals angegangenen Internet-Hype und auch dann, wenn man die Aufnahmen nicht für echt hält), hatte der Film mir bereits damals bewiesen, um dies zu bestätigen war eine Neusichtung nicht nötig. Nachdem ich diese aber nun doch angegangen bin, habe ich mich hinterher gefragt, warum jene, die nicht den kindlischen Ängsten in dunklen, verwackelten Bildern im Wald erliegen können, nicht anderweitig mit dem Film zufrieden waren, ist er doch auch als theoretisch geguckter Film ein packender Horrorbeitrag. Er funktioniert als Kunstfilm mit seinen auf eigenständige Art eingefangenen Bildern, die es vergleichsweise in ähnlich gearteten Found Footage-Horrors so nicht noch einmal gab, ebenso, wie als Charakterstudie sich verlaufender Jugendliche der Moderne. Er funktioniert als Unterhaltungsfilm ebenso wie intellektuell gesichtet. Was gibt es an „The Blair Witch Project“ zu meckern?

Einzig das dümmliche Verhalten dem Flussverlauf nicht folgen zu können und den Sonnenstand nicht für den Ausweg aus den dichten, tiefen Wäldern zu nutzen, verärgert an der hier erzählten Geschichte. Diese Punkte werden nie angesprochen und lassen die jungen Leute eine Spur dümmlicher wirken als sie eigentlich sind. Der Rest strahlt jedoch eine solch authentische Wirkung aus, dass „The Blair Witch Project“ auch im Nichtgrusel-Modus einfach zu fesseln weiß. Den Darstellern kauft man ab genau der Charakter zu sein, den sie spielen. Man würde nie eine andere Person hinter ihnen vermuten. Und das Schrittchenweise angegangene emotionale Entdriften ist psychologisch glaubwürdig eingebracht und auf die hier präsentierten Figuren genauestens abgestimmt.

Die wichtigste Rolle um diesen Prozess zu beschleunigen stellt hierfür Heather da, die bereits in der Vorphase bestimmerisch, verwöhnt und mit klassischem Mädchenbonus versehen, nicht gerade den Eindruck einer sympathischen Person macht. Mit ihr gemeinsam im dichten Wald verloren zu gehen wird zum reinen Horror, reizt sie doch selbst die Nerven des Zuschauers, so dass dieser sich toll mit den beiden Männern der Gruppe identifizieren kann. Klar kann man von Heather derart genervt sein, dass der eigentliche Film einem damit auf den Senkel geht, man kann „The Blair Witch Project“ aber auch mit eingeschaltetem Kopf sichten und die Chancen erkennen, die er damit bietet.

Denn nach anfänglichen Ärgernissen Heather gegenüber kommen nun noch wunderliche Konfrontationen mit wem unsichtbar agierend Unbekanntes, Kälte, Hunger und Angst als Faktoren hinzu, die nicht gerade dabei helfen die höflichen Umgangsformen aus der Zivilisation beizubehalten. Myrick und Sanchez begehen nie den Fehler die Drei all zu sehr abdriften zu lassen. Der Grad der Aggression bleibt stets realistisch und wird nie für Horrorfilmgewohnheiten übertrieben und verfälscht. Stets versucht man einander wieder zu beruhigen, bekommt noch einmal die Kurve, aber Ausraster stehen auf der Tagesordnung. Es sind die Jungs die sich umeinander kümmern, die einander schonen um Ruhe zu bewahren. Heather hingegen treiben egoistische Gründe voran, sie unterlässt ihr penetrantes Nachfragen nach Nichtigkeiten nicht einmal wenn es wem psychisch gerade sehr dreckig geht. Freilich hält sie sich selbst für ungeheuer umgänglich. 

Selbst in der deutschen Synchronisation spielt der Ton eine wichtige Rolle für die erzeugte Authentizität. Wer Heather einmal hat verzweifelt kreischen hören, der glaubt sie wäre echt, schreit sie doch keinesfalls Kino-typisch. Und man darf sich fragen, warum ein so lebensechtes Verzweifeln im Tonbereich nie wieder, all die Jahre nach „The Blair Witch Project“, verwendet wurde, wenn das Ergebnis dieser Tonlage doch ebenso nervt wie überzeugt. Horrorfilme bestehen aus allerhand angespannten Situationen. Eine Möglichkeit jemanden wie Heather artikulieren zu lassen ist in der Regel zuhauf gegeben.

