lynx   »   [go: up one dir, main page]

Posts mit dem Label Alfred Vohrer werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Alfred Vohrer werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

12.03.2017

DIE TOTEN AUGEN VON LONDON (1961)

Alfred Vohrers früher Beitrag der lang laufenden Rialto-Wallace-Reihe ist bereits ein Liebhaberstück. Zwischen düsteren und heiteren Momenten schwankend, ohne dabei unausgegoren zu wirken, bietet er verschiedenste Unterhaltungswerte, die von einer Gruppe sympathischer, wie talentierter Schauspieler unterstützt wird. Fuchsberger agiert locker, dies aber noch nicht überzogen (was auch für sein Flirten mit der weiblichen Hauptrolle gilt), Arent sorgt für die Erheiterung am Rande, Kinski spielt großartig wie eh und je, und jede Menge anderweitige Figuren, von Flimmer Fred bis hin zum blinden Jack, machen aus „Die toten Augen von London“, der bereits 1939 in England als „Der Würger von London“ mit Bela Lugosi besetzt verfilmt wurde, ein Seherlebnis für Freunde nostalgischer Stoffe.

Vielleicht ist das Rätselraten nicht ganz so groß ausgefallen wie bei manch anderem Wallace-Beitrag, bis auf eine vorhersehbare Überraschung am Schluss ist eigentlich von Anfang an klar wer hier alles einen Schurken mimen darf, aber um das klassische Mörderraten geht es hier ohnehin nur am Rande, ist Vohrer doch viel eher darum bemüht mit „Dark Eyes of London“ (Alternativtitel) eine aufregende Umsetzung zu gestalten, sprich eine ereignisreiche, bei der man nie weiß was im nächsten Moment passieren wird. Das Finale, in welchem sich Karin Baal in einem großen Wasserbehälter eingeschlossen befindet ist legendär, ständig ist man Zeuge von Mordversuchen und gelungenen Attacken diesbezüglich, Vohrer lässt einem kaum Luft zum Atmen, vergisst aber auch die ruhigen Suspense-Momente nicht, die er gekonnt einzustreuen vermag, ohne den Film an diesen Stellen gedrosselt wirken zu lassen.

Die kleinen Spinnereien am Rande, die Vohrer so liebt einzubauen, finden auch in diesem humorärmeren Werk seinen Platz. So zeigt uns der Regisseur beispielsweise einen skurrilen Zigarettenaufbewahrungsort innerhalb eines künstlichen Totenschädels, um uns per Schnitt direkt im Anschluss einen schwarzen, ausgestopften Vogel sehen und hören zu lassen, dessen Augen elektronisch leuchten können. Auch der in einem späteren Werk noch einmal eingefangene Blick aus der Kehle eines der Darsteller heraus, findet bereits hier seinen ersten Einsatz.

Vohrer selbst verfilmte den hier besprochenen Streifen nur sieben Jahre später in der Buntphase der Rialto-Wallace-Reihe mit „Der Gorilla von Soho“ noch einmal neu, und schaut man sich einmal die starke, künstliche Behaarung an den Armen und an den Händen des blinden Jack an, so darf man doch behaupten dass der weitere Schritt zum Gorilla fast schon naheliegend war, zumindest in der grotesken Welt des Alfred Vohrer. An die Schwarz/Weiß-Version weiß dieser ebenso wenig heranzukommen wie der in den 90er Jahren umgesetzte TV-Film „Das Haus der toten Augen“, in welchem Eddi Arent erneut involviert war - sichtlich gealtert, diesmal den Sir John spielend.

„Geheimnis von London“ (Alternativtitel) ist einer der frühen Höhepunkte der ohnehin großartig ausgefallenen frühen Phase der Wallace-Reihe (wir befinden uns im dritten Jahr und im gerade einmal fünften Beitrag der Serie) und bereitet mit seinen düsteren Aufnahmen, gemixt mit grotesken Ideen und dem Blick in die toten Kontaktlinsen der Blinden (während einer der Sehenden als einziger eine dunkle Sonnenbrille tragen darf) auch bei der x-ten Sichtung noch genügend Freude um ins Schwärmen zu geraten. Einzig der Soundtrack ist ein wenig müde ausgefallen.  OFDb

05.03.2017

DIE TÜR MIT DEN SIEBEN SCHLÖSSERN (1962)

In dem relativ frühen Beitrag der Rialto-Wallace-Reihe findet noch einiges anders statt als man es später mit dem Wachsen von Standards innerhalb der Serie gewohnt ist. So ermittelt Heinz Drache noch weit weniger konservativ und bekommt sogar eine erheiternde Note zu seinem Charakter zugeschrieben, wenn der Kommissar ständig nebenbei Zaubertricks zelebriert, sehr zum Neid seines tolpatschigen Assistenten Holms (!!!), gespielt von Eddi Arent. Auch die Inszenierung Alfred Vohrers kommt noch reichlich unverspielt daher und beschränkt sich auf einige wenige Gimmicks, wie seiner auch aus späteren Beiträgen bekannte optische Spielerei mit Lupen.

Zumindest das versteckte Maschinengewehr in einer Armprotese braucht sich nicht vor ähnlichen Spielereien, wie dem mit Waffen versehenen Rollstuhl in „Wartezimmer zum Jenseits“ (kein Wallace, aber ein Vohrer), verstecken. Aber da befinden wir uns schon am Ende des Streifens, und dies ist weit schräger ausgefallen als der komplette Restfilm, gesellen sich nun zu den Krimielementen mit der Anwesenheit eines verrückten Wissenschaftlers doch auch Elemente der Science Fiction hinzu, auch wenn man nie so ganz erklärt bekommt, welch ungewöhnliche Experimente der Durchgeknallte da eigentlich durchführt.

Zu gefallen weiß genau in diesem Punkt die verspielte Art des Streifens. Nicht nur dass im Geheimversteck des Mad Scientist Reagenzgläser und ähnliches geheimnisvoll wirkend vor sich hinkochen, immerhin an einem Ort an dem der Irre auch Gefangene nimmt, auch das Halten eines Gorillas in einer der Zellen sorgt für schräge Ambiente. Wenn der Gefangenen dann auch noch die Flucht gelingen kann, weil der Geisteskranke sein Ego gerade streichelt, indem er seinem Opfer erklärt wie genial er sich selber findet, dann haben wir endgültig den augenzwinkernden Bereich der Darstellung eines geistig entrückten Wissenschaftlers erreicht, das nur noch dadurch getoppt wird, dass der verrückte Mensch schließlich dadurch gestoppt werden kann, dass er mit der Tatsache konfrontiert wird, gar kein Wissenschaftler zu sein. Vohrer versteht es einen Wahnsinnigen wirklich verrückt erscheinen zu lassen.

In dem ansonsten relativ gewöhnlich laufenden Kriminalfall taucht als ungewöhnliches Element sonst noch ein monströser Glatzkopf auf, der eher wie ein Monster als wie ein Mensch agiert (was herrlich bescheuert kurz vor dem Finale erklärt wird). Obwohl mit Schürenberg, Arent und Drache auch humoristische Elemente mit ins Geschehen treten und mit besagter Wissenschaftsthematik auch augenzwinkernde, kann man „Die Tür mit den sieben Schlössern“ nicht wirklich als Krimi-Komödie bezeichnen. Das macht die trottelige Art mit welcher das kriminelle Ehepaar vorgeht, von welchem Werner Peters den männlichen Part übernimmt, um so merkwürdiger, ist deren tolpatschiges Verhalten doch ebenfalls maximal augenzwinkernd gemeint.

Wie auch immer, „The Door with Seven Locks“ (Alternativtitel) weiß als sympathisches Produkt seiner Reihe zu funktionieren, ohne dass Vohrers Beitrag ein früher Höhepunkt wäre. Etwas enttäuscht darf man über das frühe Ausscheiden Klaus Kinskis Rolle sein, zumal er mal wieder bravourös spielt. Die Geschichte selbst verläuft für solch ein simples Geschehen ziemlich wackelig, allein wie die weibliche Hauptrolle in das Geschehen integriert wird, und mit welchen Methoden die Verbrecher vorgehen, ist völlig unsinniger Natur, wird in einem verspielten Wallace-Krimi aber freilich nicht hinterfragt, da es zu den üblichen Spinnereien der Reihe gehört, die man als Fan nicht missen möchte. „Die Tür mit den 7 Schlössern“ (Alternativtitel) ist somit solide Routinekost innerhalb der Reihe, was doch ein passables Ergebnis für einen solch unbekannten Film innerhalb der Frühphase ist.  OFDb

03.03.2017

DAS GASTHAUS AN DER THEMSE (1962)

„Das Gasthaus an der Themse“ ist ein kleines Liebhaberstück aus der Schwarz/Weiß-Phase der Wallace-Reihe aus den Rialto-Studios. Von dem Aufhänger um einen tauchenden Mörder einmal abgesehen, wohnen wir hier einem sehr klassischen Fall bei, einem bei dem es eigentlich nur einen naheliegenden Verdächtigen gibt, welcher der Hai sein kann. Aber das Mörderraten ist in einem Wallacefilm nicht alles, so wie der hier besprochene Streifen zeigt, und wenn man zudem noch einen Beitrag dieser Serie inszeniert von Alfred Vohrer beiwohnen darf, dann weiß man, dass es noch genügend weitere Gründe gibt warum ein Kriminalfilm trotz nicht überraschender Täteraufdeckung ein überdurchschnittlicher Genre-Beitrag sein kann.

Vohrers optische Spielereien fallen weitaus subtiler aus, als das wofür er im Laufe der Reihe noch berüchtigt werden sollte, aufgrund dessen gehören sie jedoch auch zu den Qualitäten des Streifens und nicht zu den kleinen Gimmicks am Rande. Wie verspielt Vohrer die Kamera Spiegel, Luftblasen im Wasser und Lupen einfangen lässt, besitzt nicht nur Reiz, sondern beschert dem Film mitunter auch seine Atmosphäre. Auch die zunächst weniger auffallenden Bilder sind alle sehr hübsch fotografiert, und so manche Einstellung mit Licht, Schatten und Dunkelheit weiß auch im Bewusstsein der weniger auf so etwas achtenden Zuschauer zu gefallen.

Recht schnell steigt man in das eher schlichte, wenn auch reißerisch eingefangene, Szenario ein. Wenn Elisabeth Flickenschildt ziemlich zu Anfang ein Lied in einer üblen Spelunke vortragen darf, dann erkennt man bereits welch besonderem Werk man beiwohnt, weiß sie doch in ihrer Interpretation des Liedes den Zuschauer an ihre Lippen zu binden, so fesselnd wie sie das augenzwinkernde Lied vorträgt. Es begegnet einem zudem als mit witzigen Geräuschen angereichtertes Titellied in Intrumental und im Hintergrund im Film ertönend von einem Akkordeon gespielt.

Die Hintergründe der zunächst nicht durchschaubaren Verbrechen sind verworren wie eh und je in einem Wallace-Film, im Vergleich zu manch anderem Werk der Reihe aber nachvollziehbar. Als Zuschauer darf man immer den Überblick behalten, auch wenn man manche Information erst spät erhält. Gekonnt inszenierte Wasseraufnahmen, deren Tempo weit besser ausgefallen sind als im James Bond-Film „Feuerball“, sorgen für aufregende Ausnahme-Momente der Reihe, während oberhalb des Wassers gekonnt routiniert vorgegangen wird.

Eddi Arents Part mag etwas zu krampfhaft ins Geschehen eingebaut sein, dennoch ist er, wie man es von diesem Mann gewohnt ist, mit dem nötigen Charme verkörpert. Fuchsberger weiß als taffer Ermittler zu gefallen, der sich diesmal weit weniger plump in die (eigentlich minderjährige) weibliche Zielperson verlieben darf. Kinski spielt gekonnt skurril, und auch wenn es nicht sein Zutun ist, so hält das Drehbuch doch was seine Rolle betrifft eine unerwartete Überraschung bereit. Siegfried Schürenberg wird als Sir John diesmal sehr klein gehalten, weiß seine Rolle aber wie gewohnt gekonnt zu verkörpern, und Elisabeth Flickenschildt weiß ihre Mimik für eine Schurkenrolle perfekt einzusetzen. Ohnehin ist jeder offensichtliche Kriminell wunderbar schurkisch besetzt.

