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21.02.2023

METALHEAD (2013)

Obwohl die melancholische Metalmentalität recht gekonnt eingefangen wird, in einem Film, in welchem ein Mädchen nach dem Tod ihres Bruders bishin ins späte Teenageralter dessen Metalidentität annimmt, mag "Metalhead" manches Mal, insbesondere für Angehörige der Metalszene, ein wenig spießig anmuten, geht es doch nicht allein um das Verstehen der alternativen Szene, dies sogar nicht einmal vordergründig. Es geht hauptsächlich um Trauerbewältigung, und da steht nicht nur die Teenagerin im Fokus, auch die Situation der Eltern wird gekonnt reflektiert, erschwert durch die schwierige Tochter. Zwar wird am Rande die Hetzjagd auf die thematisierte Musikrichtung erwähnt, es ist jedoch die Jugendliche, welche die Aufmerksamkeit negativ auf sich zieht, nicht die Szene der sie angehört. Sie muss lernen vom destruktiven Denken ins kreative umzusteigen. Ebenso wie ein jeder Betroffener in diesem isländischen Drama lernen muss loszulassen, um von der Trauer nicht aufgefressen zu werden, wie die Filmmutter so treffsicher sagt. Dies nicht leichtfertig, es liegen viele Jahre zwischen diesem Satz und dem Tod des Sohnes, am Ende werden jedoch schwere, aber nötige Entscheidungen getroffen, auch von der Teenagerin. Dies sind zunächst Entscheidungen der Reue, nach einem nicht zu entschuldigenden Fehltritt, schließlich aber ehrliche, sich selbst findende, ihr Platz in einer Welt, die doch nicht so ignorant ist, wie es zunächst schien. Dass sie selbst in dieser Phase nicht ihre Melancholie verliert, weiß zu überzeugen und widerspricht somit nicht ihrer Persönlichkeit, ebenso wie der versöhnliche Schluss mit den Eltern, der auch Party zulässt. "Metalhead" kommt nie bedeutungsschwanger daher, manipuliert nicht zu Emotionszwecken, sondern zeigt nüchtern, sachlich und distanziert was in den hier präsentierten Menschen vorgeht und wie sie sich entwickeln. Das ist lebensnah eingefangen, meist von Klischees befreit und nie uninteressant dargeboten, da die Geschichte trotz der sachlichen Distanz stets seine Figuren versteht.  OFDb

01.11.2022

SPIDER-MAN 3 - NO WAY HOME (2021)

Nein, was haben viele damals geschimpft, als "The Amazing Spider-Man" nur 10 Jahre nach "Spider-Man" und 5 Jahre nach dessen letzter Fortsetzung die Entstehungsgeschichte des Spinnenmenschen noch einmal erzählte. "Fällt Hollywood nichts Neues mehr ein?", schimpften all jene, die nicht bemerkten dass Hollywood seit dem Aufkommen des Tonfilmes stets neu verfilmte, fortsetzte, Erfolge kopierte, und Kritiker sich mit ihrem Schimpfen unfreiwillig nur selbst als uninformiert und unreflektiert outeten in dem Glauben dies sei ein neues Verhalten innerhalb der mächtigen Filmindustrie der USA. Da war das Klagen freilich besonders groß, als Marvel sich mit dem bisherigen Rechteinhaber Sony vereinte, und es mit "Spider-Man - Homecoming" eine erneute neue Version der Anfänge rund um Peter Parker gab. Ich habe sie alle genossen, so unterschiedlich wie sie interpretiert und erzählt waren, ich habe nie geklagt. Und nun, wo mit "Doctor Strange" die Multiversen Einzug ins Marvel-Universum halten, da konnte mit einem raffinierten Schachzug das Drama der Klagenden zu einem kreativen Event umgemünzt werden. 

