Er kann es nicht zulassen, dass wer Unschuldiges sein Leben lassen muss, glaubt etwas erreichen zu können und wird in der letzten Phase dieses Krimi-Dramas auf bittere Art eines Besseren belehrt und muss die Konsequenzen tragen. Dies wirkt noch bitterer im Zusammenhang mit einer aufkeimenden Liebschaft, die darunter leidet. Dieser wichtige Rahmenaspekt spielt sich jedoch nie dominant ins Zentrum des hauptsächlich auf den Kriminalfall konzentrierenden Filmes und seiner politischen Auswirkungen. Das Zeitgefühl wird hervorragend eingefangen, oft weht ein authentischer Wind über dem Gezeigten, was mitunter an der natürlich wirkenden Besetzung liegt. Gesondert muss freilich Mario Adorf erwähnt werden, der in recht jungen Jahren bereits beweist wie talentiert er ist, wirkt sein unbeholfener, geistig überforderter Charakter doch nie zu stark zurückgeblieben, aber genügend um ihn und seine Motivation darin alles zu erzählen glaubwürdig erscheinen zu lassen. Robert Siodmak ist ein beeindruckendes Drama geglückt, welches fast sämtliche Klischees umschifft und sich auf jene Aspekte des Nazi-Regimes konzentriert, die relevant für die zu erzählende Geschichte sind. Damit wirkt sein Plädoyer für Freiheit und Gerechtigkeit weit ehrlicher als in vielen ideologisch überfrachteten Werken. OFDb
Von einem der daheim blieb, um die weiten Welten des Films zu entdecken...
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19.09.2020
NACHTS, WENN DER TEUFEL KAM (1957)
Ähnlich wie in der brillanten Buchvorlage des filmisch missglückten "Vaterland" zeigt uns "Nachts, wenn der Teufel kam" keine Gesellschaft voll von klischeehafter Nazi-Monster, sondern normale Menschen innerhalb ihres Alltags, in dem es hauptsächlich nicht um die Ideologie der Machthaber geht, sondern um Alltäglichkeiten. Sie leben ihr Leben im Schatten des Nationalsozialismus, der auf diesem ehrlich gewählten Wege keineswegs verharmlost wird. Interessanter Weise besitzt der Film gerade darin auch seine erwähnenswerte Falle, denn unser Ermittler sucht seinen Serienkiller lediglich der Ambition seines Berufes und zum Schutz der Bürger wegen, hat also mit dem politischen Hintergrund persönlich nichts am Hut. Und genau dieser bricht plötzlich nach herausragender Arbeit hervor. Man mischt sich ein, verfälscht Wahrheiten um den Ruf des Nationalsozialismus zu wahren, und das missfällt dem Protagonisten, der somit nicht idealistisch zum Kämpfer gegen die Unterdrückung wird, sondern rein seiner Aufgabe der Aufklärung wegen.
16.12.2012
DIE WENDELTREPPE (1946)
Ein Killer ermordet nur behinderte Frauen. Dies macht dem stummen
Dienstmädchen Helen Angst. Auch der Hausarzt der Familie Warren, für die
sie arbeitet, macht sich Sorgen um sie, erst recht als ein weiterer
Mord geschieht – im Hause Warren...
Nicht jeder Klassiker hat Klasse...
Die großen Gruselklassiker gingen immer Hand in Hand mit einem guten Schuss Dramatik. Das hat in der Massenproduktion irgendwann trauriger Weise aufgehört, wird aber auch heutzutage noch wenigstens in den geglückten Werken des Genres eingesetzt. Gerade Streifen aus der Schwarzweiß-Zeit orientieren den Horror stets nah am Drama. Dabei gehen beide Genres meist eine sehr wirksame Partnerschaft ein, indem sie sich miteinander vermischen. Dies kann nur dann funktionieren, wenn die Dramatik in direktem Zusammenhang mit dem Gruselmotiv steht oder umgekehrt.
