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23.02.2019

BITTERER WHISKY (1971)

Die Geschichte um "Bitterer Whisky" ist ein schwer zugänglicher Stoff, der in seiner Hauptgeschichte vom Eingeschlossensein erzählt, dort glücklicher Weise jedoch nicht zum reinen Kammerspiel verkommt, sondern mittels Rückblicken aufzeigt, wie es zu der Situation gekommen ist, welche den beiden zentralen Figuren höchst wahrscheinlich den Tod einbringen wird. Bis es soweit ist mixt Regisseur Juan Logar Erotikszenen mit verzweifelten Momenten des Millionärs, wie immer hervorragend gespielt von Curd Jürgens, der sich in der deutschen Synchronisation glücklicher Weise selbst spricht. Seine Figur ist am Abgrund, das erkennt man ohne gesprochene Worte, und damit bildet er einen deutlichen Kontrast zu seiner jungen Ehefrau und ihrem Liebhaber. Lange Zeit lebt man als Zuschauer im Ungewissen was die Pläne des alten Mannes sind, bzw. worauf der Film ohnehin hinaus will. In einem an "Saw" und "Buried Alive" erinnernden Szenario bekommen wir die unerwartete Antwort, die einige offene Fragen präsentiert, von denen man sich in den nun häufig folgenden Rückblicken Antworten erhofft.

Die werden an sich nun auch gegeben, Sinn ergibt das was wir dort zu sehen bekommen jedoch nicht immer. Mag es an diversen Schnittfassungen des auch als "Im Rausch der Sinne" erschienenen Streifen liegen, oder daran dass die Deutschvertonung sich nicht immer streng an den Originaltext hält, oder einfach daran, dass Regie und Drehbuch ebenfalls nicht immer durchblickten, immer wieder gibt es Momente der Widersprüche, beispielsweise wenn von häufigem Männerwechsel die Rede ist, Alexa scheinbar jedoch trotzdem nur mit ihrem Stammschwarm herumzufummeln scheint. Auch der Heiratsantrag Rolands gegenüber der jungen Frau wirkt nicht völlig ahnungslos ihrer Beweggründe gegenüber, so zentral wie das Vermögen genannt wird. Da sie sich rational entscheiden soll, verwundert es, dass Roland an anderer Stelle auch von Alexas Seite aus auf ihre Liebe setzte, von deren Nichtvorhandensein er schließlich tief enttäuscht wird. "Fieras sin jaula" (Originaltitel) ist voll von solchen Ungereimtheiten, was ihn jedoch nicht weniger faszinierend schauen lässt.

Der trockene, sachliche Grundton erhält eine ganz eigene Form von Dynamik und Spannungsbogen. Und kleine Randideen, wie das Resümieren von falsch scheinenden Lebensentscheidungen in Konfrontation mit dem baldigen Tod, verleihen "2 Masks for Alexa" (Alternativtitel) kleine philosophische Momente mit poetischem Touch, werden doch die bösartigen Stereotype einerseits damit aufgebrochen, andererseits ihr Egoismus damit verstärkt. Zwar hat man das Gefühl es bei solchen Szenen eher mit dem Versuch zu tun zu haben, den Film auf Spielfilmlänge gestreckt zu bekommen, ebenso wie jegliche Momente mit Rolands Tochter, die letztendlich doch nirgendwo hin zu führen scheinen, letztendlich tun all diese Aufbrüche dem fertigen Film jedoch gut, weiß dieser zwar definitiv Interesse und Faszination zu wecken, letztendlich aber kein befriedigendes Ergebnis für den Zuschauer abzuliefern.

Ungereimtheiten, zu schnelle körperliche Aufgabe, bzw. ein schlecht für den Zuschauer erkennbares Zeitfenster (gegen Ende gibt es einen Hinweis 10 Tage durchlebt zu haben) werden zu Fragezeichen über den Köpfen des Publikums. Scheinbar hat das Paar am Ende entweder nicht überlebt, obwohl sie noch atmen, oder der Plan Rolands ging nicht auf und er rechnete mit weniger benötigten Tagen. Das Schlussszenario schuldet uns auch hier Antworten. Zwar wird immer wieder deutlich, dass "Bitterer Whisky - Im Rausch der Sinne" (Alternativtitel) surreal sein möchte, z.B. wenn das Paar nach einiger Zeit des Eingeschlossenseins darüber phantasiert, dass Roland nicht mehr da wäre, und doch liegen zu viele Wahrheiten in der Schwebe, lassen sich durch Rückblicke anders deuten als schließlich dargeboten, und da wächst der Verdacht, dass man beim Dreh selbst nicht so genau wusste, was man genau wollte. Vielleicht erklärt auch dies die verschiedenen Schnittfassungen, so dass jedes beteiligte Land den Zustand auf seine Art verschleiern wollte. Eine Antwort darauf gibt es heutzutage nicht mehr, wie viele offene Fragen auch im deutschen Audiokommentar in anderen Bereichen aufzeigen. Was bleibt ist dennoch ein faszinierendes Stück unausgegorener Ausnahmefilm, der spätestens durch Curd Jürgens Anwesenheit für interessierte Cineasten zu einem Muss wird.  OFDb

19.07.2017

DER SCHINDERHANNES (1958)

Carl Zuckmayers Bühnenstück hatte mit „Schinderhannes“ aus dem Jahr 1957, „Johannes durch den Wald“ und zudem sogar gerade einmal ein Jahr nach Fertigstellung des Theaterstückes ebenfalls unter dem Titel „Schinderhannes“ erschienen bereits diverse Verfilmungen erhalten. Der mit Curd Jürgens und Siegfried Lowitz besetzte Film von Helmut Käutner ist heutzutage jedoch der bekannteste Vertreter von ihnen, und für diesen hat Carl Zuckmayer höchstpersönlich Veränderungen am Buch vorgenommen, sowie am Lied, welches auch bereits in der Theaterversion vorgetragen wird. Die Verwandtschaft zu "Robin Hood" ist unverkennbar, dennoch bildet „Der Schinderhannes“ nicht bloß ein blasses Abbild von diesem, was nicht nur an der herausragenden Leistung des wie immer genial agierenden Curd Jürgens liegt, sondern auch am Stück selbst, dessen erzählerische Stärke mich ohne jegliche Erwartungen an dieses Werk stark überraschte.