Ich weiß nicht wie man es geschafft hat (wahrscheinlich mit Geld), aber aus den anderen Spider-Man-Filmen wurden Helden und Gegner in gleicher Besetzung für "Spider-Man - No Way Home" zurück gewonnen, um sie als Figuren alternativer Universen vorzustellen. Das ist großartig, bereitet es doch Freude (ge)alte(rte) Gesichter wieder zu sichten, während sich die einzelnen Filme zu einem großen Ganzen vereinen können, was im letzten langen Drittel eines immerhin 142 Minuten laufenden Streifens zum Höhepunkt der ganzen Chose wird. Denn erst ab hier kämpfen die drei Spider-Man gemeinsam Seite an Seite, versehen mit allerhand Seitenhiebe auf Besonderheiten und Schwächen der jeweiligen Interpretationen (am besten ist jene zum Thema mangelndes Teamwork), und das macht so viel Spaß wie erhofft. Lediglich dass der aktuelle Spider-Man wie der einzig wahre herüber kommt, ernüchtert ein wenig, aber ansonsten gibt es nichts zu meckern, zumal die Gefühlsebene aller drei Parkers nicht zu kurz kommt. 

Was die lange Phase zuvor angeht, so ist der Film zwar auch hier ein unterhaltsames Werk, aber bei weitem nicht so geglückt, wie die beiden hervorragenden Vorgänger. Letztendlich liegt das Hauptmanko am selben Schwachpunkt, den seinerzeit auch Raimis "Spider-Man 3" hemmte: das Bekämpfen zu vieler Gegner. Klar, das ist hier aufgrund der Zusammenführung der Universen gewollt und wie erwähnt aufgrund der bekannten Schurkengesichter gern gesehen, aber es besitzt einfach nicht die Energie, die ein Film mit einem, maximal zwei Gegnern entfachen kann. Nun ist der Beginn trotzdem ein Hingucker, immerhin schloss "Spider-Man 2 - Far from Home" mit einem sehr geglückten Cliffhanger. Daraus weiß man einiges herauszuholen, wenn auch nicht in voller Konsequenz, was wohl auch den Rahmen gesprengt hätte. Etwas zu einfach macht man es sich dann doch, so dass erst mit dem Hinzustoßen von Doctor Strange die Geschichte so richtig ins Laufen kommt. Zwar ignoriert man von hier an plötzlich den Aufruhr gegen Parker, aber die Pluspunkte der Geschichte, insbesondere der schon in den Vorgängern zelebrierte Humor, lassen einen gütigst drüber hinweg schauen. Nur war dies bei den ersten beiden Teilen erst gar nicht nötig. 

Wie auch immer, erzählenswert ist das hier Gezeigte trotzdem, auch wenn es nicht alle Erwartungen erfüllen kann. Und was mich stark überrascht und bewegt hat, ist die finale Entscheidung des Helden, die den Beititel der zweiten Fortsetzung zur Wahrheit werden lässt. Sollten die Schöpfer zukünftiger Abenteuer der Spinne nichts Vorangegangenes im Schwanzvergleich überbieten wollen, sondern lediglich solide und gute Arbeit leisten, kann es von nun an so weiter gehen, wie es ursprünglich schon immer sein sollte, bevor die Avengers dazu stießen und aus Spider-Man etwas machten, das engstirnige Fans nie gewollt haben. Diese Schlussentscheidung ist einfach großartig - solange sie auch konsequent eingehalten wird.  OFDb

03.06.2021

TRAPPED - GEFANGEN IN ISLAND - STAFFEL 1 (2015)

Ich habe mich mit den ersten beiden Folgen der 10teiligen isländischen Krimi-Reihe "Trapped" (Alternativtitel), die mit deutschen Geldern mitfinanziert wurde, schwer getan, fand ich sie doch unglaublich zäh erzählt, ohne dass sich für mich ein echtes Interesse für den Kriminalfall und der mit ihr verwobenen Figuren einstellte. Das fand ich sehr schade, da der komplette handwerkliche Bereich unglaublich professionell angegangen wurde. Die Optik faszinierte, die Schauspieler waren bis in die letzte Rolle authentisch besetzt, das Drehbuch reizte den Intellekt, keine der Figuren entsprach einem Stereotyp. Die Serie wirkte auf mich, trotz tragisch wirksamer Aspekte, empathielos und zu sehr mit Nebensächlichkeiten beschäftigt, welche das Fortschreiten des eigentlichen Kriminalfalls arg verlangsamten. Glücklicher Weise setzte ich aufgrund der an sich liebevollen Umsetzung die Sichtung einige Tage später trotzdem fort. Mit einem Mal bekam ich Zugang zu den Figuren, konnte ich mich in die Lebenswelt der Dorfbevölkerung einfühlen und mich ernsthaft für den immer komplexer werdenden Kriminalfall interessieren, was gleichzeitig Auswirkungen darauf hatte, dass mich nun auch die hohe Anzahl an Figuren und Einflüssen begeisterte, nun wo der Intellekt nicht mehr unterkühlt genährt wurde, sondern unterstützt von realistisch anmutenden, menschlichen Gefühlen und Verhaltensweisen. 