„The Blair Witch Project“ hatte seinerzeit eine derartig unheimliche Wirkung auf mich, dass meine Lieblingsszene, der in der Ecke stehende Mike, mir allein bei dem Gedanken an den Film eine Gänsehaut beschert hat. Nachdem ich den Grusler gestern gesehen habe ohne mich zu gruseln, fasziniert selbst diese Szene noch, fragt man sich doch unweigerlich, gerade nachdem man Mike so gut kennen lernen durfte, welch starker Macht er wohl unterliegen muss, um zu tun was wir für wenige Sekunden zu sichten bekommen. Gerade ist er noch hysterisch durch ein plötzlich entdecktes, verfallenes Haus gelaufen, und im nächsten Moment steht er brav in der Ecke, so wie es ein Interviewter zu Beginn des Streifens zum Thema der Hexe von Blair beschrieben hat. Dieses Gedankenspiel ist bereits in der Theorie unheimlich.

Zudem ist der in der Ecke stehende Mike optisch eingefangen die Hauptattraktion eines ohnehin kunstvoll abgefilmten Szenarios. Wer mit verwackelten Aufnahmen etwas anfangen kann (und in „The Blair Witch Prohject“ wird mehr gewackelt als in so ziemlich jedem anderen Found Footage den ich sichten durfte), der kann in der Schönheit der Aufnahmen verloren gehen, die man als eine Kunst des Reduzierens verstehen kann. Vom professionellen Abfilmen abgewendet, hin zur amateurhaft verwackelten Optik im theoretischen Sinne, aber doch einen eigenen Look erhaltend. Bilder aus „The Blair Witch Project“ erkennt man direkt als solche wieder. Aufnahmen vergleichbarer Filme im Wald sehen anders aus. So leicht wie es klingt lässt sich der Aufnahmestil des hier besprochenen Streifens nicht kopieren.

Dies betrifft aber ebenso die Glaubwürdigkeit des Filmes. Wo in „The Dark Area“ und in „RAW - Der Fluch der Grete Müller“ untalentierte Filmemacher am Werk waren, denen die Empathie fehlte sich ins Geschehen und in die Personen hineinzuversetzen, erlebt man in „The Blair Witch Project“ genau das Gegenteil, vorausgesetzt man ist empathisch genug um dies entdecken zu können. Falls nicht bleibt ein Langeweiler, der mit plumpen Geräuschen für Angst sorgen soll und verwackelt Waldaufnahmen bei Tag und Nacht zeigt. Ein solches Empfinden ist keine Seltenheit beim Publikum vom „Blair Witch Project“, so ziemlich die Hälfte aller Zuschauer empfindet so. Mir könnte nichts ferner liegen, mag ich den Film doch sowohl für seine intellektuelle, wie auch für seine gruselige Seite. Beide Trümpfe sind nur bei sensiblem Herangehen an den Stoff zu erfahren. Und allein dafür erntet der Film meinen Respekt.  OFDb

22.04.2017

BLAIR WITCH 3 (2016)

Als 1970 Rainer Erler mit „Die Delegation“ die Filmmethode des Found Footage erfand, gelang ihm ein interessanter Ausnahmefilm, der die Medienwelt jedoch nicht nachhaltig beeindruckte. Deodatos 1980 erschienender Kannibalen-Schocker „Nackt und zerfleischt“ wies ebenfalls Passagen dieser Art zu Drehen auf, machte aber eher durch seine drastischen Gewaltdarstellungen von sich reden, anstatt durch den interessanten Doku-Stil, so dass er stilistisch wie intellektuell stark unterschätzt wurde und nur von Gore-geilen Horror-Freaks beachtet. Mit „The Blair Witch Project“ rückte 1999 das Genre des Found Footage erstmals für das breite Publikum in den Fokus. Von kleinen Nachahmern wie „The St. Francisville Experiment“ und die Amateurfilm-Zuschauerbeleidigung „The Dark Area“ einmal abgesehen, beides Filme die nur der Allesgucker der Videothekenwelt beachtete, blieb es jedoch erneut ruhig um die reizvolle Art mit Ruckelkameras Geschichten einmal anders zu erzählen.