Für diese Verfilmung stand Käutner mit Blick auf die Ausstattung und die Anzahl der Statisten scheinbar reichlich finanzielle Unterstützung zur Verfügung, dennoch ist das Werk nicht pompös oder verschwenderisch wirkend ausgefallen. Ganz im Gegenteil guckt sich der 1958 fertiggestellte Film eher bescheiden, was zur Mentalität des Stoffes passt, ist der Schinderhannes doch ein Ehrenmann, dessen Taten einem Zweck unterliegen und nicht auf Hochmut und Eigensucht aufbauen. Zudem ist der Stoff wie sein Held selbst am Volk orientiert, strahlt „Duel in the Forest“ (Alternativtitel) doch eine leider längst verloren gegangene deutsche Kultur aus, atmet sie regelrecht, so dass es eine Wohltat ist dem Treiben der Mannen zuzusehen.

„Der Schinderhannes“ ist nah an seinen Protagonisten orientiert, und gerade die zentrale Figur des Johann Bückler wird uns derart intensiv nah gebracht, dass wir ihn selbst dann verstehen, wenn aus politischen Raubzügen eine Rebellion der Gegenwehr, das Entfachen eines Bürgerkrieges wird, so dass der Held ein Ehrenmann bleibt, einer der seinen Irrtum leider zu verspätet einsieht, und somit eine Figur im Zentrum steht, deren Vorgehen nicht verschönt wird, wie beispielsweise das Agieren des Kriegstreibers in „Braveheart“.

Was wie ein belustigender Abenteuerfilm beginnt, mündet Richtung Finale immer mehr in den Dramabereich. Trickreich verführt einen der Film aufgrund des lockeren Grundtones vergebens zur Hoffnung ein raffiniert eingefädeltes Handeln könne kurzfristig doch noch zu einem Happy End führen. Aber der Stoff bleibt konsequent, und der Zuschauer muss so tapfer sein wie das kürzlich zur Mutter gewordene Julchen. Wenn Hannes und seine Mannen auf dem Weg zur Hinrichtung stolz das Schinderhannes-Lied singen, widerfährt dem Zuschauer ein kurzer Moment des Stolzes und der Trauer, „Der Schinderhannes“ bleibt aber selbst in dieser Phase realistisch genug, stockt der Bande mit Blick auf die Guillotine dann schließlich doch noch der Atem, so dass der Gesang erstickt und verstummt.

Am Ende dieser wunderschön erzählten Rebellion, die einem die Wahrheit, dass die Mächtigen am Ende stets gewinnen, bitter serviert, werden wir aus dem Blickwinkel Julchens aus dem Stoff entlassen und müssen mit wehmütigem Blick zurück der Realität ins Auge sehen. In seinem konsequenten Blick auf die Macht der Herrschenden erinnert „Der Schinderhannes“ stark an den Rühmann-Film „Mein Schulfreund“, in dem ähnliches geäußert wird wie hier: vom Krieg und vom Frieden profitieren am Ende die selben Personen. Die Reichen bleiben reich, die Mächtigen bleiben mächtig, egal was sich politisch ändert. Es ist schön dass dieses poltitische Thema derart volksnah und menschenfreundlich mit Hang zur guten Stimmung erzählt wurde und nicht zu bitter moralisch oder aggressiv ausgefallen ist. Ich weiß jetzt schon, dass ich eines Tages wieder gerne zu diesem unterschätzten Stück Film greifen werde, um ihn mir ein weiteres Mal zu Gemüte zu führen.  OFDb

15.02.2017

MEPHISTO-WALZER (1971)

„Mephisto-Walzer“ ist ein stilvoll und sehr stimmig erzählter Horrorfilm, der es schafft die oft so lasch angegangene okkulte Thematik interessant und spannend verpackt einzufangen. Gerade der Aspekt um Träume die wahr werden, ein Bereich von dem ich in anderen Werken meist genervt werde, so gerne wie er lediglich zum Strecken von Laufzeit verwendet wird, wird von Regisseur Paul Wendkos derart packend inszeniert, dass die optisch verschleiert eingefangenen Aufnahmen wie ein wahrer Alptraum wirken, den man als Zuschauer mit der Heldin mitempfinden muss.

Es ist etwas schade, dass die Rolle Curd Jürgens konsequenter Weise recht früh aus der Geschichte gestrichen wird, ist seine Besetzung in der Rolle des Duncan Ely doch der Pluspunkt des Streifens schlechthin. Aber zum einen darf er in Traumsequenzen gelegentlich noch einmal vorbei schauen, und zum anderen ist die Geschichte selbst in ihrer vorhersehbaren Phase so atmosphärisch stark erzählt, dass „Null Uhr fünf - Frauenleiche in der Badewanne“ (Alternativtitel) auch ansonsten an Sehwert nicht verliert. Das liegt neben dem gekonnten Spiel der anderen Darsteller zudem recht stark am Drehbuch, welches es schafft den Zuschauer stark an die Heldin zu binden, stellen die Figuren doch mehr als lose Hülsen dar, auch wenn die Geschichte sie gerade als solche benutzt.