Ob es die Serie selbst war, oder meine Tagesform während der Sichtung der ersten beiden Folgen, die mich derart hart mit dem Beginn von "Ófærð" (Originaltitel) ringen ließen, weiß ich nicht. Sollte es Erstgenanntes sein, kann ich nur jedem, dem es ähnlich erging, dazu raten dran zu bleiben, denn die Serie wird zu einem sehenswerten Erlebnis der anspruchsvollen Art, das mit immer neuen Wendungen und immer tiefer eintauchendem Blick in den Wust an Ereignissen, Geheimnissen und Machenschaften eine hoch interessante Geschichte erzählt, in welcher der ursprüngliche Kriminalfall fast schon nicht mehr zu den Hauptaspekten zählt, welche für den Zuschauer wichtig sind. Das Kunststück von "Trapped - Gefangen in Island" liegt darin uns detailliert eine Vielzahl an Einflüssen zu präsentieren, ohne dass das Drehbuch dabei den Überblick verliert. Ursachen und Wirkungen reichen bis auf Jahre zurück, Irrtümer und Lügen lassen Sachverhalte und Person oftmals anders erscheinen als sie sind, Parallelereignisse, persönliche Gefühle und Schicksale, politische Einflüsse, Arbeitspflichten, gesellschaftliche Verpflichtungen und Einzelbedürfnisse stehen alle im Zusammenhang zueinander, ein komplexes Netzwerk webend, wie es im wirklichen Leben ebenfalls der Fall ist, mit der Ausnahme dass uns die Verantwortlichen von "Trapped" nach und nach den Komplettzusammenhang begreifen lassen und uns hinter jeden Vorhang der Seele blicken lassen. Nach und nach wird die scheinbare Harmonie eines Dorfes dezimiert, unangenehme Sachverhalte, die ignoriert oder verschwiegen wurden, kommen ans Tageslicht, dies aber ohne eine Abrechnung mit dem Dorfleben per se abzuliefern. 

Ein zweites Sichten wird durch das Eingeweihtsein unglaublich reizvoll werden, davon bin ich jetzt schon überzeugt. Und ich wette darauf, dass allein schon deswegen dann auch die ersten beiden Folgen weitaus interessanter ausfallen und angenehmer zu schauen sein werden, als dies bei mir bei der Erstsichtung der Fall war. Von daher ist es für mich persönlich eigentlich irrelevant und im Nachhinein nun auch nicht mehr zu klären, ob ich selbst der Auslöser des trägen Starts war, oder die Serie selbst.  OFDb

Nachtrag:

Eine zweite Sichtung zeigte mir, dass mein Problem mit den ersten Folgen tatsächlich mit meiner Tagesform zusammen hing. Bereits in dieser Phase ist die Serie so genial ausgefallen wie der Rest. 

24.09.2020

CHILD EATER (2016)

Das in "Child Eater" kreierte Monster ist eher ein Augenfresser, anstatt ein Kinderfresser, und trotz der Film-internen Legende macht es leider auch vor den Augen erwachsener Opfer nicht Halt. Ohnehin ist es schade welch Genre-wirksame Chancen hier oftmals ungenutzt bleiben. Der Aggressor des Streifens bekommt nicht nur einen wundervoll rätselhaften Hintergrund beschert, der stets ungelöst bleibt, allein die kaum genutzte Idee, er könne sich ewig mit einem im gleichen Zimmer verstecken, ohne dass man ihn bemerkt, bis zu jenem Moment wenn man ihn atmen hört, wäre eine hervorragende Grundlage für einen atmosphärisch dicht inszenierten Grusler. Um einen solchen ist Regisseur Erlingur Thoroddsen in seinem zweiten Langfilm auch stets bemüht, und manch funktionierenden Moment diesbezüglich kann man ihm auch nicht abstreiten. So weiß z.B. jene Szene zu wirken, in welcher der Junge allein in seinem Kinderzimmer ist und nicht mitbekommt, dass sich hinter ihm die Schrankwand öffnet. Und auch die Szene mit der Babysitterin innerhalb besagten Schrankes besitzt ein unheimliches Flair. Zwar gönnt der Regisseur diesen Momenten jene Ruhe und Langsamkeit, die sie benötigen um dementsprechend wirken zu können, er bricht sie jedoch stets zu früh ab, so dass man immer wieder aus den kurzen Anflügen an Gruselstimmung hinaus geworfen wird. 