Auch in „Die Wendeltreppe“ werden beide Filmbereiche miteinander kombiniert, sie werden allerdings nicht eins. Das Drama steht ebenso für sich, wie der Horror. Deutlich sichtbar nimmt das Drama den wesentlich dominanteren Part ein, was den Film für mich relativ uninteressant machte, da ich mit älteren Dramen nur selten etwas anzufangen weiß. Aber das ist mein persönliches Problem, das soll nicht anderleuts Sorge sein. Viel gravierender ist die Tatsache der zu unabhängig nebenherlaufenden Richtungen.
Der einzige Zusammenhang zwischen Grusel und Drama liegt in der Behinderung der Protagonistin und dem Tatmotiv des Mörders. Das war es auch schon. In einer einzigen Sequenz wird die von mir erkannte Regel gebrochen. Es ist eine Traumszene der Hauptdarstellerin. Sie beginnt als unglaublich kitschiger Tagtraum, und endet überraschend in einer Horrorsequenz. Allerdings in einer persönlichen, die Hauptperson betreffende, nicht in eine, die mit dem eigentlichen Horrorszenario der umgebrachten Frauen zu tun hätte.
Der Gruselpart spielt wie gesagt nur eine zweitrangige Rolle und ist in seiner kleinen Nebenexistenz leider kaum wirksam. Da der unbekannte Mörder vor seinen Taten über seine Augen gezeigt wird, ist beim Sichten bereits bekannt, wer der Killer ist. Nur eine Person vom Gesamtcast hat zutreffende Augen und seine Rolle wird zudem als einzige immer möglichst unverdächtig in Szene gesetzt. Eine alte Horrorregel von Cineasten besagt, man solle immer den beschuldigen, der am harmlosesten erscheint. Somit wäre eine frühzeitige Täterenttarnung von Seiten des erfahrenen Zuschauers aus auch dann möglich gewesen, wenn man nicht das Augenpaar zur Hilfe gehabt hätte.
Die Motive sind dementsprechend auch früh klar. Der Vater verachtete seine schwächlichen Söhne, einfache Psychologie, wie typisch zu dieser Filmschaffenszeit und somit leicht vorauszuahnen. Sicherlich hat es ein Klassiker heutzutage schwerer, da man schon so viele Vergleichswerke kennt, wenn der Mörder am Schluss aber all seine Beweggründe und Hintergründe zu den Taten nennt, kann man echt nur schmunzeln, so klar und offensichtlich wie alles war.
Überraschung hin oder her, aus „Die Wendeltreppe“ hätte dennoch ein guter Grusler werden können. Nicht wegen der viel zu banalen Horrorstory (Killer geht um), sondern wegen der tollen Fotografie, die gerade wegen seinem bräunlichen Schwarzweiß so zu gefallen weiß. Zudem ist die Location des Hauses sehr atmosphärisch, und Menschen, die mit einer Kerze in der Hand durch dunkle Keller schleichen, haben ebenfalls nach wie vor ihre Wirkung. Leider können all diese Elemente nicht langfristig fruchten, da die Dramatik rund um die Hauptfigur viel zu dominant in Szene gesetzt wird. Das wäre vielleicht auch noch zu verkraften, wäre diese Dramatik nicht so seicht und banal.
Das arme Ding kann nicht sprechen. Das wird ab und an wirksam eingefangen: Die Hilflosigkeit, die Notwendigkeit eines sprechen Könnens, der besagte Tagtraum. Meist dient die Behinderung aber nur um Mitleid aufzubauen und für die Pseudotherapie eines Arztes, die wiederum Pfeiler des kleinen Schusses Romantik ist, der scheinbar ebenfalls nicht fehlen durfte. Kleine humorvolle Elemente, wie der Ärztestreit, werden leider nur kurz eingebracht, obwohl da wesentlich mehr draus zu machen gewesen wäre (siehe „Arachnophobia“).