Die Geschichte von „Der lebende Tote“ (Alternativtitel) ist eine gehaltvolle, wenn auch nicht zwingend eine neue. Und die stilvoll eingefangenen Bilder, sowie der langsam aufbrodelnde Spannungsaufbau machen aus einer zunächst routinierten Erzählung einen sehenswerten Genrebeitrag, selbst dann wenn dieser zur zweiten Hälfte hin, wenn der Exmann von Elys Tochter ins Spiel kommt, nicht immer nachvollziehbar erzählt wird. Ohnehin ist es eigentlich eine Schwäche des Drehbuches wie Paula hinter die Wahrheit kommt. Und auch wie sie es schafft den unerwarteten Schluss einzuleiten, bleibt ein ungeklärtes Geheimnis.

Da der sich zunächst so vorhersehbar schauende Film aber gerade in der Schlussphase eine unerwartete Wende erlaubt, mit welcher man den Zuschauer vor den Kopf schlägt, denkt man nicht weiter über diesen Schwachpunkt nach, wird das Finale doch ein Erlebnis der Täuschung, das sich den Gefallen tut diese dem Gegenüber nicht zu enthüllen. Ob der Preis dafür nachvollziehbar ist, gerade wenn man bedenkt wie die dort agierende Figur zunächst charakterisiert wurde, bleibt Einschätzungssache des jeweiligen Zuschauers. Von einem klaren Verstand konnte man im letzten Drittel des Filmes aber ohnehin nicht mehr sprechen. Da muss jeder für sich wissen für wie nachvollziehbar er das Geschehen betrachtet oder nicht.

Über Sinn oder Unsinn kann man streiten. Die Kraft der Erzählung beweist, dass es so oder so funktioniert. Ein leise beginnender Film, der im Mittelteil seine enorme Kraft beweist, um eher tückisch und augenzwinkernd zu schließen, das ist eine Methode, gerade in der kultivierten Form seiner Umsetzung, mit welcher der Stammzuschauer des Horror-Genres in der Regel nicht zu überzeugen ist. Der wird nur dann herzlich eingeladen an „The Mephisto Waltz“ (Originaltitel) seine Freude zu haben, wenn er nicht auf die quantitativen Schauwerte üblicher Horrorware hofft. Blutige Bilder, psychotische Übertreibungen, Spuk und Terror wird er hier alles nicht vorfinden, ebenso wie Schockeffekte und theatralische Momente. Die Spannung wird eigens aus der Kraft der Geschichte und ihrer Bilder eingefangen. „Mephisto-Walzer“ ist eine Besonderheit für Cineasten und kein Horrorfilm in Form eines typischen Genre-Vertreters.  OFDb

SCHACHNOVELLE (1960)

Viele Jahre sind vergangen, seit ich Stefan Zweigs „Schachnovelle“ gelesen habe, und viele Erinnerungen an den Inhalt des Stoffes sind dahin. Aber ich weiß noch wie schrecklich mir einst der Gedanke einer Verfilmung vorkam, bei all den inneren Vorgängen im Kopf der zentralen Figur von Basil, von welchen die Geschichte lebte. Ich hielt das Buch für unverfilmbar, zumindest wenn man der Vorlage sehr treu bleiben wollte. Dass ich mich nach über 20 Jahren nun doch an die Verfilmung heran gewagt habe, liegt an der Besetzung Curd Jürgens in der Hauptrolle, die mir Mut machte, dass das Projekt doch recht gut ausfallen könnte, halte ich den Mann doch für einen hochkarätigen Schauspieler und besaß er doch die Gabe selbst simplen Stoffen ein gewisses Niveau zu bescheren.

Wie zu erwarten kann die Geschichte so wie im Buch nicht auf das Medium Film übertragen werden. Aber Gerd Owalds Drama überzeugte mich dennoch mit seiner sehr respektvollen Umsetzung, welche, wie das Buch, die Vergangenheit von Basils erst mit der Zeit beleuchtet, und dies vor seinem Zusammenbruch auf dem Schiff. Oswald setzt voll und ganz auf das Spiel Jürgens‘, der den von Basil vor seiner Nazifolter mit hohem Selbstbewusstsein, voller Stil und Intellekt, verkörpert. Schrittchenweise beleuchtet der Film wie er zu dem wurde was er später ist. Curd Jürgens beweist hier großes Können, gehört ihm der Film in dieser Phase doch fast allein, zwischen Würde, Verzweiflung und Tapferkeit schwankend.

Oswald gönnt dem Stoff die Ruhe die er benötigt. Bis von Basil auf das Buch stößt dauert, allein schon weil Oswald dem Zuschauer nicht erklärt wie die Nazifolter stattfindet, er muss sie selbst miterleben und als solche begreifen wie sie funktioniert. Zwar habe ich mir den Raum, in dem von Basil gefangen gehalten wird, im Buch steriler vorgestellt, ich meine es wäre im Buch ein kahler Raum gewesen, aber auch das schlichte Hotelzimmer, welches der Hauptfigur Muster an den Tapeten, einen Schrank und andere Sehwerte gönnt, wird zur glaubhaften Umgebung des schrecklichen Psychoterrors, der auf ganz passive Art auf von Basil ausgeübt wird.