Dies ist aber nur einer von vielen Fehlern. So sieht das Monster in seiner skurrilen Freak-Art, gerade auch aufgrund seiner ungewöhnlichen Brille, zwar wunderbar aus, es passt aber eher in einen schrägen Horrorfilm. Für einen Gruselfilm ist es die falsche Figur. Außerdem kümmert sich der Film um zu viele Perspektiven, aus denen er erzählt ist. Anstatt alles hauptsächlich über den Blickwinkel einer Figur zu erörtern, switcht der Streifen stets zwischen etlichen mal mehr, mal weniger wichtigen, aber nie wirklich wichtigen, Randfiguren hin und her, verrät damit oftmals zu viel und lässt "Child Eater" letztendlich damit zu zerfahren wirken, als dass damit eine düstere Grundstimmung möglich wäre. Auch der ewige Ortswechsel, der oft eher Verwirrung anstatt Orientierung beim Zuschauer hinterlässt, ist nicht förderlich für die anvisierte Gruselatmosphäre. 

Dass man neben diesem Ziel auch versucht mit dem menschlich aussehenden Wesen eine neue Horror-Kultfigur a la Freddy Krueger zu schaffen, macht der Streifen hingegen unübersehbar deutlich, etwas zu viel sogar für meinen Geschmack. Spätestens der Schluss-Satz, der eine Art Pseudo-Coolness erzeugt, ist definitiv zu viel des Gewollten. Zumindest schafft es Thoroddsen nicht zu langweilen, auch wenn sein Werk keineswegs zu begeistern weiß. Die angenehme Art Routine ist ihm nicht geglückt, aber manch anspruchsloser Vielseher wird sich bestimmt trotzdem gut aufgehoben fühlen. Mir hingegen war das alles trotz brauchbarer Mimen und akzeptabler Inszenierung zu gewollt, als dass ich das Ergebnis als unterhaltsam wahrnehmen würde. Eine Fortsetzung wäre dennoch wünschenswert, sofern man mehr mit dem Aufhänger des sich perfekt versteckenden Monsters mit unheimlichem Atem arbeiten würde. Wenn man dieses nun noch optisch eher zu einem Schattenwesen ummünzen würde und den Gruselmomenten die nötige Länge bescheren würde, stünde einem sympathischen Ergebnis nichts mehr im Weg. Statt einer Fortsetzung drehte Thoroddsen jedoch ein Jahr später das isländische Horror-Drama "Rift". Sein Debüt war anbei der US-amerikanische Horrorfilm "Patient 7", der im selben Jahr von "Child Eater" fertiggestellt wurde.  OFDb

24.10.2012

REYKJAVIK WHALE WATCHING MASSACRE (2009)

Eine Touristen-Gruppe, die im Meer Wale sichten möchte, gerät in Seenot, wird von einem fremden Schiff freundlich aufgenommen und alles scheint gut. Die Retter entpuppen sich jedoch als ehemalige Walfänger, die auf Menschenfleisch umgestiegen sind...

Wo Walrecht endet fängt Kannibalismus an...
 
Ich habe ja nicht viel erwartet von einem Streifen, der gerne "The Texas Chainsaw Massacre" nachspielen will und sich dafür C-Star Gunnar Hansen angelt, der einst den Leatherface mimte und im hier besprochenen Film lediglich eine kurze Rolle absolvieren darf. Das ganze jedoch auf dem Wasser spielen lassen, um die klassischen Schlachter gegen ehemalige Walfänger einzutauschen, hatte hingegen wieder seinen Reiz. Und da man isländische  Beiträge dieser Art ohnehin nicht kennt, war trotz des Misstrauens eine gewisse Neugierde geweckt.

