Man kann Jess Franco in seinem selbstverfassten Film „Sie tötete in Ekstase“ keine Realitätsferne vorwerfen. Wenn ein Kehlenschnitt kaum Blut hinterlässt und später nicht einmal eine Wunde, wenn ein Mann sich wissentlich getötet zu werden der Liebe mit seiner Mörderin hingibt oder Zufälle das Rachekonzept begleiten, so als wären diese planbar, dann ist dies Franco schlichtweg egal. Sein Film ist nicht in der unseren Realität angesiedelt, er kümmert sich nicht um Logik, soll er doch ein Film der Sinne sein. Man soll spüren was vor der Kamera geschieht, im erotischen, tragischen und morbidem Sinne. Somit ist „She Killed in Ecstasy“ (Alternativtitel) ein urtypischer Franco-Film, jedoch wesentlich gourtierbarer ausgefallen als mancher fast nur im Schneckentempo inszenierter Schmuddel-Thriller des Kult-Regisseurs.
Theoretisch kann man „Ich spuck‘ auf Dein Grab“ als Vergleichsfilm nennen, beides sind Rache-Thriller mit sexuellem Hintergrund, dennoch könnten beide Werke unterschiedlicher kaum sein, versteht man doch die Taten der Vergewaltigten im Vergleichsfilm, während Franco, ob gewollt oder nicht, eine Distanz zwischen Zuschauer und Hauptfigur aufkommen lässt. Ihr Mann hat beruflisch fragwürdig gehandelt, und die Liebe, welche seine Ehefrau als so hoch einschätzt, schafft es nicht den Workaholic von seinem Frust abzulenken, ganz im Gegenteil, trotz intensiver, zärtlicher Zuwendung tritt der Gatte geistig weg und begeht schließlich Selbstmord.
Die Ehefrau, von den abscheulichen Experimenten ihres Mannes wissend, ignoriert diese Tatsache, glaubt weiter daran die große Liebe hätten sie und ihren Mann begleitet, so dass sie in dem Verstoß aus der Ärztekammer ein Verbrechen sieht, welches bestraft gehört. So geht sie mittels körperlicher Verführung auf Rachefeldzug, was die Moralisten der Kommission als heuchlerisch entpuppt, zumal die ersten beiden Opfer sexuelle Vorlieben fröhnen, die bei konservativen Menschen offiziell nicht erwünscht sind. Freilich ist das extreme Vorgehen der Rächerin völlig fragwürdig, so dass sich „Sie tötete in Ekstase“ nicht mit der Hauptfigur verbrüdert guckt, sondern mit Distanz. Der Film guckt sich somit recht theoretisch, bzw. objektiv, was ich eigentlich recht gut finde.
Der Trumpf des Streifens ist aber nicht Francos typisch geistig abwesend zu scheinende Art, ein Entrücken der Realität welches diesmal nicht so hypnotisch eingefangen wird wie sonst so oft bei seinen Werken, sondern ganz klar die Darstellung der so jung verstorbenen Soledad Miranda, die jegliche Phasen ihrer Rolle mimisch spürbar macht. Der Frust, die Schmacht, das geistige Entrücken, die Trauer, das Rachegefühl, die Verführung, diese wunderschöne Frau, die auch Francos bestes Werk „Vampyros Lesbos“ zu einem Leckerbissen machte, haucht dem etwas zu theoretisch und oftmals auf der Selle tretenden „Sie tötete in Ekstase“ erst wirklich Leben ein. Sie ist der Motor, der den Film zum laufen bringt und ihn überhaupt erst so interessant macht.
Es ist schade, dass man einen Teil des Erfolges nicht auch dem meist so toll agierenden Horst Tappert zuschreiben kann. Dessen Rolle wurde nicht nur zur Nebensächlichkeit degradiert, sie sitzt zudem nur tatenlos herum, handelt selbst dann nicht wenn andere Kriminalisten Rot sehen würden und darf gegen Ende gar verständnisvolle Worte für die Taten der Ehefrau finden, was mich darin bestätigt zu glauben, dass Franco den Film völlig anders gemeint hat als ich ihn verstanden habe. Dem Ergebnis schadet es nicht. Allein die interessante Idee die Liebe nach dem Tod, die so viele Menschen intensiv nach einem schweren Verlust fühlen, auf fast nekrophile Art darzustellen, weiß zu gefallen, zumal sich die Gattin aus psychologischer Sicht selbst schon als tot betrachtet, ist es doch Teil ihres Plans nach vollendeter Rache Selbstmord zu begehen, so dass man aus ihrer Sicht nicht einmal wirklich von Nekrophilie sprechen kann. OFDb