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04.12.2022

WILD PALMS (1993)

Ich muss gestehen nicht alles verstanden zu haben in dieser komplexen Geschichte um Religion, Politik und einer Cybertechnik, die zusammen mit einer Droge Wahrnehmung und Urteilsvermögen verdrehen kann. Gerade deshalb bin ich auch so erstaunt, dass mir die damals als Dreiteiler ausgestrahlte Mini-Serie mit ca. 20 Jahren so gut gefallen hat, kann ich anspruchsvollen Stoffen heutzutage doch weit mehr folgen als damals. Aber es wird so wie jetzt gewesen sein, nun wo Pidax diese kleine Perle endlich in Deutschland auf DVD veröffentlicht hat: man muss nicht alles begreifen, um dem Sog der Erzählkraft verfallen zu können. Mit all seinen irren Ideen wird man schlichtweg überwältigt vom Geschehen, vorausgesetzt man kann sich geduldig einem sperrig dargebotenem Plot öffnen, der trotz etlicher Schauwerte auf die Aufmerksamkeit des Zuschauers setzt und verlangt dass er selbst entdeckt und begreift. Das Werk ordnet sich damit nicht einzig dem Unterhaltungswert unter, ja es serviert nicht einmal das was der Zuschauer verlangt, sondern fordert diesen stattdessen dazu auf zu entdecken was "Wild Palms" zu erzählen hat. 

Und es dauert bis der Groschen fällt was dies nun sein soll. Allerdings wirkt die Serie mit seinen verschrobenen Dialogen und mancher sprunghaften Erzählweise auch ein wenig inkonsequent. Vielleicht hätten ihm ein paar Folgen mehr gut getan, als den fünf, auf welche er ursprünglich konzipiert war und so nun auch auf DVD erschien. Mit vier 45-Minütern und einem Piloten auf Spielfilmlänge waren wohl trotzdem dort Kürzungen nötig, wo man sich ruhig noch etwas mehr Zeit hätte nehmen können. Zwar war Oliver Stone eine der tragenden Kräfte bei diesem Projekt, aber vielleicht wurde der Stoff dem TV-Management letztendlich doch zu heiß in einer noch ausgedehnteren Variante, wer weiß. Freilich muss man "Wild Palms" als Produkt seiner Zeit sehen, wenn er uns eine Welt 16 Jahre in der damaligen Zukunft zeigt, die vor dem Boom von Handys, Internet und anderen Produkten der Unterhaltungsindustrie mittlerweile etwas naiv anmutet. Aber da kann ein Film aus den 90er Jahren nun nicht wirklich etwas für. Zumal er ansonsten meist gesellschaftskritisch treffsicher daher kommt, wenn er irgendwo zwischen Scientology-Kritik, dem damals frisch aufkommenden Mentalitätenwandel der USA und dem nächsten Schritt zur Gehirnwäsche durch TV und Film Elemente aufgreift, die schon damals beunruhigten. 

Teilweise nimmt der Stoff dabei Elemente von "eXistenZ" vorweg, besitzt Gedankengänge, die auch in "Welt am Draht" ihren Platz fanden und gönnt sich trotz ernster Umsetzung winzige augenzwinkernde Metaebene-Momente als Gimmick am Rande. Da darf z.B. ein Interview mit Oliver Stone im Fernsehen der Zukunft laufen, in welchem er gefragt wird, wie er es empfindet, dass seine Verschwörungstheorie aus seinem Film "JFK" nun endlich bestätigt worden wäre. Und wenn James Belushi kurz auf eine Szene aus "Der kleine Horrorladen" verweist, wenn es in einer Anekdote um eine Sexdroge geht, die verspätet auf einem Zahnarztstuhl ihre Wirkung bekam, dann wird das geradezu beiläufig erwähnt, ohne dem Stoff seine Ernsthaftigkeit, seine Dramatik und seiner beunruhigenden Wirkung zu berauben. Dies sind freilich kleine Nebenmomente innerhalb eines Filmes um Lügen, Betrug und Raub in einem gesellschaftlichen Umfang, der jede Vorstellung sprengt und selbst vor dem Thema Unsterblichkeit nicht Halt macht. Vielleicht findet alles etwas zu sehr in kleinem Radius statt, und der Schluss atmet so stark heile Welt, dass ich mir gewünscht hätte ein Nashorn als Schluss-Pointe durchs Bild huschen zu sehen. Aber letztendlich ist "Wild Palms" ein interessantes TV-Produkt, das lediglich darunter leidet, dass der Zahn der Zeit etwas arg an ihm nagt. 