Wie heißt es im Volksmund so schön? Man soll sich auf sein Gefühl verlassen. Denn was Regisseur Július Kemp hier für einen Mist verzapft ist schon kaum bis gar nicht zu ertragen. Das beginnt bereits mit dem Einführen der Charaktere, die nicht nur wegen ihrer selbst für den Horrorfilm überdurchschnittlichen Dummheit und ihres unsympathischen Getues schneller nerven als man Polynomdivision sagen kann, sondern auch noch übelste Länder-Klischees erfüllen dürfen. Biedere humorlose Deutsche erzählen von deutschen Ritualen, von denen man hier noch nie etwas gehört hat. Der Franzose ist besoffen, unhöflich und baggert. Der Japaner unterdrückt, fotografiert, ist reich und interessiert sich notgeil für jeden Rock. Der Amerikaner ist dumm und bieder wie ein Deutscher.

Wäre das ganze in eine ironisch angehauchte Geschichte getaucht ginge das ja noch in Ordnung, aber in einem bierernsten Streifen, den es an jeglichem Schauwert außerhalb des Gore-Bereichs fehlt (und selbst innerhalb dessen ist er auch nicht das Gelbe vom Ei), sorgt dies für erste Ernüchterung. Recht schnell war klar, dass ein Wunder geschehen müsste, um aus "Reykjavik Whale Watching Massacre" noch etwas unterhaltungs-taugliches zu zaubern. Doch dieses Wunder tritt nie auf.

In der Vorbereitungs-Phase werden wir mit einer Gruppe konfrontiert, die aus den verschiedenen Formen von Schurken bestehen. Sympathisch ist hier niemand. Spätestens wenn es zur Vergewaltigung kommt, ist der miese Klau des ohnehin schon miesen Stils von Rob Zombie zu spüren. Sind die Protagonisten endlich dumm genug trotz vorhandener Ausrüstung an Bord hilflos in Seenot zu geraten, nachdem der Kapitän auf noch dümmere Art den letzten Atemhauch gelassen hat, dauert es auch nicht mehr lange bis die Walfänger-Familie auftaucht, von der wir schon vorher wissen, dass sie der Bande unsympathischer Gesellen ans Leder wollen wird.

Nun wäre die allerletzte Möglichkeit gegeben den mies zusammengeschusterten Müllhaufen auf versöhnlichen Kurs mit dem Zuschauer zu bringen. Doch trotz der überraschend schnellen Attacke eines der Psychopathen ist auch ab dieser Phase im Film nichts zu holen. Den Kannibalen fehlt jeglicher Reiz, was fatal ist, da es auf der Opfer-Seite keinerlei Identifikationsfigur gibt, so dass zumindest interessant charakterisierte Bösewichter gut hätten dagegen halten können.

Von nun an dürfen wir erleben wie sich die Opfer verstecken und die Bösen sie jagen. Da wir nur einen emotionslosen Hintergrund-Sound von der Stange präsentiert bekommen, der uns das Gefühl von Spannung einreden soll, kommt unter der dilettantischen Regie von Július Kemp erst recht kein Nervenkitzel auf. Als dritter Unbeteiligter beobachtet man wie ein Haufen Vollidioten von einem anderen Haufen Vollidioten massakriert wird. Manchmal und recht schnell gibt es auch Verluste auf der Mörder-Seite, aber wer da gerade stirbt ist ohnehin uninteressant.

Selbstverständlich bleiben auch in dieser Phase die Figuren völlig unsympathisch, allein schon weil ihre Idiotie keine Grenzen kennt. Wer sich in einer großen Tonne versteckt, schaut natürlich mit halben Kopf raus und lässt beim Vorbeischreiten eines der Verfolger den Deckel lauthals wieder auf die Tonne knallen wenn man wieder in Deckung geht. Selbst in den Verteidigungs-freundlichsten Situationen wird noch gejammert und passiv um Gnade gebettelt. Und als selbst die wunderbar perverse Idee vergeigt wird einen schwimmenden Flüchtling wie ein Tier mit der Harpune zu jagen, kann man Kemp endgültig attestieren, dass er im Beruf eines Filmregisseurs nichts zu suchen hat.