Trotz großartigem Spiels kann auch Curd Jürgens die Enttäuschung nicht so intensiv wie im Buch hervorbringen, die in von Basil aufkommt, wenn er entdeckt welches Buch er bei seinem einzigen Ausflug aus dem Zimmer heraus hat mitgehen lassen. Die vorherige Verzweiflung, die in ihm immer mehr gewachsen ist, ist jedoch überzeugend genug herübergebracht worden, so dass man dennoch versteht warum er sich trotz dieses Frustes schließlich auf das Buch einlässt. In dem hervorragend umgesetzten, sehr langen, fast den kompletten Film einnehmenden, Rückblick, der an keinerlei Klischees zur Nazi-Thematik leidet, und in dem selbst der meist plump agierende Hansjörg Felmy sich zu beweisen weiß, fehlte mir lediglich der Aspekt, dass von Basil schließlich x Spiele parallel auf einmal spielt und gerade diese Eigenschaft ihn endgültig in den Wahnsinn treibt, nicht mehr wissend welche Partie Schach er gerade spielt.

Es ist in gewisser Weise verständlich warum Oswald diesen Aspekt unter den Tisch fallen lässt, so hochkomplex er die inneren Vorgänge im Kopf des Protagonisten benötigt, die so nur ein Buch dem Publikum näher bringen kann. Und doch, irgendwie hätte er versuchen sollen diesen Aspekt zumindest anzudeuten, anstatt aus von Basil lediglich einen eher schlichten durch Schach gestörten Mann zu kreieren, der in der filmischen Alternativversion zum Buch nun durch das Verhör erinnert seinen Gegenüber, den Schachweltmeister, attackiert, anstatt diesen damit zu verwirren ein völlig anderes Spiel zu spielen, als die Runde Schach die gerade tatsächlich vonstatten geht.

Wie gesagt sind die Erinnerungen an das Buch verblasst, und vielleicht irre ich mich auch in manchen Punkten nach all diesen Jahren. Aber so wie ich „Schachnovelle“ in Erinnerung habe, fehlt dem Film genau jener Aspekt, welcher der Geschichte meiner Meinung nach den letzten Schliff gab. Kennt man die Vorlage nicht, vermisst man das Weggelassene freilich nicht, zumal die Geschichte auf schlichtere Art trotzdem funktioniert. Mehr noch, „Schachnovelle“ ist durch seine ruhige Inszenierung, der hervorragenden Darsteller und seiner sachlischen, Klischee-freien Betrachtung der Geschehnisse, ein hervorragender Film geworden, ein Niveau besitzend, welches ich ihm ehrlich gesagt nicht zugetraut hätte.

Was er an mancher Stelle der Vorlage gegenüber nicht einhalten kann, macht er an anderer Stelle wieder wett, z.B. durch die Idee aufgrund des gekachelten Bodens von der Treppe aus ein Schachspiel aus jenen Menschen zu machen, die in der Halle auf besagtem Boden stehend warten. Ich meine, dass diese Idee im Buch so nicht enthalten war. Das Medium Film findet immer seine eigenen Wege Unzulänglichkeiten gegenüber Buchvorlagen auszubügeln. Das macht aus der Verfilmung in diesem Falle keinen gleichrangigen Stoff zum Original, letztendlich befindet sie sich aber auch nicht im Wettbewerb zum Buch und beweist auf ihre Art wie gelungen sie trotzdem ausgefallen ist.  OFDb

18.04.2015

DERRICK 1 - 15 (1974)

Neben des interessant, da experimentell handelnd, gehaltenen Charakters Derricks zeichnet sich die frühe Phase der Serie (anbei die einzige über die ich zur Zeit überhaupt nur berichten kann) durch mutige Drehbücher aus, die bemüht sind stets andere Ansätze, Grundlagen und Schwerpunkte zu setzen. Keine Folge ist wie die andere, so dass selbst Episoden, denen ich weniger positiv gegenüber stehe, Respekt verdienen aufgrund der Bemühung neue Bereiche auszuleuchten wie das Aufdecken eines Mordes zu bewerkstelligen ist, bzw. um zu zeigen was in einem Mörder und dessen Umfeld aufgrund der Tat vorgehen kann. Denn Aufgrund des Luxus für eine Folge fast eine ganze Stunde Zeit zu besitzen, kann sich Autor Herbert Reinecker, der bis zum Serienende 1998 für alle 281 Episoden das Drehbuch schrieb, intensiv in die einzelnen Charaktere hineinversetzen, und dies mit einem solch psychologischen Feingefühl, dass man intelektuell geradezu gekitzelt wird.

Episode 1: Waldweg
Dass man mit dieser eher Thriller-artigen Episode begonnen hat, anstatt den zuerst abgedrehten und erst als vierte Folge ausgestrahlten „Mitternachtsbus“ zu senden, erklärt sich neben der prominenten Besetzung mit Wolfgang Kieling vielleicht auch aufgrund dessen, dass die Geschehnisse im Mädcheninternat ein wenig an die späteren Edgar Wallace-Filme erinnern, eine Reihe die zum Zeitpunkt der Pilotfolge von „Derrick“ zwar schon eingestellt war, deren Echo aber sicher immer noch in den Köpfen des Zuschauers vorhanden war. Ein düsterer, nebliger Tatort, zwielichtige Personen (was atmosphärisch wirkt, obwohl man ja, wie in den meisten Folgen, direkt erfährt wer der Mörder ist) und ein unheimlicher Triebtäter sorgen für eine geradezu schmuddelige Atmosphäre, unterstrichen durch die fiese Idee dass die Mutter des Mörders die Taten ihres Sohnes vom Nebenzimmer aus stets mit anhören musste. Auch der eiskalte Eingangsmord unterstreicht die Düsternis der ersten Folge und fiel gar derart hart aus, dass er in Deutschland nach der Erstausstrahlung nur noch gekürzt gezeigt wurde - auch auf DVD - während Länder wie Frankreich Wiederholungen immer in der ungekürzten Fassung zeigen. Mag der Weg zum Ziel auch nicht so gewitzt und schwierig ausfallen wie in späteren Fällen, „Waldweg“ ist ein großartiger Einstieg in die Serie und zeigt bereits wie ungewöhnlich Derrick bei seiner Arbeit vorgeht. Der Monolog eines in Verdacht stehenden Lehrers zeigt uns mit Blick von heute, wie viel unfreier wir in dem geworden sind was wir reden dürfen und was es für ein Luxus war eine aneckende Persönlichkeit besitzen zu dürfen, die sich erst dann rechtfertigen muss, wenn eine extreme Situation wie die hier vorliegende es nicht anders zulässt.