„The Inn on the River“ (Alternativtitel) mag man aufgrund seiner zwielichten Personen, aufgrund des klassischen Einhaltens von Gut und Böse und aufgrund seiner professionellen Umsetzung, in welche sich nur wenige, kaum bedeutende Inszenierungsfehler eingeschlichen haben. Der Hai mag nicht der aufregendste Oberverbrecher des Wallace-Universums sein, aber er taucht ohnehin in einer Geschichte auf, die nicht sonderlich innovativ eingefangen ist. „Das Gasthaus an der Themse“ weiß genau deshalb zu gefallen. Anstatt um krampfhafte Innovationen bemüht zu sein, serviert er uns das klassische Krimi-Geschehen hervorragend umgesetzt, dabei nie vergessend, dass es sich bei einem Wallacefilm nie um mehr handelt als um Trivialunterhaltung.  OFDb

02.03.2017

DER ZINKER (1963)

„Der Zinker“ wird gerne als einer der Höhepunkte der Rialto-Wallace-Reihe bezeichnet, ich habe da aber meine anderen Kandidaten. Der Kriminalfilm mit Heinz Drache in seiner klassischen Rolle als Ermittler macht durchaus Spaß, und Klaus Kinski hat man innerhalb der über 30teiligen Kino-Serie nie kranker agieren sehen, was schon was heißen mag, aber mehr als kurzweilig und amüsant fand ich das Werk nicht, obwohl es von meinem liebsten Wallace-Regisseur Alfred Vohrer inszeniert ist.

Dessen Stil erkennt man zwar an den herrlichen Nonsensspielereien am Rande, wie der Innenaufnahme des Gebisses eines Vegetariers, aber wo der gute Mann es sonst schafft jegliche Szene bestmöglich zu inszenieren, da will bei „The Squeaker“ (Alternativtitel) manche Szene etwas blass wirken, manches wird zudem zu sehr angedeutet anstatt deutlicher benannt, so dass man sich nicht so leicht orientiert bekommt, wie bei einem Wallacefilm üblich.

An den Figuren liegt das keineswegs, wissen doch gerade die wieder zu gefallen. Vielleicht mag man mit Draches typisch bieder angelegter Kommissareninterpretation nicht einverstanden sein, zu den Sympathieträgern gehört der Ermittler diesmal aber ohnehin nicht, so überheblich wie er niemanden Sätze zu Ende sprechen lässt. Die alte Dame, die Rolle Pfitzmanns, die Kriminalautorin und der diesmal nicht den Sir John spielende Siegfried Schürenberg lenken gut dagegen, wissen in all ihren Szenen zu gefallen, und dank nebliger Außenlocations, zwielichtiger Spelunken und schön dekorierter Adelshäuser agieren sie im üblichen Wallace-Flair, dem das Schwarz/Weiß sehr gut tut.

Etwas schwammig ist diesmal die Verdächtigenzahl ausgefallen. Zwar hat man als Zuschauer mehrere Vermutungen wer der Zinker sein könnte, die Auflösung präsentiert einem aber leider den offensichtlichsten von ihnen. Das wundervolle Szenario der Überführung lässt einen zwar versöhnlich mit der etwas enttäuschenden Auflösung zurück, andererseits ist es aber gerade sie schuld, dass der Mensch hinter dem Pseudonym viel zu erbärmlich wirkt, als dass man ihm die Abgebrütheit des Zinkers zugetraut hätte.

In Alfred Vohrers Film ist nicht alles Gold was glänzt, und allein weil nicht aus allem das Maximum heraus geholt wird, zählt „Der Zinker“ zu Vohrers schlechtesten Beiträgen der Reihe. Ein schlechter Vohrer-Wallace ist aber noch immer ein sympathischer, so dass sich Freunde der Reihe trotzdem nicht davon abhalten lassen sollten diese dritte Verfilmung des Stoffes zu sichten.  OFDb

28.02.2017

DAS INDISCHE TUCH (1963)

„Das indische Tuch“ ist zweifelsohne mein liebster und am meisten gesichtester Wallace-Film. Wie könnte man ihn bei seiner klassischen Ausgangslage auch nicht mögen? Eine Testamentsverkündung, ein Ort abgeschottet vom Rest der Welt, ein 10 kleine-Negerlein-Szenario, der Handlungsort ein Schloss - das alles weiß zu wirken. Die Creme de la Creme die Alfred Vohrers Werk aber überhaupt erst zu einer solch unterhaltsamen Größe macht ist die hoch interessante Figurenkonstellation und ein Drehbuch, welches vorzügliche Dialoge und Monolge zauberte.

Es ist erstaunlich wie wenig konstruiert die gewitzten Worte wirken, selbst dann wenn sie ein wenig zu aufgesagt klingen. Aber im hier besprochenen Kammerspiel-artigen Kriminalfilm weht immer auch ein Hauch Theateratmosphäre mit, so dass man diese Art des Spiels nie als mangelndes Schauspieltalent abtun könnte, zumal die Wirkung ihren Zweck erfüllt. Eddi Arent mimt den höchst skurrilen Butler, dessen Humor auch gerne mal morbider Art ist, die Hausherrin ist ein eiskaltes Biest und eine übervorsorgliche Mutter, ihr Sohn ein in einer eigenen Welt lebender Wunderling, dessen erstes Klavierkonzert kurz bevor steht. Kinski mimt den Bastard der Familie, Schürenberg einen stets auf Safaris reisenden Engländer, und der amerikanische Ehemann einer Verwandten der Familie Lebanon sorgt für die ersten Höhepunkte des Streifens.

Wenn nach einer Mordanschuldigung dem Amerikaner gegenüber ein Gespräch unter vier Augen zwischen den Eheleuten stattfindet, dann ist die Dramaturgie und die Charaktertiefe auf einem Hoch. Auch hier erweisen sich die Dialoge als des Zitierens wert, und Alfred Vohrer beweist, dass er auch in seiner überspitzten Inszenierung, die stets Augenzwinkern und Humor zulässt, bittere Momente kompatibel einbauen kann - erstaunlicher Weise ohne den augenzwinkernden Aspekt zu pausieren. Ihm gelingt eine Meisterleistung, die selbst der höher geschätzte, ebenfalls von Vohrer inszenierte, „Der Hexer“ trotz seiner gelungenen Art nicht zu erreichen weiß.

Vohrer ist bekannt dafür die Reihe spätestens in der Buntphase durch seine immer drastischeren Überspitzungen in eine andere Richtung gelenkt zu haben. Das schmeckte vielen Fans der Schwarz/Weiß-Phase nicht, führte aber schließlich zum zweiten Höhepunkt der Reihe, den völlig in Komik badenden „Der Mann mit dem Glasauge“. Ob man diese Entgleisung einer halbwegs ernster gestarteten Krimireihe nun mag oder nicht, bereits in „The Indian Scarf“ (Alternativtitel) schwingen die Experimente Vohrers stark mit, noch jedoch ohne das Geschehen vollends zu dominieren.

Dennoch fallen solch schräge Ideen wie der selbstfahrende Wagen des Butlers, oder dessen Ritual des Gedeckabdeckens eines jeden Verstorbenen als lustige Besonderheiten auf, ebenso wie besagte lustige Dialoge, wie z.B. der Kommentar darüber, dass das Telefon in den kommenden Tagen aufgrund einer Funktionsstörung nur noch als Zimmerschmuck dienen wird. „Das indische Tuch“ könnte von diesen schrägen Stärken alleine leben, was ihn jedoch nicht zu einem der Höhepunkte der über 30 Filme beinhaltenden Reihe werden lassen würde. Was an Vohrers Beitrag neben all der verspielten Art und der gut gelaunten Schauspieler so viel am brillanten Ergebnis ausmacht, ist zudem das Spiel des Mörderratens für den Zuschauer.

Nicht nur dass die Auflösung sich sehen lassen kann, so toll wie sie selbst dann in ihrer Konsequenz zu wirken weiß, wenn man den Braten bereits zuvor gerochen hat, die Motivation bei solch einer Gruppe interessanter Figuren mitzuraten, ist enorm groß, wahrscheinlich größer als bei jedem anderen Wallace-Beitrag der Rialto-Reihe. Zwar muss man faier Weise sagen, dass das Mörderraten nie zu den Haupttrümpfen der Reihe gehörte und damit kein Pflichtrezept war, aber „Das indische Tuch“ atmet diesbezüglich Agatha Christie-Flair, und das kann auch in der komödiantisch angehauchten Form kein Fehler sein, wie auch der legendäre „16 Uhr 50 ab Paddington“ mit Margaret Rutherford beweist.

Wallace-Stars auf einem Hoch ihrer Spielfreude, alle klassisch besetzt und damit ihre Stärke voll einbringen könnend, ein augenzwinkernder Grundton der auch Dramaturgie und einen Spannungsbogen zulässt, an „Das indische Tuch“ gibt es bishin zum flotten Titellied und der ewig im Hintergrund ertönenden Klaviermusik des Sohnes nichts zu meckern. Alles greift perfekt ineinander, so dass der Film wahrlich ein Liebhaberstück der Reihe, aber auch seines Genres geworden ist. Sicher lohnt sich aufgrund vieler geglückter Beiträge ein intensiver Blick auf Rialtos Wallace-Filme, wer aus welchem Grund auch immer diese jedoch meidet, sollte zumindest beim hier besprochenen Film eine Ausnahme machen. Man verpasst sonst einen wahrhaften Schatz des deutschen 60er Jahre-Kinos.  OFDb

13.08.2016

DER HEXER (1964)

Als ich vor etwa 20 Jahren erstmals die Filme der Rialto-Wallace-Reihe sichtete, da behielt ich „Der Hexer“ als angenehm routinierten, aber keinesfalls hervorhebenswerten Beitrag der Serie in Erinnerung. Diese zweite deutsche Verfilmung eines des am meisten verfilmten Stoffe nach Edgar Wallace, entpuppte sich nun bei der Neusichtung als überraschend sehenswerter Beitrag, der nicht nur prächtig zu unterhalten weiß, sondern schon die Weichen für die Buntphase der Reihe stellt, die Alfred Vohrer später als Spielwiese für skurrile Einfälle nutzte und damit endgültig ein groteskes Alternativ-Edgar Wallace-Universum zu dem unseren schuf.

Bereits hier tobt sich Vohrer mit ungewöhnlichen Einfällen wie der Kameraaufnahme hinter der Wählscheibe eines Telefons, reißerischen Mordversuchen wie den Giftschlangen in den Manteltaschen der Ermittler und einer kleinen aber wirksamen Dosis mimischen, körperlichen und redseligem Klamauks und amouröser Anspielungen aus, so dass es ein wenig ironisch klingt dass „Der Hexer“ bis heute als der allgemein beliebteste Teil der Reihe gilt, wohingegen die meisten Zuschauer mit der Buntphase der Rialto-Wallace-Serie aufgrund ihrer Überspitzungen nichts anzufangen wissen.

In „Der Hexer“ bekommen zumindest die Freunde beider Seiten all das geboten was man sich von einem Wallace-Film der 60er Jahre wünscht. Somit bildet der Streifen eine sehr gleichgewogene Schnittstelle zwischen beiden Stilrichtungen und beschenkt den Stammzuschauer zudem damit bis auf Karin Dor und Klaus Kinski alle beliebten Gesichter der Reihe in einem Film zu vereinen, ein Star-Aufgebot welches durch die Spielfreude aller Anwesenden und der augenzwinkernden und flotten Umsetzung bereichert wird.

Higgins mag ein wenig tolpatschig und dümmlich wirken, erstaunlicher Weise hemmt dies die Wirkung des Streifens keineswegs, zumal Fuchsberger seine Stammrolle charmant zu verkörpern weiß und das Denken diesmal seinen vielen Mitermittlern überlässt. Diese sind nötig um darüber hinwegzutäuschen, dass sich „Der Hexer“ wieder einmal der Auflösung von „Der rote Kreis“ bedient, und damit der Zuschauer dies nicht voreilig errät lenkt die Rolle von Heinz Drache gekonnt von diesem Zustand ab.