Als Beispiel einer besseren und überraschenderen Auflösung, möchte ich an dieser Stelle einmal eine meiner Schlussideen nennen: Der Arzt war der Mörder, da er weiß, dass nur ein Schockmoment die stumme Patientin wieder heilen kann. Also inszenierte er die Morde bis hin zum geplanten Showdown im Haus. Wäre das Haus der einzige Handlungsort, hätte man aus dem ganzen Mord-Szenario sogar eine Art Schauspiel machen können, quasi ein Spiel um zu heilen. Es gab gar keine Toten! Das sind zwei Ideen, die mir spontan einfallen und die wesentlich wirksamer gewesen wären.
So bleiben einem aber nur die tollen Kameraeinstellungen, die positiv mit Licht- und Schattenspielen auffallen. Das allein reicht zum Unterhaltungszweck leider nicht. OFDb
Kategorien:
1940-1949,
annehmbar,
Drama,
Filmbesprechung,
Horror,
Robert Siodmak,
USA
20.10.2012
MEIN SCHULFREUND (1960)
In den schwarzen Stunden des Krieges entsinnt sich Ludwig Fuchs
seiner Schulfreundschaft zu Göring und schreibt ihm einen Brief, in
welchem er bittet den Krieg zu beenden. Ein Mitarbeiter Görings öffnet
den Brief und lässt Ludwig festnehmen. Göring kann aus alter
Freundschaft nicht mehr tun, als ihn für verrückt zu erklären, damit er
nicht ins Gefängnis muss. Für den ersten Moment ist der gute Mann
gerettet, aber nach Kriegsende erweist es sich als schwer die Diagnose
rückgängig zu machen...
Kritik am Rande...
Die Geschichte ist schlicht aber interessant. Das Leben im 2. Weltkrieg und im Nachkriegsdeutschland sind Nebensache. Im Mittelpunkt steht das persönliche Problem eines kleinen Mannes, der meist das richtige tat und für das richtige stand. Dass gerade einem solchen Bürger nach Kriegsende kaum gutes widerfährt ist Teil der gesellschaftskritischen Haltung von „Mein Schulfreund“. Denn aus den eigentlichen gerade erwähnten Nebensächlichkeiten wird im Vorbeigehen allerhand herausgeholt, mehr als in moderneren Produktionen, ob Film oder Dokumentation, die sich der Thematik als Hauptziel annehmen. Das macht den Rühmann-Film so sehenswert.
Ganz nebenbei darf man erfahren, dass einer der etwas höheren Nazis nicht nur mittlerweile ein gutes Leben führt und erfolgreicher Geschäftsmann geworden ist, „Mein Schulfreund“ serviert uns die Pille mit nur einem Nebensatz noch bitterer als ohnehin, indem erwähnt wird, dass eines der laufenden Geschäfte ein Spielzeug-Laden für Kinder ist. Goldrichtig debattieren Rühmann und sein ehemaliger Gefängniswärter über die Gewichtung verschiedener Gefangenen-Typen während und nach dem Krieg und kommen zu einem ernüchterndem Ergebnis. Viele die einst Macht hatten haben sie nun immer noch. Macht lässt einen so schnell nicht los, schlussfolgert Fuchs treffend.
Diese Themen stehen wie erwähnt nie im Mittelpunkt, wirken dadurch aber auch nie aufdringlich oder zu gewollt, oder gar an den Haaren herbeigezogen, wie manch bemühtes, aber talentloses Werk der Neuzeit. Vielleicht liegt es auch daran, dass „Mein Schulfreund“ mit 15 Jahren noch im Radius liegt, den man als „nah am Kriegsende“ bezeichnen könnte und man somit noch weiß wovon man redet. Selbst in dieser ersten Zeit der Vergangenheitsbewältigung dürfte der Film einige unangenehme Themen angesprochen haben, und dies trotz der erfundenen Geschichte relativ authentisch.