Gorehounds bekommen den ein oder anderen Happen Blut vor die Nase gesetzt. Aber da ist man heutzutage ganz andere Sachen gewohnt, selbst in größeren Produktionen wie "The Toolbox Murders". Dass ausgerechnet der Harpunen-Mord ausgeblendet wird, um uns lediglich das Ergebnis der Prozedur zu präsentieren, enttäuscht nun auch noch den Voyeur unter den Zuschauern, das letzte mögliche Zielpublikum eines solchen Machwerks. Eine solche Sequenz hätte jedoch Geld benötigt, und da schien man nicht viel von zu besitzen.

Zwar würden wahre Idealisten unter den Naturschützern wohl kaum so einen Müll gucken, trotzdem möchte ich noch kurz anreißen, dass auch im Bereich der Gesellschaftskritik, die bei dieser Art Thematik ja durchaus hätte auftreten können, nichts vorhanden ist das nach ehrlicher Kritik ausschaut. Der komplette Film lebt einzig für den Effekt, aufgebaut auf einem kühlen Konzept von Geldscheffler. Da waren keine Menschen am Werk die wirklich einen Horrorfilm drehen wollten. Hier wurde nur theoretisch kalkuliert was in einen Horrorfilm gehört ohne sich mit einem solchen identifizieren zu können. Dementsprechend ist alles von den obligatorischen Titten bis hin zur perversen Grund-Story mit an Bord, alles außer Charme und Talent. Wer auf unfreiwillige Komik hofft sitzt ebenfalls im falschen Boot.  OFDb

25.07.2012

ZUG UM ZUG IN DEN WAHNSINN (2010)

Mit 7 Jahren lernt Bobby Fischer das Schach spielen, mit 9 ist er bereits überdurchschnittlich gut darin. Nach dem erreichten US-Meister-Titel soll er in Zeiten des kalten Krieges in Island gegen den russischen Weltmeister antreten, was trotz einiger Macken Fischers auch gelingt. Dieser Moment soll der Höhepunkt im Leben des Schachgenies bleiben, denn so nach und nach entgleitet ihm der Sinn zur Wirklichkeit...

Verdienter Erfolg...
 
Das Phänomen Bobby Fischer weiß auch nach all den Jahren noch immer zu begeistern und zu packen - ebenso wie seine Spiele, die von vielen Menschen damals am Fernseher mitverfolgt wurden, ein Zustand den man sich heutzutage kaum vorstellen kann, so langsam und ruhig ein Schachturnier doch eigentlich vonstatten geht und so unterhaltungsüberflutet und flott wie heute ein Produkt sein muss um überhaupt die Aufmerksamkeit des Massenpublikums zu erlangen. Doch Fischer ist ein Künstler seines Fachs, überrascht immer wieder mit für ihn völlig untypischen Schachzügen und weiß auf diesem Weg auch den Weltmeisterschafts-Titel zu holen, eine Trophäe mit der Wochen zuvor keiner mehr rechnete.

Denn Bobby war ein schwieriger Mensch. Ohnehin schon menschenscheu und arrogant, stellte er sonderbare Regeln auf, die eingehalten werden mussten, damit er überhaupt spielt. Kameras summten zu laut, Preisgelder sollten angehoben werden, usw. Erst spät erscheint er in Island, dem Austragungsort der Weltmeisterschaft. Zum ersten Spiel erscheint er viel zu spät, zum zweiten schon gar nicht mehr. Zeitzeugen sind hin und her gerissen ob sein Verhalten Teil psychologischer Kriegsführung gegen den russischen Konkurrenten war, oder schlichtweg zur Natur des Sonderling Fischers gehörte, der sich (nicht nur zu Trainingszwecken) immer mehr von der Außenwelt abkapselte.

Was Bobby machte, machte er richtig. Körperliche Fitness schien ihm als Vorbereitung zur Weltmeisterschaft wichtig, also wurde sie auch gleich in einer Extreme studiert und ausgeführt. Als Kind verbrachte er seine Freizeit einzig vor dem Schachbrett. Die kluge Mutter, die dies nicht für gesund hielt, gab auf dagegen anzukämpfen, nachdem ein Psychiater bescheinigte Schach spielen könne nicht krank machen.

