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18.01.2025

BLUE VELVET (1986)

Als Jeffrey zurück in seiner Heimatstadt angekommen auf einer Wiese ein menschliches Ohr findet und von Sandy, der Tochter jenes Kriminalbeamten, den er diesbezüglich kontaktierte, später heimlich die Adresse einer im Zusammenhang stehenden Person erfährt, überredet er die Gleichaltrige ihm dabei zu helfen Zugang zur Wohnung unter besagter Adresse zu bekommen. Als er in Abwesenheit der Nachtclubsängerin Dorothy, die dort wohnt, die Wohnung nach Hinweisen durchsucht, wird er von ihrer Rückkehr überrascht, in seinem Schrankversteck entdeckt und erlebt von nun an eine alternative Gesellschaft hinter dem Vorhang des Bürgertums...

Fucking Ausflug mit dem Nachbarn...

Dass der Fund eines Ohrs, ebenso wie die Krankheit des Vaters und die alternative Behausung in Armut Lebender, immer wieder ein anderes Licht auf das wohlhabende Leben des einfachen Bürgers in der Kleinstadt wirft, lässt "Blue Velvet" keinesfalls aus, wenn er uns zunächst in die Welt seines Protagonisten einweiht, aus welche die Hauptperson als Hauptaugenmerk der Handlung geradezu ruckartig entrissen wird, wenn er eine weit bitterere Alternativgesellschaft aus Unterdrückung, Gewalt und abseitigem Sex kennen lernt, die entgegen seiner Instinkte Neugierde in ihm weckt, ihn aber auch in einen Sumpf aus Problemen und Lügen zieht, so sehr er in seiner einfachen, ehrlichen Art auch ein Retter sein möchte. Lynch hat einen bereits in seinen Bann gezogen, wenn wir uns noch auf der anderen, alltäglichen Seite befinden, die er zu Beginn mit farbenfrohen Blumen und einer Fröhlichkeit satirisch überspitzt gekünstelt aussehen lässt. Ich behaupte sogar dass "Blue Velvet" in seiner ersten Phase, vor dem Einbruch in die Wohnung der Nachtclubsängerin, am stärksten funktioniert, weil sie solch eine unterschwellig bedrohliche, Neugierig weckende Atmosphäre besitzt, die das Werk kurz darauf, eingeweiht in die düstere Parallelwelt, in dieser Intensität nicht mehr aufrecht erhalten kann. 

Das heißt nicht, dass einem das Treiben der Menschen auf der anderen Seite kalt lassen würde. Ganz im Gegenteil wird man als Zuschauer mit Jeffrey gleichermaßen von den Erlebnissen überrumpelt, mit einer Härte und Direktheit, die wahrlich zu schockieren weiß, unabhängig davon, dass es heute wie damals bereits weit Extremeres im Kino zu sehen gab. Die rohe, plötzliche Art, die auf die bisherige Einfachheit und Gewohnheit stößt, verursacht diesen intensiven Effekt. Es ist dem etwas arg bizarr gezeichneten Frank, hervorragend gemimt von Dennis Hopper, zuzuschreiben, dass ich den Blick auf die andere Seite etwas zu grotesk präsentiert empfand, um mich weiterhin tief in die Gefühlswelt Jeffreys hineinversetzen zu können. Franks Auftreten ist zu krass, die Idee eine Substanz mit einer Beatmungsmaske zu inhalieren im hier gezeigten Szenario zu verrückt, als dass "Blue Velvet" bodenständig seine Bedrohung auszustrahlen in der Lage wäre. Das ist von Lynch durchaus gewollt und damit lediglich mein persönliches Problem mit dem Film, aber so ist es eben, und deswegen wirkte vieles eher theoretisch gelungen auf mich, aber nicht auf eine Art erzählt, die mich ohne Unterbrechung in die gewünschte Illusion entführt. 

Kalt haben mich die Ereignisse nicht gelassen, die man wahrlich nicht vorher sehen kann, umso mehr wurde ich vom traditionell gehaltenen Schluss überrascht, den ich nach all der Andersartigkeit und dem Grauen niemals erwartet hätte. "Blue Velvet" hat mir gefallen, in seinen Kunstaspekten ebenso wie mit seinen inhaltlichen Ideen. Aber obwohl er zu David Lynchs zugänglichsten Werken gehört, kam mir die Welt des Untergrunds zu gewollt auf extrem getrimmt vor, als dass mich dieser Film komplett hätte überzeugen können. Ich mag seine Symbolik, wie z.B. der zarte Gesang mit dem Song Blue Velvet im Kontrast zur roten Wohnung der Sängerin dieses Liedes, in der solch abscheuliche Sachen geschehen. Ich finde es herausragend wie die von Kyle MacLachlan gespielte Figur des Jeffrey hin und her gerissen ist zwischen seiner Erziehung und der Versuchung, zwischen Ekel und Faszination, und doch, passend zum Charakter meist den richtigen Kompass besitzt, um deshalb noch lange nicht mit kriminellem Verhalten zu sympathisieren, vielleicht auch nur weil er dieses stets aus Feindschaft erlebt, anstatt als Einladung in die andere Welt. An "Blue Velvet" ist so vieles gelungen, durchdacht, reizvoll und mutig, dass es mich etwas verärgert, dass er bei mir nicht so ganz gezündet hat. 

Was mir beim Schauen von Werken dieser Zeit jedoch immer wieder positiv auffällt, ist der freie, weit weniger moralisch gehaltene, Umgang untereinander, wenn das mal mehr, mal weniger alltägliche Miteinander gezeigt wird. Die Verlockung wird nicht dämonisiert, ein schnelles Verzeihen wird nicht als leichtgläubig und naiv dargestellt, wir begleiten zwei Menschen, die sich ineinander verlieben, mit all ihren Fehlern und Vorzügen, in einer Phase, in welcher die Selbstfindung längst nicht abgeschlossen ist. Vieles von dem hier Gesichteten würde heute derart erzählt für Diskussionen sorgen, und damit meine ich keinesfalls die Alternativwelt hinter dem bürgerlichen Vorhang, sondern das selbstverständliche, individuelle Handeln mündiger Personen offen gelebt, ohne eine vorgegebene Norm einhalten zu müssen. Erst dieses liberale Miteinander akzeptiert, macht die gesetzlose Variante freien Denkens und Handelns, wie Jeffrey sie plötzlich erleben muss, so intensiv und diskussionswürdig.  Wiki

11.11.2023

DER EXORZIST 3 (1990)

Der Titel "Der Exorzist 3" ist eigentlich Augenwischerei. Zum einen setzt der Film die völlig unsinnige Geschichte von "Exorzist 2" glücklicher Weise nicht fort, und zum anderen hat der Autor des Originals, William Peter Blatty, eher etwas geschaffen, das mit "Prometheus" im "Alien"-Universum vergleichbar ist, jedoch als Folgeerzählung, anstatt als Vorgeschichte. Er lässt beide Erzählungen miteinander zu tun haben, konzentriert sich aber auf eine andere Hauptgeschichte. Dementsprechend nannte er sein Buch "Legion", so dass man wohl davon ausgehen kann, dass es eine Produzentenentscheidung war, die Verfilmung als Teil 3 zu vermarkten. Deren Regie übernahm Blatty diesmal persönlich, und er beweist ein gutes Händchen für eine stimmige Atmosphäre in einem ruhig erzählten Film. Die Dialoge wirken manchmal etwas überheblich, so als wollten sie große literarische Kunst krampfhaft entfachen, an anderer Stelle ist es jedoch von üblichem Vorteil ein Werk zu sichten, das auf einer Buchvorlage beruht. So ist z.B. die Idee, die beiden langjährigen Freunde in einem uns wirr und ansatzweise feindlich klingenden Stil miteinander kommunizieren zu lassen, wie aus dem Leben gegriffen und unterstützt dabei das Individuelle der hier präsentierten Figuren, deren Innenleben dem Autor sehr wichtig sind. 

Dementsprechend erfreut es, eine derart interessante Hauptfigur vorgesetzt zu bekommen, die zudem hervorragend besetzt ist. Der Kommissar macht die halbe Miete am unterhaltsamen Gelingen des Streifens aus, trägt auch jene Phasen, in denen wohl überlegt nichts Direktes im Bezug zur Hauptgeschichte passiert, und man lässt ihm selbst dann sein Niveau, sein Selbstbewusstsein und sein geschultes Reflexionsvermögen, wenn er aufgrund der Ereignisse des Films einen Wandel in Sachen Glauben und Wahrnehmung erfährt. Hauptsächlich geht es um einen Serienmörder, der die Methode eines ehemaligen Serienkillers nutzt, und dabei Details anwendet, die seinerzeit nicht an die Presse gingen. Wenn in der Nervenheilanstalt ein totgeglaubter Pfarrer als Insasse behauptet, eben jener Killer von einst zu sein, was nach weltlichen Kriterien nicht möglich ist, dann kreuzt "Der Exorzist 3" in dieser späten Phase nicht nur deutlicher denn je die Geschichte des Original-"Der Exorzist", auch wird eine Verwandtschaft zu Fritz Langs "Das Testament des Dr. Mabuse" deutlich, in welchem der Aggressor ebenfalls über die Mauern eines Irrenhauses hinaus scheinbar Verbrechen verüben konnte. 

Zu starke Verwicklungen mit den Geschehnisse des 70er Jahre-Films hätte die Geschichte meiner Meinung nach gar nicht nötig gehabt, aber diese spät einsetzende, intensivere Auseinandersetzung mit Teil 1 stützt "Exorcist III: The Legion" (Alternativtitel) nicht in eine Krise. Sie lässt ihn keineswegs schwächer als zuvor erscheinen. Allerdings ist "The Exorcist 3" (Originaltitel) auch zuvor kein Meisterwerk, sondern lediglich ein unterhaltsamer, übernatürlicher Thriller, so sehr er auch darin bemüht ist, großes Kino zu sein. Dafür fehlt ihm das gewisse Etwas. Zu oft plätschert der Streifen lediglich angenehm vor sich hin. Das unterstützt zwar den Spannungsbogen, der von dem Unheilvollen, das über den Dingen schwebt" ebenso lebt, wie von den Entdeckungen der Taten des Verbrechers, dennoch ist und bleibt es ein Dahinplätschern. Großartig wird es, wenn "Der Exorzist 3" in seltenen Fällen urplötzlich inmitten seines sanften Stiles eines harten Stoffes überraschend aus dem Nichts zu einem gruseligen Moment ausholt. 

Highlight ist diesbezüglich meiner Meinung nach die plötzlich aus einem Krankenhauszimmer auftauchende Person, mit der man zum angegangenen Zeitpunkt nicht gerechnet hat, was einen Schreckmoment zur Folge hat, der auch Stammzuschauer des Genres zusammen zucken lässt. Weniger erschreckend, dafür ebenso überraschend und beunruhigend, ist eine unerwartete Aufnahme, in welcher plötzlich eine der Klinikinsassen an der Decke herum krabbelt. Dass "Der Exorzist 3" nicht nur willkürlich in einer Nervenheilanstalt spielt, sondern aus wohl überlegten Gründen, beweist eine Teilauflösung zum Finale hin, die in ihrer Idee wahrlich zu gefallen weiß. Und auch wenn es gegen Ende etwas aktionsreicher als zuvor zugeht und die zweite Fortsetzung dort ihre lautesten Momente erfährt, so bleibt die Geschichte doch trotzdem stets besonnen und reflektiert, und hält weiterhin seine Figuren, allen voran den Kommissar, im Mittelpunkt.  Wiki

17.09.2023

CHUCKY UND SEINE BRAUT (1998)

Nach drei sehr angenehmen Filmen, die sich trotz verspieltem Aufhänger eher an das Sub-Genre des Slashers hielten, erhielt die Reihe um "Chucky - Die Mörderpuppe" unnötiger Weise einen Stilwechsel hin zur Horror-Komödie. Obwohl ich persönlich die Gangart der drei Vorgänger bevorzuge, so bin ich doch positiv vom Ergebnis des vierten Teils überrascht, fand ich ihn doch seinerzeit nur ganz nett und etwas zu gewollt auf cool getrimmt. Das sehe ich heute nicht mehr so. Ganz im Gegenteil beschert "Chucky und seine Braut" treffsicher erzählt ein gute Laune-Kino der rasanten und morbiden Art und schafft es den Puppen derart viel Leben einzuhauchen, dass tatsächlich eine Art Romantik in ihrer Hassliebe zueinander zu spüren ist. Puppen die Sex haben und viele andere Ideen hätten in reiner Provokation baden können, doch Ronny Yu und Stammautor und Chucky-Erfinder Don Mancini bescheren den Figuren und dem dünnen Plot genügend Charme, so dass zu infantiles Getue umschifft wird und das Ganze stattdessen treffsicher humoristisch eingefangen wird. 