Erst als „Paranormal Activity“ 2007 ein großer Zuschauererfolg wurde, da wurden auch kleine, wie große Studios endlich auf die Methode des Found Footage aufmerksam. Nachfolger wie „Cloverfield“ und „[Rec]“ wurden lukrative Hits, nervenkitzelnde Werke wie „Die Höhle“ gingen in der Flut billiger Direkt-DVD-Produktionen wie „Paranormal Entity“ und „RAW - Der Fluch der Grete Müller“ aber fast unter, während der Auslöser dieser Welle x Fortsetzungen erfuhr, inklusive Spinn-Off „Paranormal Activity - Die Gezeichneten“ und einer parallelen Fortsetzung, die in Japan zu Ehren des Originals gedreht wurde. Dass in dieser Welle nichts von einer Fortsetzung von „The Blair Witch Project“ zu hören war, verwunderte aufgrund der mit wenig Kosten zu scheffelnden Geldmacherei schon.

Zwar war man mit dem Misserfolg der 2000 erschienenden Fortsetzung „Blair Witch 2“ sehr übel in die Nesseln getreten, verachtete das Publikum doch diesen unterschätzten Versuch Teil 1 auf andere Art fortzusetzen, doch sollte dies all die geldgeilen Produzenten Amerikas eigentlich nicht wirklich davon abhalten weiter zu machen. Trotzdem war es erst 2016 endlich so weit. „The Blair Witch Project“, jener Film der die Wirksamkeit des Found Footage im Horror-Genre erkannte, bekam eine weitere Fortsetzung beschert, zu einer Zeit wo kein Hahn mehr nach ihr krähte und viele Cineasten ohnehin genervt vom Found Footage-Verfahren waren.

Er erschien also zu einer Zeit, in der man nichts um die Zuschauermeinungen im Internet geben musste, erst recht nicht als Freund der ersten Fortsetzung, die für „Blair Witch 3“ jedoch ignoriert wird. Und so ging ich trotz der kritischen Worte im Netz unvoreingenommen an die zweite Fortsetzung jenes Gruselfilmes heran, der mir einst die Angst lehrte und auch in etlichen Wiedersichtungen das Gefühl gab es vor lauter Furcht nicht allein zu Hause auszuhalten. Eine solch enorme Wirkung habe ich von „Blair Witch 3“ freilich gar nicht erst erwartet.

Etwas mehr Grusel-Feeling hätte es aber dann doch sein dürfen, denn der von den Regisseuren des Originals mitproduzierte „The Woods“ (Arbeitstitel) schaut sich bereits in der Vorphase, lange vor den ersten Gruselszenen, ziemlich mau, wenn rein technisch die Erwartungshaltung zwar mit neuen interessanten Aufnahmemöglichkeiten steigt, parallel dazu aber immer wieder zu bemerken ist, dass das Verständnis für Psychologie, welches Teil 1 sowohl im Erzählerischen als auch im Spiel mit dem Zuschauer bewies, so gut wie gar nicht vorhanden ist. Die obligatorischen Streitereien in der Gruppe, sowie diverse andersartige Gefühlsausbrüche, wirken nicht mehr authentisch. Sie entstehen, selbst betrachtet aus dem Blickwinkel der Ami-Kultur, in unglaubwürdigen Momenten aus nichtigen Gründen, lange bevor Elemente wie Hunger, Durst und Angst das alltägliche Verhalten manipulieren können.

Dennoch weiß allein der stimmige Wald zu wirken. Und dass die Verantwortlichen der Geschichte einen Störfaktor in die Gruppe eingebaut haben, der möglicher Weise das Projekt manipuliert, beschert der ansonsten wiedergekäuerten Story von Teil 1 einen Zusatzreiz. Sehr viel mehr war auch nicht nötig, bereits Teil 1 lebte vom „weniger ist mehr“-Prinzip und ließ den Zuschauer teilweise lediglich auf einen schwarzen Bildschirm, oftmals sogar nur auf verwackelte Aufnahmen der Botanik, starren. Immer dann wenn „The Blair Witch Project 3“ (Alternativtitel) seinen berühmten Teil 1 kopiert, schaut sich die zweite Fortsetzung tatsächlich auch am besten. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass jene Momente am besten wirken, in denen wir Aufnahmen aus Teil 1 sichten, die direkt eindringliche Erinnerungen daran wecken, wie unheimlich das Original ausgefallen war.