Somit erzählt „Der Hexer“ nicht nur das was 30 Jahre zuvor „Der Hexer“ erzählte, auch wenn beide Verfilmungen sich eng an die Buchvorlage halten, sondern bereichert das bereits Bekannte durch einen metareflektierten Blick, durch durchdachte psychologische Methoden um mit dem Zuschauer zu spielen und durch seine ironische Distanz zum Ur-Stoff, was nicht verwundern braucht so out die Romane von Wallace zu Beginn der Rialto-Reihe galten und nur über ihren augenzwinkernden Umgang filmisch umgesetzt solche Erfolge feiern konnten. Mein liebster versteckter Meta-Verweis des hier besprochenen Kriminalfilms ist die Bekanntgabe der Vornamen von Inspektor Higgins, welche die selben sind, die auch Edgar Wallaces Sohn trug.

Ein best gelaunter Eddi Arent spielt so skurril komisch wie man ihn am liebsten sieht, Siegfried Schürenberg hat die Lacher auf seiner Seite, und die drei Ermittler sind sowohl in ihren Rollen als auch rein von den Schauspielern her solch sympathische Gestalten, dass dies zu einem guten Teil der angenehmen Chemie des Streifens beisteuert, der bereits ein Jahr später mit „Neues vom Hexer“ fortgesetzt wurde und das einzig direkte Sequel eines Vorgängerstoffes innerhalb der Rialto-Reihe bleiben sollte.  OFDb

14.07.2016

NEUES VOM HEXER (1965)

Die Rialto-Version des relativ oft verfilmten „Der Hexer“ war ein Kassenschlager, und so folgte nur ein Jahr später, erneut unter der Regie Alfred Vohrers, „Neues vom Hexer“, der ebfalls auf einem Roman von Edgar Wallace beruht und somit nicht eigens für die Kinoreihe erfunden wurde. Der Aufhänger ist weniger spektakulär als im Original, da etwas erzwungen wirkend. Aber das tut dem eigentlichen Film keinen Abbruch, ist doch nach der weit hergeholten Idee wie der Hexer ins Geschehen eingebunden wird, alles beim alten. Eine Familie wird nach und nach ermordet, der Hexer ist nicht der Täter und ermittelt auf seine Art. Da er wie gehabt ein Meister der Maskerade ist, weiß man nie hinter welchem Gesicht er sich verbirgt.

Das besitzt zwar nach wie vor seinen Reiz, meist vermutet man ihn jedoch an der richtigen Stelle. Inspektor Wesby jedoch auch, der stets schmunzelt wenn er den Hexer in einer seiner Rollen entdeckt, die erst kurz darauf als solche enttarnt werden. Somit ist es durchaus gewollt den Hexer früher zu erkennen als er offiziell enttarnt wird. Das gibt den Meinungsverschiedenheiten zwischen dem intelligenten Wesley und dem dusseligen Sir John eine zusätzliche Spielfläche, beraubt den Film jedoch um das mögliche Verwirrspiel um die Maskeraden des Hexers.

All zu hart braucht man mit „Neues vom Hexer“ jedoch nicht umgehen, ist er doch ein sympathischer Beitrag der Wallace-Reihe, mit Heinz Drache als Ermittler anstatt mit Joachim Fuchsberger besetzt, der aber immerhin im Zusammenhang mit einer Fotografie Higgins eine Erwähnung erhält. „Neues vom Hexer“ ist die einzige tatsächliche Fortsetzung eines vorangegangenen Kriminalfalls der Reihe und damit ein Unikum inmitten der Rialto-Wallace-Serie. Leider blieb der Film an den Kinokassen hinter den Erwartungen zurück, so dass die noch in diesem Teil angekündigte Fortsetzung nie umgesetzt wurde und stattdessen zu „Der Bucklige von Soho“ umfunktioniert wurde.

Das ist insofern schade, als dass „Neues vom Hexer“ halbwegs offen endet und man sich schon eine Antwort auf die vom Gauner-Trio gestellte Frage am Schluss erhoffte, zielt die Schluss-Szene doch scheinbar darauf ab, dass der Hexer auch in Zukunft mit Scotland Yard zusammen kooperieren soll. Nun werden wir es nie erfahren.

„Neues vom Hexer“ wird gerne als die schwache Fortsetzung des ersten Teils bezeichnet. Ich mochte sie schon immer, früher sogar mehr als den beliebten ersten Teil, und ich bin bei meiner aktuellen Rückwärtssichtung der Rialto-Reihe schon gespannt wie mir der erste Teil diesmal gefallen wird, hat sich meine Einschätzung der einzelnen Filme seit meinen Sichtungen in den 90er Jahren doch gravierend verändert.

Vohrers zweiter Hexer-Streich ist auf jeden Fall ein amüsanter Zeitvertreib mit einigen kleinen typischen Vohrerspielereien (allein dieser Erholungsort, in dem jeder Gast zur Entspannung eine Tageszeitung auf dem Gesicht liegen hat, ist eine herrlich bescheuerte Idee) und so manchem bekannten Gesicht innerhalb der Reihe. Lediglich Kinski wirkt ein wenig verschenkt in seiner Rolle, auch wenn es theoretisch eine wundervolle Provokation ist gerade ihn als Butler zu besetzen - und dann auch noch diesen schrecklichen, zu seinem Beruf so gar nicht passenden, Bart tragend.  OFDb

DER BUCKLIGE VON SOHO (1966)

Der erste Farbfilm der Rialto-Wallace-Reihe entpuppt sich als großartig erzählter Mix aus mit Pulp-Elementen angereicherter Schundfilm, sowie als lustig und düster zugleich erzählter Kriminalfilm, ein Mix der in dieser Art eigentlich nur von Alfred Vohrer stammen kann, der diesen Typ Film in den kommenden Buntfilmen der Reihe später noch etwas experimenteller angehen sollte, dort jedoch immer mehr das düstere Element von „Der Bucklige von Soho“ fallen lassen sollte, was den hier besprochenen Film somit zu einer Besonderheit der Buntphase besagter Serie macht.

Ursprünglich soll „Der Bucklige von Soho“ einmal als dritter Teil von „Der Hexer“ angedacht gewesen sein, das sieht man der hier erzählten Geschichte jedoch nicht an. Es mag sein, dass manche dem Hexer angehaftete Tat der verworfenen Idee auf den titelgebenden Buckligen übertragen wurde. Der wandelt sich schließlich vom hirnlosen Befehleausführer zum Rächer in den eigenen Reihen, und wird damit nicht nur äußerlich, sondern auch von seinen Taten her, aus dem Horrorbereich des sich gegen seinen Schöpfer wendenden Monsters entliehen. Und genau durch diese Parallele zum unheimlichen Genre fällt selbst in den Rachemomenten an der Unterwelt die mögliche verworfene Hexer-Herkunft nicht auf.

Wie auch immer, Vohrer erkennt bereits hier, dass ein Wallace-Film nicht wie bisher erzählt werden muss, wenn er eine Farbumsetzung erhält. Und somit taucht er das Geschehen bereits hier in schrille Farben, die sicherlich auch seiner Zeit geschult sind in Sachen Deko und Mode, aber dennoch provozierend und Effekt-orientiert von dem Regisseur ins Szenario eingebettet wurden.

Stilistisch wandelt sich der Streifen von einem überraschend stark humoristisch traditionellen Kriminalfilm zu einem immer düster werdenden Spektakel voll von abgedrehten Bonbons, als da wären überall versteckte Mikrophone und Geheimgänge, Arbeitersklavenhaltungen in einem Frauenheim und viele andere kunterbunte Gimmicks, die immer nah am reißerischen Schundfilmbereich orientiert sind, aber doch recht zweckmäßig der Gesamtgeschichte zugefügt wurden und somit nicht rein dem Selbstzweck dienen.

Wo andere den Pulp-Gehalt in die humoristische Phase gesteckt hätten, und den traditionellen Kriminal-Teil düster gehalten hätten, da erkennt Vohrer den Reiz genau Gegenteiliges zu veranstalten und teilweiser sogar zu vermischen. Als besonders reizvoll erscheint aufgrund dieser Vorgehensweise die Besetzung Eddi Arents in seiner vorletzten Rolle der Reihe als Bösewicht, so dass der Zuschauer zunächst den klassischen humoristischen Sidekick-Arent präsentiert bekommt, bevor dieser sich im Laufe der Handlung zu einem düster dreinblickenden Strippenzieher wandelt und dem damaligen Publikum damit sicherlich eine düstere Überraschung bescherte, auch wenn er sich in „Der unheimliche Mönch“ zuvor ebenfalls (und dort erstmals) als Bösewicht entpuppte.

Wirkt der Bucklige im direkten Vergleich zu den üblichen titelgebenden Fieslingen im Wallace-Universum eingangs doch eher  enttäuschend, da nicht sonderlich agil oder raffiniert, so entpuppt sich diese Figur schließlich doch noch als sehr interessant und vielschichtig, allein schon aufgrund ihres tragischen Gehalts, den man ebenfalls aus dem Horrorbereich entlieh. Diese Ernsthaftigkeit, die in diesen eigentlich grotesk wirkenden Buckligen investiert wird, ist nur ein Paradebeispiel dafür, wie Vohrer dies in so ziemlich alle Elemente des Streifens anwendet. Trotz aller Verspieltheit ist „Der Bucklige von Soho“ in einer düsteren und tragischen Ernsthaftigkeit gehalten, die dafür sorgt dass man seinen vor Unsinnigkeiten angereicherten Plot nie wirklich belächeln würde.

Das liegt aber auch daran, dass Vohrer uns die hier aufgezeigten Schicksale ernsthaft spüren lässt und nicht nur zum Comic-haften Gimmick verkommen lässt. Das Leben und die Arbeit im Heim ist höchst unangenehm. Die Unterdrückung durch die dort Herrschenden ist ebenso spürbar wie die Wut und der Frust der Bewohnerinnen. Die Aussichtslosigkeit der Situation in der sich Wanda befindet ist spürbar, das Rachegefühl des Würgers ist nachvollziehbar, und man kann sogar mit den größten Fieslingen mitfühlen, wenn diese gegen Ende eiskalt verraten werden. Selbst das grellbunte, an einen James Bond-Film erinnernde, Gimmick des Folterstuhls, für den das Element des Feuers eine wichtige Rolle spielt, wirkt nicht nur als verspielte Übertreibung, sondern auch als spürbare Bedrohung, da sich jeder Zuschauer in diese Art Folter hineinversetzen kann.

Vohrer ist somit ein wundervoller, da spürbar düsterer, wie tragischer, und trotzdem humorvoller Beitrag der Reihe geglückt, dem ich lediglich vorwerfe, dass er seine letzte Wendung nicht mehr benötigt hätte. Die Geschichte war zu Ende erzählt, und die letzte Aufdeckung bezog sich nicht auf vorhandene Lücken in der Handlung oder auf besonders wichtige Figuren. Somit hätte man diese Szene tatsächlich weglassen können, ohne etwas am Rest des Filmes verändern zu müssen. Letztendlich schadet dieser unnötige Schluss dem Streifen nur leicht, eben weil es nur ein erweitertes Ende ist, aber ein wenig ärgerlich schaut sich dieses Anhängsel schon.  OFDb

27.06.2016

DIE BLAUE HAND (1967)

Wenn man bedenkt wie schon lange vor der Rialto-Buntfilm-Phase die Grenzen zwischen normal und gesund im Edgar Wallace-Universum vertauscht, verdreht, vereint oder wild durcheinander gewirbelt wurden, klingt es nur konsequent dass gerade in Zeiten der schrilleren Verfilmungen dieser Zustand einmal näher in den Fokus rückt. „Die blaue Hand“ erzählt innerhalb seiner wie immer weit verzweigten, unübersehbaren Kriminalgeschichte von Missständen in einer Nervenheilanstalt, davon wie schnell aus einem Ort der Heilung bei solch schwer zu beurteilenden Faktoren wie geistig gesund und geistig krank ein totalitäres System werden kann, in welcher ein Arzt zum Gott erklärt wird, während Unwissenden nur daneben stehen können und Diagnosen akzeptieren müssen.

Schön ist die Idee des Streifens, dass ein solcher Arzt zum Verbrecherischen neigt und sich von Menschen bezahlen lässt, die wen Störendes aus ihren Familien entfernt haben möchten. Aber selbstverständlich steht hinter dieser bösen Masche in einem Wallace-Film mehr als eine olle betrügerische Aktion. Da gibt es Henker und Strippenzieher eines viel größeren Anliegens, welches sich im Hintergrund abspielt und für welches Dave Emmerson die ungewollte Marionette sein soll.