Heutige Experten sehen es anders. So werden in „Zug um Zug in den Wahnsinn“ genügend Beispiele aus der Vergangenheit genannt, in welcher Schachspieler den Bezug zur Realität verloren haben, eben weil sie im Spiel so abstrakt denken müssen und im wirklichen Leben damit manchmal nicht aufhören können. Im Extremfall kann es zu einer bestimmten Form der Schizophrenie kommen. Was es bei Fischer war, wird wohl ziemlich ungelöst bleiben, da er schon vor seiner Erkrankung ein Sonderling war, der auf Vorschriften und Werte geschissen hat.

Nach der Weltmeisterschaft hofften noch viele auf eine Rückkehr. Zu dieser ist es erst ganz spät für ein Altherrenspiel gegen den ehemaligen russischen Gegner gekommen, zu einer Zeit wo beide Genies nur noch Schatten ihrer Selbst waren. Fischer war zwischendurch gläubig geworden, kehrte der ihm zugetanen Sekte jedoch den Rücken nachdem er bemerkte dass alles Schwindel war. Trotz seiner nachweislich jüdischen Herkunft versteifte er sich immer mehr in den Antisemitismus und faselte, wenn er sich mal öffentlich oder vor Freunden äußerte, immer verstärkter von irgendwelchen Verschwörungstheorien, mit denen er sogar sein sonderliches Verhalten einst bei der Ankunft in Island entschuldigte. Die CIA habe damit zu tun. Er würde es ein andermal genauer erklären.

Ihm schwebte immer vor ein Buch zu schreiben, zu dem es nie kam. Freunde kehrten ihm den Rücken. Und als später die Familie starb, hielt gar keiner mehr zu einem Mann, welcher der Welt noch so vieles in seinem Sport hätte zeigen können. Im Film wird der Vergleich zu Picasso gezogen: Stellen sie sich vor er hätte nach 5 Jahren aufgehört zu malen. Welche Kunstwerke wären nie entstanden? So erging es der Schachwelt mit Bobby Fischer, nachdem er nicht mehr öffentlich spielte.

Der deutsche Titel setzt zu verstärkt auf das geistige Abdriften Fischers, was zwar ein sehr reizvolles Thema ist, jedoch nicht zum Zentrum von „Zug um Zug in den Wahnsinn“ wird. Die Regiearbeit der Dokumentarfilmerin Liz Garbus ist ein respektvoller Umgang mit dem Phänomen Bobby Fischer, angereichert mit allerhand Archivmaterial und Informationen von Menschen, die dem Sonderling sehr nahe standen. Es gibt allerhand Interviews, und in Spekulationen verfranst man sich nie, auch wenn man sie hin und wieder streift. Gelegentlich werden Vermutungen geäußert in Bereichen die nicht recherchiert werden konnten.

Der Originaltitel „Bobby Fischer Against the World“ wird dem Dokumentarfilm gerechter als die deutsche Namensgebung, da er bereits in der Rolle des Sonderlings ansetzt und nicht erst bei der geistigen Erkrankung des Weltmeisters. Dennoch ist auch sie ein wichtiger Teil des Phänomens Fischer und wird zu einem erstklassigen Beispiel zum Thema „Genie und Wahnsinn“. Mich würde es nicht wundern, wenn Fischer Pate stand für den Mathematiker aus „Pi“, dem es bezüglich seiner Paranoia ähnlich erging. Die Fähigkeit gegen sich selbst zu spielen ist hingegen ein Bereich, der an das sehr interessante Buch „Die Schachnovelle“ erinnert.

Es ist schön, dass „Zug um Zug in den Wahnsinn“ trotz aller Bewunderung für den im Zentrum stehenden Mann meist sachlich bleibt und Bobby Fischer seine Leistungen anerkennt, wie auch Respekt davor zeigt, dass er nun einmal nicht so leben wollte wie es die Masse als normal empfinden würde. Auch ein Sonderling hat das Recht ein solcher zu sein. Und da der mittlerweile verstorbene Schachweltmeister dank Archivmaterial auch immer wieder durch Interviews zu Wort kommen darf, darf der Zuschauer auch einen glaubwürdigen Blick auf das Phänomen Bobby Fischer werfen. Die guten und die schlechten Seiten, die erfolgreichen und die wunderlichen Phasen, und das ganze mit reichhaltig Informationsmaterial vollgestopft, so muss ein Portrait aussehen! „Zug um Zug in den Wahnsinn“ ist so fesselnd ausgefallen wie die Spiele die den Mann berühmt machten.  OFDb
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