Nicht jede Wendung überrascht, letztendlich schafft die Serie es aber einen in die berechtigte Paranoia des Protagonisten zu schubsen, so ungewiss lange Zeit alles ist. Selbst wenn man halbwegs Fuß im wirr scheinenden Plot fasst, weiß man nicht was man glauben soll. Und bei all den Wichtigkeiten, die einem nur am Rande erklärt werden, wie z.B. der Existenz der Väter und der Freunde, oder der politischen Lage, in welcher die Regierung einst etliche Mitbürger in einem Atomschlag dezimierte, um einen dritten Weltkrieg zu verhindern, ist es auch völlig legitim sich verloren zu fühlen. Gleichzeitig hilft es einem, da man sich somit automatisch an die Hauptfigur klammert, der es ebenso geht. Als Zuschauer ist man sogar in vieles eingeweiht, was der gute Mann nicht weiß und sieht trotzdem den Wald vor lauter Bäumen nicht. Keine Ahnung ob es dem Einfluss der TV-Verantwortlichen zu verdanken ist, dass der Schluss eher flott und unbefriedigend daher kommt. Und wie erwähnt gibt es einige Sprünge zu erleben, die entscheidende Veränderungen etwas zu ruppig voranschreiten lassen. Ob das nun die neue Karriere des Anwalts ist, ein wichtiger Todesfall im letzten Drittel, die Bedeutung des plötzlich so wichtigen Chips, oder gar die Entführung der Kinder, da gibt es so einiges das auch in einer absichtlichen Inszenierung der Verwirrung nicht nötig gewesen wäre und klarer hätte thematisiert werden müssen. "Wild Palms", an dem "Dexter"-Regisseur Keith Gordon ebenso beteiligt war, wie "Near Dark"-Regisseurin Kathryn Bigelow, ist also nicht frei von Schwächen. Aber an andersartigen Produktionen interessierte Cineasten werden sicherlich nichts falsch machen, wenn sie sich die 270 Minuten Laufzeit zu Gemüte führen.  OFDb

06.05.2012

W. - EIN MISSVERSTANDENES LEBEN (2008)

Für den politisch erfolgreichen Papa war George Bush. Jr. mit seinem orientierungslosem Lebensstil immer wieder eine Enttäuschung. Doch er hat es dennoch bis zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika geschafft...

Wie die Mutter, so der Sohn...
 
Es stimmt schon etwas nachdenklich wie gut man in Deutschland über amerikanische Präsidenten und die Wahlen diesbezüglich informiert ist und wird. Andere ausländische Politiker sind uns in der Regel nie so bekannt wie die Obersten der USA. Manch einer kennt sich mit ihnen besser aus als mit deutschen Politikern. Wenn in meiner Generation (Jahrgang 1975) ein amerikanischer Präsident von Bedeutung war, dann war es definitiv George Bush, Jr.

Seine Taten waren uns Warnungen in welch fragwürdige Richtungen Demokratie pervertieren kann, gerade in Hinblick der deutschen Nazi-Vergangenheit. Die Sympathie oder Distanz zu diesem Mann war ein wichtiger Entscheidungsfaktor der Wahlen im eigenen Land. Und obwohl man in Deutschland Parteien und nicht Bundeskanzler wählt, wurden die bekannten Rededuelle aus den USA mit einem Mal auch wichtig in Deutschland, eben weil man, so verschieden unsere Kulturen auch waren, von nun an immer wieder beide Länder verglich, u.a. aus Sorge auch Deutschland könne irgendwann auf dem sozial ungerechten Level der Vereinigten Staaten ankommen.

Die Einführung der Kosten beim Hausarzt, der Beginn von Hartz 4 und die Kürzung der Gehälter auf etwa die Hälfte des eigentlichen Wertes durch die Euroeinführung hatten die Menschen diesbezüglich sensibilisiert, die Angst war somit nicht unberechtigt. Und so schaffte es Michael Moore mit Buch und Film auch in Deutschland erfolgreich seine Medien an den Mann zu bringen. Neben der Welt der Nachrichten war er es der einem George Bush, Jr. näher brachte als jeden anderen amerikanischen Präsidenten zuvor. Wir lernten seine Vergangenheit kennen, die Widersprüche in seinem politischen Vorgehen und seine Leichtfüßigkeit, die in starkem Kontrast zu seiner eigentlich harten Politik stand.

Michael Moore brachte uns mit all den Hintergründen die er lieferte entweder dazu Bush zu hassen, oder Moore selbst. Ein Verständnis für die Taten des Sohnes George Bushs kam dabei niemals auf. Zu theoretisch war die Vergangenheit angerissen, zu bewusst erlebten wir die Veränderungen des selbstgepriesenen freien Landes auf dem anderen Kontinent.