Ebenso wie sein Zwillingsbruder Richard, der jedoch relativ wenige Auftritte beschert bekommt, wird Dave gespielt von Klaus Kinski, der hier zum letzten Mal in einem klassischen Wallace-Stoff auftaucht und nur noch einmal gegen Ende, als die Rialto-Reihe in die Hände italienischer Filmschaffender fiel, für „Das Gesicht im Dunkeln“ zurückkehrte. Wie Heinz Drache einige Filme nach ihm, bekommt Kinski zum Abschied eine besonders schöne Rolle beschert, die der gute Mann auch hervorragend zum Besten gibt.

Sein Spiel und der Spielort der Nervenheilanstalt entschuldigen für den etwas zu vorhersehbaren Hintergrund der Aktionen. Wenn die selbe Generation Familienmitglieder ermordet wird, von der einer für verrückt erklärt wird, wenn der Verrückte einen Zwillingsbruder hat, und die Frau des Hauses lediglich die Stiefmutter der Kinder ihres Mannes ist, der nur 6 Monate nach der Hochzeit spurlos verschwand, dann weiß zumindest der Wallace-erfahrene Zuschauer was gespielt wird, auch wenn die üblichen Wendungen und Verzwickungen im Finale trotzdem noch für eine Zusatzüberraschung gut sind.

„Die blaue Hand“ ist ein wahrlich gelungener Streifen der Reihe, stilsicherer umgesetzt als der am Schluss mit lobenden Worten angekündigte Nachfolger „Der Mönch mit der Peitsche“, was an dem gekonnteren Mix aus Ernsthaftigkeit, Humor und übertriebener Comic-Elemente liegt, die wesentlich feiner aufeinander abgestimmt sind. Das zeigt sich sehr deutlich in der Rolle Sir Johns, die noch nicht völlig verblödet ist wie später und seinen Adelsstand noch in den Vordergrund setzt, so dass allein seine Ankunft auf dem Rücksitz eines Motorrades für ein treffsicheres Schmunzeln sorgt, wenn der gute Mann steif sitzend wie ein Ritter in strahlender Rüstung zur Rettung Inspektor Craigs und einer vermissten Frau herbei eilt.

Kam mir Harald Lepnitz, der aufgrund meiner Rückwärtssichtung der Reihe nun zum ersten Mal auftauchte und damit zum letzten Mal für die Reihe, zunächst etwas anonym und blass vor, so liegt ein erheblicher Anteil dass „The Bloody Dead“ (Alternativtitel) trotz seiner Vorhersehbarkeit so gut funktioniert, doch bei ihm, der mit nötiger Zurückhaltung und in den richtigen Momenten aktiv agierend aufgrund seiner Glaubwürdigkeit zu den besten Kommissaren gehört welche die Rialto-Reihe je hervorgebracht hat, und das muss schon was heißen bei all den sympathischen Gesichtern, die Wallace-Kommissare spielen durften.

Manches Mal wird selbst für Rialto-Verhältnisse mit dem Nebel übertrieben, aber ansonsten übertreibt Vohrer nie und stimmt den Mix aus Spaß und Ernst gekonnt ab. Mag ich den albernen, späteren Buntfilmen der Reihe auch mit Sympathie gegenüber stehen, so tut es gerade der in „Die blaue Hand“ erzählten Geschichte gut noch in einer Phase der Serie entstanden zu sein, wo man noch versuchte echtes Grusel-Flair einzufangen, wenn auch bereits verdünnt mit peppigen, grellen Momenten. Der Ernst der Geschichte tut dem Film gerade immer dann gut, wenn es um die Schicksale der Unfreiwilligen in der Nervenheilanstalt geht.

Hier würde jeglicher Klamauk an der Wirkung nagen. Das hat Regisseur Vohrer scheinbar bemerkt, so dass er gerade in diesen Szenen jeglichen Humor ausblendet und lediglich mit einigen reißerischen Elementen, wie dem Einsatz von Schlangen, arbeitet. Die humoristischen Anspielungen auf besonders bescheuert konstruierte Geisteskrankheiten oder den Wortspielereien zwischen Inspektor und Vorgesetztem spielen entweder in der frühen Phase des Films in der Anstalt oder kurz vor Schluss. Ab da wo es um die Schicksale hinter Gittern geht, pausiert die Komik. Sind alle in Sicherheit darf sie wieder einsetzen.

Dass Vohrer dennoch bereits hier den Nonsens-Spielereien verfällt, wie der Einsatz eines ganz besonders ausgeflippten Mechanismusses zur Aktivierung einer Geheimtür zeigt, oder allen voran der Einsatz der grellblauen Mörderkralle, geht aufgrund seiner Dosierung in Ordnung und bereitet mit dem noch vergleichsweise zaghaften Einstreuen dieser Elemente den Weg für zukünftige Stoffe schriller und lustiger ausgelegt sein zu dürfen, was den Spätfilmen der Reihe auch sichtlich gut tat. „Die blaue Hand“ hingegen dürfte aufgrund dieser Zurückhaltung eventuell sogar den Befürwortern der Schwarz/Weiß-Filme gefallen, die in der Regel mit der schrilleren Buntphase der Reihe nichts anzufangen wissen. Allein Kinskis gekonntes Spiel sollte zum Einschalten einladen.  OFDb

19.06.2016

DER MÖNCH MIT DER PEITSCHE (1967)

So wie später auch „Die toten Augen von London“ in der Buntphase als „Der Gorilla von Soho“ neu verfilmt wurde, so geschah selbiges mit „Der unheimliche Mönch“, der im Original von Regisseur Harald Reinl umgesetzt wurde. Wie in allen späten Beiträgen der klassischen Wallace-Filme übernahm diesmal Alfred Vohrer die Regie und besetzte von Siegfried Schürenberg als Sir John und Rudolf Schündler in einer Nebenrolle einmal abgesehen andere Schauspieler für die Geschichte, die gerade erst zwei Jahre zuvor schon einmal erzählt wurde. Zwar verweist Sir John nebenbei darauf, dass es einmal einen ähnlichen Fall gab und verrät auch gleich dazu den Filmtitel, ansonsten versteht sich „Der Mönch mit der Peitsche“ jedoch tatsächlich als Remake.

Lediglich die Farbsetzung im Vergleich zum vorher typischen Schwarz/Weiß legitimiert halbwegs eine solch frühe Neuverfilmung. Denn von der Farbe einmal abgesehen besitzt „Der Mönch mit der Peitsche“ nur recht wenige Eigenschaften die später geradezu typisch für die Buntphase wurden. Im Gegensatz zu seinen Nachfolgern ist die Geschichte um vergiftete Mädchen auf einer Mädchenschule noch nicht sonderlich schrill ausgefallen und mit abgefahrenen Bonbons verzuckert. Da fällt lediglich das in knalligem Rot gehaltene Kostüm des Mönchs als besonders greller Sehwert auf und der Drahtzieher der Untaten, der anonym wie ein Dr.Mabuse zu seinen Hilfstätern spricht, lebt in einem Haus in dem u.a. auch Krokodile gehalten werden.

Der Humor kommt noch ziemlich subtil daher, so grob herumalbern wie in seinem letzten Fall in „Im Banne des Unheimlichen“ darf Inspektor Higgins noch nicht. Und auch Sir John hält sich als der witzige Sidekick noch zurück wenn es um amouröse Anspielungen seiner Sekretärin gegenüber geht. Er darf hier noch harmlos herumalbern, wenn er sich nach einem mehr oder weniger erfolgreich absolviertem Studium als Hobby-Psychologe versucht, freilich nach ganz eigenen Vorstellungen und für die Ermittlungen so gar nicht nützlich.

Der Rest des Streifens tut jedoch so, als wäre all das was passiert völlig normal, so als ob jeglicher Kriminalfall in etwa so gestrickt wäre wie die wirre Story die uns hier vor die Nase gesetzt wird. Auf die Wallace-Welt bezogen stimmt dies prinzipiell sogar, und dem Film tut seine unnötige Ernsthaftigkeit sogar gut, aber ebenso sinnvoll war es später nach dem hier besprochenen Werk die Reihe ironischer aufzubrechen als auf dem bislang eher subtil gehaltenen Weg.

Bizarre Figuren treffen auf zwielichtige Gestalten, junge Mädchen hausen in einer Schule umgeben von einer Nebellandschaft, und mittendrin stampft ein Mönch mit Peitsche umher. Das sind die Zutaten die „The College Girl Murders“ (Alternativtitel) zum Funktionieren bringen. Für den eigentlichen Mordfall interessiert man sich nicht wirklich, der Zuschauer ebenso wie die Verantwortlichen der Geschichte. Joachim Fuchsberger agiert souverän wie immer, Schürenbergs Auftritte bereiten Freude, auch wenn der gute Mann schon die ein oder andere bessere Vorstellung abgegeben hat, lediglich Uschi Glas ist mal wieder ein Dorn im Auge. Zwar wird ihre Rolle relativ klein gehalten, aber so ziemlich jede Szene mit ihr will nicht funktionieren. Dass sie von Sir John als besonders hübsch bezeichnet wird, kann man zumindest noch seiner geistigen Verwirrtheit zuschreiben, denn bezaubern will das Hohlbrot in Wirklichkeit so gar nicht.

„The Monk with the Whip“ (Alternativtitel) erzählt seine Geschichte noch so ernst wie zu den guten alten Schwarz/Weiß-Zeiten der Reihe, und als Film für sich funktioniert er auch recht gut. Das mag anders sein wenn man erst kurz vorher die Rialto-Erstverfilmung des Stoffes gesichtet hat. Da ich aber die Buntphase der Wallace-Serie zur Zeit rückwärts sichte, kann ich davon unvoreingenommen über die Qualität des Streifens berichten, und der ist angenehm routiniert inszeniert und sehr unterhaltsam ausgefallen, wenn auch nicht sonderlich innovativ umgesetzt. Im Vergleich zum „Gorilla von Soho“ hat „The Prussic Factor“ (Alternativtitel) in Sachen Farb-Remakes für mich aber definitiv die Nase vorn.  OFDb

IM BANNE DES UNHEIMLICHEN (1968)

Während Sir Arthur ganz offiziell als Nachfolger des pensionierten Sir John eingeführt wird, und dabei bereits mit seinem Humor punkten kann, der noch nicht so zotig ausgefallen ist wie bei seinen zwei weiteren Auftritten in „Der Gorilla von Soho“ und „Der Mann mit dem Glasauge“, ermittelt Inspektor Higgins das letzte Mal für die Rialto-Wallace-Reihe. Zwar kehrte Joachim Fuchsberger im vorletzten Teil der Serie noch einmal für den deutsch-italienischen Giallo „Das Geheimnis der grünen Stecknadel" zurück, dies jedoch in einer anderen Rolle und zu einer Zeit, in welcher die Filme nichts mehr mit der eigentlichen Kriminalfilm-Reihe zu tun hatten.

Alfred Vohrer, der  für alle der letzten klassischen Wallace-Filme verantwortlich war, dreht die Schraube der abgedrehten Elemente erneut ein wenig auf. War der Vorgänger „Der Hund von Blackwood Castle“ noch der Versuch die stimmigen Schwarz/Weiß-Grusel-Krimis der Reihe mit dem schrilleren Stil der Buntphase zu vereinen, so kommt „Im Banne des Unheimlichen“ bereits viel eher wie eine absichtlich alberne Jahrmarktsattraktion daher, zwar noch weit entfernt von der Komödienvariante eines „Der Mann mit dem Glasauge“, aber schon wesentlich irrsinniger inszeniert als sein eigener Nachfolger „Der Gorilla von Soho“.

Higgins selbst wird comichafter dargestellt als üblicher Weise, pustet sinnlos in Trillerpfeifen und hübsche Damen, kann keinem weiblichen Arsch optisch widerstehen und bringt herrlich dämliche Sprüche, z.B. dann wenn er endlich sein Versprechen einhält mit der Sekretärin Sir Arthurs auszugehen, sie ihn im Restaurant bittet er möge nicht ans Telefon gehen, und Higgins flappsig damit kontert es könne sich ja eine attraktivere Frau am anderen Ende der Leitung befinden.