Alternative Mentalitäten wie Metaller werden sich heimisch fühlen, der Film atmet diese Subkulturen aus allen Poren, umso schöner ist es, dass es hier nicht einzig um Coolness geht und der schräge Comic-Charakter der Situationen so weit wie nötig hochgeschraubt wird. An blutigen Momenten mangelt es so wenig, wie an humoristischen. Optisch ist "Bride of Chucky" (Originaltitel) ein Augenschmaus in vielerlei Hinsicht, und die Geschichte kommt entspannt, da nicht überfrachtet und zügig erzählt daher, lässt sich für die Figurenentwicklung dennoch genügend Zeit, macht aber auch deutlich an den Puppencharakteren mehr interessiert zu sein, als an den menschlichen, die dennoch als die Helden des wilden Road Trip betrachtet werden. Dass der Plot dünn ausfällt, liegt am eigentlichen Aufhänger, der bereits ein derartiger Selbstläufer ist, dass er in sämtlichen Szenen alternativ ausgekostet werden kann und somit keine weitreichendere Geschichte benötigt. 

Einzig ärgerlich ist es um den Wechsel der Gesetzmäßigkeiten. Andy wird ignoriert. Plötzlich ist ein Amulett die Rettung aus den Puppenkörpern. Da hätte man sich zumindest die Mühe machen können Chucky diese Alternative neu erfahren lassen zu können über eines der Bücher, welches Tiffany zu seiner Wiedererweckung studiert hat. Stattdessen bangt man um ein Ausbremsen der Geschichte und präsentiert diese Methode als schon immer da gewesen. Das verärgert in einem sonst so wundervoll erzählten Film, der im Ergebnis gar den schlichteren, obwohl der Reihe treu gebliebenen, "Chucky 3" zu übertreffen weiß und mit "Chucky's Baby" sechs Jahre später noch einmal an schrägen Ideen übertroffen wurde, bevor Mancini der Reihe 2013 mit "Curse of Chucky" einen zweiten Wandel Richtung Gruselfilm bescherte und den Grad des Wahnsinns somit wieder zurückschraubte.  Wiki

04.12.2022

WILD PALMS (1993)

Ich muss gestehen nicht alles verstanden zu haben in dieser komplexen Geschichte um Religion, Politik und einer Cybertechnik, die zusammen mit einer Droge Wahrnehmung und Urteilsvermögen verdrehen kann. Gerade deshalb bin ich auch so erstaunt, dass mir die damals als Dreiteiler ausgestrahlte Mini-Serie mit ca. 20 Jahren so gut gefallen hat, kann ich anspruchsvollen Stoffen heutzutage doch weit mehr folgen als damals. Aber es wird so wie jetzt gewesen sein, nun wo Pidax diese kleine Perle endlich in Deutschland auf DVD veröffentlicht hat: man muss nicht alles begreifen, um dem Sog der Erzählkraft verfallen zu können. Mit all seinen irren Ideen wird man schlichtweg überwältigt vom Geschehen, vorausgesetzt man kann sich geduldig einem sperrig dargebotenem Plot öffnen, der trotz etlicher Schauwerte auf die Aufmerksamkeit des Zuschauers setzt und verlangt dass er selbst entdeckt und begreift. Das Werk ordnet sich damit nicht einzig dem Unterhaltungswert unter, ja es serviert nicht einmal das was der Zuschauer verlangt, sondern fordert diesen stattdessen dazu auf zu entdecken was "Wild Palms" zu erzählen hat. 

Und es dauert bis der Groschen fällt was dies nun sein soll. Allerdings wirkt die Serie mit seinen verschrobenen Dialogen und mancher sprunghaften Erzählweise auch ein wenig inkonsequent. Vielleicht hätten ihm ein paar Folgen mehr gut getan, als den fünf, auf welche er ursprünglich konzipiert war und so nun auch auf DVD erschien. Mit vier 45-Minütern und einem Piloten auf Spielfilmlänge waren wohl trotzdem dort Kürzungen nötig, wo man sich ruhig noch etwas mehr Zeit hätte nehmen können. Zwar war Oliver Stone eine der tragenden Kräfte bei diesem Projekt, aber vielleicht wurde der Stoff dem TV-Management letztendlich doch zu heiß in einer noch ausgedehnteren Variante, wer weiß. Freilich muss man "Wild Palms" als Produkt seiner Zeit sehen, wenn er uns eine Welt 16 Jahre in der damaligen Zukunft zeigt, die vor dem Boom von Handys, Internet und anderen Produkten der Unterhaltungsindustrie mittlerweile etwas naiv anmutet. Aber da kann ein Film aus den 90er Jahren nun nicht wirklich etwas für. Zumal er ansonsten meist gesellschaftskritisch treffsicher daher kommt, wenn er irgendwo zwischen Scientology-Kritik, dem damals frisch aufkommenden Mentalitätenwandel der USA und dem nächsten Schritt zur Gehirnwäsche durch TV und Film Elemente aufgreift, die schon damals beunruhigten. 

Teilweise nimmt der Stoff dabei Elemente von "eXistenZ" vorweg, besitzt Gedankengänge, die auch in "Welt am Draht" ihren Platz fanden und gönnt sich trotz ernster Umsetzung winzige augenzwinkernde Metaebene-Momente als Gimmick am Rande. Da darf z.B. ein Interview mit Oliver Stone im Fernsehen der Zukunft laufen, in welchem er gefragt wird, wie er es empfindet, dass seine Verschwörungstheorie aus seinem Film "JFK" nun endlich bestätigt worden wäre. Und wenn James Belushi kurz auf eine Szene aus "Der kleine Horrorladen" verweist, wenn es in einer Anekdote um eine Sexdroge geht, die verspätet auf einem Zahnarztstuhl ihre Wirkung bekam, dann wird das geradezu beiläufig erwähnt, ohne dem Stoff seine Ernsthaftigkeit, seine Dramatik und seiner beunruhigenden Wirkung zu berauben. Dies sind freilich kleine Nebenmomente innerhalb eines Filmes um Lügen, Betrug und Raub in einem gesellschaftlichen Umfang, der jede Vorstellung sprengt und selbst vor dem Thema Unsterblichkeit nicht Halt macht. Vielleicht findet alles etwas zu sehr in kleinem Radius statt, und der Schluss atmet so stark heile Welt, dass ich mir gewünscht hätte ein Nashorn als Schluss-Pointe durchs Bild huschen zu sehen. Aber letztendlich ist "Wild Palms" ein interessantes TV-Produkt, das lediglich darunter leidet, dass der Zahn der Zeit etwas arg an ihm nagt. 

Nicht jede Wendung überrascht, letztendlich schafft die Serie es aber einen in die berechtigte Paranoia des Protagonisten zu schubsen, so ungewiss lange Zeit alles ist. Selbst wenn man halbwegs Fuß im wirr scheinenden Plot fasst, weiß man nicht was man glauben soll. Und bei all den Wichtigkeiten, die einem nur am Rande erklärt werden, wie z.B. der Existenz der Väter und der Freunde, oder der politischen Lage, in welcher die Regierung einst etliche Mitbürger in einem Atomschlag dezimierte, um einen dritten Weltkrieg zu verhindern, ist es auch völlig legitim sich verloren zu fühlen. Gleichzeitig hilft es einem, da man sich somit automatisch an die Hauptfigur klammert, der es ebenso geht. Als Zuschauer ist man sogar in vieles eingeweiht, was der gute Mann nicht weiß und sieht trotzdem den Wald vor lauter Bäumen nicht. Keine Ahnung ob es dem Einfluss der TV-Verantwortlichen zu verdanken ist, dass der Schluss eher flott und unbefriedigend daher kommt. Und wie erwähnt gibt es einige Sprünge zu erleben, die entscheidende Veränderungen etwas zu ruppig voranschreiten lassen. Ob das nun die neue Karriere des Anwalts ist, ein wichtiger Todesfall im letzten Drittel, die Bedeutung des plötzlich so wichtigen Chips, oder gar die Entführung der Kinder, da gibt es so einiges das auch in einer absichtlichen Inszenierung der Verwirrung nicht nötig gewesen wäre und klarer hätte thematisiert werden müssen. "Wild Palms", an dem "Dexter"-Regisseur Keith Gordon ebenso beteiligt war, wie "Near Dark"-Regisseurin Kathryn Bigelow, ist also nicht frei von Schwächen. Aber an andersartigen Produktionen interessierte Cineasten werden sicherlich nichts falsch machen, wenn sie sich die 270 Minuten Laufzeit zu Gemüte führen.  OFDb

24.01.2021

DEAD SCARED (2004)

"Dead Scared" ist übersät mit typischen Versatzstücken des modernen und klassischen Horrorfilms. Der Aufhänger an einer Studentenverbindung aufgenommen werden zu wollen und Prüfungen durch illegales Handeln bestehen zu müssen, das Vertuschen eines Verbrechens, Menschenopfer, Besessenheit, Tore zu anderen Welten, Gegenstände der Errettung, Beschwörungen, Rituale, Beischlaf, Spukhaus, Spuk-Fake, Geister und Dämonen, hier wird alles wild zusammen gewürfelt und hemmungslos von großen Vorbildern entnommen. Dies am deutlichsten bei den ersten beiden "Tanz der Teufel"-Filmen, was man mit einem Verweis auf Bruce Campbell auch offen anspielt. Ähnlich wie "Tanz der Teufel 2" orientiert sich das Ganze humoristisch, wenn auch nicht so dominant wie dort. Der Vergleich hakt aber ohnehin, denn "The Hazing" ist trotz einiger guter Ideen und gar nicht so übler Charakterzeichnungen eine ziemlich blasse Nummer, die zwar gelegentlich das Horrorherz am rechten Fleck trägt, aber zu sehr an seiner kostengünstigen Umsetzung leidet. Da kommt in billig eingefangenen Bildern und mit mauen Geister-Spezialeffekten versehen keine wirkliche Stimmung auf. Zudem verhindert das ewige zu frühe Einweihen des Zuschauers wahre Überraschungsmomente. Einige wenige sind übrig geblieben, aber die machen inmitten einer sich billig zusammengezimmerten Horrorshow den Kohl auch nicht fett. Mag man mit manchen Zutaten in der Theorie auch sympathisieren, das Ergebnis ist vernichtend. Rolfe Kanefskys "The Bloody Cottage in the Forest" war ein wesentlich besserer Ausflug in die Vergangenheit des modernen Horrorfilms. Schade dass er es nicht erneut schaffte mit viel Charme und guter Stimmung über die vorhandene Kostengünstigkeit hinweg zu täuschen.  OFDb

12.12.2020

BODY PARTS (1991)

Sich selbstständig machende Körperteile gibt es schon seit der Stummfilmzeit im Horrorfilm zu erleben, meist geht es dabei um Hände. Doch mit der Thematik um einen kompletten Arm geht "Body Parts" nicht nur diesbezüglich andere Wege. Wo ein "Orlacs Hände", "Die Bestie mit den fünf Fingern" und Oliver Stones "Die Hand" eher dem Gruselfilm zuzuschreiben waren, da kommt der von "Bad Moon"-Regisseur Eric Red inszenierte Streifen rau und Action-geladen daher, den ernst gehaltenen, verspielten, aber nicht versteckt humoristisch verschmitzten, Stil des B-Movie-Bereichs des 80er- und 90er-Jahre- Horrors verkörpernd. Da "Body Parts - Das Böse in dir" (Alternativtitel) zwar keine Großproduktion war, aber genügend Geld für ordentliche Action und Spezialeffekte vorhanden war, bietet der Streifen allerhand Schauwerte. Die Tricks können sich sehen lassen, und überzeugende Darsteller, wie "Der Rasenmähermann" Jeff Fahey, sorgen zusammen mit einem ordentlich geschriebenen Drehbuch dafür, dass sich der Nonsens inmitten dieser interessanten Geschichte für ein Werk dieser Art halbwegs in Grenzen hält. Freilich schießt man dennoch weit über das Ziel hinaus, wenn mit der Zeit der Grad des Wahnsinns der experimentierenden Wissenschaftlerin deutlich wird, "Body Parts" lädt jedoch nicht pausenlos zum Augenverdrehen ein und schafft es den Sehwert über seine zu verzeihenden Schwächen zu stellen.