Das ist alles andere als ein Lob für eine Fortsetzung, und tatsächlich kann man schon einmal vorweg nehmen, dass „Blair Witch 3“ kein sympathisches Stück Film geworden ist. Als halb funktionierendes Stück mangelhafter Durchschnittskost ist er aber zumindest nicht wirklich schlecht ausgefallen. Zwar wird Adam Wingards Beitrag der Reihe gegen Ende immer ungruseliger und leider auch unsinniger (keine Ahnung was die so gar nicht nachvollziehbare Szene soll, in welcher die Hauptdarstellerin sich wie ein Wurm durch einen engen, unterirdischen Gang wuselt), ein Hauch Restatmosphäre bleibt aufgrund der gewählten Handlungsorte und der gruseligen Hintergrundgeräusche aber immer bestehen.

Im Internet wird dem Film oft vorgeworfen, dass er zu viel zeigt, und ab diesem Moment, in dem er sich in diesem Punkt vom kultigen Teil 1 distanziert, bergab ginge. Das kann ich nicht bestätigen. Es wird mehr gezeigt, aber nicht wirklich nennenswert mehr. Der Phantasie bleibt genügend Raum gelassen, wahre neue Erkenntnisse um die Legende der Hexe von Blair gibt es nicht. Aufgrund des mangelnden Gefühls für Stimmung und Glaubwürdigkeit tut es „Blair Witch 3“ sogar gut, dass er versucht hat mit flotteren Aktionen gegen den mangelnden Gruselgehalt anzukämpfen. Aber freilich machen solche Verzweiflungstaten nach längeren scheiternden Gehversuchen auch keinen guten Film mehr.

Es ist schade, dass „Blair Witch 2“ seinerzeit so wenigen zu gefallen wusste, der hatte immerhin eine tolle Idee die Reihe mittels Found Footage-Szenen aus dem Bereich des Found Footages herauszukatapultieren. Und ich denke das war die richtige Entscheidung. „The Blair Witch Project“ hätte im klassischen Filmverfahren weiter fortgesetzt werden müssen, dann wären sicherlich brauchbare Nachzügler dabei herausgekommen, vielleicht auch leicht verdaulichere als die etwas ungewöhnliche, für simple Geister zu sperrig erzählte, Geschichte der ersten Fortsetzung. Zumindest beweist nun „Blair Witch 3“, dass man nicht ewig auf erneut in die Wälder ziehende Dokufilmer setzen kann, das haut weder Eingefleischte noch Neulinge der Reihe vom Hocker - zumindest so lange, wie keiner mit an Bord ist, der das nötige Gespür dafür beherrscht, wie aus dem Original und dem Nachzügler „Paranormal Activity“ derart angsteinflößende Filme werden konnten.  OFDb

23.11.2012

RAW FEED - BELIEVERS (2007)

Eine Frau liegt verletzt an einer Tankstelle. Die Rettungssanitäter David und Victor eilen herbei, werden jedoch von Fremden, die frisch zur Situation dazustoßen, von ihren Rettungsversuchen abgehalten. David und Victor werden von den Fremden entführt, die verletzte Frau wird auch mitgenommen. Die Leute entpuppen sich als Mitglieder einer wissenschaftlichen Sekte, die das Ende der Welt für die nahe Zukunft voraussagt. Die zwei Sanitäter dürfen nicht freigelassen werden, da sie dem Rettungsversuch der Menschheit im Weg stehen würden...
 
Das Klo-Gefängnis...
 
Filme zum Thema Sekten gucke ich sehr gerne, und da ist es auch ziemlich egal, ob sie im Drama- oder Horrorbereich angesiedelt sind. „Believers“ (Originaltitel) ist ein Thriller an der Grenze zum Horrorfilm, und weckt allein schon deshalb Interesse, weil Daniel Myrick auf dem Regiestuhl saß, jener Mann dem wir „The Blair Witch Project“ zu verdanken haben.