Zum alberneren Grundton gesellt sich zudem eine zentrale Mördermaskerade, die selbst in der Rialto Reihe, welche vor Fröschen, Bogenschützen, Gorillas und Mönchen mit Peitschen nicht Halt machte, ihresgleichen sucht. Das Totenkopfgesicht, welches mit Hut und langen Haaren so aussieht wie es sicherlich auch Udo Lindenberg bald tut, zumindest mit Blick auf das Cover dessen aktuell erschienender CD, wirkt in Nahaufnahmen tatsächlich trotz aller comichafter Verspieltheit noch halbwegs mystisch, selbst dann wenn es schwer ausatmend den Mund weit öffnet. Um so lächerlicher wirkt diese Maskerade wenn der Totenkopfmann reichlich agil hinfort laufen darf, was er öfter macht als es für eine Gruselwirkung gut für ihn wäre.

Erstaunlicher Weise wird dies gar nicht zum Nachteil des Streifens, eben weil der Grundton viel augenzwinkernder ausgefallen ist als ohnehin schon und Vohrer inszenatorisch deutlich macht, dass der Spaßfaktor im Vordergrund steht. Ein ernstzunehmender Grusel-Krimi soll „The Zombie Walks“ (Alternativtitel) gar nicht sein. Er ist als Parodie eines solchen gedacht, wenn auch noch nicht als lupenreine Komödie ausgelegt wie Vohrers letzter Streich der Reihe.

Ein souverän spielender Joachim Fuchsberger und ein wie immer gut agierender, wenn auch etwas unterforderter, Wolfgang Kieling sorgen dafür, dass das Niveau trotz alledem nicht ganz nach unten rutscht. Das Drehbuch hingegen puzzelt zum Finale hin einen scheinbar in der Not geborenen Erklärungsversuch der ganzen Umstände zusammen, die halbwegs erklären sollen was die ganze Geisterbahn-Parade nun eigentlich sollte. Es braucht also nicht verwundern, dass gerade Befürworter der Schwarz/Weiß-Phase mit „Hand of Power“ (Alternativtitel) so gar nichts anfangen können.

Was diese als Schwächen von „Im Banne des Unheimlichen“ ansehen, erkenne ich als Stärke innerhalb eines Streifens, der mir im direkten Vergleich mit seinem affigen Nachfolger besser gefällt, u.a. weil er innovativer und verspielter ausgefallen ist als dieser. Der Gorilla wirkte eher wie der Versuch mit kleinen Spielereien einen solchen Touch vorgaukeln zu wollen, der hier besprochene Film befindet sich jedoch mitten drin im provokativ anarchistischen, augenzwinkerndem Umgang mit sämtlichen Wallace-Elementen.

Was „Der Hund von Blackwood Castle“ mit seinen herrlich skurrilen Gimmicks bereits vorbereitet hat, nimmt „Im Banne des Unheimlichen“ auf und erweitert diesen Stil durch das Entfernen jeglicher ernsthaft stimmigen Gruselszenen. Damit ist er ein ehrlicher und selbstreflektierender Beitrag der Wallace-Reihe, ein Mut der den Anfang vom Ende bedeuten sollte, denn die Kinogänger von einst waren Innovationen gegenüber längst nicht so aufgeschlossen wie es Regisseur Alfred Vohrer war.  OFDb

EIN ALIBI ZERBRICHT (1963)

Nicht nur dass der LKW-Fahrer die Wahrheit sagt ist bereits von Anfang an klar. Auch wohin sich die Ermittlungen bewegen macht schnell deutlich was Fakt ist. Recht schnell weiß der Zuschauer dass sich Dr. Rohm in keine wirren Mutmaßungen verstrickt. Und Vohrer ist bewusst, dass unter all diesen Voraussetzungen der Stempel des Kriminalfilms nur bedingt auf „Ein Alibi zerbricht“ zutrifft. Wer einige Werke Vohrers kennt, der weiß aber auch dass den guten Mann stets die Psychologie zwischen den Dingen interessiert, sprich die Auslöser, die Folgen, der Pingpong-Effekt, das Verräterische, die Fehler, das soziale Dilemma, das Gewissen, die Gefühle.

„Ein Alibi zerbricht“ spielt deswegen so überraschend schnell mit offenen Karten, da er als eine Art Psycho-Drama angelegt ist. Ein Hauch Krimi weht von der einen Seite, ein Hauch Thriller von der anderen, aber die Dramatik der Situation in welche Dr. Rohm aufgrund ihrer Ideale ausweglos hineinschliddert ist der tatsächliche Kern der Geschichte. Nur will das nicht so gut funktionieren wie es Vohrer sicherlich gewollt hat. Nicht nur dass Dr. Rohm an den ungünstigsten Stellen schwer von Begriff ist, sie ist zudem mit Ruth Leuwerik nicht ideal besetzt. Über ihren Charakter darf man streiten, der ist wie alle weiteren Charaktere im Film weder gut noch böse angelegt. Jeder hat seine Beweggründe für das was er tut oder denkt. Aber wirklich glaubwürdig agiert Leuwerik nicht immer.

Mir wäre es persönlich lieber gewesen, wenn „An Alibi for Death“ (Alternativtitel) in seiner Art etwas düsterer ausgefallen wäre, eine tatsächlich spürbare Bedrohlichkeit kommt selbst dann nicht auf, wenn sich Dr. Rohm im Finale in Lebensgefahr befindet. Der etwas zu lückenhafte zwischenmenschliche Faktor, der die Dramatik hätte stärken können, mit einem blass spielenden Peter van Eyck aber ohnehin nicht erreicht werden kann, hätte mit einer düsteren Atmosphäre eine gute Stütze erhalten um mehr zu sein als die Lightversion dessen was mit dem hier vorliegenden Stoff möglich wäre. Aber „Ein Alibi zerbricht“ entfaltet sich hierfür nie genug.

Allerdings schwächelt auch das Drehbuch hin und wieder, z.B. dann wenn man sich im nachhinein fragen darf, warum der Mitarbeiter des Hotels den Mann auf dem Phantombild erkannt hat, obwohl dieser kein Brillenträger war. Zumindest hätte er zu seiner Aussage hinzufügen können, dass der Gast nie eine Brille trug. An solchen Beispielen bemerkt man, dass die Geschichte nicht zu Ende gedacht wurde, immer nur Schritt für Schritt funktioniert, es aber nicht erlaubt währenddessen und hinterher einen Blick zurück zu werfen.

Trotz aller Kritik ist Vohrer jedoch an einen wirklich guten Stoff geraten. Mag die Ausgangslage auch etwas zu zufällig ausgefallen sein, so ist das Netz in welches sich Dr. Rohm aufgrund ihrer Ideale verstrickt, doch recht interessant zu nennen. Wenn es um Schuldzuweisungen geht, dann stehen sich unterschiedlichste Blickwinkel gegenüber. Kann man den Selbsterhalt verurteilen oder ist er nur billige Rechtfertigung für eine bestialische Tat? Ist man gleich unsolidarisch und kalt wenn man in schlimmen Zeiten nicht zu seinem Ehegatten hält? Wann ist ein Mord eine kaltblütige Angelegenheit, und wann, falls überhaupt, ist ein Mord gerechtfertigt?

Gerade weil sich „Ein Alibi zerbricht“ zentral mit diesen Fragen beschäftigt, hätte es dem Film gut getan wenn die letzten 10 Minuten fehlen würden und der Film mit den Worten enden würde „So sehen also Mörder aus“. Meiner Meinung nach hätte der Film gar nicht besser enden können, hätten diese Worte in Kombination mit den drei Gesichtern die wir uns dazu ansehen dürfen, bevor die Optik verschwimmt, doch zu einem nachdenklichen Schluss geführt, der zur munteren Diskussionsrunde einlädt.

In den 60er Jahren, inmitten erfolgreicher James Bond- und Edgar Wallace-Filme, brauchte man im Finale aber dann doch scheinbar so manchen Paukenschlag, und aus verzweifelten Menschen werden doch noch gnadenlose Täter, die kurz vor Schluss leider doch noch den Bösestempel aufgedrückt bekommen, zumindest stärker als zuvor, auch wenn kleine Reaktionen im Spiel das Ganze wieder abschwächen sollen. Nötig hätte der Film das nicht gehabt, er wäre wie gesagt besser mit dem von mir gewünschten Schluss ausgefallen, charmant inszeniert ist aber auch die komplette Schlusschose. Allein das Schlussbild, bevor auf fast schon verspielte Art das Wort Ende ins Bild tritt, zeigt schon wie gelungen der Inszenierungsstils Vohrers ist. Aus der Grundlage eines wackeligen Drehbuch in Kombination mit ebenso wackelig talentierten Stars holt er mehr heraus als es manch anderer Regisseur geschafft hätte. Das macht aus „Ein Alibi zerbricht“ zwar keinen Geheim-Tipp, aber immerhin sympathische Unterhaltung für zwischendurch.  OFDb

11.06.2016

DER HUND VON BLACKWOOD CASTLE (1968)

Schrieb ich in meiner Besprechung zu „Der Gorilla von Soho“ bei meiner aktuellen Rückwärtssichtung der Rialto-Wallace-Reihe (bei welcher „Im Banne des Unheimlichen“ ausgelassen werden musste, da er mir noch nicht vorlag), dass Vohrer gar nicht mehr versucht den dunklen Grusel-Krimi-Touch der beliebten Schwarz/Weiß-Vertreter der Reihe, der er angehört, zu erreichen, so lebt „Der Hund von Blackwood Castle“, der im selben Jahr erschien, ganz im Gegenteil, gerade von dem Versuch die stimmige Gruselatmosphäre der alten Beiträge mit den Pluspunkten der peppigeren späten Welle zu vereinen.

Die Sumpflandschaft und das Schloss sind dafür wunderbare Spielorte, darf die Nebelmaschine draußen doch Höchstleistungen erzielen, während die Stimmung drinnen von der kargen, da heruntergekommenen Ausstattung profitiert, was als kostengünstige Angelegenheit Produzent Wendlandt sicherlich nicht traurig gestimmt hat. Auch die Geschichte selbst könnte mit all ihren zwielichtigen Personen, unheimlichen Vorkommnissen und der unüberschaubaren Situation aus der frühen Phase der Serie stammen, zumindest wenn da nicht das farbenprächtige Abdrehen und der albernere Grundton wären, die wiederum geradezu typisch für die Buntphase steht.

Auch „Der Hund von Blackwood Castle“ ist noch weit von dem völlig überzogenen Stil des leider unterschätzten „Der Mann mit dem Glasauge“ entfernt, er bietet dem Zuschauer aber zumindest mehr fürs Auge als der im Vergleich recht zahm ausgefallene Gorilla-Film, der ein wenig zu Original-verliebt die erste Rialto-Verfilmung des Stoffes, „Die toten Augen von London“, nacherzählte. „Der Hund von Blackwood Castle“ mag alle typischen Eigenschaften eines Rialto-Wallace beinhalten und sich auch sehr bewusst an die Sherlock Holmes-Geschichte „Der Hund von Baskerville“ anlehnen, seine Eigenständigkeit kann man ihm dennoch nicht abstreiten, steckt er doch voller eigenständiger skurriler Ideen wie dem ominösen Schachspiel, dem Geheimnis um die Leiche des Kapitäns und dem höchst ominösen Mordwerkzeug mit welchem der titelgebende Hund seine Opfer ins Jenseits befördert.

Auch der menschliche Part steht dem in nichts nach, wenn ein Haufen Zwielichtiger auf eine Gruppe harmlos scheinender Rentner stößt, und mitten drin der zu Zoten neigende Sir John ermittelt, der gleich seine Sekretärin mitgebracht hat, die für so mancherlei frivolen Spaß sorgt. Mit die interessanteste Rolle hat der hier zum letzten mal in einem Wallace-Film mitwirkende Heinz Drache erwischt, der so spielfreudig seiner einfallsreich charakterisierten und undurchschaubaren Figur Leben einhaucht, dass man sich zu Recht fragen darf warum er danach nie mehr auftauchte.

Wovon sich „Der Hund von Blackwood Castle“ ganz entscheidend von seinen Vorgängern unterscheidet, ist der Aufbau der Geschichte, der sich für seine Vorgeschichte sehr viel Zeit nimmt, bevor mit Sir John erst nach fast einer halben Stunde Scotland Yard ins Geschehen tritt. Selbstverständlich gibt es bereits zuvor so manche Tode mitzuerleben, eine Leiche wird jedoch erst aufgefunden, wenn sich wer Drittes in eine bereits routiniert durchgeführte Mördermasche einmischt und dafür sorgt, dass der Körper des zuletzt Ermordeten nicht unentdeckt entsorgt werden kann.