Trotz allem erkennbaren Engagements ein besonderes Filmerlebnis zu schaffen bleibt der Streifen freilich dennoch ein rein dem Unterhaltungswert dienender Trivialfilm. Er macht aber auch kein Geheimnis daraus. Die Prämisse, dass Fleisch scheinbar ein Gedächtnis, oder zumindest Teile eines Bewusstseins besitzt, werden nicht näher vertieft, als uns per Off-Kommentar von der Hauptfigur mit seinen Tagebucheinträgen vermittelt wird. Und da bleibt man trotz seiner Charakterisierung als Psychologie-Experte doch recht oberflächlich. Alles Philosophische und anderweitig Reflektierende, das durchaus auch in dieser wissenschaftlich unsinnig thematisierten Variante möglich wäre, wird auf besagte Momente reduziert. Als kleiner Genre-Beitrag für zwischendurch funktioniert "Body Parts" dann auch überraschend gut, besitzt er als Vertreter eines frühen 90er Jahre-Horrors doch noch die Härte eines 80er Jahre-Films, und ist er doch zügig umgesetzt, ohne dabei gehetzt oder lückenhaft zu wirken, wie viele B-Movies ab der 00er Jahre. Ganz im Gegenteil nimmt man sich für die Vorgeschichte ebenso genügend Zeit, wie für den schleichenden Prozess des Erkennens, dass nach der Operation irgend etwas nicht stimmt und welcher Natur und Ursache dies ist. Das meiste davon ist zwar für den Stammzuschauer im Horrorbereich vorhersehbar, aber spannend erzählt verpackt und mit oberflächlich gehaltenenen, aber funktionierenden Randcharakteren versehen. Kurzum ist "Body Parts" ein erfrischender Horrorfilm für zwischendurch, frei jeglicher Komik, Methaebenen-Reflexion oder dem verspielten Grundton anderer Videoproduktionen der 90er Jahre umgesetzt, während er gleichzeitig innerhalb der harten, reißerischen und rauen Gattung Film, die er verkörpert, seinen Charme behält und doch immer wieder unauffällig signalisiert, dass es hier lediglich um ein Gedankenspiel geht.  OFDb

27.06.2020

NACHTSCHICHT (1990)

Sehr beliebt ist "Nachtschicht" nicht bei den Freunden üblicher Stephen King-Filme, ist die einzige Langfilm-Regiearbeit von Ralph S. Singleton doch nicht gerade so massentauglich ausgefallen, wie die üblichen cineastischen Versionen, die auf Werken des berühmten Horror-Schriftstellers basieren. Singletons Film ist schmutzig und grotesk ausgefallen, schwer zu greifen in einer Welt, die fast nur aus Fieslingen zu bestehen scheint und in der es keinen Lichtblick auf Besserung gibt. Doch gerade aus dieser Konsequenz heraus und dem bitter-düster comic-artigen Touch dieser sich unwirklich anfühlenden, bizarren Schweiß- und Müllwelt besteht der Reiz eines Werkes, das keine Kompromisse macht. Entweder man mag und versteht den Ton des Streifens, oder eben nicht. Das Monster ist Nebensache, lange Zeit geht es um die zwischenmenschlichen Probleme dieses Mikrokosmos. Der böse Chef, dümmlich asoziale Mitarbeiter und Konkurrenten, selbst die Love Interest des mit David Andrews so passend besetzten Helden, besitzt einen asozialen, schmuddeligen Touch, hinein geboren in die schlichte und dumpfe Arbeiterwelt, ohne große Erwartungen und Ambitionen naiv ein Glück suchend das es dort nicht gibt. Interessant ist gerade der mit dem durchschnittlichem Namen John geprägte Charakter, der weit mehr auf dem Kasten hat als jeder andere in dem Kaff, freiwillig in diese Welt eintaucht um persönliches zu verarbeiten, jedoch Teil einer Geschichte wird, in welcher er nicht aufgrund der Umstände und Herausforderungen zu sich selbst zurück besinnen muss, geschweige denn seinen Ur-Typ, den Gelehrten in sich, ausgraben muss um sich zu retten.

"Graveyard Shift" (Originaltitel) ist nicht die typische Art US-Film moralischer Stereotype und Handlungsmuster. Klar sind Gut und Böse hier deutlich getrennt, aber es geht um keine Charakterentwicklung, um keine Lehre, die man dem Publikum servieren will. "Nachtschicht" ist ein Film für ein mündiges Publikum, das sich selbst zurecht findet und mit dem arrangiert was ihm geliefert wird, dabei jedoch kein versteckt intellektuelles Kino sichtet, sondern eine verspielt-düstere Welt kennen lernt, in welcher die Figuren tun was sie tun müssen. Während man innerhalb dieser Struktur lange Zeit den Eindruck erweckt bekommt, es im eigentlichen Horrorbereich mit der klassischen Thematik um Killerratten zu tun zu bekommen, ist dies nur die halbe Wahrheit, ist das weit größer ausgefallene Monstrum dieses Streifens doch nur zum Teil Ratte. Es ist zudem Fledermaus, in den kurz zu erhaschenden Aufnahmen nett anzuschauen, aber auch definitiv nur etwas für Retro-Freunde, die es auch dann handgemacht mögen, wenn das düster Böse eines Filmes auch den Bereich der Lächerlichkeit streift. "Nachtschicht" ist kein Trash, selbst in seinem Finale nicht, in welchem die Kreatur sehr verspätet ins Zentrum der Geschehnisse rückt, dafür ist die Geschichte zu konsequent angegangen und zu düster schmuddelig inszeniert. Aber wirklich ernst nehmen kann man die Kreatur dennoch nicht. Aber das ist der Vorteil der Groteske, nach außen humorlos angegangen, aber bizarr und augenzwinkernd erzählt, trifft er in dieser gnadenlosen, etwas surreal anfühlenden, Welt genau den Ton, der einen eine solche Kreatur als Aggressor akzeptieren und annehmen lässt. Ist sie besiegt, fühlt sich der Ort, in dem alles spielt, bei weitem nicht sympathischer an. Von einem Happy End, auch aufgrund der Verluste auf dem Weg dort hin, kann nicht wirklich gesprochen werden.  OFDb

30.11.2019

CHUCKY - DIE MÖRDERPUPPE (1988)

Drei Jahre nach seinem großartigen Regie-Debüt "Fright Night" kam Tom Holland mit seinem nächsten Horrorfilm daher, und ließ diesmal eine Spielzeugpuppe auf das Publikum los. Im Gegensatz zu seinem Erstling lässt er die Komik weitestgehendst zu Hause und serviert uns einen humorbefreiten Genre-Beitrag. Lediglich manch schwarzhumoriger Spruch der Killerpuppe findet seinen Platz inmitten einer theoretisch durchschnittlichen Geschichte. Der Erfolg Freddys aus der "Nightmare on Elm Street"-Reihe verpflichtete wohl zu dieser Zutat, sie wurde aber wie dort im Erstling auch hier noch zaghaft eingesetzt und wirkt bei einer morbiden Puppe zudem passender, als beim mit der Zeit zu geschwätzig gewordenen Traumdämon. Der Erfolg sollte den Verantwortlichen dieser Entscheidung recht geben, "Chucky - Die Mörderpuppe" wurde ein Kino-Hit und erschuf eines der letzten modernen, immer wieder kehrenden Monster dieser Horrorfilm-Dekade, angelehnt an Michael, Freddy, Jason und Co, und doch inmitten dieser Aufzählung völlig aus der Art geschlagen.

Freilich ist es nur bedingt der Charakterisierung Chuckys und ihres beeindruckend getricksten Designs zu verdanken, dass "Child's Play" (Originaltitel) so gut funktioniert. Tom Holland lädt uns zu einem aufregenden Horrortrip ein, der als kleiner Grusler beginnt, mit dem alle ihr Grauen erleben, die sich vor trippelnden, kleinen Füßchen im eigenen zu Hause fürchten, sich schließlich zum Slasher mit hartem Krimi-Einfluss wandelt, um uns gegen Ende eine völlig ausrastende, bedrohliche Monsterpuppe zu präsentieren, die Leichtbesaiteten wahrlich das Fürchten lehrt. Das hart gesottene Publikum hingegen wird anderweitig gut unterhalten, eben weil "Die Mörderpuppe" (Alternativtitel) konsequent erzählt ist und keine halben Sachen macht. Mag der Plot an sich auch schlicht ausgefallen sein, und der Rahmen rund um den Voodoozauber selbst innerhalb seiner Möglichkeiten ziemlich unglaubwürdig anmuten, Holland schafft es das Ganze flott und packend zu erzählen, während das Drehbuch es schafft uns sowohl die Motivation Chuckys näher zu bringen, als auch einen kleinen Jungen im Zentrum frei von nervenden Elementen zur Identifikationsfigur zu machen.