Episode 2: Johanna
Folge 2 ist wie ein Blick in die spätere Phase der ersten 15 Folgen, besitzt sie doch nicht die intensive Atmosphäre der besseren Episoden, wirkt der Weg zum Ziel, auch wenn er wieder einmal Derrick-typisch verspielt und heimtückisch daher kommt, doch aufgrund dessen was der Lockvogel seelisch durchleben muss unglaubwürdig und konstruiert. Das viel zu plötzliche Geständnis ist wahrscheinlich dem Zeitgeist geschult, geschieht es in der Serie doch des öfteren dass Täter relativ schnell schwach werden und gestehen, und so menschlich glaubwürdig das eigentlich auch ist, gerade bei solch wenig gefestigten Persönlichkeiten wie dem Mörder in „Johanna“, es entlässt den Zuschauer eher unbefriedigt, hatte man sich doch mehr erhofft. Immerhin schwächelt „Johanna“ erst im letzten Drittel und bietet bis dahin eine sympathische Episode, die aufgrund des etwas mangelnden Einfühlens in den absichtlich unsympathischen Täter emotional nie so tief geht wie die Höhepunkte der Reihe. Angenehm routiniert zu unterhalten weiß das Ganze dennoch. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Episode 3: Stiftungsfest
„Stiftungsfest“ ist meiner Meinung nach die beste der ersten 15 Folgen, und es fällt mir schwer mir vorzustellen dass irgendwann eine Episode daher kommt, die besser ausfallen soll als diese. Die sehr empathisch erzählte Geschichte besitzt das Kaliber eines Kinofilms, ist sehr dramatisch erzählt und mit dem so großartig agierenden Siegfried Lowitz, der ab 1978 die Hauptrolle in der Konkurrenz-Reihe „Der Alte“ spielte, perfekt besetzt. Der Zuschauer ist mittendrin in der Ratlosigkeit der Ermittler und dem Seelenleben eines Täters, der auch Opfer ist. Die Ermittlungen werden detailgenau vorgetragen. Man erlebt jenen zufälligen Moment mit, der zur Täteraufdeckung führt, nachdem Derrick auf eher verzweifelte Art verschiedene Methoden antestet, von denen sein Kollege Harry nicht sonderlich überzeugt ist. Autor Reinecker versteht es so genial wie niemals wieder die psychologische Entwicklung des Täters aufzuzeigen, die am Höhepunkt angekommen Derrick dazu veranlasst Worte auszusprechen, welche die Situation auf den Punkt bringt, zumindest zu damaligen Zeiten als Anstand, Würde, Ehrgefühl und sozialer Umgang miteinander noch eine Bedeutung in der Gesellschaft hatten und nicht nur durch hohle Phrasen vorgetäuscht wurden. „Stiftungsfest“ ist ein emotionales und intelligent erzähltes Erlebnis für den aufmerksamen und geistreichen Zuschauer-Typ, der die stillen Momente und nebensächlich scheinenden Aspekte zu genießen weiß. Diese Episode ist ein Liebhaberstück wie keine andere.

Episode 4: Mitternachtsbus
„Mitternachtsbus“ lebt davon, dass sich ein Manipulierer in die Ermittlungen einmischt, ein Mensch der selber nicht der Täter ist, den Mörder aber aus persönlichen Gründen beschützen will. Wie so oft in den ersten 15 Folgen, so hält sich auch hier der Mörder für klüger als er ist, scheitert aber nicht wie zwei Folgen später an unüberlegten Handlungen, sondern am mangelnden Feingefühl psychologisch clever vorzugehen. Derricks Alarmglocken läuten sehr früh, wenn ihm immer wieder fieser Weise ein geistig Zurückgebliebener als Täter serviert wird. Damit ist Derrick in seinem Element, fühlt sich herausgefordert und geht wieder einmal ungewöhnliche Wege um ans Ziel zu kommen. In der Charakterzeichnung spielt „Mitternachtsbus“ psychologisch gesehen wieder an vorderster Front mit, unterstützt durch Schauspieler die so echt in ihren Rollen wirken, dass einem echt anders werden kann. Der Alkoholiker und sein Sohn sorgen für den dramatischen Part der Geschichte, deren Schwächen eiskalt ausgenutzt werden von einem asozialen Selfmade-Man, der die kleine Macht die er im Dorf besitzt nutzt um seinem Sohn das Gefängnis zu ersparen.

Episode 5: Tod am Bahngleis
Noch einmal bekommen wir es mit einem Triebtäter zu tun, der diesmal jedoch nicht eiskalt planend vorgeht wie jener in „Waldweg“, sondern der eher auf kindlische Art geistig stehengeblieben ist. Um Gefallen an „Tod am Bahngleis“ zu finden, muss man etwas mit der Figur des Täters anfangen können, die schwer zu greifen ist. Versteht man sie aber genießt man sie auch, verschafft sich Reinecker doch viel Zeit sie ausleuchten zu können, indem der Täter immer wieder unerkannt agieren kann, da die Polizei trotz diverser Hinweise völlig im Dunkeln tappt. Auch hier mag der Schluss etwas holprig inszeniert sein, zumal er aufgrund dessen was am Schluss erzählt wird düsterer hätte umgesetzt werden können, aber der Blick in eine nicht verstandene Seele macht alles wieder wett, kombiniert mit der wundervollen Idee, dass ein Mann, der einem Außenseiter eine Chance geben will, gar nicht mitbekommt dass er einem Mörder seine Tochter auf dem Silbertablett serviert. Eine teuflisch fiese Idee!