Allein dieser Ausgangspunkt sorgt für genügend Rätsel die gelöst werden müssen. Und es bereitet viel Freude dabei zuzusehen, wie aus einer völlig verspielten, den Kriminalfall zu keiner Zeit ernst nehmenden Geschichte, eine halbwegs logische Auflösung wird, freilich betrachtet innerhalb des völlig irrsinnigen mit Zwielichtigkeiten überfrachteten Wallace-Universums. Mag die Motivation der zentralen Figur sich auch im Finale noch zum x-ten Mal überraschend wandeln und der eigentliche Auslöser der ganzen Chose ein recht umständlicher Plan sein, der nur aus der Feder von Pulp-Autoren stammen kann, innerhalb dieses Comic-Flairs herrscht jedoch so etwas wie ein nachvollziehbares Ende, das sich nicht in billige Ausflüchte rettet, sondern konsequent und lückenlos das beendet, was zuvor aufgekocht wurde.

Als großen Wurf der Spätphase würde ich „Der Hund von Blackwood Castle“ nicht bezeichnen, aber er gehört zu den charmanten Vertretern dieser Zeit, dem man zumindest zugestehen kann, dass er versucht hat ein Rest-Flair der ersten Dekade wieder aufzugreifen. Engstirnige Befürworter der Schwarz/Weiß-Phase, die mit ihren Vorurteilen der Buntphase nie eine wirkliche Chance gegeben haben, werden dies als gescheitert betrachten. Ich hingegen finde den ungewöhnlichen Mix beider sehr unterschiedlicher Stilmittel reizvoll, und die Geschichte, mit welcher dieses Experiment gewagt wurde, interessant und kurzweilig.  OFDb

04.06.2016

DER GORILLA VON SOHO (1968)

Bereits sieben Jahre zuvor verfilmte Alfred Vohrer den hier vorliegenden Stoff als „Die toten Augen von London“, damals noch in Schwarz/Weiß gedreht. In der schrilleren Buntphase der Rialto-Wallace-Reihe nahm er erneut hierfür auf den Regiestuhl Platz. Wie typisch für die späte Phase der Reihe kommt „Der Gorilla von Soho“ peppiger daher als die früheren deutlich düsteren Grusel-Krimis. Im Vergleich mit dem ein Jahr später von Vohrer umgesetzten letzten Wallace-Film dieser Dekade, „Der Mann mit dem Glasauge“, hält sich der hier besprochene Film jedoch noch mit seinem Affentheater zurück.

Zwar bestimmen abgedrehte Komponenten den Streifen, so der im Titel genannte Gorilla, ein Club in dem Nachwuchsmaler Nackedeis mit Hilfe lebender Modelle zeichnen und Gimmicks wie ein Maschinengewehr in einem Geldschrank, darauf vorbereitet es mit einem äußerlich wie inhaltlich kunterbunten Film zu tun zu haben kommt einem das Ganze im Vergleich jedoch noch nicht völlig überzogen vor. Immerhin darf es noch Szenen im nebligen London geben, die Geschichte driftet nur selten für unnötige Spielereien von der zentralen Kriminalgeschichte ab, und noch ist es auch das Genre des Kriminalfilms das dominiert. Der humoristische Gehalt plätschert leicht im Hintergrund vor sich hin. Auch dies sollte sich im Folgefilm ändern.

Mit Vohrers Original aus dem Jahre 1961 kann „Der Gorilla von Soho“ nicht mithalten, und das behaupte ich als jemand der sowohl mit der alten, als auch mit der bunten Phase der Wallace-Reihe etwas anfangen kann. Hartgesottenen Freunden der Serie ist die Buntdekade ohnehin ein Dorn im Auge. Unabhängig davon trumpfte die deutsche Erstverfilmung einfach mit seinem düsteren stimmigen Look, da kann sich der noch halbwegs zurückhaltende farbige Popkorn-Stil nicht gegen durchsetzen. Zumindest versucht Vohrer gar nicht erst die erneute Verfilmung ebenfalls düster wirken zu lassen. Er verlässt sich diesmal mehr auf das hier agierende Personal und die kleinen sleazy Gimmicks, vermischt auch gerne mal beides, wie die Figur des immer Sonnebrille tragenden Kriminellen zeigt, oder noch mehr die Figur die unter dem Gorillakostüm steckt und deren Identifikation im Gegensatz zu den üblichen Beiträgen der Reihe diesmal kein Geheimnis ist.

Die Verspieltheit der zweiten Vohrer-Verfilmung zeigt sich zudem in mancher Namensgebung. Da gibt es z.B. einen Dr. Jeckyll. Und ob man von Zufall sprechen kann, dass ein gewisser Sergeant ausgerechnet Pepper heißt, so wie im berühmten Song und Album der Beatles, lässt sich in diesem Zusammenhang wohl deutlich verneinen. Horst Tappert spielt seinen Charakter als Hauptermittler bereits humoristisch angereichert, aber noch nicht so penetrant (weiterhin angenehm lustig) wie nur einen Film später. Ihm zur Seite steht ein anders besetzter Gehilfe, der nicht besser und nicht schlechter wirkt als sein Nachfolger. Und Hubert von Meyerincks Interpretation seines Sir Arthur scheidet in seiner völlig überzogenen Art seit je her die Geister.

Überraschen darf ausnahmsweise einmal Uschi Glas, die freilich nicht urplötzlich gelernt hat zu schauspielern. Aber dadurch dass sie gerade in den ersten beiden Dritteln wenig redet und oftmals nur verschmitzt gucken darf, gelingt zumindest kurzfristig des öfteren die Illusion der süßen, zierlichen Schönheit, obwohl sie in ihrer plumpen Art doch nie die Klasse von Karin Dor und Co erreichen könnte. Somit ist ihr hier vorliegendes akzeptables Ergebnis schon weitaus besser ausgefallen, als alles was sie in allen anderen Werken, die ich je mit ihr bislang sichten durfte, zu bieten hatte.

Auf der Seite der Kriminellen sticht diesmal niemand als besonders nennenswert hervor, das ist ein deutlicher Schwachpunkt von „Gorilla Gang“ (Alternativtitel). Aber so oder so schippert „Ape Creature“ (Alternativtitel) nur angenehm vor sich hin, ist quasi nur im Vorspann so konsequent flippig wie sein Nachfolger, fällt aber zumindest sympathisch genug aus, so dass man so kurz nach „Die toten Augen von London“ den selben Stoff noch einmal fern jedem Anflug von Langeweile amüsiert folgen kann. Das ist insofern positiv zu sehen, als dass „Der Gorilla von Soho“ trotz deutlicher Veränderungen noch genügend wiederholende Elemente beherbergt, die diesem positiven Ergebnis nach so wenigen Jahren auch hätten negativ entgegen wirken können.  OFDb

28.05.2016

DER MANN MIT DEM GLASAUGE (1969)

Mit „Der Mann mit dem Glasauge“ ging eine Ära zu Ende. Zwar wurde der letzte klassisch ausgefallene Beitrag der Rialto Wallace-Reihe, „Die Tote aus der Themse“, erst 1971 gedreht, aber der war nach dem Erfolg von Argentos „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe“ nur der Versuch die Reihe nach zwei Jahren wiederzubeleben, was scheiterte, so dass nach ihm lediglich noch zwei Giallos folgten, die sich so stark von der restlichen Wallace-Serie, egal welcher Dekade, distanzierten wie der in den zwei Jahre Pause entstandene „Das Gesicht im Dunkeln“, der ein alleinstehendes Unikum im Wallace-Universum blieb.

Der theoretisch richtige Abschluss der Reihe, der stilistisch für all das steht wofür die in Farbe gedrehten Filme der Wallace-Reihe berüchtigt sind, ist eigentlich „Der Mann mit dem Glasauge“, der von dem die Reihe mit prägenden Alfred Vohrer inszeniert wurde, was Kennern des Mannes einen sehenswerten Abschluss verspricht, ist dieser Regisseur doch nicht nur ein einfallsreicher und talentierter Mann seines Fachs, in seiner letzten Arbeit für die Reihe zieht er zudem noch einmal alle Register und liefert für die Wallace-Reihe in etwa das ab, was „Octopussy“ Jahre später für die James Bond-Reihe wurde.

Ein solch knallbuntes Feuerwerk an schrägen Attraktionen hat man in dieser Vielfalt scheinbar nicht einmal in der dafür bekannten Buntphase der Rialto-Wallace-Filme erlebt. Fast schon überladen tummeln sich hier Tänzer, Bauchredner und Messerwerfer, wir wohnen einer Prügelorgie bei die aus der „Batman“-Serie der 60er Jahre hätte stammen können, der Bösewicht darf auf Mabuse-Art in seinem Versteck alles über Monitore verfolgen, es wimmelt vor doppelten Böden, Scherzartikeln, Skrupellosigkeiten und Gangster-Klischees. Und wenn recht spät selbst noch der Stereotyp einer skrupellosen Adligen mit dem Klischee der endlosen Frauen-verhassten Mutterliebe gekreuzt wird, dann erkennt auch der Letzte wie augenzwinkernd Vohrer die vergangenen, ernsteren Beiträge der Reihe auf die Schippe nimmt.

Das Ergebnis ist zugegebener Maßen recht albern ausgefallen, zotig wird es jedoch nur selten, z.B. dann wenn Sir Arthur jegliche Form menschlicher Intelligenz vermissen lässt oder Perkins Gehilfe zu Wort kommt, der seine Dämlichkeit u.a. durch eine Sprechweise verkörpert, die ihn klingen lässt als befinde er sich im Stimmbruch. Diese Tiefpunkte schaffen es tatsächlich in all dem Irrsinn negativ herauszuragen.

Trotzdem nimmt man diese negativen Seiten des Streifens gerne in Kauf, ist Vohrer doch nicht nur ein äußerst unterhaltsamer Streifen geglückt, sondern zudem noch ein selbstreflektierender, der durchaus mehr Geist besitzt als sein äußerer Hokuspokus zunächst vermuten lässt. Wer genau hinschaut weiß wie raffiniert mancher Seitenhieb, Verweis und Storyaspekt ausgefallen ist. Und Vohrer versteht es zu unterscheiden welcher Handlungsmoment Ernsthaftigkeit benötigt und in welchem er gar so weit gehen darf die Barriere zwischen Fiktion und Wahrheit zu durchbrechen, z.B. wenn im Schluss-Gag die entführten Schönheiten alle Sir Arthur umgarnen und dabei jegliches ernsthafte Schauspiel über Bord werfen, so dass sich die Szene wie ein Jux während der Dreharbeiten schaut.

Vohrer schafft es diese unvereinbar scheinenden Extreme zu einem sehenswerten Ganzen zu verknüpfen und beschert dem Publikum zwar keinen atmosphärisch düsteren Grusel-Krimi mehr, jene Art Popkornfilm für welche die Rialto-Reihe zu ihren Schwarz/Weiß-Zeiten stand, stattdessen aber einen sympathischen, experimentell ausgefallenen Nonsens in Reinform, von dem sich Pseudointellektuelle mit der Begründung von Niveaulosigkeit in ihrem Tunnelblick abwenden werden, wohingegen der unvoreingenommene Beobachter erkennen kann dass auch in solcher Art Film Tiefe liegen kann.