Die überraschend extremen Ausraster Chuckys gegen Ende, seine blutigen Taten und die Begründung dessen, warum der Puppe gegen Ende die Zeit knapp wird, gehören zu den gelungenen Zutaten des Streifens, der aus einem gern belächelten Bereich ein funktionierendes Stück Horror-Kino zaubert. Holland bewies mit "Child Play" (Alternativtitel), dass Puppen auch im Zentrum eines Horrorfilms und jenseits von Bauchrednerpuppen und Vergleichbarem zu funktionieren wissen. Sein Erfolg zog nicht nur sechs Fortsetzungen nach sich, eine dämliche Neuverfilmung und bald auch eine TV-Serie, er beeinflusste auch Produktionen wie "Puppet Master", "Dolls" und einige Nachahmer wie "Dolly Dearest". Werke wie "Annabelle" und "Robert - Die Puppe des Teufels" machen deutlich, dass das Einbringen einer Killerpuppe als zentraler Aggressor keinesfalls leicht zu bewältigen ist. Sie alle haben nicht aus "Chucky - Die Mörderpuppe" gelernt, der nicht nur die harmlos scheinende Puppe wirksam grausam zu beleben vermag, sondern auch der Geschichte und ihren darin enthaltenden Figuren genügend Raum schenkt, um auch den menschlichen Aspekt genügend zu beachten, also genau jenen Bereich, der dem Zuschauer überhaupt erst den Zugang zu den übernatürlichen Geschehnissen ermöglicht. "Chucky" ist flott erzählt, schwankt zwischen Grusel, Thrill und Terror, und beinhaltet in Sachen schwarzer Humor und Härtegrad genau jene Dosierung, die dem Film gut tut, ohne ihn zu überfrachten oder von seinen Hauptaspekten abzulenken. Noch heute funktioniert der Streifen unwahrscheinlich gut, was aber auch auf die meisten seiner Fortsetzungen zutrifft - allerdings sind diese nicht mehr derart spannungsgeladen ausgefallen wie Chuckys Premiere, da sie auf andere Schwerpunkte bauen.  OFDb

31.03.2018

CULT OF CHUCKY (2017)

Chucky hat im Laufe seiner 1988 gestarteten Horrorkarriere manche Wandlung durchgemacht. Mit "Chucky - Die Mörderpuppe" als gruseliger Horrorfilm gestartet, folgte mit den ersten beiden Fortsetzung das Treten in die Fußstapfen von berühmten Slasher-Kollegen wie Freddy und Jason. Rehabilitiert als Komödie in "Chuckys Braut", mit inhaltlichen Änderungen der Gesetze um das Einnehmen eines Puppenkörpers, nahm die brach liegende Serie 1998 wieder an Fahrt auf, gefolgt von einer herrlich kranken Familienzusammenkunft in "Chucky's Baby", den Don Mancini, Autor aller Teile, erstmals selbst inszenierte. Der blieb von nun an Regisseur der "Chucky"-Reihe und kehrte 2013 mit dem Vorgänger des hier besprochenen siebten Teils um die Killerpuppe in den Grusel-Horror-Bereich zurück. Zwar schaute sich "Curse of Chucky" ein wenig zu bemüht darin ein bereits bekanntes Szenario rätselhaft erscheinen zu lassen und gegen Ende eine Verbindung zu allen recht lose nebeneinander existierenden Chucky-Filmen zu stricken, aber letztendlich wusste er zu unterhalten, so dass man sich eher über einen weiteren Teil der Reihe freute, anstatt über die vorhandenen Schwachpunkte zu klagen.
 
Mancini ist nun mit "Cult of Chucky" weiterhin darin bemüht die einzelnen Abenteuer des Killers in ihrer wirr erscheinenden Gemeinsamkeit zu einem Ganzen zusammenzudichten. Hierfür packt er erfreulicher Weise Andy wieder aus, dem wir zuletzt auf der Militärschule in "Chucky 3" begegnet sind, und der die Ereignisse von damals nicht wirklich gut verarbeitet hat. Es ist ein gekonnter Clou von Mancini für die geistig verwirrte Rolle den Ur-Andy der ersten beiden Teile wieder auszugraben, so dass die für den Zuschauer sprunghafte Verwandlung des niedlichen Kindes zum psychopathischen Erwachsenen um so mehr wirken kann. In einer herrlich kranken Eröffnungssequenz, in welcher sich Andy auf ganz spezielle Weise an Chucky rächt, findet "Cult of Chucky" leider auch bereits seinen Höhepunkt, denn was nun diesem kaputten Treiben folgt ist eine Wiederholung der Haunted-House-Thematik des Vorgängers, lediglich übertragen auf den Spielraum einer psychiatrischen Anstalt.

Dieser Ort könnte recht reizvoll sein mit all seinen verrückten Charakteren, Nica als Opfer mittendrin und Chucky als unsichtbare Gefahrenquelle, von welcher nur Nica weiß. Aber wie schon im Vorgänger, so verlässt Autor Mancini den unverkrampften Pfad der ersten fünf Chucky-Filme und geht auf Teufel komm raus einen anspruchsvoll scheinenden Versuch an alle bisherigen Teile miteinander zu verweben, und das will nicht wirklich funktionieren. Zu ungelenk kommt "Cult of Chucky" daher, zu überfrachtet im Bemühen um eine einheitliche Logik, und dafür einen überraschenden inhaltlichen Trick anwendend, der zwar durchaus reizvoll klingt, mangels genügend Erklärung aber eher wie eine Ausrede, als wie eine gute Methode erscheint. Erstmals gelingt es Mancini nicht einen unterhaltsamen Film zu zaubern, dafür guckt sich Teil 7 zu verkrampft und zu bemüht darin Anspruch anzugehen, den nie ein Fan gefordert hat.

Die wenigen guten Momente bauen stets auf bereits Bekanntem der Vorgänger auf, die gar nicht mal einfallslosen Tricks, die "Cult of Chucky" zu etwas Besonderem werden lassen sollen, wollen inmitten eines weder spannungs- noch stimmungsgeladenen Streifens nicht funktionieren. Aufgrund der vielen wieder auftauchenden bekannten Gesichter, manch herrlich grotesker Ideen und den sich wiederholenden Verhaltensmustern von Opfer, Täter und Unwissenden, die seit je her die Chucky-Reihe ausgemacht haben, wird auch dieser bislang letzte Teil der Reihe zu keinem komplett misslungenen Streifen, aber es nervt schon gewaltig Mancini bei seinem Schwanzvergleich mit sich selbst zuzusehen, der als geistiger Vater der Reihe einfach zu viel erreichen möchte, anstatt das zu bedienen, wofür die recht abwechslungsreichen bisherigen Filme stehen. Aber was soll man schon von einem Mann erwarten, der nicht einmal mehr zu seinen herrlich drolligen Anfängen als Autor wie im harmlos naiven "Underground Werewolf" steht? An dieser Haltung erkennt man bereits das verkrampfte Bemühen um zu viel Professionalität.  OFDb

06.02.2016

CHUCKY 3 (1991)

Regisseur Jack Bender, von dem ich nur den ollen „Halloween - Besuch aus dem Jenseits“ kenne, der 6 Jahre vor der zweiten Chucky-Fortsetzung entstanden ist, hat mit „Chucky 3“ einen nett anzusehenden Teil der Reihe geschaffen, der zwar nicht an die Klasse der ersten beiden „Chucky“-Filme heranreicht, auf routinierter Horrorebene jedoch dennoch zu funktionieren weiß.

Die Animation der Puppe hat sich auffallend verbessert und sorgt für so einige Hingucker, ebenso der gesteigerte Sadismus Charles Lee Rays, der für einige fiese Todesmomente sorgt, die zwar meist nicht übertrieben blutig in Szene gesetzt werden, aber dennoch zu wirken wissen. Mag die Geschichte auch nur selten Sinn ergeben, so bereichert doch ein flotter Inszenierungsstil und einige liebevoll ausgearbeiteten Szenarien (z.B. der Mord im Spielzimmer des Managers) das theoretisch dritte Aufwärmen der bereits bekannten Geschichte.

Inhaltlich versucht man zumindest teilweise Neues zu bieten. So ist Chucky nicht mehr von Andy abhängig um den Puppenkörper zu verlassen, was für künftige Fortsetzungen, die in der Art wie bisher aufgrund eines Skandals nie umgesetzt wurden, sicherlich von Vorteil gewesen wäre. Zudem sorgt der Schauplatz der Militärakademie für einige Zusatzreize, die man innerhalb des üblichen Storygerüsts auch genügend auszunutzen weiß. Allein die Idee Farbmunition gegen echte auszutauschen ist schon eine reizvolle Chucky-Aktion für sich.

So ganz schien man dem Setting wohl trotzdem nicht zu trauen, so dass das Finale auf einem Jahrmarkt stattfindet. Dieses ist optisch zwar sehr liebevoll eingefangen, dennoch wirkt es etwas fehl am Platz nachdem es den ganzen restlichen Film über um das Thema Militärausbildung ging. So oder so hätte ein Finale nie die Chance gehabt mit dem grandiosen Schluss-Treiben aus „Chucky 2“ mitzuhalten, aber der abschließende Kampf in einer Geisterbahn wirkt trotz vieler optischer Reize doch eher wie ein Fremdkörper im eigenen Film, von der völligen Hirnrissigkeit des kompletten Schluss-Szenarios einmal abgesehen.

Blass bleiben diesmal leider auch die menschlichen Darsteller. Justin Whalin als gealterter Andy schlägt sich noch recht wacker, muss aber eigentlich ohnehin nur süß aussehen für das weibliche Publikum. Die Frau an seiner Seite hätte man sich auch gleich sparen können, so bedeutungslos wie sie für die Geschichte ist. Und der Loser an Andys Seite bereichert die Geschichte auf simpler Ebene zwar ebenso wie es Andys militärischer Widersacher tut, beide hätten jedoch wesentlich besser besetzt werden können. Gerade aufgrund dieser beiden Figuren in Kombination mit der Militärthematik schaut sich „Chucky 3“ wie die Horrorversion von „Combat Academy“, was aber nicht weiter wild ist, so unbekannt wie die mit George Clooney in einer Nebenrolle besetze Teenie-Komödie doch ist.

Abstriche gibt es zu genüge, so dass man bei dem dritten Teil nicht mehr von einer solch großen Horrorunterhaltung sprechen kann wie bei den Teilen 1 und 2, aber wie gesagt ist das ganze unterhaltsam genug verpackt, großteils mit sichtbarer Mühe umgesetzt, und die Militärthematik verleiht der immergleichen Geschichte genügend neue Ansätze um für die nötige Frische zu sorgen. Nach diesem dritten Teil sollte die Reihe nie mehr so sein wie zuvor. Es folgten bislang noch zwei Fortsetzungen im Horror-Komödien-Stil und eine weitere die versuchte per Gruselfilm alle Vorgänger inhaltlich zu vereinen. Eine solch klassische Slasher-Umsetzung wie in den ersten drei Teilen gab es leider bislang nicht wieder.  OFDb

03.02.2016

CHAIN LETTER (2009)

Sie sind seit je her als Spielerei bei allerlei Menschen beliebt, die zwar glauben nicht abergläugisch zu sein, es aber eigentlich doch sind: Kettenbriefe. Während die zweite Hälfte der Menschen die sie erhalten sie kopfschüttelnd wegwirft oder löscht, verbreitet sich solch ein Unfug dank erstgenannter Personengruppe überraschend schnell im Netz. Und dass eines Tages ein Horrorfilm auf der Bildfläche erscheinen musste, der gerade das allseits bekannte Prinzip des Kettenbriefes zum Thema macht, war eigentlich nur eine Frage der Zeit und rückblickend das naheliegendste was nach „Ring“ und Co kommen musste.

Leider ist es genau der Einfluss von „Ring“ und anderen modernen Vertretern des Horror-Genres, der es nicht zulässt dass man mit solch augenzwinkernder Thematik locker umgeht. Nun muss ein solches Thema nicht gleich so albern verarbeitet werden wie der äußerst sympathische „Hellphone“, aber eine weniger ernste und unverkrampftere Umsetzung hätte ich mir schon gewünscht, ist „Chain Letter“ doch ein sich viel zu ernst nehmendes Stück Standard-Ware geworden, welches das Einschalten kaum wert ist, so erwachsen wie er sich anfühlt bei solch kindischer Thematik.

Die eindimensionalen Charaktere sind nicht ansatzweise sympathisch, die meisten Szenen gucken sich in ihrer extremen Ernsthaftigkeit zu anstrengend, nirgendwo blitzt ein Hauch subtiler Komik auf, der für Auflockerung sorgen könnte. Das Werk von Deon Taylor, der solch routiniert klingende Filme wie „The Hustle“ und „Supremacy“ abgedreht hat, guckt sich in seiner viel zu ernsten Art viel zu versteift und verweigert sich somit des Unterhaltungswertes den ein Horrorfilm besitzen sollte, wenn er nicht zu den Bereichen Grusel, Trash, Terror oder Kunst gehört. Somit bietet „Chain Letter“ lediglich Kost für jene Gattung Horror-Fan, die sich humorlos ohnehin über die meisten kurzweiligen Fließbandproduktionen aufregt.