Folge 6: Nur Aufregung für Rohn
Jede Folge Derrick ist anders. Aber „Nur Aufregung für Rohn“ sticht noch einmal ganz besonders als ungewöhnlich hervor, ist sie doch derart absichtlich augenzwinkernd erzählt, dass man dies selbst im Titel deutlich macht. Mit unterschwelliger Komik wird ein Duell gezeigt zwischen den logisch denkenden Ermittlern und eines Mannes, der sich für irre logisch denkend hält, aber einen Fehler nach dem anderen begeht. Besonders lustig ist es zu beobachten wie das Selbstbewusstsein des Mörders immer steht und fällt, je nach Stand der Ermittlungen die stets Aufs und Abs erfahren, und damit um ein weiteres gezeigt wird, wie erbärmlich und rückgratlos eigentlich der Charakter des Studenten ist, der sich nicht einmal zu schade ist einem Kommilitonen gegenüber die Frage zu äußern, ob dieser ihn für ungewöhnlich intelligent hält. Es bereitet dem Zuschauer eine große Freude Horst Tappert bei seinem Spiel als Derrick zuzusehen, wie er sarkastisch grinsend und in ihm den Spieltrieb geweckt Rohn in die Mangel nimmt, der geradezu offensichtlich der Täter ist. „Nur Aufregung für Rohn“ kann man als einen der Höhepunkte der ersten 15 Folgen bezeichnen, macht bei einer Zweitsichtung sogar noch mehr Spaß als bei der ersten, da man bei der Wiederholung von Anfang an begreift was die Folge eigentlich will.

Folge 7: Madeira
Ich wusste dass Curd Jürgens ein talentierter Mensch war, aber dass er so genial schauspielern konnte, so genial sogar dass er alle anderen Mitwirkenden der ersten 15 Folgen überschattet, hätte ich nie gedacht. „Madeira“ gehört zu den wenigen Folgen, in denen es um einen eiskalten berechnenden Killer geht, der im Gegensatz zu Folge 1 und 5 nicht einmal in irgend einer Form geistig abgedriftet ist, sondern stattdessen einen eiskalten Intellekt besitzt und damit auch zur fiestesten Art Mörder wird die es wohl gibt. Seine Opfer sind ältere, einsame Damen, denen er ein wundervolles gemeinsames Leben auf Madeira verspricht, um an ihre Ersparnisse zu kommen, bevor er sie schließlich vergiftet. Die hervorragend umgesetzte und sehr ausführliche Eingangsszene mündet in einer Mordsequenz, die so intensiv zu wirken weiß, dass einem wahrlich anders wird. Der optimistisch fröhliche Blick des Opfers, der sich plötzlich verändert, für einen kurzen Moment die Wahrheit begreifend wenn sie nach ersten Anzeichen der Vergiftung in die kalten Augen des Mörders schaut, um daraufhin einen Todeskampf in ihrem Körper zu durchleben bis sie schließlich tot ist. Kein geistig gesunder Mensch ist in den bisherigen Folgen „Derrick“ so eiskalt vorgegangen wie der alte Mann, dem ein Hund zum Verhängnis seiner Pläne werden soll. Jürgens weiß es jede Facette seiner Rolle gekonnt zu verkörpern. Der verspielte, freundliche Blick wenn er sich Derrick gegenüber als Freund des Hundes ausgibt, nur kurz nach dem völlig entsetzten Blick, als der ihm bekannte Köter ihn am Tisch eines Cafés wiedererkennt und belästigt - Jürgens Spiel ist eine Wucht, und man genießt jegliche Szene in der er auftaucht. Einzig seine Nichte ist charakterlich eine Spur zu naiv gezeichnet, bis es schließlich nicht mehr glaubwürdig ist bei solch erdrückender Indizienlage an die Unschuld des eigenen Onkels zu glauben. Von diesem Schwachpunkt einmal abgesehen zählt aber auch „Madeira“ zu den Höhepunkten der frühen Phase der Serie und zeigt auf ein Neues auf völlig andere Art das geradezu verspielte Duell zwischen Täter und Ermittler.

Folge 8: Zeichen der Gewalt
Mit „Zeichen der Gewalt“ wollte Reinecker mal nicht in die Psyche eines Killers blicken, sondern die Aufklärung eines Mordes aus der Sicht des kompletten Polizeiapparats demonstrieren. Leider klingt der Ansatz interessanter als er ist. Eher lustlos darf der Zuschauer dabei zusehen was für eine Arbeit ein Mord für die Mordkommission bedeutet. Dabei werden dramatische Aspekte vernachlässigt, wenn auch absichtlich, und Charaktere nicht genügend vertieft. „Zeichen der Gewalt“ ist technisch professionell umgesetzt und durchaus durchdacht erzählt, ihm fehlt aber die Seele und der Charme anderer „Derrick"-Episoden, macht aufgrund der fehlenden Verspieltheit Derricks sogar den Ermittler austauschbar, so dass diese Folge die Episode einer x-beliebigen Krimireihe hätte sein können und damit weit unter dem Niveau der bis dahin gesendeten „Derrick"-Teile liegt.