Diese sollte man sicherlich nicht überbewerten, hauptsächlich geht es um den hohen Unterhaltungswert. Und der wird sowohl jenen beschert die das versteckte Niveau der Inszenierung erkennen können, als auch jenen die lediglich geistlos zusehen. Anbei gibt es in „Der Mann mit dem Glasauge“ noch einen kleinen Leckerbissen zu erleben: der sehr augenzwinkernd mit sichtbarer Spielfreude agierende Horst Tappert trifft hier 6 Jahre vor dem Start der Krimiserie „Derrick“ auf Fritz Wepper, eine legendäre Begegnung, dessen cineastische Tragweite sich in den 60er Jahren keiner bewusst war.  OFDb

18.04.2015

DERRICK 1 - 15 (1974)

Neben des interessant, da experimentell handelnd, gehaltenen Charakters Derricks zeichnet sich die frühe Phase der Serie (anbei die einzige über die ich zur Zeit überhaupt nur berichten kann) durch mutige Drehbücher aus, die bemüht sind stets andere Ansätze, Grundlagen und Schwerpunkte zu setzen. Keine Folge ist wie die andere, so dass selbst Episoden, denen ich weniger positiv gegenüber stehe, Respekt verdienen aufgrund der Bemühung neue Bereiche auszuleuchten wie das Aufdecken eines Mordes zu bewerkstelligen ist, bzw. um zu zeigen was in einem Mörder und dessen Umfeld aufgrund der Tat vorgehen kann. Denn Aufgrund des Luxus für eine Folge fast eine ganze Stunde Zeit zu besitzen, kann sich Autor Herbert Reinecker, der bis zum Serienende 1998 für alle 281 Episoden das Drehbuch schrieb, intensiv in die einzelnen Charaktere hineinversetzen, und dies mit einem solch psychologischen Feingefühl, dass man intelektuell geradezu gekitzelt wird.

Episode 1: Waldweg
Dass man mit dieser eher Thriller-artigen Episode begonnen hat, anstatt den zuerst abgedrehten und erst als vierte Folge ausgestrahlten „Mitternachtsbus“ zu senden, erklärt sich neben der prominenten Besetzung mit Wolfgang Kieling vielleicht auch aufgrund dessen, dass die Geschehnisse im Mädcheninternat ein wenig an die späteren Edgar Wallace-Filme erinnern, eine Reihe die zum Zeitpunkt der Pilotfolge von „Derrick“ zwar schon eingestellt war, deren Echo aber sicher immer noch in den Köpfen des Zuschauers vorhanden war. Ein düsterer, nebliger Tatort, zwielichtige Personen (was atmosphärisch wirkt, obwohl man ja, wie in den meisten Folgen, direkt erfährt wer der Mörder ist) und ein unheimlicher Triebtäter sorgen für eine geradezu schmuddelige Atmosphäre, unterstrichen durch die fiese Idee dass die Mutter des Mörders die Taten ihres Sohnes vom Nebenzimmer aus stets mit anhören musste. Auch der eiskalte Eingangsmord unterstreicht die Düsternis der ersten Folge und fiel gar derart hart aus, dass er in Deutschland nach der Erstausstrahlung nur noch gekürzt gezeigt wurde - auch auf DVD - während Länder wie Frankreich Wiederholungen immer in der ungekürzten Fassung zeigen. Mag der Weg zum Ziel auch nicht so gewitzt und schwierig ausfallen wie in späteren Fällen, „Waldweg“ ist ein großartiger Einstieg in die Serie und zeigt bereits wie ungewöhnlich Derrick bei seiner Arbeit vorgeht. Der Monolog eines in Verdacht stehenden Lehrers zeigt uns mit Blick von heute, wie viel unfreier wir in dem geworden sind was wir reden dürfen und was es für ein Luxus war eine aneckende Persönlichkeit besitzen zu dürfen, die sich erst dann rechtfertigen muss, wenn eine extreme Situation wie die hier vorliegende es nicht anders zulässt.

Episode 2: Johanna
Folge 2 ist wie ein Blick in die spätere Phase der ersten 15 Folgen, besitzt sie doch nicht die intensive Atmosphäre der besseren Episoden, wirkt der Weg zum Ziel, auch wenn er wieder einmal Derrick-typisch verspielt und heimtückisch daher kommt, doch aufgrund dessen was der Lockvogel seelisch durchleben muss unglaubwürdig und konstruiert. Das viel zu plötzliche Geständnis ist wahrscheinlich dem Zeitgeist geschult, geschieht es in der Serie doch des öfteren dass Täter relativ schnell schwach werden und gestehen, und so menschlich glaubwürdig das eigentlich auch ist, gerade bei solch wenig gefestigten Persönlichkeiten wie dem Mörder in „Johanna“, es entlässt den Zuschauer eher unbefriedigt, hatte man sich doch mehr erhofft. Immerhin schwächelt „Johanna“ erst im letzten Drittel und bietet bis dahin eine sympathische Episode, die aufgrund des etwas mangelnden Einfühlens in den absichtlich unsympathischen Täter emotional nie so tief geht wie die Höhepunkte der Reihe. Angenehm routiniert zu unterhalten weiß das Ganze dennoch. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Episode 3: Stiftungsfest
„Stiftungsfest“ ist meiner Meinung nach die beste der ersten 15 Folgen, und es fällt mir schwer mir vorzustellen dass irgendwann eine Episode daher kommt, die besser ausfallen soll als diese. Die sehr empathisch erzählte Geschichte besitzt das Kaliber eines Kinofilms, ist sehr dramatisch erzählt und mit dem so großartig agierenden Siegfried Lowitz, der ab 1978 die Hauptrolle in der Konkurrenz-Reihe „Der Alte“ spielte, perfekt besetzt. Der Zuschauer ist mittendrin in der Ratlosigkeit der Ermittler und dem Seelenleben eines Täters, der auch Opfer ist. Die Ermittlungen werden detailgenau vorgetragen. Man erlebt jenen zufälligen Moment mit, der zur Täteraufdeckung führt, nachdem Derrick auf eher verzweifelte Art verschiedene Methoden antestet, von denen sein Kollege Harry nicht sonderlich überzeugt ist. Autor Reinecker versteht es so genial wie niemals wieder die psychologische Entwicklung des Täters aufzuzeigen, die am Höhepunkt angekommen Derrick dazu veranlasst Worte auszusprechen, welche die Situation auf den Punkt bringt, zumindest zu damaligen Zeiten als Anstand, Würde, Ehrgefühl und sozialer Umgang miteinander noch eine Bedeutung in der Gesellschaft hatten und nicht nur durch hohle Phrasen vorgetäuscht wurden. „Stiftungsfest“ ist ein emotionales und intelligent erzähltes Erlebnis für den aufmerksamen und geistreichen Zuschauer-Typ, der die stillen Momente und nebensächlich scheinenden Aspekte zu genießen weiß. Diese Episode ist ein Liebhaberstück wie keine andere.

Episode 4: Mitternachtsbus
„Mitternachtsbus“ lebt davon, dass sich ein Manipulierer in die Ermittlungen einmischt, ein Mensch der selber nicht der Täter ist, den Mörder aber aus persönlichen Gründen beschützen will. Wie so oft in den ersten 15 Folgen, so hält sich auch hier der Mörder für klüger als er ist, scheitert aber nicht wie zwei Folgen später an unüberlegten Handlungen, sondern am mangelnden Feingefühl psychologisch clever vorzugehen. Derricks Alarmglocken läuten sehr früh, wenn ihm immer wieder fieser Weise ein geistig Zurückgebliebener als Täter serviert wird. Damit ist Derrick in seinem Element, fühlt sich herausgefordert und geht wieder einmal ungewöhnliche Wege um ans Ziel zu kommen. In der Charakterzeichnung spielt „Mitternachtsbus“ psychologisch gesehen wieder an vorderster Front mit, unterstützt durch Schauspieler die so echt in ihren Rollen wirken, dass einem echt anders werden kann. Der Alkoholiker und sein Sohn sorgen für den dramatischen Part der Geschichte, deren Schwächen eiskalt ausgenutzt werden von einem asozialen Selfmade-Man, der die kleine Macht die er im Dorf besitzt nutzt um seinem Sohn das Gefängnis zu ersparen.

Episode 5: Tod am Bahngleis
Noch einmal bekommen wir es mit einem Triebtäter zu tun, der diesmal jedoch nicht eiskalt planend vorgeht wie jener in „Waldweg“, sondern der eher auf kindlische Art geistig stehengeblieben ist. Um Gefallen an „Tod am Bahngleis“ zu finden, muss man etwas mit der Figur des Täters anfangen können, die schwer zu greifen ist. Versteht man sie aber genießt man sie auch, verschafft sich Reinecker doch viel Zeit sie ausleuchten zu können, indem der Täter immer wieder unerkannt agieren kann, da die Polizei trotz diverser Hinweise völlig im Dunkeln tappt. Auch hier mag der Schluss etwas holprig inszeniert sein, zumal er aufgrund dessen was am Schluss erzählt wird düsterer hätte umgesetzt werden können, aber der Blick in eine nicht verstandene Seele macht alles wieder wett, kombiniert mit der wundervollen Idee, dass ein Mann, der einem Außenseiter eine Chance geben will, gar nicht mitbekommt dass er einem Mörder seine Tochter auf dem Silbertablett serviert. Eine teuflisch fiese Idee!

Folge 6: Nur Aufregung für Rohn
Jede Folge Derrick ist anders. Aber „Nur Aufregung für Rohn“ sticht noch einmal ganz besonders als ungewöhnlich hervor, ist sie doch derart absichtlich augenzwinkernd erzählt, dass man dies selbst im Titel deutlich macht. Mit unterschwelliger Komik wird ein Duell gezeigt zwischen den logisch denkenden Ermittlern und eines Mannes, der sich für irre logisch denkend hält, aber einen Fehler nach dem anderen begeht. Besonders lustig ist es zu beobachten wie das Selbstbewusstsein des Mörders immer steht und fällt, je nach Stand der Ermittlungen die stets Aufs und Abs erfahren, und damit um ein weiteres gezeigt wird, wie erbärmlich und rückgratlos eigentlich der Charakter des Studenten ist, der sich nicht einmal zu schade ist einem Kommilitonen gegenüber die Frage zu äußern, ob dieser ihn für ungewöhnlich intelligent hält. Es bereitet dem Zuschauer eine große Freude Horst Tappert bei seinem Spiel als Derrick zuzusehen, wie er sarkastisch grinsend und in ihm den Spieltrieb geweckt Rohn in die Mangel nimmt, der geradezu offensichtlich der Täter ist. „Nur Aufregung für Rohn“ kann man als einen der Höhepunkte der ersten 15 Folgen bezeichnen, macht bei einer Zweitsichtung sogar noch mehr Spaß als bei der ersten, da man bei der Wiederholung von Anfang an begreift was die Folge eigentlich will.

Folge 7: Madeira
Ich wusste dass Curd Jürgens ein talentierter Mensch war, aber dass er so genial schauspielern konnte, so genial sogar dass er alle anderen Mitwirkenden der ersten 15 Folgen überschattet, hätte ich nie gedacht. „Madeira“ gehört zu den wenigen Folgen, in denen es um einen eiskalten berechnenden Killer geht, der im Gegensatz zu Folge 1 und 5 nicht einmal in irgend einer Form geistig abgedriftet ist, sondern stattdessen einen eiskalten Intellekt besitzt und damit auch zur fiestesten Art Mörder wird die es wohl gibt. Seine Opfer sind ältere, einsame Damen, denen er ein wundervolles gemeinsames Leben auf Madeira verspricht, um an ihre Ersparnisse zu kommen, bevor er sie schließlich vergiftet. Die hervorragend umgesetzte und sehr ausführliche Eingangsszene mündet in einer Mordsequenz, die so intensiv zu wirken weiß, dass einem wahrlich anders wird. Der optimistisch fröhliche Blick des Opfers, der sich plötzlich verändert, für einen kurzen Moment die Wahrheit begreifend wenn sie nach ersten Anzeichen der Vergiftung in die kalten Augen des Mörders schaut, um daraufhin einen Todeskampf in ihrem Körper zu durchleben bis sie schließlich tot ist. Kein geistig gesunder Mensch ist in den bisherigen Folgen „Derrick“ so eiskalt vorgegangen wie der alte Mann, dem ein Hund zum Verhängnis seiner Pläne werden soll. Jürgens weiß es jede Facette seiner Rolle gekonnt zu verkörpern. Der verspielte, freundliche Blick wenn er sich Derrick gegenüber als Freund des Hundes ausgibt, nur kurz nach dem völlig entsetzten Blick, als der ihm bekannte Köter ihn am Tisch eines Cafés wiedererkennt und belästigt - Jürgens Spiel ist eine Wucht, und man genießt jegliche Szene in der er auftaucht. Einzig seine Nichte ist charakterlich eine Spur zu naiv gezeichnet, bis es schließlich nicht mehr glaubwürdig ist bei solch erdrückender Indizienlage an die Unschuld des eigenen Onkels zu glauben. Von diesem Schwachpunkt einmal abgesehen zählt aber auch „Madeira“ zu den Höhepunkten der frühen Phase der Serie und zeigt auf ein Neues auf völlig andere Art das geradezu verspielte Duell zwischen Täter und Ermittler.