Sicher, es gibt harte Bilder zu sehen und „Chain Letter“ ist zumindest ein reiner Horrorfilm, gerade das Fehlen aufheiternder Elemente werden einige gut heißen, aber die Thematik  Kettenbrief ist mir einfach ein zu verspieltes, als dass ich es in solch erwachsener Umsetzung sehen wollte. Zumindest ist aber wenigstens eines nicht passiert: der zu erwachsene Stil wurde nicht aufgrund des theoretisch augenzwinernden Aufhängers unfreiwillig infantil. Das hätte auch locker nach hinten losgehen können. Mir kam das Endprodukt jedoch zu seelenlos und austauschbar vor, als dass ich mich ernsthaft dafür begeistern könnte.  OFDb

16.09.2015

DER WÜSTENPLANET (1984)

Es ist gar nicht so leicht über Lynchs „Der Wüstenplanet“ zu schreiben, den ich in der 130 minütigen Kinoversion geguckt habe anstatt in der parallel existierenden drei stündigen TV-Version, die ebenfalls auf meiner DVD enthalten ist. Von daher kann ich nichts darüber sagen, ob das letzte Drittel in der Langfassung ebenso gehetzt erzählt wird, nachdem der Hauptteil der Geschichte in aller Seelenruhe mit Liebe zu wichtigen und unwichtigen Details umgesetzt wurde. Wie auch immer: das Ergebnis der Kinoversion schaut sich wie ein Kampf des Kunst-liebenden Lynchs gegen Mainstream-liebende Produzenten, denn auch wenn der Streifen wahrlich nichts fürs Massenpublikum ist, so ist es doch interessant zu beobachten, wie die Modewelle der frühen 80er Jahre Einzug ins Endprodukt hält und billigste Stereotype durch eine teilweise recht plumpe Rebellen-Story stampfen.

Dem gegenüber stehen skurrile, teilweise gar richtig groteske Gestalten und Situationen, die „Dune - Der Wüstenplanet“ (Alternativtitel) wahrlich zu etwas eigenem machen, versehen mit recht experimentellen Spezialeffekten, die sich zwar heute stark veraltet schauen, damals aber sicher faszinierend anzusehen waren. Am erstaunlichsten fand ich die Szenen rund um den verwöhnten und von Hautkrankheiten entstellten Baron, ein Fiesling wie ihn das Kino in dieser Extreme und Comicartigkeit viel zu selten hervor bringt, voller Spielfreude interpretiert und einem Ekel und Freude zugleich bereitend, während seine Art zu regieren einem das Gefühl einer wirklich fremden Welt gibt.

Auch hier schaut sich „Dune“ (Originaltitel) sehr wackelig. Teilweise wirken die Mentalitäten und Rituale so stark befremdlich wie es heutige Kinoproduktionen kaum noch hin bekommen, sprich dass sie tatsächlich fern der uns bekannten Kulturen angesetzt sind. Manchmal streifen jedoch Modefigürchen durchs Bild, die uns wieder all zu deutlich machen aus welchem Land der Film stammt und wie dünn die Geschichte trotz aller Ablenkung dann doch ausgefallen ist.

Ich weiß wie negativ sich das liest, aber irgendwie hat es bei mir die Faszination für diesen Streifen verstärkt. Das Interesse des aus Talent und Geld wild zusammengewürfelten Ergebnisses schwappt zwar häufig eher in eine theoretische Faszination über, letztendlich ist der Film aber interessant genug erzählt, dass er auch auf der Unterhaltungsebene zu gefallen weiß, auch wenn er sich mit seiner arg plumpen Heldenstory zwischendurch immer wieder ein wenig ausbremst. Stets hat man das Gefühl, dass da mehr möglich gewesen wäre. Und da man weiß wie außergewöhnlich Lynchs Werke im allgemeinen ausfallen, ob man sie jetzt mag oder nicht, kann man wohl wirklich von einmischenden Produzenten ausgehen bei solch holpriger Umsetzung, die immer ein wenig orientierungslos zwischen phantastisch und gewöhnlich hin und her springt.

Ich glaube ich mag „Der Wüstenplanet“ eben weil er so ein merkwürdiges Produkt zweier Interessenseiten geworden ist. Wer weiß wie die Vision Lynchs in totaler Vollendung ausgesehen hätte, dann würde ich vielleicht auf den 130 Minüter fluchen, wie er heute existiert. Aber so wie vorhanden fasziniert mich der fertige Film mehr, als dass er mich enttäuscht. Dennoch hätte man sich gegen Ende mehr Zeit für die Geschichte nehmen sollen. Wie schnell der Prinz zum Anführer wird, wie ebenso schnell er die großen Sandwürmer beherrscht und wie extrem schnell der Imperator jede Gegenwehr sein lässt ist doch aufgrund des Tempos alles viel zu unglaubwürdig erzählt. Dank der Stärken des Hauptteils, und merkwürdiger Weise fast noch mehr dank der Schwächen eben selbiger Phase, geht man jedoch nicht all zu streng mit dem gehetzten Schluss um. „Dune“ bleibt trotzdem ein hochinteressanter Ausnahmefilm seiner Zeit, der zwar intelektuell völlig über dem Budenzauber eines „Krieg der Sterne“ steht, aber scheinbar trotzdem nicht mehr sein will als dieser.  OFDb

09.07.2015

TRAUMA (1993)

Dass das US-Debüt des italienischen Kult-Regisseurs nicht ganz so düster ausgefallen ist wie die Vorzeige-Werke des Giallo-Experten Dario Argento, stört mich an „Trauma“ nicht wirklich, passt die Grundstimmung doch gut zum Erzählten und ergibt sie im Gesamten doch eine durchgehend konsequente Atmosphäre. Selbst in augenzwinkernden Momenten, wenn man zu belustigter Hintergrundmusik das psychische Leiden eines kleinen Nerds begleiten darf, der neben dem Killer wohnt und dessen Mutter seine Beobachtungen so wenig ernst nimmt, wie den Rest von dem was er tut ebenso, bricht diese Atmosphäre nicht ab. Dieser leichte Anflug von Humor tut dem Streifen sogar gut, auch wenn man das in einem Argento-Film zunächst nicht meinen sollte.

Was mich an „Trauma" stattdessen stört ist die etwas zu holprige inhaltliche Inszenierung. Warum ergibt erst die etwas überkonstruierte und durchs Überagieren im Schauspiel auch etwas enttäuschende Auflösung Sinn darüber, warum Auras Eltern vom Kopfsammler getötet wurden? Warum fügt sich dies nicht bereits in jenem Zusammenhang ein, auf den das zentrale Pärchen bei ihren Ermittlungen stößt, um diesem Todesfall nicht bereits im Vorfeld eine gesonderte Position zu schenken? Und warum fällt niemandem diese gesonderte Position innerhalb der sonstigen Mordopfer auf? Und warum kümmert sich die Handlung um solch wenige Personen, so dass gar nicht erst viele Menschen in Frage kommen der Köpfer zu sein. In anderen Werken Argentos ermittelten Privatpersonen zwar auch parallel zur Polizei, nur durften wir dort auch mehr von den Gesetzeshütern mitbekommen.

Zudem ist es für den Zuschauer nie wirklich nachvollziehbar warum wer glaubt Aura gehöre in die Klinik oder nicht. Warum hilft David, wenn sein Charakter doch nicht naiv gezeichnet ist, es aber keinen Grund gibt den Misshandlungsvorwürfen Auras das Klinikpersonal bezüglich zu glauben? Und warum kommen die Übergänge von Klinik und Freiheit so ruppig daher? Warum ist es so einfach aus einer solchen Klinik zu fliehen, und warum stößt die Polizei erst so spät auf David und Aura, die sich nicht nur arg verdächtig machen, sondern auch Spuren hinterlassen? Und der Zusammenhang zwischen den Opfern ist so leicht zu entdecken, dass die Polizei längst weiter mit ihren Ermittlungen sein müsste, als das junge Pärchen. Warum ist dem nicht so?

Aus dem Medienberuf Davids und dessen Kontakte zu den Mitarbeitern dort wird nichts herausgeholt, was für die Geschichte von Vorteil wäre. Widersprüche werden für den Effekt gerne in Kauf genommen und nach einer Wende der Geschehnisse nicht ins Reine gebracht (wie kamen die Köpfe in den Kofferraum?), und zu allem Überfluss beginnt „Aura - Trauma“ (Alternativtitel) mit einer noch übler getricksten Köpfungsszene als seinerzeit jene in „Fahrstuhl des Grauens“. Noch unnatürlicher konnte der Kopf nicht gestaltet werden, dem man nie glauben würde dass die schwarz aufgepinselte Schicht die Haut sein solle. Und das in einem Film, in welchem Tom Savini für die Spezialeffekte verantwortlich war? Nun ja...

Ärgernisse gibt es zu genüge, und so tut es gut, dass Argento wenigstens die Grundstimmung im Griff hat. So kann man „Aura‘s Enigma“ (Alternativtitel) zumindest trotz aller Unsinnigkeiten interessiert bis zum Schluss hin verfolgen, zumal einen freilich auch des Rätsels Lösung interessiert, welches diesmal jedoch nicht in solch interessantem psychologischem Zusammenhang vergangener Erlebnisse steht wie üblich in Argentos Filmen. Zugute kommt „Trauma“ im übrigen auch die sehr niedliche Besetzung der damals noch recht jungen Asia Argento, die sich hier schauspielerisch schon zu beweisen weiß. Hut ab! Und wenn Papa Argento dem Publikum dann noch eine kleine Nackedei-Szene mit der Teenagerin schenkt, ist zumindest der männliche Zuschauer für einen Augenblick zufrieden gestellt.  OFDb

02.11.2013

CURSE OF CHUCKY (2013)

Es ist im Horror-Genre Standard dass sich Geschichten häufig wiederholen, den immergleichen Mustern folgen und der Horror-Fan sogar geradezu nach dieser Routine lechzt. Dennoch war es in Horror-Reihen immer so, dass in Fortsetzungen mit Variationen des eigentlichen Stoffes gespielt wurde, und mögen diese noch so minimal sein. Ein kleiner Unterschied zu den Vorgängern im ansonsten gleichen Muster tut meist Not, erst recht wenn in ersten Fortsetzungen der Unterschied lediglich in der höheren Opferanzahl zu finden war. Ob ein Jason plötzlich gegen eine paranormal begabte Gegnerin kämpfen musste, oder sogar im Weltraum, ob Freddy wiederkehren konnte im Wachzustand, da er über die Träume eines Ungeborenen ein Hintertürchen fand, oder ob Michael Myers plötzlich Werkzeug eines ominösen Geheimbundes war, Serientraditionen mussten gebrochen werden, damit der Fan das ansonsten immergleiche Muster schluckt.

Deswegen war es nach dem festgefahrenen Teil 3 der „Chucky“-Reihe eine durchaus lohnenswerte Idee zu anderen Ufern zu schwimmen und mit „Chucky und seine Braut“ eine Horror-Komödie abzuliefern. Das ist kein großer Geistesblitz, sondern ganz im Gegenteil eine naheliegende Idee in einer Reihe um eine sprücheklopfende Killerpuppe, aber in gewisser Weise konsequent. Mit „Chuckys Baby“ glitt man gar in noch groteskere und extremere Bereiche der Komik, so dass ein Punkt erreicht war, der bei weiterer Überspitzung nicht mehr treffsicher gewesen wäre. Von daher braucht es einen nicht zu wundern, dass man mit „Curse Of Chucky“, dem nun mehr sechsten Teil der in den 80er Jahren gestarteten Reihe, zurück zu den Wurzeln wollte. Meine Diagnose: damit kann man es aber auch übertreiben.