Oliver Stone schafft es diese Lücke aufzuholen. Seine Biographie über George Bush, Jr., die nicht völlig satirefrei erzählt ist, schafft es den Privatmann hinter dem Amt zum Leben zu erwecken. Wir beginnen den Mann und seine Art der Politik zu verstehen. Das verändert nicht die mögliche Antipathie zu dieser Person, doch darf man nun im Falle dieser einen Mann nicht mögen anstatt eines unmenschlichen Präsidenten. Letzten Endes macht Stone aus Bush das was Hirschbiegel aus Hitler mit „Der Untergang" machte: er zeigt uns den Mensch hinter dem Monster, welches uns die Medien immer wieder präsentiert haben.

Stone erzielt diese Wirkung aus recht simplen Methoden. Er orientiert sich am Gefühlsleben George Bush Juniors und zieht diesen roten Faden durch bis hin zu seiner Position im theoretisch höchstem Amt Amerikas. Er legitimiert dieses Vorgehen durch den Grundcharakter Bushs und unterstreicht es mit der Ähnlichkeit des Charakters dessen Mutters. Stone lässt Vater Bush nicht zu einer kleinen Nebenrolle verkommen und verstärkt durch dessen völlig andere Charaktereigenschaften noch einmal die der Hauptfigur des Films.

Eine Wertung ergibt sich dabei erst in zweiter Reihe, geht es eigentlich doch schlichtweg dabei um den Unterschied, dass der eine Prinzipien folgt und wohlüberlegt handelt und der andere nie wahre Werte entwickelt hat und aus dem Bauch heraus handelt. Dass letztere Eigenschaften nicht gerade positiv für ein politisches Amt sind, ist nicht von der Hand zu weisen. Zumindest entsprechen sie nicht dem Bild eines Politikers in den Köpfen der meisten Menschen. Hier kann nun die Wertung Fuß fassen, etwas dass in einer Biographie eigentlich nichts zu suchen hat.

Allein deswegen ist die Ironisierung so wichtig, in welche Oliver Stone seinen Film packt. Das gibt der ganzen Problematik ein wenig Rückendeckung. So kann man trotz der fehlenden Neutralität Gefallen an „W.“ finden. Trotzdem ist qualitativ ein Unterschied zu erkennen zu dem faktenreichen „Nixon“, ein weiterer Film Stones über einen Präsidenten der USA.

War dieser ein komplexer Film, dem man nur hochkonzentriert folgen konnte, so ist „W.“ trotz nicht chronologischer Erzählung ein leichtfüßiger Unterhaltungsfilm geworden, dem man zwar seinen Hang zur faktenreichen Recherche nicht abstreiten kann, aber aufgrund des Familiendramas im Mittelpunkt nicht so anspruchsvoll daher kommt wie „Nixon“, ja nicht einmal wie „JFK“, der eher Kriminal-Drama anstatt Biographie war und der ebenfalls trotz faktenreicher Erzählung keine Neutralität aufwies. Als Film über eine Morduntersuchung musste er dies auch nicht.

Vielleicht liegt es daran, dass man Bush Junior bereits durch Moore viel zu gut kannte. Wo viele Fakten bereits bekannt sind, da rückt die triviale Familiendramatik der Bushs und der hinein interpretierte Teil Stones in den Vordergrund des Bewusstseins des Zuschauers. Dadurch kann ein ungerechtes Bild entstehen. Andererseits lässt es sich nicht von der Hand weisen, dass man „W.“ nicht gerade konzentriert folgen muss, und dass er in seiner Erzählung ebenso leichtfüßig daher kommt wie der Präsident von dem er berichtet.

Es ist psychologisch betrachtet somit eigentlich richtig den Film so zu erzählen, wie er erzählt wurde. Leichtfüßig, Hintergründe über das Gefühlsleben des Präsidenten erklärend - was der Film richtig macht, lässt ihn ungerecht betrachtend plumper daher kommen. Dabei besitzt das Werk nur einen wahren Tiefpunkt, und das ist eine (logischer Weise) erfundene Alptraumsequenz Bushs, die nun gar nichts mehr mit Fakten zu tun hat.