Folge 9: Paddenberg
Das Verspielte eines Derricks möchte Reinecker diesmal auf die Frau des Ermordeten projezieren, die von ihrer Phantasie beflügelt fasziniert vom Mörder ihres Mannes ist. Im Gegensatz zu Derrick verfolgt sie damit kein spezielles Ziel, spielt eher intuitiv mit ihrem Täterwissen, während der fast wehrlose Mörder irritiert ist was die Mitwissende eigentlich von ihm will. Liegt eine Erpressung vor? Geht es um Rache? Der Mörder fragt sich etwas, das die Witwe selbst nicht beantworten könnte. Das klingt nach einer interessanten Ausgangslage, schließt aber so verworren und leer wie es beginnt. Eine Antwort gibt es am Ende nicht. Und da dies dem Zuschauer im Laufe der Episode immer bewusster wird, verliert der auch mit der Zeit das Interesse an den ollen Psychospielchen der Gattin des Ermordeten. Immerhin weiß die Rolle des Derrick der Episode etwas mehr Tiefgang zu bescheren, ist dieser während seiner Ermittlungen doch immer faszinierter und angenehm überraschter, je mehr er über den Charakter des Ermordeten erfährt. Er sympathisiert geradezu mit ihm, während der Gattin all das an ihm missfiel was Derrick an dem Mann so bewundert.

Episode 10: Hoffmanns Höllenfahrt
„Hoffmans Höllenfahrt“ gehört von jenen Episoden, die uns tief in die Erlebnisse des Täters blicken lassen, zu den schwächesten. Nicht nur dass Reinecker trotz seiner ansonsten so großen Bemühungen jede Folge möglichst anders zu gestalten, schon wieder die selbe Todesart vorsetzt wie in der Folge „Stiftungsfest“ (was aufgrund der Art der Tat schon arg zufällig ist), auch dieser Mord passiert wieder versehentlich so wie dort, so dass diese zu deutlichen Parallelen zunächst einmal ernüchtern. Erhoffte ich mir zumindest aufgrund der Anwesenheit von Klaus Löwitsch in der zentralen Rolle eine gute Folge, so musste ich feststellen, dass dieser keineswegs so überzeugend wie sonst agiert. Würde ich nicht Werke wie „Welt am Draht“ oder „Was tun wenn‘s brennt“ kennen, ich hätte ihn für ein austauschbares Allerweltsgesicht gehalten. Aber auch der Kriminalfall selbst bietet wenig Potential. Er ist zu bemüht erzählt, erhält aber nie die psychologische Griffigkeit und Glaubwürdigkeit vergleichbarer früherer Episoden. Hoffmann begeht Fehler die nicht nachvollziehbar sind. Und obwohl er stets im Mittelpunkt steht, lernen wir ihn nie richtig kennen. Erklärungsversuche Reineckers sind nicht wirklich überzeugend, und der viel zu plötzliche Schluss erscheint einem wie eine Notlösung, so als habe man selber nicht gewusst worauf man diesmal eigentlich hinaus wollte. Eine schwache Episode, wenn auch mit manch interessanter Idee versehen!

Folge 11: Pfandhaus
In "Pfandhaus" stößt Derrick wieder einmal auf einen Täter der gleichzeitig auch Opfer ist, dies jedoch nicht wie sonst durch unglückliche Umstände, sondern aufgrund eines Fehlers in seiner eiskalten Tat. Der Täter, der aufgrund von Erpressung für den Rest der Folge in eine Opferrolle gedrängt wird, ist ein unmoralischer Mensch, der in einer ethisch so zurechtgerückten eigenen Welt lebt, dass er von sich und seiner Art zu leben absolut überzeugt ist. Eigentlich erzählt „Pfandhaus“ eine recht interessante Geschichte. Nur leider ist das Spiel und die Charakterisierung des Erpressers aufgrund diverser Übertreibungen nicht sonderlich überzeugend, sondern wirkt viel zu überzogen um sein Treiben als Zuschauer für 60 Minuten als wahrhaftig akzeptieren zu können. Würde nicht das Spiel des Pfandhausbesitzers so gekonnt dagegen steuern, hätte auch „Pfandhaus“ zu den enttäuschenden Folgen der frühen Phase gehören können. Nun kann er sich keineswegs mit der Qualität der ersten sieben Folgen messen, als unterhaltsamer Kriminalfall für zwischendurch geht er jedoch in Ordnung.

Folge 12: Ein Koffer aus Salzburg
Ähnlich wie bei „Zeichen der Gewalt“ interessiert sich Reinecker in dieser Episode für den kompletten Polizeiapparat hinter den Ermittlungen. Er zeigt uns Derrick als Teil des Gesamten, aber auch in seiner führenden Rolle dort. Erweitert wird der ursprüngliche Gedanke durch die Ergänzung von Interpol, führt die Spur des Mordes doch in die Schweiz. Zudem geht Reinecker andere Wege indem er den Zeitraum der Ermittlungen über mehrere Monate ansiedelt und den Mord in Kombination zu den Taten eines Drogenkartells stellt. Somit ist auch das Drogendezernat am Mordfall beteiligt, und dass die Episode sich nicht so leer anfühlt wie die Vergleichsfolge liegt an den unterschiedlichen Gimmicks die sie dem Zuschauer serviert. Da gibt es eine rätselhafte Methode mit der Drogen geschmuggelt werden und deren Auflösung wir erst am Ende der Folge beiwohnen dürfen. Da gibt es menschliche Schicksale wie jenes des Sohnes der Verstorbenen, der nicht versteht warum der Mörder seiner Mutter nicht umgehend festgenommen wird. Und da gibt es wie so oft Derricks Spiel mit dem Täter. Wieder einmal will er ihn im Glauben lassen die Polizei hätte ihn nicht in Verdacht. Und dass dies so bleibt ist in manchen Momenten ein spannungsgeladener Drahtseilakt. So viel besser „Ein Koffer aus Salzburg“ auch gegenüber der Vergleichsepisode ausgefallen ist, sympathischer sind mir eher die klassischen Mordfälle. Mir bringt es nicht viel gezeigt zu bekommen wie genau und wie toll das Zusammenspiel der einzelnen Polizeibereiche funktioniert, wird doch der dramatische Aspekt, der die Serie „Derrick“ so besonders macht, damit an den Rand gedrückt. Stellt man sich aber auf eine völlig andere Episode ein, weiß sie durchaus zu gefallen. Lediglich der Schluss ist etwas arg plump in Szene gesetzt und wirkt fast schon wie ein Werbespot der Polizei.