Während die eigentliche Geschichte immer wieder deutlich macht, dass man Teil der kompletten Reihe sein will, was man an den vielen Anspielungen erkennt, die auf so ziemlich jeden Vorgänger verweisen, macht die Inszenierung den Eindruck Neulingen der Reihe gefallen zu wollen. In einer dankenswerter Weise klassischen Erzählform, weit weg von der Hektik und den Pflichten heutiger Horrorfilme, geht man so viele Schritte zurück, dass man den Film aus der Erwartungshaltung eines Neulings erzählt. Man tut geradezu so, als ob die Vorgänger unbekannt währen, so sehr setzt man die Szenen mit ihrer Erwartungshaltung auf null, was für den langjährigen Freund der Reihe bedeutet, dass alles nach Erwartung überraschungsfrei verläuft, so als habe man den Kompromiss zwischen Neuverfilmung und Fortsetzung versucht. Aber so ein Balance-Akt funktioniert nicht, beides auf einmal ist einfach nicht drin. Ein Entweder/Oder wäre besser gewesen.

Zumindest bereitet es Freude Chucky mal wieder im klassischen Outfit zu erleben, was mir persönlich sehr entgegen kam, war ich doch kein Fan des auf cool getrimmten Narbengesichtes der humorvollen Vorbilder. Im Finale ist es aber auch damit vorbei, was aber egal ist, da der Hauptteil des Streifens somit auf Chuckys klassischen Look setzt. Mit der Mimik des Spielzeugs pendelt man zwischen neuen Variationen und Altbewährtem hin und her, was in der Regel auch zu wirken weiß. Selbst die Art wie Chucky sich fortbewegt ist an den alten Filmen orientiert, und dass obwohl die Tricktechnik mittlerweile eine völlig andere ist.

Die Geschichte selbst und ihre Örtlichkeit, ein altes, großes Haus (geradezu klassisch wie manch andere Elemente: die Spinnweben, die böse Schwester, der festsitzende Fahrstuhl,...), erinnern weniger an einen professionellen „Chucky“-Film als vielmehr an die von Chuckys Erfolgen miternährten „Puppet Master“-Filme aus der Charles Band-Schmiede. Genau wie dort hangelt man sich in trockener Atmosphäre von einem Klischee überraschungsfrei zum nächsten, darauf bedacht Spannung zu erzeugen, was nicht funktionieren kann, wenn keine innovativen Ideen mit an Bord sind. Das ist somit ein „Chucky“-Film ohne große Ansprüche an sich selbst, lediglich besser als der sehr mittelmäßige Teil 3, aber leider doch nur auf dem Niveau der besseren Beiträge der Killerpuppen-Filme von Charles Band.

Waren diese direkt für den Videomarkt produziert, so erdreistet sich „Curse Of Chucky“ dieses Niveau auf die große Leinwand nieder zu lassen. Und dort wird man wahrscheinlich noch enttäuschter gewesen sein als ich, der sich zu Haus mit der erstandenen DVD den Film im Player zu Gemüte führte. Allerdings sprechen wir hier trotz alledem von einer Enttäuschung auf hohem Niveau, denn auch ich gehöre zu der Gruppe der Horror-Fans und wie eingangs erwähnt fressen diese die immer gleiche wiederkehrende Scheiße, und mit Abstand betrachtet ist „Curse Of Chucky“ zumindest solide erzählt, gut gespielt und mit Verweisen auf die Vorgänger versehen, ein immer gern gesehener Bonus für Fans einer Reihe.

Dennoch wagt es Regisseur Don Mancini, der nicht nur auch den Vorgänger inszenierte, sondern seit 1988 von Teil 1 an für die Drehbücher der Reihe verantwortlich war, lediglich seinen ersten Streich, der in Deutschland zunächst unter dem Titel „Die Mörderpuppe“ erschien, wiederzukäuen, ohne dem Szenario neue Seiten abzugewinnen. Nach der eigentlichen Geschichte hetzt man zudem noch von Szene zu Szene, um den Film um einige weitere Ideen zu erweitern, was gar nicht nötig gewesen wäre, so schön wie die wenig überraschende Schluss-Pointe im Gerichtssaal inszeniert ist.

„Curse Of Chucky“ lässt sich für den Vielseher des Genres durchaus gucken. Dennoch darf man überrascht sein, dass der ernste Ansatz zurück zu den Wurzeln niveauloser ausgefallen ist, als das Party-taugliche Herumblödeln der beiden Vorgänger. Das Gegenteil sollte eigentlich der Fall sein. Teil 6 fühlt sich leerer an als seine Vorgänger, was daran liegen kann, dass Chucky diesmal kaum wahre Motivationen für seine Taten hat, außer das Töten selbst. Erst sehr spät wird seinem Tun ein Hintergrund beschert und damit eine Absicht aufgezeigt, zu dumm dass diese zu spät kommt und zudem nicht gerade überzeugend eingebracht wurde.

Wie auch immer, Neueinsteigern wird der sechste Teil sicherlich besser gefallen als dem Dauergast der Reihe, aber auch der wird ordentlich genug unterhalten, immer gerade am Rande der Langeweile vorbei geschwappt. Das ist kein großes Ergebnis, aber immerhin ein kleiner Verzehr für den Hunger zwischen den Mahlzeiten. Im Original wird sich „Curse Of Chucky“ übrigens besser gucken, die Synchronstimme von Chucky ist nicht gerade die beste, und das obwohl professionell nachvertont wurde.  OFDb

12.01.2013

HALLOWEEN 2 (2009)

Zwei Jahre ist das Massaker her, da taucht der todgeglaubte Michael Myers an Halloween zurück, um seine Tat zu beenden. Der ohnehin schon gestörten Laurie hätte nichts schlimmeres passieren können. Loomis eilt ihr zu Hilfe...

Fucking Bitches in the Town...
 
Mir hat bisher noch jeder Film der “Halloween”-Reihe gefallen. Ob das nun die eher schlichten Fortsetzungen waren, der Neuansatz von Steve Miner und dessen Fortsetzung, das sehr langsame Original (mein Lieblings-Horror), Zombies Remake, oder gar „Halloween 3“, der mit der Reihe nichts zu tun hatte und sehr umstritten ist.

Am Remake störten mich die kurzen Übertreibungen in der Myers-Familie, am meisten die Art, wie der Stiefvater präsentiert wurde. Ein weiteres Ärgernis, eine peinliche Vergewaltigungsszene in der Nervenheilanstalt, war zum Glück nur im Director’s Cut enthalten, so dass ich den von da an mied. Gefallen hat mir an Zombies Remake der Mix aus Neuheiten und Bekanntem und die Treue zur Myers-Mystik.

Dennoch hätte ich kein Problem mit dem Fehlen dieser gehabt. Und als ich las, dass die Fortsetzung der Neuverfilmung völlig eigene Wege einschlagen würde, insbesondere in der Figur des Michael Myers, da war ich vorgewarnt und ging vorurteilsfrei an den Film heran, weil ich es interessant fand diese schöne Horrorgeschichte einmal völlig anders weitererzählt zu bekommen. Soll die Maske doch zur Nebensache degradiert werden, soll Myers doch wie ein Obdachloser herumlaufen. Es würde mich nicht stören.

Leider konnte ich schon mit Rob Zombies „Haus der 1000 Leichen“ nicht viel anfangen. Aber sein gelungenes Carpenter-Remake „Halloween“ machte mir trotzdem etwas Mut auf Teil 2. Aber leider badet Zombie in Teil 2 wieder im Zombie-Stil (sicherlich toll für seine Fans), und mit dem kann ich so gar nichts anfangen. Ich weiß nicht wofür er gut sein soll. Ich weiß nicht was daran unterhaltsam oder schockierend sein soll. Wenn nur noch Arschlöcher auf der Welt leben, die Menschen sich physisch und psychisch gegenseitig weh tun und außer Fucking und Bitch nichts weiter in ihrem Wortrepertoire zu bieten haben, dann ist das in meinen Augen Kindergarten-Kacke. Und sie bestätigt sich dann, wenn außer einem sinnfreien Blutbad nichts weiter vertreten ist, das den Begriff Horror ausmacht.

Idioten prügeln Myers auf einem Feld nieder. Während Myers grunzender Racheaktion fällt das Wort Fucking im Sekundentakt, ohne auch nur im Ansatz augenzwinkernd zu wirken. Und selbst wenn es augenzwinkernd gewollt war, so macht es ein solch infantiles Getue nicht besser.

An einem neuen Stil gibt es sicherlich nichts auszusetzen. Dass mir der hier angewandte Ansatz nicht zusagt, habe ich bereits deutlich gemacht. Was mich jedoch richtig geärgert hat war, dass Zombie seine Veränderungen auf Kosten des Vorgängers angeht. Seine Stilveränderungen stehen häufig im Widerspruch zu Teil 1, oft auch dank mangelnder Sensibilität des Regisseurs. Das zeigt die Rolle der Laurie Strode sehr deutlich. Dass diese unter ihrem Erlebnis zu leiden hat und ein unangenehmer Zeitgenosse geworden ist, ist sicherlich kein schlechter Ansatz. Dennoch wirft man damit nicht die komplette Persönlichkeit über Bord. Es klingt einfach nicht logisch, dass ein taffes, intelligentes Mädel zur Ghetto-Schlampe verkommt, die sich nicht mehr in Dritte hineinversetzen kann und spricht wie ein Hauptschüler, der seinen Abschluss nicht geschafft hat.

Die Charakterveränderung von Dr. Loomis klang immerhin in Teil 1 bereits an. Dass die Extreme, in die er nun rutscht, mir nur aus persönlichem Empfinden nicht gefällt, kann ich nicht abstreiten. Anderen mag das gefallen und das ist auch o.k., da seine Veränderung kein Inszenierungsfehler ist. Schade fand ich den Ansatz dennoch, denn Malcom McDowell in diesem schweren Erbe einer Rolle, die Donald Pleasance so wundervoll auszufüllen wusste, zu erleben, überrumpelte mich im Remake, als ich feststellen musste, dass er mir sogar besser gefiel als sein Vorgänger.
Meine Bewertung ist keinesfalls als Trotzreaktion zu verstehen. Ich habe den Film gesehen und mich hinterher gefragt was eine bessere Bewertung rechtfertigen könnte. Und mir ist nichts eingefallen. Sicherlich ist der Film handwerklich geglückt, er ist schließlich ein gut finanziertes Projekt und hat somit mancher Videoproduktion im Stil einiges voraus. Aber innerhalb professioneller Kameraführung, einem professionell routinierten Soundtrack, gutem Schnitt und was all theoretisch fast schon automatisch gut gemacht wird, konnte ich individuell an „Halloween 2“ nichts gutes erkennen.

Die Geschichte ist plump, der neue Stil eine Ausrede allem Originalen aus dem Weg zu gehen, ohne im Gegenzug wirklich neue Akzente zu setzen. Hier gibt es nichts, was man woanders nicht auch schon gesehen hätte. Zombie erzählt eine überraschungsfreie Geschichte und erhöht die Anzahl der Worte Fucking und Bitch und die Anzahl der White Trash-Figuren. Das ist kein Kunstgriff sondern lediglich ein Armutszeugnis, da der Herr wohl außerhalb dieser Rezeptur nicht zu werkeln versteht. Scheinbar war sein positives Ergebnis des ersten Teils den Produzenten zu verdanken (welch seltene Ausnahme im Filmbusiness).