Über das Ergebnis kann man dennoch nicht jammern. „W.“ ist hochkarätig besetzt, faktennah und baut immer wieder eine Brücke zur Politik des Herrn Papa, was allein wegen der Anwesenheit gleicher Mitarbeiter bei beiden Präsidenten auch absolut sinnvoll ist. Stone lässt sich viel Zeit für die Vergangenheit Juniors. Dennoch wäre so manche fehlende Vertiefung sinnvoll gewesen, die er Richard Nixon gegönnt hätte. Die verschiedenen Berufe werden nur angeschnitten, über die Freundschaft des Vaters und des Sohnes zu den Bin Ladens wird überhaupt nichts berichtet, vieles wird schlichtweg nur erwähnt anstatt es auch wirklich zu thematisieren.

Scheinbar wollte Stone nicht schon wieder eine Biographie mit der Laufzeit von 3 Stunden abliefern. Der lockerflockigen Inszenierung hätte das sicherlich auch nicht gut getan. Und solch wichtige Elemente wie Bushs Religionsleben und seine politische Passivität, die ihn zum Spielball anderer Menschen machte, werden um so deutlicher eingebaut, so dass man unterm Strich trotz mancher Lücke und fehlender Distanz durchaus von einem interessanten Film sprechen kann. Wie oben bereits erwähnt hat Stone uns den Menschen Bush zumindest näher gebracht als es Moore je konnte und wollte. Dabei hätte Moore davor gar keine Angst haben müssen. Den Menschen den man nicht mag zu verstehen hilft dabei ihn nicht völlig aus dem Affekt heraus unsympathisch zu finden.

Hat man durch beide Filme beide Präsidenten kennen gelernt, zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen Richard Nixon und George Bush, Jr., die immerhin beides unbeliebte ehemalige Präsidenten der USA waren. Der eine handelte aus Überzeugung heraus (so wie Papa Bush). Man lernte ihn zu verstehen und konnte Taten, zu denen man kritisch steht, zumindest aufgrund seiner Sichtweise respektieren. Bush Junior war lediglich ein unreifer Egomane, der nie wirklich wusste was er tat. Ihn verstehen zu lernen ist nicht gleich zu setzen damit, dass man einen gewissen Respekt zu seiner Sichtweise bekäme. Der Blick hinter die Kulissen hilft lediglich dabei ihn weiterhin nicht zu mögen, wenn man dies bereits vorher tat.  OFDb

05.05.2012

NIXON (1995)

In bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen, beschreitet Nixon mit allerlei Hindernissen eine Politkarriere bis hin zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Er sollte der erste Präsident werden, der von diesem Amt zurück treten muss...

Ein Buhmann mit Format...
 
Oliver Stone widmete sich im Laufe seiner Karriere als Regisseur in zwei Filmen den zwei unbeliebtesten Präsidenten der USA. Während sein Werk über George Bush, Jr. mit dem kurzen Titel „W.“ eher leichtfüßig daher kommt und den Bereich der Satire streift, ist sein Werk über Richard Nixon, welches den Nachnamen der zu behandelnden Person trägt, sehr dramatisch, schwermütig und teilweise recht düster angelegt. Das trifft inszenatorisch beides den Kern der Psychologie seiner Hauptfiguren und führt in beiden Fällen zu einem interessanten Ergebnis. Zeigte uns Stone mit „W.“ später einen Film der Verständnis für Bushs Taten wecken kann ohne den Präsidenten dabei in Schutz zu nehmen, so wird in „Nixon“ Stones Zwiespalt zwischen Anklage und Anerkennung deutlich.

Für Stone schien Nixon nicht schlichtweg der böse Mann zu sein zu den ihm die Medien zu seiner Zeit und hinterher gemacht haben. Das darf schon ein wenig verwundern, kann man es doch als Provokation ansehen, dass gerade einmal vier Jahre nach „Das Schweigen der Lämmer“ ausgerechnet Anthony Hopkins für die Rolle des Richard Nixon besetzt wurde, ein Mann der mit seiner Darbietung als Hannibal Lector immer wieder in Verbindung gebracht wird und einen Filmbösewicht kreierte der unheimlich und in gewisser Weise sympathisch zugleich war. Es würde den Ruf Stones nicht entsprechen, aber mit Hopkins in der Hauptrolle hatte ich eher mit Schwarzmalerei gerechnet als mit einer objektiven Berichterstattung.

Von objektiv kann man sicherlich nur bedingt sprechen, ist doch vieles im Werk spekulativ, allein schon weil es sich viel mit den inneren Dämonen Nixons beschäftigt, und wie der mit diesen umgegangen ist lässt sich kaum nachweisen. Oliver Stone macht jedoch kein Geheimnis daraus, beginnt den Film mit einer Texteinblendung die darauf verweist, dass der Film eine Interpretation dessen ist was passiert ist. Fakten und Vermutungen vereinen sich, lassen sich jedoch, so denke ich zumindest, recht gut auseinander halten, trennen sich beide Bereiche versimpelt ausgedrückt doch meist mit der Aufteilung Privatmensch und Politiker.