Mit einem solchen Erfolg im Nacken, ragt ein großer Schatten der Erwartung über nachfolgende Projekte, und so kann man verstehen, dass Myrick erneut auf eine schlichte Umsetzung setzt, war doch genau sie das Tor zum Erfolg im besagten Hexen-Horror. Für meinen Geschmack ist der Manndiesmal jedoch eine Spur zu schlicht herangegangen. Wenige Darsteller und Drehorte schön und gut, aber die Geschichte will auf nichts hinaus, das man nicht schon einmal woanders gesehen hätte.

Das ist etwas schade, denn gute Ansätze sind durchaus vorhanden. Myrick greift auf, dass eine Sekte auch wissenschaftsorientiert sein kann, so wie die sehr bekannte Scientology, die zu Anfang auch zwischen den Zeilen Erwähnung findet. Schön ist auch, wie Myrick den Zuschauer zusammen mit David und Victor in eine fremde Situation schmeißt, bei der man erst einmal nicht weiß worum es wirklich geht. Dass einer der beiden Männer eine schwere Verletzung hat, selektiert besagte Person bereits als Nebenrolle aus. Interessanter wäre es gewesen, nicht zu wissen wer Held der Geschichte wird.

Über das Casting kann man sich nicht beschweren, spielen die Leute ihre Rollen doch soweit o.k., große Schauspiel-Herausforderungen bietet das Script ohnehin nicht. Das Klischee der sehr durchgeknallt gestylten Mitglieder der Glaubensgemeinschaft weiß zu gefallen anstatt zu verärgern, was wohl daran liegen mag, dass es Myrick lediglich um Unterhaltung und nicht um Aufklärung geht.
 
Das ist auch vollkommen o.k., ein Thriller muss nicht wie „Gnadenlose Verführung“ beide Bereiche bedienen, aber eben weil „Raw Feed“ ein reiner Thriller sein soll, frage ich mich, warum der Spannungsgehalt allerspätestens ab der zweiten Hälfte so heruntergeschraubt wird. Man muss kein Couch-Potatoe sein, der alle Filme auswendig mitsprechen kann, um zu wissen in welche Richtung sich die simple Geschichte entwickelt. Auch die Schluss-Pointe dürfte für die meisten nicht überraschend kommen, erst recht wenn man sichtet, wie unspektakulär und einfach das Finale eingefangen wurde, auf dem die Pointe dann aufbaut.

Was mich ein wenig verärgert hat, war das Bild der besagten Sekte, eine Glaubensgemeinschaft, die Menschen aus akademischen Berufen um sich versammelt, Menschen die etwas im Kopf haben müssten. Anstatt nun eine Subkultur zu zeigen, die sachlich an das bevorstehende Ereignis herangeht, an das sie glaubt, darf man zusehen wie die Mitglieder auf religiöse Art Rituale befolgen, wiederholende Sätze in der Gruppe aufsagen und blind auf den allwissenden Lehrer hören. Das passt irgendwie nicht zusammen. Eine Gruppe dieser Art hätte die Parallelen zu religiösen Ritualen nicht nötig gehabt, auch wenn im speziellen Fall der hier gezeigten Sekte Wissenschaft und der Glaube an Gott Hand in Hand gehen.

„Raw Feed“ kann man durchaus gucken. Mit seiner Hauptlocation, den Toilettenräumen, bekommt er wenigstens etwas eigenständiges Flair. Dieses hätte ich mir jedoch eher in wichtigen Punkten gewünscht. Letztendlich wird man als Zuschauer nicht herausgefordert. Myrick schafft es nicht mit dem Publikum zu spielen, versucht es sogar kaum. In der ersten Hälfte lebt der Film vom Unwissenden und Unbekannten, in der zweiten Hälfte lässt dies nach. Bis dahin hat man die Figuren jedoch gut genug kennen gelernt, um sie bis zum Finale begleiten zu können. Der Sektenfilm weiß auf schlichte Art zu unterhalten. Eine Empfehlung bleibt damit aus.  OFDb
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