Gegen einen völlig anderen „Halloween“-Teil hätte ich nichts gehabt, aber dann hätte auch ein einfallsreicher Stil oder eine interessante Geschichte auf den Zuschauer warten müssen. „Halloween 2“ bietet nichts von alledem, und versucht sein mageres Ergebnis mit literweise Blut zu übertünchen. Wenigstens lockt der Werbespruch der DVD-Firma die richtigen in den Film. Die hat dem Werk als Quasi-Beititel den sehr peinlichen Verweis hinzugefügt der lautet: „Der Blutigste von allen“. Boa! Geil ey! Fucking, war das viel Blut beim Bitches-Kill! Ach, erschießt mich einfach! Gebt mir eine Fortsetzung von Teil 6 oder Teil 8, oder gebt mir noch mal einen komplett neuen Ansatz. Aber auf diesen Mist hier kann ich als treuer „Halloween“- und Genre-Fan gut verzichten.  OFDb

PS: Erwähnte ich schon, dass Myers nun kitschige weiße Pferde sieht, begleitet von seiner toten Mama, die ihm engelhaft den Weg weist? Das ist kitschiger als Argentos Esoterik-Ansätze in „Mother Of Tears“, teilweise geklaut aus der Jason-Mystik und keineswegs unterstützend für die Geschichte oder gar dem angeblich neuen Ansatz Zombies.

11.11.2012

HALLOWEEN (2007)

Michael Myers wächst in einer asozialen Familie auf. Mit 10 Jahren dreht er durch und bringt den Stiefvater, die Stiefschwester und ihren Freund um. Er kommt in die Psychiatrie, die Mutter begeht Selbstmord, die jüngere Schwester wird adoptiert. Fünfzehn Jahre später gelingt Michael die Flucht aus der Anstalt. Nichts menschliches mehr in sich tragend lauert er seiner Schwester und ihren Freunden auf. Laurie, so ihr Name, ist ahnungslos, da sie damals noch ein Baby war und von ihrer Adoption nichts weiß...

Halloween Reloaded...
 
John Carpenters "Halloween" war schon immer mein Lieblingshorror, und da hört man das Wort Neuverfilmung natürlich nicht so gerne. Da ich mich mit den Fortsetzungen nicht so schwer tue wie manch anderer und alle Myers-Teile recht unterhaltsam fand, wundert diese Haltung vielleicht etwas, aber meine Alarmglocken bimmelten beim Namen Rob Zombies, konnte ich doch mit seinem "Haus der 1000 Leichen" wirklich gar nichts anfangen. Dass mich die Neugierde als alter „Halloween“-Fan dann doch nicht losgelassen hat, ist klar, und so verstrich dann auch gar nicht viel Zeit bis zur Sichtung. Und ja, beim direkten Vergleich fallen zwei Dinge besonders auf: Die Neuverfilmung ist wesentlich schwächer als das Original (was wohl kaum überrascht), und sie ist ein guter Film geworden (was dann doch überrascht).

Die erste Hälfte ist die bessere von beiden. Im Prinzip gibt es dort nur einen negativen Faktor, und das ist Michaels Vater. Dass Michaels Vergangenheit mit einer asozialen Familie erklärt wurde, und diese dann auch wirklich primitiv sein musste, ist schön und gut, aber der Vater ist für einen „Halloween“-Film einfach zu comichaft charakterisiert und unterbietet sogar das Niveau des bösen Vaters aus Teil 6. Ansonsten gibt es von meiner Seite aus dort nichts zu beklagen.

Der Junge, der den jungen Michael spielt, ist gut gecastet worden. Man kann sich gut vorstellen dass aus ihm mal der besagte Killer wird. Die Morde geschehen so gnadenlos, dass man sich unweigerlich fragt wie man diese Vorgänge einem kleinen Jungen beim Filmdreh erklärt. In Amerika ist das sicherlich noch einmal einfacher, so wie man dort mit Horrorfilmen groß wird, ein flaues Gefühl bleibt mir bei so etwas aber dennoch stets im Magen. Diesem geht es übrigens gut, obwohl das Remake wohl das blutigste Ergebnis sein dürfte, das die Reihe bisher hervorgebracht hat. Aber das ist typisch für die Horrorwerke dieser Zeit, im direkten Vergleich dennoch harmloser (man beachte nur einmal "The Hills Have Eyes" und den sehr mittelmäßigen „Texas Chainsawmassacre 2 – The Beginning“ mit ihren Bluttaten).

Dass Michaels erstes menschliches Opfer ausgerechnet am selben Tag sein Leben verliert, an dem Myers Mutter vom Schulpsychologen wachgerüttelt wird ist vielleicht etwas zu zufällig, aber wollen wir uns mal nicht an jeder Kleinigkeit aufhängen. Ein Remake ist stets dafür da Geld zu scheffeln, von Kunst reden wir hier also sowieso nicht.

Bedingt könnte man dies allerdings schon. So gibt es einiges an guten psychologischen Ideen, trotz mancher Brachialpunkte wie die übertriebene White Trash-Familie. Die lachende Clownsmaske ist eine dieser guten Ideen. Immer wenn sie dem Jungen heruntergerissen wird taucht dahinter die sehr ernste Mine einer traurigen, vertrockneten Kinderseele auf. Es ist sicherlich kein Zufall oder ein reines visuelles Spiel dass Michael diese Maske in einer bestimmten Szene auf dem Kopf hochgerückt positioniert sitzen hat. Die Mutter kommt nach Hause, Michael sitzt auf der Treppe und die Kamera fährt so nach oben, dass uns dort der Clown anlächelt.

Was von einigen Zuschauern nicht kapiert oder ignoriert wurde, wenn man Reviews zu diesem Film liest: aus Michael wird später der Killer wie wir ihn aus der Originalreihe kennen. Er wird ein seelenloses Objekt und kein menschlicher Massenmörder, wie oft zu lesen ist. Dies wird Schritt für Schritt in der Therapie gezeigt. Der Junge erinnert sich nicht mehr an die Morde, hin und wieder bricht die unheimliche Killermacht in ihm heraus, die so stark ist, dass er sogar seine Mutter attackiert. Und ab da wo er begreift dass er nie mehr aus der Anstalt heraus kommt, tritt die Seele Michaels zurück und lässt das Böse in ihm wüten. Wozu sollte ein kleiner Junge auch noch bleiben, wenn selbst seine eigene Mutter ihn nicht mehr besuchen kommt?

Michael verweigert das Sprechen und ist irgendwann, isoliert in der Psychiatrie, gar nicht mehr da. Das ominöse, in keinem „Halloween“-Teil je erklärte, Böse hat den Jungen nun komplett eingenommen. Und wenn man diesen Vorgang begriffen hat, ist die eben beschriebene Szene auf der Treppe um so wirkungsvoller. Die Clownsmaske hat in diesem Moment etwas von der Gesichtsbekleidung aus dem Jim Carrey-Film „Die Maske“. Dort war sie von einem Narrengott besessen.

Würde man diesen nun etwas bösartiger deuten, käme man der Wirkung dieser, uns aus der Vogelperspektive anlächelnden, Clownsmaske in "Halloween" nahe. Michael wirkt niedergeschlagen, kann seine eigene Tat wahrscheinlich selbst schon nicht mehr nachvollziehen. Das Nichttragen der Maske ist ein deutliches Zeichen, dass wir hier wieder Michael den Jungen und nicht Michael den Dämon sitzen haben. Aber die Maske lächelt uns von oben an. Das Böse sagt dem Zuschauer, dass es jetzt erst losgeht. Auch in den späteren Psychiatrieszenen setzt mit der Häufigkeit des nach außen tretenden Bösen auch die Häufigkeit des Maskentragen ein.

Allein dass er sich später auch als Junge im Normalzustand hinter einer Maske versteckt zeigt deutlich, dass das Böse in ihm sich im zweiten Schritt irgendwann sogar mit seiner kindlichen Seele vermischt. Zum Ende der ersten Hälfte ist der Junge fast komplett verschwunden, der dritte Schritt ist erreicht, das Monster lebt. Ebenso wie die böse Seite seiner Seele einst nur einen kleinen Platz einnahm, so ist nun das Gute in ihm kaum mehr vorhanden. Aber es ist, wie eine spätere Szene zeigen wird. Das mag nicht konsequent genug klingen, aber nur so macht die Suche nach seiner Schwester viele Jahre später Sinn, die ja immerhin zum Haupteckpfeiler der zweiten Filmhälfte wird.

In dieser erleben wir wie Myers aus der Psychiatrie flieht (ohne eine in der Kinofassung zum Glück nicht eingebrachten, peinlich provokativen Vergewaltigungsszene, die völlig unpassend im Director’s Cut auftaucht) und nun seine Schwester sucht. Im Grunde passiert nun das selbe wie im Original, mit der Ausnahme dass Laurie Michaels Schwester ist. In der Originalreihe war sie nur eine Babysitterin, die erst mit Teil 2 zu Michaels Schwester wurde, um der ganzen Geschichte eine neue Mystik zu geben. Das hat Zombie dann auch zum Glück kapiert, leben doch all die Fortsetzungen von Michaels undurchsichtigen Antrieb seine Familie zu lynchen. Mit dem Element der Schwester hätten wir dann aber auch das einzige was Zombie aus den Fortsetzungen übernimmt. Der Rest orientiert sich am Original.

In der Neuverfilmung mag der Drang seine noch lebenden Verwandten zu suchen nun nicht so mystisch wirken wie in der sonstigen „Halloween“-Reihe, sieht Michael in seiner Schwester doch hier das einzig gute, das ihm je wiederfahren ist. Aber Zombie denkt zwei Schritte im Voraus. Vom letzten Hauch Gutem in Michael gelenkt, arbeitet er sich zu Laurie vor (eliminiert nebenbei alle menschlichen Störelemente, welche die Zweisamkeit mit seinem Schwesterchen später stören könnten) und wird nun ein letztes Mal bitter enttäuscht.

Unwissend reagiert Laurie wie es ein solches Opfer (zumindest in Filmen) tut. Mit der daraus resultierenden Enttäuschung stirbt in Michael nun komplett der Junge ab, zurück bleibt nur noch das unmenschliche Schattenwesen, der vierte und letzte Schritt in Michaels Metamorphose ist beendet. Der Junge wird nie mehr zurückkehren. Und nun haben wir die nötige Mystik für Fortsetzungen. So oft wie hier auf Michael geschossen wird, können wir auch im Remake nicht von einem Menschen sprechen. Die Geheimnisse um das Böse in Michael waren immer nötig, um der Reihe den nötigen Pfiff zu geben. Das Remake erklärt nur wie die Seele aus Michael verschwand, nicht aber durch was sie ersetzt wurde. Und nur wenn man dies erkannt hat, sieht man auch, dass Zombie gerade auch dieses Gesetz der Reihe als bekennender Fan respektiert, und nicht (wie oft zu lesen ist) ignoriert, um aus Michael einen menschlichen Killer zu machen.

So mystisch die Figur des Myers ist, so schwachsinnig ist die von Zombie gewählte Erscheinung dessen im Erwachsenenalter. Michael machte mir in der Jugend nicht den Eindruck eines nach Krafttraining lechzenden Jungen. Das Böse in ihm zeigt sich durch Schweigen und Geduld. Wie zum Teufel konnte aus dem schmächtigen Bübchen, angetrieben vom Bösen, so ein Klotz von Mann a la Jason werden? Das ist fehl am Platz und widerspricht seiner im Gefängnis gelebten Art. Der schmächtige Michael aus den anderen Filmen hatte mehr Wirkung und war auch logischer.

