Von seinem Fehlgriff in Emmerichs „
2012“ einmal abgesehen, was keinesfalls ein finanzieller Fehlgriff gewesen sein wird bei dem enormen Erfolg an den Kinokassen, kann man ziemlich sicher sein mit ihm in der Hauptrolle eine Geschichte zu sichten, die auch wirklich interessant genug ist um einen Spielfilm zu füllen. Und so war es auch er, der mich in einen Film lockte, den ich durch die amerikanische Herkunft dank so einiger kitschiger und belehrender Disney- und Nicht-Disney-Familienfilme ansonsten vielleicht nie angeguckt hätte.
Da kommt also ein Kind angeblich vom Mars, und ein trauriger Witwer entschließt sich es zu adoptieren. Ob in einem schlechten Film nun die Frage im Raum gestanden hätte, ob der Junge so a la „
K-Pax“ tatsächlich eventuell vom Mars kommen mag oder auf familientraditionelle Version mit viel Liebe das Herz des kleinen Außenseiters gewonnen worden wäre, beides wären unangenehme Ergebnisse gewesen, aber auch zwei Varianten, die ich in einer Tragikomödie niemals einem Film zutrauen würde in welchem Cusack mitspielt. Mag die zweite Variante auch in etwa in die Richtung dessen gehen, was einem mit „Martian Child“ (Originaltitel) erwartet, familientraditionell und damit belehrend ist der Mix aus Drama und Komödie nicht ausgefallen.
Man mag Filme über Außenseiter mögen müssen, andererseits muss man dies als Cineast wohl so oder so, handeln doch die meisten Werke ohnehin von ihnen. In „Mein Kind vom Mars“ ist es einfach schön zu sehen, wie ein erfahrener Außenseiter, der seine Art sogar zum Beruf gemacht hat (er ist Science Fiction-Autor) einem noch recht jungen Außenseiter beiseite steht. David, so der Name des Schriftstellers, versucht auf trickreiche und einfühlsame Art Dennis ans Alltagsleben zu gewöhnen. Ihm ist wichtig, dass er sich keinesfalls angepasst verhalten soll. Der Junge soll sein Menschsein anerkennen, verstehen dass er kein Außerirdischer ist und trotzdem so bleiben wie er ist.
Hierfür akzeptiert David zunächst, dass Dennis glaubt ein Marsmensch zu sein. Er redet es ihm nicht aus. Über seinen Beruf besitzt er genug Phantasie das Spiel mitzuspielen. Und ob das therapeutisch gesehen nun der richtige Weg ist dem isolierten Jungen zu helfen spielt dabei gar keine Rolle. Zum einen zeigt der Film bereits durch die späte Adoptionsentscheidung Davids, dass wir es mit einem Mann zu tun haben, der nicht immer weiß ob er das Richtige tut, zum anderen geht es dem charakterreichen David eben nicht darum therapeutisch richtig vorzugehen. Er will dem Kind helfen, keine Frage, und schaden will er ihm erst recht nicht. Aber er will auch nicht den Weg der vorgefassten Meinung gehen, lebend in einem angeglichenen Amerika, in welchem es in der Öffentlichkeit immer ein angepasstes Richtig oder Falsch gibt.
Mit dieser Absicht und dem pfiffigen Weg, den der oft ratlose David einschlägt, kommt „Mein Kind vom Mars“ trotz seiner arg konstruierten Grundidee mit einer realitätsorientierten Leichtigkeit daher, die fast gänzlich all die unangenehmen Eigenschaften ausblendet, die ein typischer US-Familienfilm dieser Zeit besessen hätte. Nun ist die Geschichte auch sicherlich nicht wirklich interessant für ein Kinderpublikum, sprich Meyjes Film ist gar kein Familienfilm im eigentlichen Sinne, und das tut ihm sichtlich gut.
Es ist schade, dass die Geschichte gegen Ende den Bereich des belehrenden Kitsches ganz knapp streift. Das reißt einen aus der entspannten Haltung heraus, rechnet man doch nun immer wieder mit Ausrutschern, aber auch hier haut „Mein Kind vom Mars“ nie vollends in die Kacke, auch wenn das Szenario hoch oben auf einem Gebäude im Vergleich zum Rest des Streifens viel zu dick aufgetragen ist.
Letztendlich wird die Tragikomödie in diesem Bereich des Filmes durch die psychologische Glaubwürdigkeit gestützt, die ausnahmsweise beweist, dass sie auch in emotional starken Momenten vorhanden sein kann, wird man von den Gefühlen des Streifens nun eingelullt oder nicht. Beides kann nebeneinander existieren, etwas weniger nah am Kitsch hätte man in der Schlussphase des Filmes dennoch arbeiten können. Ich bin kein Feind von gefühlvollem Kino, aber diese Szene ist letztendlich zu sehr Kino und nicht mehr so lebensnah wie der Rest dieses Werkes inszeniert.
Da man zuvor sehr glaubhaft das Herauskommen aus einem emotionalen Versteck beobachten durfte in einem relativ klischeefreien Szenario und begleitet von einem natürlichen Charakter, der nicht weiß ob sein Weg der richtige ist, ist dieses Manko jedoch gerne verziehen. Ein großes Ergebnis ist mit einem solchen Ende jedoch nicht möglich. „Mein Kind vom Mars“ bleibt überdurchschnittlich, keine Frage, aber der Schluss nagt am Rest in einem Film, der auch ohne dieses Manko stark davon lebt, ob man mit den beiden Hauptfiguren nun sympathisiert oder nicht.
In Nebenrollen sind Oliver Platt, Joan Cusack und Amanda Peet zu sehen. Über die Besetzung kann man wahrlich nicht klagen. Und auch der zur Drehzeit 10jährige Bobby Coleman spielt außergewöhnlich gut. Die Restinszenierung ist angenehm routiniert. Weder Hintergrundmusik noch Schnitt oder Farbgebung fallen in irgendeiner Weise entweder positiv oder negativ auf. Einzig die Fotografie besitzt hin und wieder einfallsreiche Momente. Nun ist „Mein Kind vom Mars“ aber auch kein Film, der neben der gelungenen Geschichte und talentierten Darsteller noch etwas zusätzliches besitzen müsste, um besser zu sein als er ist. Dass mit Menno Meyjes ein Regisseur mit an Bord war, der scheinbar wusste wie wichtig es war den Film mit ruhiger Hand zu inszenieren, ist dennoch ein Pluspunkt den ich nicht missen möchte.
OFDb