Folge 13: Kamillas junger Freund
Wieder einmal dürfen wir nicht in das Seelenleben des Mörders blicken. Wieder einmal wird er uns lediglich als kalter, fast schon anonymer Täter gezeigt. Der Pluspunkt ehemaliger Folgen wird ignoriert. Aber das macht nichts, denn dafür lernen wir diesmal die Opfer besser kennen. Und eines von diesen lernen wir ungewohnter Weise sogar erst während der Ermittlungen kennen und nicht schon wie sonst während der Vorgerschichte. „Kamillas junger Freund“ mag nicht zu den Highlights der Reihe zählen, aber er orientiert sich endlich wieder an dem was die Serie eingangs so auszeichnete. Wir sind wieder mittendrin in den gedanklichen Ermittlungen Derricks. Wir bekommen ein Opfer präsentiert, dass aus einer nachvollziehbaren Dramatik heraus, nämlich aus Scham, Wissen zurückhält. Und ist dieses Wissen erst einmal offen gelegt, dürfen wir Derrick wieder bei seiner verspielten Art zuschauen, wie er wen offensichtlich Verdächtiges doch noch zu einer Aussage bewegt. „Kamillas junger Freund“ wechselt stets die Schwerpunkte und die Figuren die im Zentrum stehen und wirkt dadurch ein wenig episodenhaft inszeniert. Dank einer interessanten Geschichte und ungewöhnlicher Charaktere stört dies jedoch keinesfalls. Im Gegenteil, damit sorgt Reinecker für Abwechslung. Und Regisseur Alfred Vohrer weiß diese Episode so schwungvoll wie man es von ihm gewohnt ist umzusetzen.

Episode 14: Der Tag nach dem Mord
Wie schon in „Mitternachtsbus“, so manipuliert auch hier der Vater des Mörders die Ermittlungen, um seinen Sohn zu schützen. Dass „Der Tag nach dem Mord“ sich jedoch keineswegs wie ein Ableger dieser Folge guckt, verdankt er den kleinen aber feinen Unterschieden. So ist der aus dem Affekt handelnde Mörder diesmal Opfer, eigentlich zum Geständnis bereit, vom Vater jedoch aufgehalten und gelenkt. Dieser hält sich aufgrund seines Berufes im Versicherungsbereich für unglaublich raffiniert, begeht aber einen Fehler nach dem nächsten. Und da es sich zudem um einen recht unsympathischen, jähzornigen Menschen handelt, geht er Derrick noch bevor dieser ihn in Verdacht hat zu lügen gewaltig gegen den Strich. Der Kern der Folge, der den aufmerksamen Zuschauer immer wieder anweht, wird mit einem Schluss-Satz Derricks noch einmal zusammengefasst und bringt damit das Geschehen, dem wir beiwohnen durften, auf den Punkt. Mag der seltene Spielortwechsel und der Ansatz dass die Charaktere häufig streiten der Folge an mancher Stelle auch die Wirkung einer plumpen Soap bescheren, die Geschichte weiß zu überzeugen und die Schauspieler ebenso.

Episode 15: Alarm auf Revier 12
Diesmal arbeitet die Mordkommission mit dem Dezernat für Einbruchsdelikte zusammen, und im Zentrum der Ermittlungen steht ein Mann aus Derricks Vergangenheit, ein Mann dem Derrick den Mord den er einst verübte nicht nachweisen konnte. Nun bekommt er seine zweite Chance und das Psycho-Duell zwischen den beiden ist eröffnet. Mit Gert Haucke hatte man dann auch einen Schauspieler am Start, der gekonnt das übertriebene Ekel zu verkörpern wusste und das beste ist was dieser Folge geschehen konnte. Er verkörpert seine Rolle mit so viel Energie, dass es eine Freude ist den Kerl zu hassen. Aus Derricks Sicht wird er klüger dargestellt als er auf den Zuschauer wirkt, aber das könnte man auch als menschlichen Aspekt sehen. Vielleicht benötigt Derrick diesen Irrtum um akzeptieren zu können, dass der gute Mann ihm durch die Lappen gegangen ist. Mehr denn je überführt Derrick den Mörder auf ungewöhnliche Art. Diesmal sitzt man als Zuschauer rätselnd daneben was der gute Oberinspektor wohl damit bezweckt, wenn er Ross nach Feierabend auf einen Drink einlädt. „Alarm auf Revier 12„ kommt charakterlich und inhaltlich verspielt daher, und da stört es auch nicht weiter wenn die Geschichte in der TV-Realität spielt anstatt in der unseren. Ganz im Gegenteil, es beweist um ein weiteres wie abwechslungsreich und völlig verschieden die einzelnen „Derrick“-Episoden konzipiert und umgesetzt sind.  OFDb
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