Doch so fehlbesetzt der erwachsene Myers auch ist, eine andere Rolle überrascht dafür um so mehr: Malcom McDowell spielt den Dr. Loomis hervorragend. Das mag andere „Halloween“-Fans sicherlich schocken, aber ich empfinde ihn als den besseren Loomis-Darsteller, und das obwohl ich Donald Pleasance in den Originalfilmen ebenfalls sehr gut gecastet fand. Aber rein optisch wirkt der neue Doktor mehr. Leider wird in der Neuverfilmung nicht ganz so deutlich wie sehr Loomis Michael mystifiziert. Das klingt nur kurz an, wirkt aber weniger überzeugend und weniger fanatisch. Hätte man hieran mehr gearbeitet, wäre vielleicht manch anderem ein Licht aufgegangen, was das Übernatürliche in Michael betrifft, das von vielen übersehen wurde.

Der restliche Cast ist o.k. zu nennen. Keiner fällt weder sonderlich positiv noch negativ auf. Udo Kiers Rolle hätte man sich komplett schenken können (wozu immer das krampfhafte Einbringen von Stars?) und die Rolle der Laurie Strode wurde interessant modernisiert. Sie ist nun nicht mehr das extreme Mauerblümchen, aber sie ist auch nicht zum Dummchen mutiert. Clever und taff ist eine seltene Kombination im klischeebeladenen Amerika-Popkorn-Kino, schön dass die Rolle der Laurie hier anders tickt.

Dass man mit Laurie nicht so mitfiebert wie mit jener aus der ersten Verfilmung liegt nicht an der Besetzung. Die Schuld hierfür trifft Zombie. Der gibt uns Michael in der ersten Hälfte als Identifikationsfigur, erzählt in der zweiten Hälfte den Film jedoch sehr nah am Original und vergisst dabei aber, dass Laurie nun nur schwer beim Zuschauer als Identifikation dienen kann. Sie ist einem fremd, ihr Verfolger ist uns hingegen vertraut. Dieser wird allerdings nun eingebracht wie im Original: als Schattenwesen, immer nur mal kurz auftauchend um im Finale wieder länger präsent zu sein.

Durch diese Erzählweise identifiziert man sich mit Michael in der zweiten Hälfte kaum noch, bzw. gar nicht mehr. Das ist schade. Gerade den Ansatz die Geschehnisse des Originals nun aus Michaels Sicht zu erleben, hätte ich für sehr reizvoll gehalten. Was bleibt ist eine zweite Hälfte ohne Identifikationsfigur. Das funktioniert, aber sicherlich nicht bei jedem Zuschauer. Die einzige wichtige Rolle, die uns in beiden Filmhälften vom gleichen Schauspieler gespielt begegnet, ist die des Dr. Loomis. Loomis kommt allerdings zu selten vor, als dass nun er als Identifikationsfigur fungieren könnte. Aber ich denke mal das hätte eh kaum wer gewollt.

Dass Zombie in der zweiten Hälfte Carpenters Original sehr häufig in Wort und Bild zitiert wird oft kritisiert, eben wegen der sehr originellen ersten Hälfte. Ich finde es allerdings o.k. Würde Zombie dies nicht machen, würde man von einer Neuverfilmung nur noch etwas in der Namensgebung merken. Letzten Endes war, ähnlich der "Freitag der 13."-Reihe, jede Fortsetzung ein Fastremake. Die Geschichten dort waren Magerkost. Aus der Schwester wurde die Nichte (deren Darstellerin hier eine Nebenrolle mit Oben-ohne-Auftritt hat) und später wurde aus der Verfolgten deren Tochter. Ansonsten war alles beim alten.

Würde Zombie nun nicht des öfteren kopieren, könnte man fast sagen man hätte es mit einem Teil 9 zu tun, der uns nur zusätzlich in der ersten Hälfte in Myers Vergangenheit schnuppern lässt. So wird das Remake-Anliegen nun Fakt, und man darf beobachten was Zombie verstanden und nicht verstanden hat.

Was mir fehlte war das klassische "der todgeglaubte Myers steht kerzengerade auf". An anderer Stelle zeigt Zombie, dass er die Worte Loomis' begriffen hat. Myers kennt keinen Unterschied zwischen Gut und Böse. Und so guckt er das von ihm an die Wand mit einem Messer fest getackerte Opfer, genau wie im Original, mit einem schräg positionierten Gesicht, sachlich an, ohne darin etwas (ehemals) Lebendiges zu sehen. Kopieren heißt nicht kapieren, aber Zombie zeigt ähnliches zuvor in der Kindheit, in welcher der junge Mörder nach einer seiner Bluttaten durch die Blutpfütze schlendert, ohne diese als solche wahrzunehmen. Das sind, ähnlich der Clownsmaskenszene, Bereiche, in denen die Psychologie stimmt.

Zum Schluss bleibt mir noch zu sagen, dass die Maske hier herrlich dreckig wirkt (zum Glück wurde diese nicht gegen eine andere Maske eingetauscht). Michael hat durch sie eine besonders düstere Wirkung. Mit einem schmaleren Darsteller hätte man diese ohnehin schon intensive Wirkung noch verstärken können. Im groben wurde aber zumindest das meiste richtig gemacht. Die Psychologie des Killers Myers wurde beibehalten (Heiligtum Haus, nur zweckdienlich morden, ...), es wurden neue interessante Dinge eingebracht, altes gewürdigt, und man durfte einen spannenden Film sehen.  OFDb

01.11.2012

ALIEN - DIE WIEDERGEBURT (1997)

Eine Gruppe Weltraumgauner landet auf einer Raumstation um Ware abzuliefern. Genau an diesem Tag geht in der Forschungsabteilung etwas schief: Geklonte Aliens schaffen den Ausbruch. Ob die ebenfalls geklonte Ripley helfen kann? Ganz die Alte ist sie nicht mehr...

Kunst und Kommerz...
 
Wenn die Alien-Reihe seit je her etwas ausmacht, dann ist es der wechselnde, regiegebundene Stil, der jeden Teil, wie gut er nun sein mag, zu einem völlig anderen Abenteuer werden lässt. Was liegt also näher, um an diesem Rezept festzuhalten, als sich einen Künstler an Bord zu holen? Man kann es sicherlich als geglückte Wahl ansehen, dass man Regisseur Jean-Pierre Jeunet für das Projekt gewinnen konnte, einem Mann der bizarre Welten und Situationen zauberte in „Delicatessen“, „Die Stadt der verlorenen Kinder“ und später auch in „Die fabelhafte Welt der Amelie“. Dieser Mann hat Visionen, schwarzen Humor, abartige Ideen, einen Hang zum Morbiden und zur Romantik. Wo gibt es eine solche Person ein zweites Mal? Vielleicht wäre der schlichtere Tim Burton ein Vergleich, aber einer ohne gleichrangige Qualität.

Jean-Pierre Jeunet passierte nun das, was jedem talentierten Regisseur Europas passierte, der sich nach Amerika wagte. Produzenten funkten ihm dazwischen. Ob man nun Dario Argentos „Aura“ betrachtet, Jeunets „Alien 4“ (Alternativtitel) und auch Oliver Hirschbiegels „Invasion“, immer wieder holen sich die Amis Profis, um ihnen dann doch wieder in die Suppe zu spucken. Die Filmbranche in Europa wird immer stärker, dennoch lassen sich immer noch so viele talentierte Schauspieler und Regisseure vom großen Amerika locken, obwohl in diesem Land seit Jahren kaum qualitative Großproduktionen mehr entstanden sind. Zwar sieht man in der dritten Fortsetzung von „Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“ Jeunets Handschrift all zu deutlich, es ist allerdings so, als ob man eine Lightversion sichten würde, was sicherlich nicht am Fehlen von Jeunets Partner Marc Caro gelegen haben mag, zeigte Jeunet doch mit „Die fabelhafte Welt der Amelie“ dass er auch alleine Großes bewerkstelligen kann.

Das tolle an Jeunet ist, dass selbst eine Lightversion seiner Visionen noch immer zu überzeugen wissen. Jeunets Filme sind vollgestopft mit Ideen und Sehenswürdigkeiten, dass man daraus zig Filme drehen könnte. „Alien 4“ kocht auf Sparflamme. Aber auch Magerkost kann schmecken. Immerhin wird hier Jeunet mit Jeunet verglichen. Und so darf man neben der gewohnt düsteren Optik viele bekannte Gesichter entdecken, die schon das ein oder andere Mal in einem Jeunet-Film aufgetaucht sind. Auch der bitterböse schwarze Humor lauert immer wieder auf und zeigt sich mit seinen besten Ideen u.a. in der Szene, in der ein Mann erfahren muss, dass in ihm ein Alien haust und der dazugehörenden späteren Szene, in der man auf beeindruckende visuelle Weise den Ausbruch der Kreatur aus dem Körper miterleben darf. Ebenfalls höchst schwarzhumorig ist jene Szene, in der sich das säureartige Alienblut wieder durch allerhand Material durchfrisst, diesmal auch durch das Bein eines Gelähmten, der erst ein wenig später mitbekommt, was mit ihm geschieht.

Beeindruckend sind in Teil 4 auch die computeranimierten Aliens. Dank dem Fortschritt der Technik in diesem Gebiet, darf man die Viecher in Aktionen erleben, wie sie zuvor nicht möglich gewesen wären. Der Kampf zweier Aliens, der zur Befreiung führt, die Verfolgungsjagd im Wasser mit tauchenden und schwimmenden Außerirdischen. Optisch wird einem hier allerhand geboten, und einfallsreichem Drehbuch und guter Regie sei Dank ist das ganze phasenweise sogar richtig spannend erzählt. Angeblich wegen des Rollenwandels konnte man Sigourney Weaver wieder mit an Bord holen. Die Klontechnik machte es möglich, dass man sie wieder einbauen konnte, ohne inhaltlich Blödsinn a la „Halloween - Resurrection“ zu verzapfen. Dank der Idee darf sie streckenweise richtig böse spielen. Den letzten Schritt wagte man leider dennoch nicht, Ripley bleibt eine Heldin.

Die Fans behaupten meist eine Fortsetzung von Alien sei ohne Weaver nicht möglich. Ich halte dies für Blödsinn, glaube aber, dass die Produzenten eine weibliche Berühmtheit wie Winona Ryder deshalb zusätzlich an Bord holten, um im Notfall mit ihr weiterdrehen zu können, falls Weaver für einen Teil 5 absagen sollte. Ob dem so war weiß man natürlich nicht. Falls ja, ist die Rechnung jedoch nicht aufgegangen. Ryder bekam die einzig uninteressante Rolle beschert, die sie mit ihrer zu liebenswürdigen Erscheinung auch nicht mit Leben zu füllen bekommt. Ihre Rolle ist blass und fast vollkommen unnötig.

Weiterer Wermutstropfen ist das Endmonster. Ich weiß nicht wie man auf die Idee kommen konnte es weißgräulich zu kreieren. Das Schwarz zu meiden ist schon schlimm genug. Dass das Vieh allerdings auch noch viel zu knuddelig aussieht ist der Genickbruch des Finalszenarios. Auch dies ist nicht ohne Highlights, hat sogar ein gewisses Spannungspotential, aufgrund der schlecht gewählten Kreatur guckt man den Schluss jedoch zu theoretisch. Das unwirksame Vieh reißt einen aus dem Film. Schade! Was bleibt ist passable Unterhaltung, die trotz Jeunet an Bord nicht die Klasse erreicht, die Teil 1 noch hatte und die Teil 2 von vielen Fans angedichtet wird. Ein Reinschalten lohnt, man sollte jedoch kein großes Science Fiction-Highlight erwarten.  OFDb
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