Stone neigt oft dazu ein wenig zu dick aufzutragen. Eine Symbolik wie ein besonders blutiges Steak während einer Diskussion über Vietnam, oder Ab- und Überblendungen während ein wütendes Gesicht im Bild zu sehen ist, das verletzt gerne mal den Ruf einer anspruchsvollen Biographie und zeigt, dass man in Amerika im Unterhaltungskino zu Hause ist, selbst wenn man es nicht sein möchte.

Inhaltlich zeigt der Film aber um so mehr, dass es Stone ernst ist möglichst faktengetreu zu berichten und nicht in Einseitigkeit zu verfallen. Nixon werden seine großen Taten wie das Verhindern eines Bürgerkrieges, die Öffnung nach China hin, das Beenden des Vietnamkrieges und seine Versöhnungsarbeiten mit der Sowjetunion anerkannt, und dies nie ohne die Zwiespältigkeit zu vergessen die Nixons Aktionen umwehten besagte Ziele zu erreichen. Ebenso wenig wird jedoch auch nicht vergessen in welch schwieriger Lage sich der Präsident oft befand in einer Zeit eines selbstgerechten gesellschaftlichen Wandels, der mitunter wegen der damals so schwierigen Zeit aufkam.

In gewisser Weise kann man dies gerecht nennen, war Nixon selbst doch ebenso selbstgerecht, und dass er nicht verstanden wurde, hat er laut Stone stets als Bestätigung seiner Selbstgerechtigkeit gesehen, ein Prozess der sich hochgeschaukelt hat bis zu dem Zeitpunkt an dem ein Mann mit ehrbaren Motiven immer ungesetzlicher gehandelt hat. Dass es Nixon selbst so nie gesehen hat, offenbarte er allerspätestens Jahre nach seiner Karriere in dem berühmten Interview mit Frost, welches im hier besprochenen Film nicht thematisiert wird, aber von Regisseur Ron Howard in „Frost/Nixon“ zum eigenen Thema wurde.

„Nixon“ ist recht komplex erzählt, und damit wesentlich schwierigere Kost als „W.“. Das beginnt mit seiner Laufzeit von 180 Minuten und zeigt sich des weiteren in seinem wilden Zeiten-Cocktail. Ebenso wie sein Werk über Bush Junior ist Stones Werk über Richard Nixon nicht chronologisch erzählt. Vergangenheit, die Endphase der Regierung und das Mittendrin dieser und der politische Aufstieg werden immer wieder durcheinander gewirbelt. Und da wir es zudem mit einer großen Menge an wichtigen Figuren zu tun haben, wird es für Nichtkenner der Materie schon ein wenig schwierig folgen zu können.
 
Dem Unterhaltungswert macht das keinen Abbruch. „Nixon“ ist spannend erzählt und konzentriert sich meiner Meinung nach auf den ultimativen Leckerbissen seiner Geschichte: der Zerrissenheit von Nixons Charakter, dem größten Drama welches diese Thematik zulässt. Was wäre der Film für ein zu theoretisches Werk geworden, wenn man sich der äußeren Dramatik wie dem Watergate-Skandal und der Unbeliebtheit bei der amerikanischen Hippie-Jugend zugewandt hätte, ohne dabei die missverstandene Seite Nixons zu thematisieren, die ihn in etwas verwandelt hat, was er zu jungen Zeiten sicherlich nie werden wollte?

Trotz zu dickem Auftragen und zu extremen Baden in düsteren Bildern wird „Nixon“ nicht zu einer Politversion von „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“. Das hätte durchaus passieren können. Immer wenn das Werk droht in diese zu primitive Richtung hineinzusteuern, schafft es Stone das Steuer herumzureißen und wieder auf faktischem Kurs zu fahren. Aber das ist eben das Risiko wenn man einen Film über jemanden erzählt, der im öffentlichen Leben stand, dies aber über einen Blickwinkel erzählt der nur spekulativ aufgegriffen werden kann. Stones Werk ist mit diesem Vorhaben um so mutiger zu nennen, das macht es aber nicht immun gegen berechtigte Kritik zu viel in die Materie hinein zu dichten. Meiner Meinung nach ist Stone jedoch ein recht interessanter Film geglückt, den man sich ruhig einmal zu Gemüte führen kann.  OFDb
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