Folge 8: Zeichen der Gewalt
Mit „Zeichen der Gewalt“ wollte Reinecker mal nicht in die Psyche eines Killers blicken, sondern die Aufklärung eines Mordes aus der Sicht des kompletten Polizeiapparats demonstrieren. Leider klingt der Ansatz interessanter als er ist. Eher lustlos darf der Zuschauer dabei zusehen was für eine Arbeit ein Mord für die Mordkommission bedeutet. Dabei werden dramatische Aspekte vernachlässigt, wenn auch absichtlich, und Charaktere nicht genügend vertieft. „Zeichen der Gewalt“ ist technisch professionell umgesetzt und durchaus durchdacht erzählt, ihm fehlt aber die Seele und der Charme anderer „Derrick"-Episoden, macht aufgrund der fehlenden Verspieltheit Derricks sogar den Ermittler austauschbar, so dass diese Folge die Episode einer x-beliebigen Krimireihe hätte sein können und damit weit unter dem Niveau der bis dahin gesendeten „Derrick"-Teile liegt.

Folge 9: Paddenberg
Das Verspielte eines Derricks möchte Reinecker diesmal auf die Frau des Ermordeten projezieren, die von ihrer Phantasie beflügelt fasziniert vom Mörder ihres Mannes ist. Im Gegensatz zu Derrick verfolgt sie damit kein spezielles Ziel, spielt eher intuitiv mit ihrem Täterwissen, während der fast wehrlose Mörder irritiert ist was die Mitwissende eigentlich von ihm will. Liegt eine Erpressung vor? Geht es um Rache? Der Mörder fragt sich etwas, das die Witwe selbst nicht beantworten könnte. Das klingt nach einer interessanten Ausgangslage, schließt aber so verworren und leer wie es beginnt. Eine Antwort gibt es am Ende nicht. Und da dies dem Zuschauer im Laufe der Episode immer bewusster wird, verliert der auch mit der Zeit das Interesse an den ollen Psychospielchen der Gattin des Ermordeten. Immerhin weiß die Rolle des Derrick der Episode etwas mehr Tiefgang zu bescheren, ist dieser während seiner Ermittlungen doch immer faszinierter und angenehm überraschter, je mehr er über den Charakter des Ermordeten erfährt. Er sympathisiert geradezu mit ihm, während der Gattin all das an ihm missfiel was Derrick an dem Mann so bewundert.

Episode 10: Hoffmanns Höllenfahrt
„Hoffmans Höllenfahrt“ gehört von jenen Episoden, die uns tief in die Erlebnisse des Täters blicken lassen, zu den schwächesten. Nicht nur dass Reinecker trotz seiner ansonsten so großen Bemühungen jede Folge möglichst anders zu gestalten, schon wieder die selbe Todesart vorsetzt wie in der Folge „Stiftungsfest“ (was aufgrund der Art der Tat schon arg zufällig ist), auch dieser Mord passiert wieder versehentlich so wie dort, so dass diese zu deutlichen Parallelen zunächst einmal ernüchtern. Erhoffte ich mir zumindest aufgrund der Anwesenheit von Klaus Löwitsch in der zentralen Rolle eine gute Folge, so musste ich feststellen, dass dieser keineswegs so überzeugend wie sonst agiert. Würde ich nicht Werke wie „Welt am Draht“ oder „Was tun wenn‘s brennt“ kennen, ich hätte ihn für ein austauschbares Allerweltsgesicht gehalten. Aber auch der Kriminalfall selbst bietet wenig Potential. Er ist zu bemüht erzählt, erhält aber nie die psychologische Griffigkeit und Glaubwürdigkeit vergleichbarer früherer Episoden. Hoffmann begeht Fehler die nicht nachvollziehbar sind. Und obwohl er stets im Mittelpunkt steht, lernen wir ihn nie richtig kennen. Erklärungsversuche Reineckers sind nicht wirklich überzeugend, und der viel zu plötzliche Schluss erscheint einem wie eine Notlösung, so als habe man selber nicht gewusst worauf man diesmal eigentlich hinaus wollte. Eine schwache Episode, wenn auch mit manch interessanter Idee versehen!

Folge 11: Pfandhaus
In "Pfandhaus" stößt Derrick wieder einmal auf einen Täter der gleichzeitig auch Opfer ist, dies jedoch nicht wie sonst durch unglückliche Umstände, sondern aufgrund eines Fehlers in seiner eiskalten Tat. Der Täter, der aufgrund von Erpressung für den Rest der Folge in eine Opferrolle gedrängt wird, ist ein unmoralischer Mensch, der in einer ethisch so zurechtgerückten eigenen Welt lebt, dass er von sich und seiner Art zu leben absolut überzeugt ist. Eigentlich erzählt „Pfandhaus“ eine recht interessante Geschichte. Nur leider ist das Spiel und die Charakterisierung des Erpressers aufgrund diverser Übertreibungen nicht sonderlich überzeugend, sondern wirkt viel zu überzogen um sein Treiben als Zuschauer für 60 Minuten als wahrhaftig akzeptieren zu können. Würde nicht das Spiel des Pfandhausbesitzers so gekonnt dagegen steuern, hätte auch „Pfandhaus“ zu den enttäuschenden Folgen der frühen Phase gehören können. Nun kann er sich keineswegs mit der Qualität der ersten sieben Folgen messen, als unterhaltsamer Kriminalfall für zwischendurch geht er jedoch in Ordnung.

Folge 12: Ein Koffer aus Salzburg
Ähnlich wie bei „Zeichen der Gewalt“ interessiert sich Reinecker in dieser Episode für den kompletten Polizeiapparat hinter den Ermittlungen. Er zeigt uns Derrick als Teil des Gesamten, aber auch in seiner führenden Rolle dort. Erweitert wird der ursprüngliche Gedanke durch die Ergänzung von Interpol, führt die Spur des Mordes doch in die Schweiz. Zudem geht Reinecker andere Wege indem er den Zeitraum der Ermittlungen über mehrere Monate ansiedelt und den Mord in Kombination zu den Taten eines Drogenkartells stellt. Somit ist auch das Drogendezernat am Mordfall beteiligt, und dass die Episode sich nicht so leer anfühlt wie die Vergleichsfolge liegt an den unterschiedlichen Gimmicks die sie dem Zuschauer serviert. Da gibt es eine rätselhafte Methode mit der Drogen geschmuggelt werden und deren Auflösung wir erst am Ende der Folge beiwohnen dürfen. Da gibt es menschliche Schicksale wie jenes des Sohnes der Verstorbenen, der nicht versteht warum der Mörder seiner Mutter nicht umgehend festgenommen wird. Und da gibt es wie so oft Derricks Spiel mit dem Täter. Wieder einmal will er ihn im Glauben lassen die Polizei hätte ihn nicht in Verdacht. Und dass dies so bleibt ist in manchen Momenten ein spannungsgeladener Drahtseilakt. So viel besser „Ein Koffer aus Salzburg“ auch gegenüber der Vergleichsepisode ausgefallen ist, sympathischer sind mir eher die klassischen Mordfälle. Mir bringt es nicht viel gezeigt zu bekommen wie genau und wie toll das Zusammenspiel der einzelnen Polizeibereiche funktioniert, wird doch der dramatische Aspekt, der die Serie „Derrick“ so besonders macht, damit an den Rand gedrückt. Stellt man sich aber auf eine völlig andere Episode ein, weiß sie durchaus zu gefallen. Lediglich der Schluss ist etwas arg plump in Szene gesetzt und wirkt fast schon wie ein Werbespot der Polizei.

Folge 13: Kamillas junger Freund
Wieder einmal dürfen wir nicht in das Seelenleben des Mörders blicken. Wieder einmal wird er uns lediglich als kalter, fast schon anonymer Täter gezeigt. Der Pluspunkt ehemaliger Folgen wird ignoriert. Aber das macht nichts, denn dafür lernen wir diesmal die Opfer besser kennen. Und eines von diesen lernen wir ungewohnter Weise sogar erst während der Ermittlungen kennen und nicht schon wie sonst während der Vorgerschichte. „Kamillas junger Freund“ mag nicht zu den Highlights der Reihe zählen, aber er orientiert sich endlich wieder an dem was die Serie eingangs so auszeichnete. Wir sind wieder mittendrin in den gedanklichen Ermittlungen Derricks. Wir bekommen ein Opfer präsentiert, dass aus einer nachvollziehbaren Dramatik heraus, nämlich aus Scham, Wissen zurückhält. Und ist dieses Wissen erst einmal offen gelegt, dürfen wir Derrick wieder bei seiner verspielten Art zuschauen, wie er wen offensichtlich Verdächtiges doch noch zu einer Aussage bewegt. „Kamillas junger Freund“ wechselt stets die Schwerpunkte und die Figuren die im Zentrum stehen und wirkt dadurch ein wenig episodenhaft inszeniert. Dank einer interessanten Geschichte und ungewöhnlicher Charaktere stört dies jedoch keinesfalls. Im Gegenteil, damit sorgt Reinecker für Abwechslung. Und Regisseur Alfred Vohrer weiß diese Episode so schwungvoll wie man es von ihm gewohnt ist umzusetzen.

Episode 14: Der Tag nach dem Mord
Wie schon in „Mitternachtsbus“, so manipuliert auch hier der Vater des Mörders die Ermittlungen, um seinen Sohn zu schützen. Dass „Der Tag nach dem Mord“ sich jedoch keineswegs wie ein Ableger dieser Folge guckt, verdankt er den kleinen aber feinen Unterschieden. So ist der aus dem Affekt handelnde Mörder diesmal Opfer, eigentlich zum Geständnis bereit, vom Vater jedoch aufgehalten und gelenkt. Dieser hält sich aufgrund seines Berufes im Versicherungsbereich für unglaublich raffiniert, begeht aber einen Fehler nach dem nächsten. Und da es sich zudem um einen recht unsympathischen, jähzornigen Menschen handelt, geht er Derrick noch bevor dieser ihn in Verdacht hat zu lügen gewaltig gegen den Strich. Der Kern der Folge, der den aufmerksamen Zuschauer immer wieder anweht, wird mit einem Schluss-Satz Derricks noch einmal zusammengefasst und bringt damit das Geschehen, dem wir beiwohnen durften, auf den Punkt. Mag der seltene Spielortwechsel und der Ansatz dass die Charaktere häufig streiten der Folge an mancher Stelle auch die Wirkung einer plumpen Soap bescheren, die Geschichte weiß zu überzeugen und die Schauspieler ebenso.

Episode 15: Alarm auf Revier 12
Diesmal arbeitet die Mordkommission mit dem Dezernat für Einbruchsdelikte zusammen, und im Zentrum der Ermittlungen steht ein Mann aus Derricks Vergangenheit, ein Mann dem Derrick den Mord den er einst verübte nicht nachweisen konnte. Nun bekommt er seine zweite Chance und das Psycho-Duell zwischen den beiden ist eröffnet. Mit Gert Haucke hatte man dann auch einen Schauspieler am Start, der gekonnt das übertriebene Ekel zu verkörpern wusste und das beste ist was dieser Folge geschehen konnte. Er verkörpert seine Rolle mit so viel Energie, dass es eine Freude ist den Kerl zu hassen. Aus Derricks Sicht wird er klüger dargestellt als er auf den Zuschauer wirkt, aber das könnte man auch als menschlichen Aspekt sehen. Vielleicht benötigt Derrick diesen Irrtum um akzeptieren zu können, dass der gute Mann ihm durch die Lappen gegangen ist. Mehr denn je überführt Derrick den Mörder auf ungewöhnliche Art. Diesmal sitzt man als Zuschauer rätselnd daneben was der gute Oberinspektor wohl damit bezweckt, wenn er Ross nach Feierabend auf einen Drink einlädt. „Alarm auf Revier 12„ kommt charakterlich und inhaltlich verspielt daher, und da stört es auch nicht weiter wenn die Geschichte in der TV-Realität spielt anstatt in der unseren. Ganz im Gegenteil, es beweist um ein weiteres wie abwechslungsreich und völlig verschieden die einzelnen „Derrick“-Episoden konzipiert und umgesetzt sind.  OFDb
Лучший частный хостинг