In dieser Grundhaltung bildet der Film einen starken Gegenpol zu Themen-ähnlichen Werken unserer Zeit. Diese kauern nur das wieder, was von Schulzeiten an gelernt und nur durch Dritte erfahren wurde, reden dem Volk nach dem Mund, anstatt selbe Aufklärungsarbeit wie seinerzeit „Mein Schulfreund“ zu leisten, in dem man die mit Faschismus vergleichbaren Missstände der eigenen jüngsten Zeit darstellt. Hitler-Reportagen und Filme wie „Die Welle“, und mögen sie auch noch so gut sein, sind Opium fürs Volk statt Aufklärung und dienen nur dazu von heutigen Ungerechtigkeiten abzulenken.
Der Rahmen von „Mein Schulfreund“ ist der Schwerpunkt, das Hauptaugenmerk ist Nebensache. Das ist schon paradox, wirkt aber gewollt. Rühmann ist ohnehin Meister darin, sich durch Zurückhaltung unaufdringlich in den Mittelpunkt zu spielen, es klingt widersprüchlich, passt aber zur Gesamthaltung des Filmes.
Ab und an badet aber auch dieser sympathische Streifen im Klischee, beispielsweise in der Szene kurz vor Kriegsende, wenn ein alter Peiniger Hilfe erbittet. Die Grundaussage stimmt, die Szene selbst wirkt zu gewollt, wenn auch vom ganz groben Scheitern abgedämpft durch passende Kommentare wie „Und vor Ihnen hatte ich Angst.“
Die Aussagen am Rande geben einem zu denken, sie sind gut herausgearbeitet und wissen auch beim Cineasten anzukommen. Das macht aus „Mein Schulfreund“ aber noch keinen guten Film. Das Werk selbst ist, wie so häufig unter Rühmanns Beteiligung, lediglich seichte Unterhaltung, nie langweilig aber relativ belanglos in Szene gesetzt. Wieder einmal liegt es an Rühmann das Schiff nicht untergehen zu lassen, auch wenn er diesmal dank der politischen Haltung nicht ganz allein für das Positive stehen muss.
Die Nebendarsteller schwanken zwischen gut, passabel und unglaubwürdig. Erstere rücken nie zu sehr in den Vordergrund um sonderlich bedeutend herauszuragen oder Rühmann gar auf längere Zeit zu unterstützen. Gerade neutrale Besetzungen, wie jene in der Figur des Rechtsanwaltes, gehören zu den, von der Größe der Spielzeit aus gesehen, bedeutenderen Rollen.
Somit plätschert der Film vor sich hin, bietet den ein oder anderen Höhepunkt, überrascht mit der ein oder anderen Story-Wendung (z.B. dass Fuchs beginnt seine Macht als Irrer in Nazi-Deutschland auszunutzen), lahmt im letzten Drittel jedoch ein wenig. Hier passiert inhaltlich nichts aufregendes. Man stützt sich lediglich auf die Tragik des Protagonisten. Das ist wenig, liegt aber immerhin in der Hand Rühmanns, der aus dieser Miesere etwas brauchbares macht.
Erst kurz vor Schluss bekommt „Mein Schulfreund“ noch einmal einen zusätzlichen Schub, wenn Fuchs mit einer kleinen List zu seinem Recht kommt. Ein böses Ende war dem Zuschauer von damals zu dieser Thematik wohl nicht zuzumuten. Ein echtes Happy End ist es allerdings auch nicht geworden, das macht das Ergebnis wieder angenehmer. Eine Cineasten-Pflicht ist der Film sicherlich nicht geworden. Er ist aber seichte Unterhaltung für zwischendurch, mit dem Nebeneffekt Geschichtsaufarbeitung noch aus erster Quelle und auf die richtige Art zu erfahren. OFDb
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